Als ich anfing, im Gefängnis zu existieren, als ich den Job des Häftlingswärters annahm, da war Häftling Nr. 2L schon längst im Gefängnis gewesen. Ich war überzeugt davon, dass dem Recht und Unrecht gegeben wird, der es verdient. Deshalb wollte ich Gefängniswärter werden.…
Sie wachte auf, als ihre Mutter den Kopf durch den Spalt der Tür streckte. Ihre Augen waren sehr groß gewesen. Das hatte sie bereits gemerkt, als sie selbst die Lider öffnete und nur zur Decke starrte. Sie zählte in diesem Moment die Sterne, die ihr Vater damals an die Decke geklebt hatte. Sie waren ein Werbegeschenk gewesen. Immer, wenn sie vor einem unauflösbaren Problem stand, hatte sie die Sterne an der Decke gezählt, so war es auch diesmal. Acht Sterne kebten über ihr an der Decke. Jeder Stern stand für einen Traum, den sie sich erfüllen wollte.…
In seinen Händen hielt er einen Rubix. Er drehte und verdrehte ihn, aber er konnte ihn nicht lösen. Der verschachtelte Rubix passte nicht zusammen. Die Farben wollten sich einfach nicht zusammensetzen lassen, weder eine, geschweige denn, der gesamte Würfel. Er drehte und hörte gar nicht, was vor ihm passierte. Als man ihn darauf hinwies, dass es doch wesentlich wichtiger sei, auf das Geschehen zu achten, als seinen dämlichen Würfel zu lösen, da sagte er flüsternd: » Ich beschäftige mich schon genug mit solchen Blödheiten, wie Sie selber sagten. Ich muss mir diesen Quatsch nicht auch noch direkt in dieser Situation geben. «, dann sah er wieder hinab auf seinen Würfel und versuchte, ihn zu lösen.…
Er war pünktlich gewesen. Er stand mit seinen Eltern schon sehr früh auf dem Schulhof, lange bevor seine anderen Mitschüler und Mitschülerinnen ankommen würden. Die Eltern des Außenseiters hatten ihnen Moral und Respekt gelehrt, sie betonten, wie wichtig es ist, sich anzustrengen, pünktlich, verantwortungsvoll zu sein. Alles sowas war wichtig gewesen, sagten sie, damit man das bekommt, wofür man kämpft. Voller Stolz stand der Außenseiter auf den Schulhof und wartete, bis die anderen kommen würden. In seinen Gedanken dachte er an Gerechtigkeit.…
Es gab einst einen Mann, der sein ganzes Leben lang darüber nachdachte, ob er zufrieden sein kann, wenn sein Glück auf dem Unglück der anderen beruhen würde. Und während er viel über das Glück nachdachte, war ein großer Verehrer des Herrn Ribbeck von Ribbeck geworden.…
Es gibt Erzählungen, die sind so schrecklich, dass sie keinem je erzählt werden. Es sind Geschichten von Menschen, die, mit dem Grauen, den sie erlebt haben, solch fürchterliche Schmerzen aushalten mussten, dass sich kaum einer wagt, darüber zu sprechen.…
Und die Korinther, ihren Untergang nicht begreifend, kamen wieder einmal zu spät, um etwas gegen die Einnahme ihrer Polis unternehmen zu können. Schließlich versammelten sie sich wieder in ihren Terrassen, tranken einen Wein und lachten über die, die sie als unwürdig empfanden.…
Es ist frühmorgens. Eine Gruppe Jogger hat sich zusammengefunden, einige sind schon beim Hinlaufen aus der Puste gekommen. Im Hintergrund geht langsam die Sonne auf, über die dichten Wipfel der Laub- und Nadelhölzgewächse erklimmt sie ihren Aufstieg. Der Boden ist vom Frost noch ganz kalt, rutschig ist es nicht, aber es gibt eine eisige Luft.…
Inmitten des Uralgebirges, an dessen höchster Spitze, ragen sieben steinerne Erhebungen hervor. Wie Säulen einer antiken Kultstätte zieren sie den höchsten Punkt des Uralgebirges und blicken auf alles hernieder, was sich vor ihnen auftut. Ihre Präsenz ist in Eis eingeschlossen, ein Rauer Wind weht auf dem Gipfel, schon seit Jahrtausenden, und dennoch stehen die Säulen aus Stein unbeirrt an der Stelle, wo sie einst geboren wurden.…
Das Haus an der Düne ist genauso, wie es in der Anzeige beschrieben worden war. Er tritt durch die hölzerne Tür, die weiß angestrichen ist, und platziert im Zimmer am Ende des Flures die beiden Koffer links und rechts von seinen dünnen Beinen. Auf der Hinfahrt hatte er „Fan von dir" gehört. Er knüpft den Mantel auf und setzt sich hin. Er war angekommen. Die raue Ostseeluft würde ihm gut tun, das wusste er.…
Gott erschuf die Welt und alles, was dazugehörte. In seiner unantastbaren, allmächtigen Gewalt, erhob er Berge und Täler, Flüsse, das Land und Meer. Aus dem Boden holte er die Bäume hervor, sie sprossen und blühten, sie trugen Früchte, ragten weit in die Welt hinaus. Auch Sträucher, Blumen, kleine und große Pflanzen entstanden unter seiner Macht. Die Sonne, die sich um die Erde kreiste, hatte er mitsamt Mond und Sternen gleich am ersten Tag erschaffen.…
Im Endeffekt ist dieser Bericht, diese Erzählung, die Wahrheit, die passiert ist. Es ist bemerkenswert, wie die Schicksale mehrerer Staaten zu einer bündigen Geschichte zusammengefasst werden können. Ebenfalls zeigt sich, wie der Weg dieser drei Staaten, die so bedeutsam für diese Erzählung waren, immer das gleiche politische Schema gehabt hatten. Sie zeigen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es ist ein Kreislauf, der wohl nie durchbrochen werden kann, wenn man darauf beharrt, dass Faschismus und Menschenhass als Meinung verklärt wird. Und auch das Faktum, dass dieser menschhass stets über die Liebe zum Menschen siegt, kann eindeutig geklärt werden: Einfacher ist es, zu hassen, als für etwas zu brennen und für eine Entscheidung gradlinig zu stehen. Und so ist es doch ganz markant, dass diese, die sich Querdenker und Querulanten nennen, diese, die meinen, das alle anderen blind für das Wahre sind, doch die eigentlichen sind, die ohne zu gucken ihrem Schlächter in den Schlachthof folgen. Für den Erzähler ist es schließlich überraschend und beschämend zu gleich, dass Querulanten und Mitläufer durch ihre eigene Entscheidung schließlich auch noch bemitleidet werden.…
» Hört Römische Bürger, was ich hab zu sagen!Hört meinen Auftritt und hört diese KlagenDer Geschichte, die hat gar niemals ein End'Bilder und Frauen, ganz viele, ein MannDie stehen zwischen dem Leben und dannsieht er nur eine, die „Liebste" er nennt!So hört mir nur zu, ihr römisches Volke!Seht wie ich schwebe auf dieser WolkeHört der Kleopatra Antonius Geschicht'Seht von der Liebe, die niemals zerbrichtWer könnte nur wollen, dass des glücklichen PaarLiebe zerbricht und dann sterbet sogar. «…
Und so ist die Antwort dieser Geschichte keine Idylle, keine utopie, keine Vorstellung. Vielmehr ist sie die rationale Schilderung eines Geschehens, welches in einer kleinen, aber dennoch viel größeren Maisonette Wohnung stattfindet, irgendwo in Paris. Es ist eine Geschichte über Wahrheit, eine Geschichte über die Prozellankirche mit Goldverzierung, eine Geschichte von Freunden und Freundinnen, eine Geschichte über Träume und vor allem eine Geschichte über Sehnsucht.…
Es war einmal vor langer Zeit, da erhob sich über den Weiten einer schier langläufigen Landschaft ein großes Schloss. Und das Schloss, das aufgrund der besseren Möglichkeiten, Geld zu verdienen und Kontakte zu knüpfen, auf einer schmalen Landesenge zwischen zwei gewaltigen Meeren gestanden hatte, so riesig gewesen war, dass es noch Kilometer weit gesehen werden konnte, ragte über allem empor.…
Licht schimmert durch das gläserne Dach des Bahnhofs Paris Gare de l'Est. Funkelnde Sonnenstrahlen scheinen von oben herab auf die gefüllten Bahnsteige mit den Passagieren, die vor einem königsblauen Zug warten, dessen weißes Dach sich in das Bahnhofsgebäude einfügt wie ein ein Wassertropfen im Ozean. Fein gekleidete Männer und Frauen stehen Seite an Seite, verabschieden und begrüßen einander, ihre teuren Anzüge und Kleider fallen in der Menge der Schönheiten nicht auf. Das Sandsteingebäude beherbergt unzählige Geschichten und Erzählungen von Leben, die ein jeder nicht kennt und die ein jeder, wenn es denn in seinem Interesse lag, rauszufinden hat.…
„Jedenfalls, die anderen, die Freunde der Gewinner, die vielleicht auch Verlierer sind, sie haben ihr Selbstbewusstsein verloren, aber versuchen, dieses aufzuarbeiten, in dem sie so viele Informationen sagen und dadurch Bestätigung wollen. Ihr primäres Ziel ist es nicht, ihren Wert dadurch zu erhalten, sich über andere zu stellen, sondern lediglich auf dieselbe Stufe zu kommen, sich selbst besser kennenzulernen, dafür bestätigt zu werden, wer sie sind.…