zwanzig
Taehyung verfluchte, dass seine Mundwinkel automatisch nach oben zuckten, als er Jungkook in der Menschenmasse sah. Sein Auftritt war seit einigen Minuten zuende und er kam gerade aus dem Hinterbereich.
Es war komisch, Jungkook im Club zu sehen, er passte einfach nicht hierher.
Jungkook stand ihm den Rücken zugekehrt an der Bar und redete mit dem Barkeeper. Bestimmt musste er wieder seinen Ausweis zeigen, der Gedanke ließ ihn schmunzeln. Aber was hatte Jungkook hier verloren? Taehyung hatte es die letzten Wochen erfolgreich geschafft ihn von hier fern zu halten. Jungkook holte ihn oft von hier ab, aber da trafen sie sich eigentlich immer an der Hintertür. Taehyung wollte Jungkook nicht hier, er würde es ganz sicher nicht zugeben, aber er hing ganz schön an dem Jüngeren. Um einiges mehr als das. Es tat ihm innerlich weh, ihn in diesem verdorbenem Umfeld zu sehen.
Taehyung und Jungkook verbrachten die letzten Wochen mehr zusammen als getrennt. Jungkook wollte, dass Taehyung wieder mit zu ihm nach Hause kam, aber diesen Vorschlag lehnte Taehyung rigoros ab. Keinen Fuß setzte er da mehr rein. Allein bei dem Gedanken zog es sich in seinem Magen zusammen und sein Gesichtsausdruck kippte.
Das hatte Jungkook allerdings nicht davon abgehalten, Zeit mit ihm zu verbringen. Er lernte und machte seine Hausaufgaben bei Taehyung zuhause, stopfte die kleine Wohnung nach und nach mit Decken voll, ohne, dass Taehyung sich hätte wehren können.
Insgeheim ließen diese kleinen Gesten seinen Bauch unheimlich warm werden, aber so richtig zeigen konnte er es nicht. Das würde alles real machen und dazu war er noch nicht bereit, hielt noch eine Armlänge Abstand. Auch wenn die Mauer stark bröckelte.
Oft lag Taehyung einfach nur auf seiner Matratze und schaute Jungkook dabei zu, wie dieser Hausaufgaben machte. Dabei saß oder lag dieser auf dem Boden, denn sowas wie einen Schreib- oder Küchentisch besaß Taehyung nicht. Natürlich war diese Haltung auf Dauer unbequem, Taehyung hatte ihm dies schon oft vorgeworfen und gebeten, nach Hause zu gehen, doch Jungkook sträubte sich stur und Taehyung war irgendwie froh darüber.
Er bemerkte auch, wie der nachdenkliche Blick des Jüngeren des öfteren auf seine Bilder fiel, die an die Wände gestellt standen, doch er dachte sich nichts dabei.
Taehyung kämpfte sich durch die Masse, versuchte so wenig Haut wie möglich zu berühren. Ein paar anzügliche Blicke trafen ihn, aber er sah nur beharrlich in eine andere Richtung.
Irgendwann drehte Jungkook sich um und entdeckte ihn. Taehyung gefiel, wie sich sein Gesichtsausdruck sofort erhellte. Ohne es zu bemerken, fing er an zu lächeln.
"Hey."
"Hey."
Jungkooks Hand legte sich auf Taehyungs Hüfte, zog ihn ein Stückchen näher an ihn heran und strich ihm eine Haarsträhne aus den Augen. Mit seinen großen Rehaugen beobachtete Taehyung ihn dabei, legte seinen Kopf irgendwann zaghaft auf Jungkooks Schulter ab. Der Jüngere strich ihm sanft durch die Haare und hielt ihn eine Weile fest.
Jungkook war es nicht unangenehm, dass Leute um sie herum waren. Er stand zu sich, stand zu Taehyung. Taehyung war nicht so stark, löste sich nach einem viel zu kurzen Moment von ihm. Jungkook musterte den Älteren, versuchte zu erraten, was dieser dachte. Es war schwer. Freute er sich ihn zu sehen? Fühlte er sich unwohl?
Taehyung nahm einen Schluck von dem alkoholischen Getränk, was Jungkook für ihn bestellt hat. Er war müde, wollte einfach nur ins Bett und schlafen. Bevorzugt in Jungkooks Armen.
"Du siehst müde aus."
Taehyung nickte bestätigend mit dem Kopf.
"Deine Schicht ist zuende, oder? Dann lass uns gehen."
Jungkook legte den Kopf leicht schief, nahm Taehyungs Hand vorsichtig in seine und streichelte zart über seinen Handrücken.
"V."
Abrupt drehte Taehyung sich um, schaute in ein grinsendes Männergesicht. Ein kalter Schauer fuhr über seinen Rücken. Er wusste ganz genau, was das bedeutete, wusste ganz genau, was der Mann wollte.
Jungkook begann an seiner Hand zu ziehen.
Er konnte das nicht.
"I-ich...e-es", er schluckte einmal hart, "ich kann jetzt gerade nicht, tut mir leid."
Der Mann machte so gar keine Anstalten zu verschwinden, kam nurnoch näher und packte Taehyung an der Hüfte, welcher daraufhin einen erschrockenen Laut von sich gab.
Die Hand des Mannes wurde weggeschlagen, Jungkooks Hände umgriffen seine Hüfte und zogen ihn an seine Brust. Er hielt ihn. Fest. Taehyung drückte sich unterschwellig noch mehr an Jungkook.
"Hören Sie schlecht? Er.kann.gerade.nicht."
Spöttisch sah der Mann zu Jungkook. "Bist du überhaupt alt genug, um hier rein zu dürfen, huh, Kleiner?"
Jungkooks Lippen pressten sich zusammen, der Mann schaute ihn herausfordernd an. Bevor Jungkook auch nur irgendwie reagieren konnte, zog Taehyung ihn aus dem Club. Sein Herz schlug unangenehm schnell gegen seinen Brustkorb, die Tränen brannten auf seiner Wasserlinie und sein Körper begann zu zittern.
Mit schnellen Schritten lief er voraus, zog Jungkook hinter sich her, welcher sich mehr oder weniger orientiert mitziehen ließ.
"Taehyung-"
"Ich kann das nicht mehr.
Ich-
Ich kann das einfach nicht mehr."
Die Tränen quollen aus seinen Augen, liefen ihm erbarmungslos über's Gesicht. Er lief immer schneller, die Sicht verschwamm vor seinen Augen, bis Jungkook ihn plötzlich zurück und in seine Arme zog.
"Hey, ganz ruhig. Ich bin ja da."
Jungkook drückte den Älteren fest an seinen Körper, spürte die Tränen an seinem Hals. Er hatte das Gefühl, ihn nicht fest genug halten zu können.
Taehyung hatte mittlerweile begonnen hemmungslos in Jungkooks Halsbeuge zu heulen, seine Finger krallten sich in Jungkooks Shirt. Nach einer kleinen Weile brachte Jungkook ein bisschen Raum zwischen sie, nahm Taehyungs Kopf in seine Hände, welcher ihn verheult ansah. Vorsichtig lehnte Jungkook sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, lehnte seine Stirn schließlich gegen seine. Stumm blickten sie sich in die Augen.
"Wir finden eine Lösung, ich versprech's dir. Ich hol dich da raus. Ich weiß noch nicht wie. Aber...ich mach's."
Sachte legte er seine Lippen auf Taehyungs, der Kuss war kurz, nur ein zartes Streifen der Lippen, doch in dem Moment sehr viel intimer als ein Zungenkuss hätte sein können.
Taehyung atmete tief ein und aus.
"Komm mit, ich zeig dir was."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top