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Christina:

Normalerweise fühlte ich nie so eine starke Faszination für einen Typen wie für Kevin. Normalerweise verehrten die Typen mich und ich war diejenige, die die Auswahl zwischen mehreren primitiven und sexgeilen Typen hatte - und mich natürlich dann erst nach längerem hin und her für das geringste übel entschied. Doch Kevin weckte meine längst verloren geglaubte Libido und mein Verlangen ihn in mir zu spüren, ließ mich beinahe meinen Verstand verlieren. Seine Augen waren so unergründlich und tief wie das Höhlensystem der Unterwelt. Seine Berührungen waren eine Mischung aus teasen und schmerz, Dinge von denen ich nie gedacht hatte, dass ich sie so sehr brauchte. In meinen Augen war Kevin nicht perfekt, aber er übte einen perfiden und unerklärlichen Reiz auf mich aus. In meinen Augen war Kevin ein krimineller - ein Mann, der Herzen raubte und brach, und doch war er genau der Mann ohne den ich nicht mehr leben konnte. Ich brauchte seine Erniedrigungen und seine Unterdrückung. Ich brauchte seine Schläge und seine vergewaltigungen. Ich brauchte das Gefühl von meinen salzigen Tränen in meinen Wunden. Ich brauchte seinen Zorn und meine Angst. Ich brauchte das Gefühl, dass mich jemand so unbarmherzig und egoistisch fickte, als sei ich ein Stück dreck. Ich brauchte die Finsternis, um meine eigene verlorene Seele drin zu verstecken. Ich brauchte kein Licht mehr, dass mein anders-sein der spöttischen Welt Preis gab. Ich hatte meinen sicheren Hafen gefunden, obwohl „sicher" garantiert nicht das richtige Wort war. Kevin sprach mich auch äußerlich von Anfang an mehr an, als fast alle anderen jungs, die ich hätte haben können. Und doch war es von Anfang an seine bad-Boy Attitüde gewesen, die mich wahnsinnig nach ihm machte. Nach außen hin müssten wir wie ein verrücktes Paar aussehen - der gewalttätige Spinner und die prüde Musterschülerin. Und doch wagte es niemand sich mit Kevin anzulegen und blöde Fragen zu stellen, nicht mal Sabine. Ich sah zwar das Unverständnis in ihrem Blick, ich hörte zwar ihr flehen ihn zu verlassen, ich spürte zwar ihre Hände um meine Oberarme, als sie mich schüttelte, um wieder zur Vernunft zu kommen, doch sie drang nicht bis in jene hirnwindungen vor, die Kevin immer vergöttern würden, egal, was er mir noch alles antat. Das wort „grenzen" und seine Bedeutung hatte ich zu diesem Zeitpunkt ganz aus meinem Kopf verbannt - und ich hätte nicht gedacht, dass eine kranke Idee von Kevin dies so schnell hätte ändern können. Ich war nicht blind für jede Gefahr gewesen, ich wollte sie nur nicht sehen. Ich war nicht dumm gewesen, sondern nur naiv. Ich war gerannt, doch nicht von Kevin weg, wie mir immer alle geraten haben, sondern direkt in seine ausgebreiteten arme hinein. Das schlimmste Gefühl, was es gibt, ist es kurz vor seinem Tod sein Leben noch mal vor seinem inneren Auge vorbei rasen zu sehen - und dazu die Gewissheit zu haben, dass an all dem, was jetzt gleich passieren wird ausgerechnet die Person schuld ist, die man über alles liebt. Und noch während die letzte Szene durch seinen Kopf flackert, kommt plötzlich der letzte Grosse Knall, einer von vielen in solchen Beziehungen, aber diesmal ist es für immer.

Könnt ihr nachvollziehen, wie sich Christina trotz allem Warnungen zu Kevin hingezogen gefühlt hat?

Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen

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