Tamo

Trotz der kurzen Fahrt und der Sorge um meine Mercedes G-Klasse, rasten mir hundert Gedanken gleichzeitig durch den Kopf.

Einer war ziemlich vordergründig und lautete: Scheiße, bitte lass mich nicht zu spät dort sein.

Dass man sich nach der calle della Maria nicht mehr an Summer erinnert zeigt, dass sie tatsächlich nicht dort entlang gekommen ist.

Sie ist eine Schönheit und das sage ich nicht, weil ich der Typ mit dem y-Chromosom und ein schwanzgesteuerter Idiot war, sondern weil es so ist.

Überall zieht sie mit ihrem rotem Haar und den grünen Augen die gesamte Aufmerksamkeit auf sich.

Wenn sie nicht gesehen wurde, dann war sie nicht dort.

Sie ist nicht ohne Grund mein bestes Pferd im Stall. Gut, ich hatte nur schöne und auch kluge Frauen, die für mich arbeiteten, aber Summer war in allem einzigartig. Sie hätte auch studieren können und all das. Sie hat sicher schon genug Geld dafür bei mir verdient, aber ich glaube kurioserweise mag sie ihren Job.

Sie liebt es, begehrt, angehimmelt und auf Händen getragen zu werden. Und all das wird sie in meinem Haus. Weil ich es nicht zulasse, dass jemand anders mit den Mädchen umgeht.

Ich bin nicht ohne Grund der einflussreichste Edelbordellbesitzer der Westküste geworden.

Ich habe ein Auge für meine Mädchen und auch für meine Kunden. Ich lege wert auf drei Dinge.

Bei meinen Mädchen: Schönheit, Klugheit, Lernfähigkeit.

Bei meinen Kunden: Geld, unfassbar viel Geld und dass sie die Mädchen gut behandeln. Dabei schaue ich nicht auf ihr Führungszeugnis. Auch, aber ich habe schon Drogenbosse die Mädchen auf Rosen Betten sehen und Premierminister dabei erwischt, die Frauen beim Sex mit einem Messer antreiben zu wollen.

Ich machte mir lieber selbst ein Bild. Wer in meinen Club aufgenommen werden will, muss sich bewerben und vorsprechen. Das verspricht Sicherheit, Qualität und Exklusivität für alle Beteiligten.

Ich kann es mir leisten, eben weil ich die besten Mädchen der ganzen Westküste habe. Die habe ich aber nur, weil ich darauf achte, dass sie auch so behandelt werden. Ist eine Win-win-Situation für alle.

Natürlich komme ich dabei auch selbst auf meine Kosten. Meine Mädchen wissen genau, wie ich ficken will und was ich im Bett brauche. Keine weiteren Erklärungen notwendig.

Nicht, dass ich besondere Gefühle für meine Angestellten hege. Aber ich habe gern Ordnung und die Kontrolle über alles und liebe es, wenn alles nach meinen Regeln verläuft.

Das gerade ist das komplette Gegenteil davon und ich balle die Hände zu Fäusten, als wir uns der Straße nähern. Wir haben kaum angehalten, da springe ich schon aus dem Wagen und sehe mich auf der kleinen Nebengasse um. Sie ist leer und verlassen.

Fuck!

Das ist genau Juans Masche. Neben dem Drogenhandel hat er auch noch mit Prostitution und Menschenhandel zu tun. Meine Leute haben berichtet, dass er kleine Gassen nutzt, um dort verirrte und abgefüllte Touristinnen und manchmal auch Einheimische, die nicht vorsichtig genug waren, zu entführen und zu kidnappen.

Entweder werden sie verkauft, um sich für irgendwelche reichen Wichser zu prostituieren, oder sie werden für den Organhandel missbraucht.

Marco steht neben mir. Er sagt nichts, worüber ich sehr dankbar bin. Wenn ich jetzt den Mund aufmachen und ihm antworten müsste, würde ich wahrscheinlich einen Tobsuchtsanfall bekommen und die Kontrolle verlieren. So sieht er mich nur an und mit einem Blick erkenne ich, dass er weiß, was ich als nächstes tun werde. Das ist der Vorteil, wenn man seit seinem achten Lebensjahr einen besten Freund hat, der mit einem durch jede Scheiße, oder besser gesagt, durch jede Pflegefamilie und jedes Heim gegangen ist.

Während Marco kurz die anderen instruiert, dass sie im Hotel warten sollen und nur wir beide weiter fahren würden, beugte ich mich zu Boden.

Dort waren Reifenspuren eines Vans zu sehen. Irgendein billiger Sprinter. Zwei paar Fußabdrücke.

Einer von beiden schien ziemlich fett zu sein.

Sie führten einige Meter in die Gasse hinein, dann drehten sie wieder um, zurück zum Wagen. Ich schloss kurz die Augen.

Sie hatten den kleinen Schmetterling tatsächlich.

Auf der einen Seite war ich erleichtert, da ich wusste, wo ich nach ihr suchen musste. Auf der anderen Seite hätte ich Jackson am liebsten Hier und Jetzt zu Frikassee verarbeitet und in dieser verfluchten Straße vergraben, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich sie dort herausholen konnte, ohne selbst erschossen zu werden.

Marco kam zurück und klopfte mir mit der Hand auf die Schulter.

„Na komm amigo, besuchen wir das Arschloch und holen uns den Schmetterling zurück. Wie schwer kann das schon sein?"

„Du meinst, in die Festung eines schwanzlutschenden motherfuckers einzubrechen, die besser gesichert ist, als Alcatraz? Um ein Mädchen zu stehlen, ohne dafür zu bezahlen? Und dann wieder heraus zu spazieren, am Besten, ohne erschossen oder geköpft zu werden? Keine Ahnung amigo. Klingt nach nem absoluten Kinderspiel, wenn du mich fragst."

Marco lachte rau. „Kein Unterschied zu sonst auch. Solange wir hinlaufen ist alles gut. In deine Teufelskarre steige ich nicht nochmal. Ansonsten kannst du Alcatraz allein einnehmen, weil ich kotzend im Sitz hänge. Und wir wissen doch beide, dass du ohne mich überhaupt keine Chancen hast."

Ich boxte ihm in die Schulter. Schön, dass wenigstens einer seinen Humor behalten hatte. Auch wenn ich ihm ein halbherziges Grinsen zuwarf, so war das hier keine Lappalie. Und das wussten wir beide.

Unser Galgenhumor sollte nur eine Situation herunter spielen, von der wir beide wussten, dass es gut und gern unsere Letzte sein konnte.

Niemand war bis jetzt einfach so, uneingeladen, bei el Tigre aufgetaucht und hatte dieses Treffen überlebt. Seine Veranstaltungen waren wie meine.

Exklusiv, teuer und absolut unerreichbar, wenn man keine Kontakte hatte.

Noch nie ist da jemand reingekommen, der nicht rein sollte.

Und vor allem ist keiner ohne die Erlaubnis des Tigers wieder rausgekommen.

Zumindest in einem Stück. Und intakten Vitalfunktionen.

Niemand!

Einfach niemand.

Basta.

Aber eines war sicher: Das hier würde nicht mein letzter Abend auf Erden sein.

Und Marco's und Summer's auch nicht.

Das würde ich niemals zulassen. Mir würde schon noch was einfallen. Es musste!

„Du hast noch 30 Minuten für einen guten Plan, bro. Dann stehen wir vor seiner Haustür und klingeln mal nett. Kein Druck also", warf mir Marco noch süffisant zu, bevor wir uns auf den Weg Richtung Casa Tigre machten.

"Danke", gab ich trocken zurück.

Null Druck.

Alles, wie immer also.

Und wieder wurde mir bewusst, dass das Schicksal manchmal ein dämlicher Hurensohn sein konnte.

Heute müsste mehr als nur ein bisschen Glück auf meiner Seite sein, wenn ich mit Summer und Marco heil aus dieser Scheiße rauskommen wollte.

Und ich wusste es besser: Glück war genauso eine bitch, wie das Schicksal.

Es kam nicht einfach zu dir. Zumindest nicht freiwillig.

Du musst es dir holen. Du musst für das, was du erreichen möchtest arbeiten und kämpfen. Du bekommst es nicht geschenkt und steckst oft Schläge dafür ein.

Zumindest war es bei mir immer so abgelaufen. Mein Leben lang.


Wie hätte ich auch nur ahnen können, dass sie  an diesem Abend alles ändern würde?

Meine Meinung.

Meine Ansichten.

... Mein Leben.


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.... Fortsetzung kommt in den nächsten Tagen ;))) <3333

Schön, dass ihr bis jetzt dabei seid :***

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