Dunkelheit

Shit. Ein Käfig.

Hier drin konnte er mit mir machen, was er wollte. Ich ging mal davon aus, dass es ein Mann war, denn der Großteil der Entführer waren nun mal Männer aus ganz ... naja, offensichtlichen Gründen.

Mein Dad wollte auf dieses Thema in 10 Jahren oder so eingehen, meinte er, obwohl ich natürlich längst Bescheid wusste. Der Nachteil einer Hochbegabung ist, dass man alles mitbekommt. Ich zumindest.
Jede Geste, jeden Gesichtsausdruck, jedes gesagte und nicht gesagte Wort. Als ich mit vier Jahren herausfand, dass Onkel Esteban den Weihnachtsmann mit Wodka bezahlte, brach eine Welt für mich zusammen. Oh Gott, Weihnachten. Ich will dieses Jahr wieder Weihnachten mit Papa und Onkel Esteban feiern!
... Ich musste einen Weg finden zu fliehen!

Freibuddeln war sicher keine Option. Unter mir befand sich wahrscheinlich ein stabiles Betonfundament.

Gerade, als ich hektisch nach einer Tür, einem Schloss oder irgendetwas suchen wollte, stoppte das Geräusch der Schleifmaschine. Mit angstgeweiteten Augen blickte ich zu der Stelle, an der ich das Geräusch ausgemacht hatte und wartete erstarrt.

Ich atmete leise, aber panisch ein und aus. Als ob er mich deswegen weniger bemerken würde. Ich saß genau in der Mitte dieses dämlichen Raums.

Noch nie hatte ich so viel Furcht empfunden, wie in diesem Moment. Eine Zeit lang, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, geschah nichts. Dann hörte ich leise Schritte auf mich zukommen. Der Sandboden dämpfte zwar alle Geräusche, aber ein unaufhaltsames Tappen war zu vernehmen. Kaum zu hören.

Auch meine Schreie würde hier unten niemand hören.

Eine große Gestalt erschien im Türrahmen und näherte sich langsam. Ich konnte bis jetzt nur seine Silhouette ausmachen, doch es handelte sich eindeutig um einen Mann. Er war circa 1,80 Meter groß, trainiert, aber nicht muskulös, eher sehnig. Er hielt ein paar Meter vor mir inne.
Mein Herz hämmerte so sehr und das Blut rauschte in meinen Ohren. In einem Horrorfilm konnte man sich in diesem Moment irgendwo in der Decke verstecken.
Ich konnte mich nicht verstecken.
Ich war mittendrin in diesem beschissenen Horrorfilm.

Ich spürte, wie er mich beobachtete.

Wie ein Jäger, der seine Beute beobachtete. Genüsslich, weil er wusste, ich würde nicht weglaufen können. Ich starrte wie paralysiert zu seiner dunklen Gestalt. Nichts geschah und ich hielt die Stille zwischen uns nicht mehr aus. Sie zeriss mich innerlich.

„Was mache ich hier?", fragte ich und erkannte dabei meine eigene Stimme nicht wieder. Ich hatte noch eine helle, zarte Mädchenstimme, was mich manchmal ein bisschen ärgerte. Sie passte so gar nicht zu meinem sehr gut entwickelten Intellekt. Das und mein zarter Körperbau sorgten dafür, dass die Leute mich für noch jünger hielten, obwohl ich wahrscheinlich einen ähnlichen IQ wie Einstein hatte (was nicht übertrieben ist. Ich bin eher der bescheidene Typ).

Diese Stimme hier jedoch klang rau und spröde, wie die eines Patienten mit Lungenemphysem. Im Endstadium.

Er kam langsam auf mich zu und ich rutschte unwillkürlich in meinem Käfig ein Stück zurück. Dafür belastete ich meinen zerschnittenen Arm und atmete scharf ein vor Schmerz. Er hockte sich vor den Käfig und streckte langsam eine Hand durch die Gitterstäbe.

Wie in Zeitlupe näherte sie sich langsam meinem Gesicht.

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