Aurela
Ich prüfte noch einmal die Festigkeit meiner Handfesseln.
Locker genug, um das zu tun, was getan werden musste.
Mit geübten und starken Griff zog ich kurz an meinem Daumengelenk. Mit einem Knacken, das jedoch vom Geräusch des Motors übertönt wurde, sprang das Gelenk aus seiner Pfanne.
Es tat höllisch weh und das jedes Mal aufs Neue, egal, wie oft ich es auch geübt hatte um mich schnell und erfolgreich befreien zu können.
Es war nicht wie im Film, wo der Held dann fröhlich herumrannte und noch hundert Leute mit dieser Hand verprügelte. Es tat weh wie Sau und schränkte die Beweglichkeit meiner ganzen Hand ein.
Schnell befreite ich die Hand und renkte meinen Daumen mit der gleichen Routine wieder ein.
Ich biss die Zähne zusammen und versuchte, ganz normal zu atmen. Kurz schloss ich die Augen und zählte bis zehn, um mich von dem stechenden Schmerz abzulenken.
Ich war kaum fertig mit Zählen, als wir anhielten.
Specki und Hinkebein sprangen aus dem Wagen.
Die beiden kleinen Mädchen schliefen immer noch. Langsam machte ich mir Sorgen. Eigentlich müssten sie längst wach sein.
Ich kannte die Nebenwirkungen überdosierter Anästhetika. Am liebsten hätte ich sie sofort untersucht, doch das musste noch etwas warten, sonst hätten wir hier alle keine Chance lebend raus zu kommen. Oder frei.
Die Tür wurde aufgerissen und die rothaarige Schönheit schrie erschrocken auf, als drei brutal aussehende Typen, aka Schlägerkloppis, uns herauszerrten und in den Schmutz warfen.
Merida versuchte um sich zu treten. Sie kratzte, spuckte und beschimpfte die Männer.
Die Amazone in mir konnte ihren Mut und Kampfgeist nur bewundern. Die Ärztin in mir allerdings konnte über so eine sinnlose Energieverschwendung nur besorgt sein. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, sie soll sich ihre Kräfte aufheben.
Doch leider fiel es mir unglaublich in die Hände, dass sie mit ihren Gebärden alle Aufmerksamkeit auf sich zog.
So achtete keiner auf mich. Auf das Mädchen, dass still und mit gebeugten Kopf und Schultern im Schmutz saß.
Niemand schenkte mir viel Beachtung.
Niemand sah meine lose Handschelle und die Hand, die sich daraus befreite um dem Arschloch, das mich im Schwitzkasten gepackt hatte, mit meinem schmalen Goldring zu kratzen.
Eine kleine Bewegung hatte genügt. Ein kleiner Kratzer, den er jetzt noch nicht spürte, der aber später dafür sorgte, dass er seine eigene Lunge auskotzen würde.
Mittlerweile waren drei Männer zu der rothaarigen, jungen Frau gestürmt, um sie zu fixieren.
Als ich an ihr vorbeigezogen wurde, drehte ich mich blitzschnell unter dem bulligen Arm meines Wachmanns hindurch und täuschte einen Fluchtversuch an. Ich rannte zu Merida und kratzte genauso wild wie sie. In Gedanken fügte ich drei Männer hinzu.
Zwei andere Männer reagierten schnell, kamen herbeigerannt und packten mich grob an meinen langen Haaren.
Zwei weitere Kratzer mit dem Ring.
Als ihnen auffiel, dass ich die Fesseln gelöst hatte, kam ein dritter mit schrecklicher Vokuhila Frisur, um seine stinkenden Freunde zu unterstützen.
Ich wartete, bis er nah genug war und trat ihm gezielt gegen sein Schienbein.
Er packte mich daraufhin brutal am Genick und zog mich ekelhaft nah zu sich.
„Du kleine Schlampe, na warte, wenn ich nicht genau wüsste, was dich gleich erwartet, hätte ich dich gelehrt, mir dumm zu kommen", zischte er mir wütend ins Gesicht. Dabei spuckte er stark zwischen eine Zahnlücke und ich spürte Speicheltropfen mein Gesicht besprenkeln. Nur mühsam unterdrückte ich den Brechreiz.
Du dreckiges Stück Scheiße, dachte ich wütend, wenn ich nicht genau wüsste, was dich in einer halben Stunde erwartet, dann hätte ich dir hier und jetzt den Kiefer in dein Stammhirn geschoben.
Statt ihm eine saftige Erwiderung zu geben, senkte ich den Blick.
Ich wollte mit den anderen Mädchen mitgehen. Falls ich mich jetzt daneben benehmen würde, würde ich vielleicht aussortiert werden.
Auch die rothaarige Schönheit war mittlerweile erschöpft in sich zusammen gesunken. Zu viert wurden wir in einen Art Wasch- und Baderaum geführt. Die Mädchen wurden getragen, doch ich sah, wie sie langsam blinzeln zu sich kamen. Gott sei Dank!
Grob wurden sie zu Boden geworfen, was sie mit einem schmerzerfüllten Aufschrei endgültig aus ihrem Koma holte.
Einer der Männer beugte sich zu ihnen herunter und streichelte mit schmierigen Grinsen die Oberschenkel der Mädchen.
„Na meine Hübschen, soll Papa euch verarzten?" Er drehte sich lachend zu seinen Kumpels um, die in sein Lachen einstimmten und ihn anfeuerten.
Sie widerten mich an. Ich konnte nicht anders. Außerdem hatte ich die drei Arschlöcher noch nicht versorgt. Es wurde Zeit, dass sie "verarztet" wurden.
Mit einer geübten Drehung befreite ich mich aus dem Griff der Zahnlücke und sprang zu den Mädchen. Ich schubste die beiden Männer halbherzig weg von ihnen und kratzte sie dabei ebenfalls mit meinen Ringen. Schützend stellte ich mich vor die Mädchen, die hinter mich krabbelten.
Mein Angriff hat sie natürlich nur taumeln lassen und unheimlich wütend gemacht.
Bevor ich auch nur einen Verteidigungsversuch unternehmen konnte, spürte ich einen harten Schlag zwischen meine Beine und ich fiel vornüber zu Boden.
Als ich mich umdrehte, sah ich die Zahnlücke mit zornesrotem Gesicht hinter mir stehen. In der Hand eine Art Baseball Schläger, der rot vor Blut war.
„Die kleine bitch hat Courage. Mal schauen, wie viele Bewerber ihr das an der Stange einbringt. Ich schwöre dir, wenn ich nicht Ärger mit dem Boss persönlich bekommen würde, hätte ich dafür gesorgt, dass dein Gesicht nicht mehr so hübsch ist, wie jetzt", drohte er mir leise und strich mir beinahe sanft mit dem blutverschmierten Schläger über die Kehle.
Auch, wenn wir das hier taten, weil wir helfen wollten. Weil wir Dinge tun konnten, die ein guter Polizist nicht tun konnte. Nicht tun durfte, so hasste ich diesen Teil der Einsätze am meisten. Ich konnte mich nicht beherrschen.
„Ich weiß. Ich stehe ein bisschen über deiner Gehaltsstufe, du wertloser Hurensohn", zischte ich ihm entgegen.
Sein Gesicht wurde noch etwas dunkler.
Shit, jetzt verliert er sicher die Beherrschung. Ich war zu weit gegangen.
Und tatsächlich hob er den Schläger, als ob er mir den Kopf zu Brei schlagen wollte, da erklang eine strenge Stimme aus dem Nebenzimmer.
„Enito! Wenn du sie anrührst, verfütter ich deinen stinkenden Kadaver an die Schweine!"
Der vorher noch hochrote Enito wurde augenblicklich leichenblass und warf angsterfüllt den Schläger in die Ecke des Raumes.
„Tut mir leid Boss. Ich hätte doch nie... also, ich würde nie Ihr Eigentum ... nie, denn, aber die hier ... die ist wirklich...", weiter kam er nicht mit seinem lächerlichen Gestammel.
Der Mann unterbrach ihn und sah ihn mit kalten Augen an.
„Noch ein Fehler Enito. Ich denke, ich muss mich nicht weiter ausdrücken und jetzt verschwinde gefälligst. Ich will deinen haarlosen Arsch heute nicht mehr sehen."
Seine Stimme duldete keinen Widerspruch. Enito zog erstaunlich schnell mit gesenktem Kopf ab.
Nun wandte der Mann seine gesamte Aufmerksamkeit mir zu. Er war hochgewachsen und sah kultiviert aus. Seine schwarzen Haare waren sorgfältig frisiert, der Bart perfekt gestutzt und der Anzug war ein Designerstück, maßgefertigt. Und es sollte sagen: Ich war sündhaft teuer.
Vor mir stand niemand Geringeres, als Juan Garcia selbst.
Der Kopf der Schlange.
Der Mann, wegen dem wir hier waren.
Er musterte mich kühl. Ich hielt seinem Blick stand.
„Interessant. Du scheinst ziemlich aufmüpfig zu sein, mh? Solche wie du sind gerade ziemlich begehrt. Schön und kämpferisch. Ich habe heute einige Kunden eingeladen, die mir viel Geld für dich bieten werden, meine Schöne. Männer, die dich brechen sehen wollen."
Er ging langsam um mich herum. Sein Blick glitt über meinen Körper und meine Kurven. Doch er war nicht gierig und schmierig, wie der seiner Lakaien, sondern beherrscht und kontrolliert.
Er prüfte nur den Zustand seiner Ware.Schätzte ihren Wert. Nichts weiter.
Seine Hände wickelten sich um mein blondes Haar und wenn ich nicht wollte, dass er mich skalpiert, musste ich Stück für Stück näher zu ihm stolpern.
Als ich ihn fast berührte, hauchte er mir leise in mein Ohr: „Ich persönlich hasse Frauen, wie dich. Ihr widert mich an. Euer Kampfgeist ist nur verschwendete Kraft, die euch fehlt, wenn ihr die Beine spreizen sollt."
Mein ganzer Körper spannte sich an. Es kostete mich so viel Kraft, ihm nicht mit einem gezielten Tritt seine dämlichen Hodensäcke zu zerquetschen.
Stattdessen sah ich ihn nur an und legte meine freie Hand sanft auf seine Faust, die mein Haar umwickelt hielt.
Ich überbrückte die letzten Zentimeter zwischen uns und beugte mich zu seinem Ohr.
In dem kurzen Moment der Überraschung, dass ich näherkam und nicht zurückwich, ließ er mich gewähren.
„Wie kommst du darauf, dass ich es bin, die dann gefickt wird", flüsterte ich leise.
Und mit einer einzigen Bewegung ließ ich meine Hand herunterfahren und fügte ich ihm einen langen Kratzer an seinem Handgelenk zu.
Wütend zog er seine Faust zurück und schlug mir mit der flachen Hand ins Gesicht. Ich stolperte, verlor den Halt und schlug hart auf den Fließen des Waschraums auf.
„Die verrückte Schlampe kommt an die goldene Stange", schrie er wütend und rieb sich sein Handgelenk.
„Jeder soll sie sehen. Sorgt dafür, dass die Fesseln fest genug sitzen. Du wirst heute Nacht bluten, kleines Miststück!" Mit diesen Worten entfernte er sich und verschwand aus dem Waschraum.
Schweratmend rieb ich mir meine schmerzende Wange. Verdammt, das brannte, wie Feuer. Aber immerhin hatte sich das Ganze gelohnt...
Die goldene Stange.
Genau dort wollte ich hin.
In meinem Ohr knackte es leise.
"Halt durch kleine Schwalbe. Wir haben es bald geschafft. Bald werden sie bluten", erklang Jules gepresste Stimme durch das Headset.
Ja, ... das würden sie.
Ich robbte langsam zu Merida und den beiden Mädchen, die die Szene entsetzt beobachtet hatten. Ich würde die Mädchen untersuchen und mich dann hübsch machen.
Und dann würden wir das hier beenden.
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