Prolog
Flüsternd bewegt sich die Stimme durchs Land. Wispernd erzählt sie von der Vergangenheit, die unweigerlich ins Hier und Jetzt führt.
Schon viele Jahrtausende, ja Jahrmillionen, zählt die Erde. In stetigem Kreisen bewegt sie sich um die Sonne, lässt Leben gedeihen.
Die Menschheit begann vor 2022 Jahren die neue Zeitzählung und stand nun erneut an einem grossen Wendepunkt. Tief spaltete sich die Gesellschaft. Angeführt von Angst und Wut schwächte sich die eine Seite massiv, während die andere zwar verstossen, aber durch ihre Kreativität neu erstrahlte. Einige Jahre zogen ins Land, voller Auseinandersetzungen und Schmerz. Doch langsam begann sie wieder zusammenzufinden. Ein Umdenken fand statt und die Trennung wurde als die grösste Schwäche der Menschheit erkannt.
Durch diesen Prozess entstand neues Wissen, neue Erkenntnisse und Errungenschaften. Die Freude über das Zusammenfinden von Natur und Technik brachte allerdings auch neue, betrübliche Einsichten.
Die Lebenskraft der Erde wurde durch die vorangegangenen Ereignisse und Zivilisationen so geschwächt, dass ihre Regeneration nicht ohne massive Veränderungen der Bedingungen möglich sein würde. Diese würden für den Menschen so lebensfeindlich ausfallen, dass ein Fortbestehen der Spezies verunmöglicht wird.
Dank der langen Zeit der Krise, in der Tiefe verändert, respektierte die Menschheit ihre Lage und beschloss, einen neuen Planeten zu finden und zu besiedeln.
Das Wissen um drei Sonnensysteme, welche potenziell bewohnbare Planeten aufwiesen, existierte bereits. Die ganze Energie wurde von da an in das Projekt "grüne Planeten" gesteckt. Archen wurden dank der neuen Technologien erbaut. Diese sollten sich auf die lange Reise durch das Universum begeben, mit allem, was die Menschheit für einen Neustart brauchen würde.
30 Jahre nach diesem Entscheid waren die Archen startbereit. Das Leben auf der Erde hatte sich bereits verändert. Viele Pflanzen wurden so giftig, dass sich weder Mensch noch Tier davon hätten ernähren können. Pilzkrankheiten verbreiteten sich auf den Landwirtschaftsflächen, eine Folge der jahrzehntelangen Monokulturen, Überdüngungen und Pestizidanwendungen. Bakterien wurden aggressiv und resistent gegen sämtliche Medikamente, die früher als grosse Errungenschaft galten.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Menschheit bereits um vier Milliarden Bürger reduziert. Allerdings überstiegen auch die Übrigen das Fassungsvermögen der Archen. Obwohl sämtliche Ressourcen in deren Erbau und Entwicklung gesteckt wurden, zerrann der Menschheit die Zeit zwischen den Fingern. Deshalb kreierten sie ein Auswahlsystem, welches dafür Sorge trug, dass ein möglichst breiter Genpool mit der jeweiligen Arche reiste.
Die Aufstände, die ein solcher Umstand noch vor einigen Jahrzehnten hervorgerufen hätte, blieben aus. Die Zurückgebliebenen, wie die Reisenden, hatten das neue Bewusstsein verinnerlicht. So blieb jenen, die auf der Erde ihr restliches Leben verbrachten, der Trost und die Hoffnung, dass ihr Wissen, ihre Nachkommen und die Geschichte, irgendwo in den Weiten des Universums weiter existieren würden.
∞∞∞
In der Stille des Alls bewegt sich die Stimme flüsternd weiter. Sanft wie ein Tuch aus Seide wabert sie um die riesige Arche. Lange war ihr Weg, von dem Kontinent Europa gestartet und kurz davor, ihr Ziel zu erreichen. Von zwei vergangenen Generationen erzählt das Flüstern und nun von der Dritten. Diejenige, die, wenn alles gut geht, Boden betritt, welchen noch kein Erdenbürger je zuvor betrat.
Im Orbit kreisend, erlangten die Menschen die ersten Kenntnisse über den grünen Planeten. Im Gegensatz zu ihrem alten Zuhause, welches keiner von ihnen erlebt hatte, dominierten hier nicht die Weltmeere die Oberfläche. Wunderschöne Wälder überwogen das Bild und erste Messungen ergaben ideale Lebensbedingungen. Es zeigten sich sogar Spuren einer vergangenen Zivilisation, doch menschlich intelligentes Leben war nicht zu erkennen.
Die ersten Landungen gestalteten sich schwieriger als gedacht, denn die Wälder waren alt und das Buschwerk dicht. Dennoch gelangen sie kurz nach den Ausläufern von kleineren Gebirgszügen. Die erste Siedlung wurde errichtet. Als diese erste Erfahrungen abwarf, konnten auch die auf der Arche ausharrenden Bewohner in ihre neue Heimat geführt werden. Die Arche blieb als ausserplanetarische Station weiter im Orbit des Planeten.
Für jeden Bewohner der Arche war dies der erste Kontakt mit der wilden Natur eines Planeten. Verändert durch die Zeit, im Wesen verunsichert, schlich sich Angst in die Gemüter der Menschen. Die Dynamik in der Gruppe verlangte nach starken Anführern, welche auch bald gefunden waren. Alle drei hatten eine Zuneigung für das Rampenlicht und genossen es, die Masse zu führen. Dies versprach, alte Wunden aufzureissen. Doch diese Wunden waren von dieser Generation nicht selbst erlebt. Nur ihre Ahnen und die Geschichtsbücher kannten sie. Daher wurden sie anfangs kaum wahrgenommen.
Doch Macht führt zu mehr Macht und dem Verlangen nach Kontrolle. Irgendwann kann kein nettes, charmantes Lächeln mehr verhüllen, wonach dem Machtinfizierten giert.
Doch der jugendliche Freisinn und Mut lässt sich nur schwer kontrollieren und Liebe ist gar nicht kontrollierbar, flüstert die Stimme weise.
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