Prolog

«Taraneh, bist du dir sicher, dass das dein Weg ist? Du weisst, was das bedeutet.»

«Ja, Nyara es ist mir bewusst, was das bedeutet. Aber ich spüre tief in mir, dass es die richtige Entscheidung für mich ist. Ausserdem kann ich die Gelegenheit nutzen, noch ein paar alte Dinge aufzuarbeiten», antworte ich ihr, mir Mühe gebend, nicht genervt zu sein.

Wir hatten diese Unterhaltung bereits hunderte Male geführt. Ich verstehe, dass es für sie schwierig ist zu akzeptieren, dass es wirklich meine Entscheidung ist, dass ich sie wirklich verlassen werde. Wir sind so lange befreundet, seit Inkarnationen, helfen wir uns durch unser Studium des Lebens. Wenn ich jetzt gehe, werden wir uns für sehr lange Zeit nicht wiedersehen und wenn etwas schief geht, könnte es durchaus noch länger als gedacht dauern. Das heisst für uns beide, dass wir loslassen müssen. Eine weitere Lektion, die einen in die Verzweiflung bringen kann.

«Kannst du mir nochmals erklären, was dich dazu bewegt, über die Venus zur Erde zu gehen und die ganzen Zyklen an Zerstörung nochmals mitzugehen, hat es dir hier nicht gereicht?» Nyaras Stimme ist kräftig und würde ich sie nicht schon ewig kenne, würde es mich tatsächlich verunsichern.

«Nyara, ich kann dort helfen. Versteh mich doch. Wenn niemand bereit ist Licht und Wissen dorthin zu bringen, was haben wir denn aus unseren bisherigen Geschichten gelernt? Bitte versuche es zu verstehen. Sie haben mich gefragt, weil es zu mir passt und mir ebenfalls helfen kann, auf meinem Weg weiterzukommen.»

«Das weiss ich doch, aber ich habe solche Angst, dass du dich in dieser materiellen Weltenschlacht verlierst», antwortet Nyara und diesmal schwingt Angst und Trauer in ihrer Stimme, das Mächtige ist entwichen.

«Du weisst, dass das Risiko immer besteht. Aber ich bin gut vorbereitet und ich bin ja nicht allein.»

«Jaja, ich weiss Joah und Rune sind auch dabei», sie verdreht ihre schönen blauen Augen.

«Ja, sie sind auch dabei, aber du weisst, dass ich nicht nur sie meine. Ausserdem, was hast du für ein Problem damit?», jetzt werde ich energischer.

Selbst Nyara erlaube ich nicht, in dem Ton über meine Familie zu sprechen. Die beiden kenne ich zwar noch nicht so lange, wie sie, aber dennoch haben wir viel von und miteinander gelernt. Das war natürlich nicht immer einfach. Nyara weiss das auch, aber sie würde es unter normalen Umständen nicht wagen, das in dieser Art auszuspielen. In ihrem Gesicht erkenne ich, dass ihr der Fehltritt bewusst wird.

«Entschuldige bitte, das wollte ich nicht. Ich weiss, der Reisende und die Weisen sind immer in der Nähe. Sie werden euch helfen. Aber wenn du sie mal nicht findest oder sie nicht in deinen Träumen siehst, was ist dann?», pure Verzweiflung spricht nun aus meiner Freundin.

Ich habe sie schon lange nicht mehr so erlebt. Wir haben hier wohl beide noch etwas zu lernen, stelle ich für mich fest. «Ich werde meinen Weg schon finden, bitte vertrau mir. Ausserdem gehören wir noch zur selben Schöpfung, es ist ja nicht so, dass ich aufhöre zu existieren. Auch du kannst mich in den Träumen besuchen.»

«Es wird nicht dasselbe sein...aber ich werde es tun, ich werde dich daran erinnern.»

Mit Tränen in den Augen steht sie vor mir. Ihr langes blondes Haar hat sie zu einem Zopf zusammengeflochten. Es sieht hübsch aus.

«Du wirst hier alle Vorbereitungen treffen, dass wir wieder zurückfinden werden, wenn wir hier ankommen.»

Sie nickt leise. Es hat ihr die Sprache verschlagen. Doch über unser Inneres kommunizieren wir auf eine andere Art. Fest schliessen wir uns in die Arme.

Am nächsten Morgen ist die Abreise schon wieder näher gerückt. Ich liege mit meinem Kopf auf Joahs Brust und beobachte das Lichtspiel an der Decke unserer kleinen Hütte auf unserem Heimatplaneten Ahwagahwaen. Bald werden wir ihn verlassen, für eine sehr lange Zeit. Zumindest wird es sich so anfühlen. Keiner weiss genau, wie lange der Abschied genau sein wird. Und da Zeit überall ein anderes Konstrukt hat und in den spirituellen Welten gar nicht mehr existiert, ist auch das relativ.

Vorsichtig drehe ich meinen Kopf etwas nach unten, so dass ich nun das Lichtspiel im Haar unseres Sohnes Rune betrachten kann. Sanft streiche ich darüber. Ich habe noch nie ein so hell leuchtendes Wesen gesehen, ausgenommen der Reisende und die eingeweihten Weisen. Aber Runes Leuchten ist auch etwas anders, es ist rein und golden und dennoch nicht von derselben Beschaffenheit. Noch nicht zumindest. Wer weiss, was er für einen Weg gehen wird.

Sein bester Freund Irven ist ihm sehr ähnlich, doch auch bei ihm ist das Licht nicht wie bei Rune. Vielleicht bin ich aber auch voreingenommen. Selbst wenn ich in uns allen diese hellen, in Liebe kreierten Geschöpfe erkennen kann, der Körper von Rune wurde durch meinen und Joahs geschaffen. Also bin ich vielleicht nicht so neutral, wie ich es gerne wäre. Bei dem Gedankengang muss ich Lächeln.

Am Tag der Abreise verabschiede ich mich schweren Herzens von Nyara. «Wir werden uns wiederfinden. Bestimmt. Und dann schwimmen wir wieder zusammen bei Andakla im Meer.»

«Ich werde dich daran erinnern.», ist ihr Versprechen an mich.

Dann steigen wir in die kleine für uns vorgesehen Reisekapseln, die uns ins Weltall bringt, wo wir auf das grosse Schiff umsteigen werden. Die Reise zur Venus wird nur einige, nennen wir es Wochen, in Anspruch nehmen. Den Rest dieser Inkarnation, werden wir auf der Venus verbringen, damit wir uns an das neue Sonnensystem und dessen Schwingung gewöhnen können.

Einige von uns sind bereits dort und haben auch schon mehrere Lebenszyklen dort verbracht. Also wird es vielleicht ein bisschen Heimat in sich haben. Wir transportieren auch einiges an Pflanzen mit dem Schiff, das könnte durchaus auch helfen. Wenn wir unsere Inkarnation auf der Venus beenden, werden wir in einen längeren Zyklus auf der Erde einsteigen. Bis wir, wenn alles funktioniert, wieder zurückreisen werden. Viele intensive und schmerzhafte Erfahrungen, bestimmt, aber auch schöne und intensive erwarten uns.

Der Reisende ist nicht an Strukturen gebunden, somit ist er überall Präsent und die anderen Meister sind in allen Universen und Ebenen verteilt. So werden wir immer jemanden haben, sofern wir ihn während der Inkarnation erkennen und an uns ranlassen, der uns helfen kann, das Licht im Dunkeln zu sein. Der andere Grund, warum wir hierhergekommen sind. Um der universellen Liebe zu helfen, so gut es uns möglich ist. Im Morast aus Dualität, Hass und Trennung.

Es wird nicht einfach sein, diese Dynamik zu durchdringen, ohne dieselben destruktiven Techniken anzuwenden. Den freien Willen zu wahren wird das höchste Gut sein und gleichzeitig eine der grössten Herausforderungen.

«Das wird eine spannende Reise Mama», reisst Rune mich aus den Gedanken und lenkt mich mit seinem hellen Lachen von deren Schwere ab.

«Ja, das wird es mein Sonnenschein, das wird es...»

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