Kapitel 42: Nymphengene

Immer noch im Elysium, Unterwelt

Friday
Eine wunderschöne junge Frau öffnete uns die Tür. Und sofort wusste ich; das ist meine Mutter. Alleine ihre Augen reichten aus, um sie zu erkennen. Graugrün, Dad hatte recht. Ich hatte ihre Augen. Allerdings hatte sie im Gegensatz zu Dad und mir braune Haare. „Charon?" fragte sie. Irgendwas schien in ihren Augen aufzublitzen als sie seinen Namen sagte. Dann erblickte sie mich. Sie legte genauso wie ich immer den Kopf schief... ein weiteres Merkmal. „Wer... das... unmöglich..." stammelte sie dann vor sich hin. Sie hatte wohl das Rätsel selber gelöst... „Friday. Das ist Friday." stellte mich Dad vor.

„Ist das unsere-?" wisperte sie fassungslos.
Sie konnte es nicht glauben... was auch ziemlich normal war, denn ich war erst sechzehn und schon in der Unterwelt. Das wünschte man glaube ich keiner Tochter. „Ja, sie ist es." antwortete schließlich Charon für mich und ich merkte, wie sie scharf die Luft einzog.

„Wenn Hades davon erfährt-!" schimpfte sie meinen Dad an. Doch dieser schüttelte nur den Kopf und sah zu Boden. Dann blickte er wieder auf, diesmal direkt in ihre Augen. Meine Augen. „Ich habe ein Abkommen mit ihm geschlossen. Alles ist in bester Ordnung." beruhigte er sie. Doch es schien nicht so zu klappen, wie er wollte. „Du weißt das Ganze hat immer einen Haken bei ihm. Was war der Haken, hm? Vielleicht das sie später in den Tartaros kommt? Oder ihm persönlich dient? Die schlimmsten Qualen erleiden muss hier unten?" zischte sie. „Nein. Sie übernimmt einen Teil meines Jobs ohne jegliche weitere Verpflichtungen oder Haken. Das ist alles. Hades hat auch ein Herz, weißt du? Bloß zeigt er es nicht oft." erläuterte Dad Mum. Die Wörter habe ich wirklich noch nie in einem Satz verwendet... früher hatte ich ja auch nur Fester. Es klang noch ein wenig gewöhnungsbedürftig... aber das würde schon noch werden.

Das was Charon gesagt hatte, ließ meine Mutter verstummen. Dann nahm sie mich ruckartig in ihre Arme. Diesmal war ich diejenige, die zögerlich die Umarmung erwiderte. Ich hatte keine erwartet. „Und? Geht es dir da oben gut?" fragte sie nach einer Weile, nachdem ich mich aus der Umarmung gelöst hatte. „Ja... seit einer Woche schon." antwortete ich. „Seit einer Woche erst? Was war davor?" erwiderte sie besorgt. „Ich... ich... naja, ich hatte ein sehr kompliziertes Leben." stotterte ich vor mir her. „Kommt doch rein..." meinte dann Mum und zeigte ins Haus. Mit einem Blick zu Dad, der aufmunternd nickte, folgte ich meiner Mutter hinein. Dort setzten wir uns in die Küche, in welcher es wundervoll nach Kuchen roch. „Also... erzähl mir von deinem Leben. Wieso geht es dir erst seit einer Woche gut?" fragte sie gerade heraus. „Nun... es fing mit meinem ersten Freund an..." erzählte ich und erläuterte ihr meine Lebensgeschichte in Kurzform.

„Nun, die Fähigkeit mit den Pflanzen wirst du wohl von mir haben. Weißt du, ich bin eine Nymphe. Ich wusste bloß nicht, dass sich die Fähigkeiten bei dir zeigen würden." erzählte sie mir nach allem. „Das... das heißt... ich kann mich in einen Baum verwandeln?" verzog ich das Gesicht bei dem Gedanken. Doch meine Mum schüttelte den Kopf. „Ich bin zwar eine Nymphe... aber das verwandeln in einen Baum erfordert sehr viel Kraft. Außerdem... nach all dem was ich auch deiner Geschichte rausgehört habe über dein Leben, überwiegen eher die Kräfte deines Vaters." blickte sie zwischen mir und Dad hin und her. Verständnisvoll nickte ich. Wenigstens wusste ich jetzt, wieso alle in meiner Nähe gestorben sind... und nein, nicht weil ich sie dazu gebracht hatte. Sondern weil es an der Zeit für sie gewesen war. Das hatte ich nach der kurzen Kennenlernstunde von meinen Eltern gelernt. Und ja, sie waren viel zu jung. Und ja, jeder von ihnen tat mir leid. Aber was konnte ich schon dagegen tun?

Doch was war das dann mit Ed?
„Ähm... Dad?" fragte ich also. Charon zuckte kurz zusammen, als er die drei Buchstaben aus meinem Mund hörte, reagierte darauf jedoch sofort mit einem „Hm?".
„Ich hab mal einen Frankenstein getötet... war er einer der Wiederkehrenden, die du meintest?" stellte ich ihm meine Frage. Er nickte. „Seine Aufgabe war es, dich zu uns zu bringen. Dafür wird er ein erfülltes Leben bekommen." erklärte Dad mir. Mit einem „Ahh..." wandte ich mich wieder zu meiner Mutter.

„Du musst los... so wie dein Vater." meinte sie dann. Ich seufzte. Ich wollte noch nicht gehen. Nicht jetzt... nicht nachdem ich meine Mutter und meinen richtigen Vater gefunden hatte. Doch leider hatte sie recht... unsere Zeitspanne war begrenzt. „Auf wiedersehen Mum..." sagte ich also. „Pass auf dich auf."
Und schon wieder lag ich in ihren Armen und genoss es, solange ich konnte. Auch Charon umarmte mich zum Abschied. Dann öffnete er mir mit seinem Schlüssel (er hatte einen ähnlichen wie meinen) die Tür zur Welt der Lebenden und ich ging mit einem letzten Blick zu meinen Eltern hindurch...

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