Kapitel 4

Inzwischen hatte Aizawa stark den Verdacht, dass dies alles nur ein bitterböser Traum war. Doch dafür, dass es nur ein Albtraum sein sollte, waren die Schmerzen, die er verspürte, zu real. Noch immer hatte er nicht herausfinden können, was vor sich ging, doch eines wusste er inzwischen mit Sicherheit: Er hatte die Nase voll. Es war nun bereits dreimal passiert, dass man ihn einfach ausgeknockt hatte. Auch wenn er Midnights-Methode seit dem Schlag auf den Hinterkopf, vorzog, war er langsam richtig angepisst deswegen. Was gab den anderen das Recht dazu, so mit ihm umzugehen? Er war schließlich keine Trainingspuppe, die man herumschubsen konnte, wie es einem passte.

Sein Kopf dröhnte, fühlte sich an, als würde er sogleich in tausend Teile zerspringen. Der Schmerz war so unangenehm, dass er ihm Übelkeit bereitete. Ehe er sich versah, beugte er sich auch schon zur Seite und übergab sich. Sein Magen rebellierte bereits, seit er hier aufgewacht war, doch bisher hatte er sich gut im Griff. Die heftige Migräne machte diese Bemühung jedoch zunichte. Sofort krümmte er sich, rollte sich ein wenig zusammen. Langsam kehrte sein Bewusstsein zurück, und er merkte, dass er diesmal auf einem Bett abgelegt wurde. Eine Verbesserung gegenüber des Stuhls und der unbequemen Rückbank eines Polizeiwagens. Somit hatte er zumindest über die Bettkante erbrochen, und nicht mitten auf seinen Schoss.

Leise grummelnd, zog er die Beine mehr an, und kämpfte gegen den Drang an, sich erneut zu übergeben. Er musste sich schließlich zusammenreißen, um endlich herauszufinden, wo er sich befand und was passiert war. Seine Schüler waren in Gefahr, und kämpften, um ihn zu beschützen. Hier herumzuliegen war also keine Option. Er musste dringend zurück zu diesem Kampf, aus dem er so plötzlich gerissen worden war. Nur seine Macke konnte Shigaraki zurück halten und zumindest zum Teil dazu beitragen, dass sie einen Hauch einer Chance auf einen Sieg hatten. Er durfte sich nicht ausruhen.

Und dennoch rührte sich keine Faser seines Körpers. Regungslos blieb er liegen, und kämpfte weiter gegen seine Übelkeit an. Im Augenblick konnte er keinen klaren Gedanken fassen, weil sein Kopf zu sehr schmerzte. Seine Arme umschlangen fest seine Körpermitte, in der Hoffnung das es ihm Abhilfe verschaffte und die Krämpfe lösen würde. Ob das noch eine Nachwirkung der Macke war, die ihn hierher verfrachtet hatte? Oder lag es daran, dass er in dem Polizeiauto herumgeschleudert wurde?

Selbst als Schritte zu hören waren, die deutlich näher kamen, rührte er sich nicht, oder öffnete die Augen. Irgendwie hatte er die Hoffnung, dass alles sich gerade rücken würde, wenn er es nur ignorierte. Außerdem fühlte er sich im Moment zu schwach und angeschlagen, um sich in einem Kampf verwickeln zu lassen. Es war einfacher, erst einmal den Bewusstlosen zu spielen, solange es möglich war. Auch so konnte er Informationen sammeln, in dem er erst einmal die Ohren spitzte.

Der Ankömmling blieb vor ihm stehen. Zuerst wurde es still, ehe eine Hand plötzlich ihren Weg an seine Stirn fand. Sie fühlte sich eiskalt an. „Das fühlt sich nicht gut an", murmelte jemand leise vor sich hin, „als ob diese Verletzungen nicht auch reichen würden, oder nicht?" Diese Frage schien rhetorisch in den Raum gestellt worden zu sein, doch der Mann gab sich darauf selbst eine Antwort. „Laut seinem Ausweis ist er ein Held, er hat sich das selbst zu zu schreiben!", murrte er etwas mürrisch klingend. „Ich weiß, ich weiß. Er ist trotzdem ein armes Kerlchen!"

Während der Typ scheinbar Selbstgespräche führte, begann er mit einem Eimer Geräusche zu verursachen. Wasser plätscherte und etwas platschte auf den Boden. Er entfernte Shotas Erbrochenes kommentarlos und verschwand ohne ein weiteres Wort wieder.

Der Stimme nach zu urteilen, und der Tatsache, dass der Mann mit sich selbst sprach, mutmaßte Aizawa, dass es sich dabei um Twice handeln musste. Dies würde bedeuten, dass er sich nun in den Fängen der Schurkenliga befand, was alles andere als ideal war. Schließlich hatte er diese Gruppe bereits oft bekämpft und der große Kampf gegen sie tobte im Augenblick ebenfalls noch. Zumindest hoffte er dies. Noch immer verstand er nicht, wie er plötzlich weit weg von diesem Geschehen aufwachen konnte. Es musste eine Macke von Shigaraki sein, die ihn hierher befördert hatte. Etwas anderes war ausgeschlossen. Aber dann konnte der junge Mann ihn bestimmt auch wieder zurück schicken, schoss es ihm durch den Kopf.

Erneut wurden Schritte laut, die in seine Richtung kamen. Ein Sessel wurde an sein Bett geschoben, Shota hörte das Kratzen des Holzes über den Fußboden. Der Neuankömmling ließ sich auf dem Stuhl nieder, und legte die Beine hoch, sodass seine Stiefel Aizawa Beine berührten. Stille breitete sich aus, ehe ein leises Zischen erklang, bevor der Duft von Tabak plötzlich die Luft erfüllte. Ein Geruch, der den Magen des Dunkelhaarigen erneut dazu brachte, sich umzudrehen. Würgend zog er sich an die Bettkante. Glücklicherweise war sein Magen bereits leer.

„Sorry, alte Gewohnheit", seufzte sein Besucher und drückte die Zigarette am Bein des Stuhls aus.

Verwirrt über so eine Geste zwang Shota sich dazu, die Augen aufzuschlagen. Sein Blick war zunächst verschwommen, doch klärte er sich langsam. Ein paar Rauchschwaden zogen durch den Raum, sorgten dafür, dass seine Augen leicht brannten und tränten. Vorsichtig richtete er sich auf, und rieb sich die schmerzenden Augen. Seine Arme, die er bei seinem Versuch sich frei zu bekommen, verletzt hatte, waren verbunden worden. Ebenso hatte er Bandagen um seinen Kopf gewickelt. Verwirrt darüber, dass diese Schurken ihn freundlicher behandelten als die Helden zuvor, sah er zu dem Mann, der vor ihm platzgenommen hatte.

Die Gestalt, aber vor allem die blonden Haarsträhnen, würde er überall wieder erkennen, auch wenn der Kerl eine ziemlich schlechte Körperhaltung hatte. „Mic!", entfuhr es ihm erleichterter, als er es jemals für möglich gehalten hatte. Niemals hätte er angenommen, sich so über den Anblick seines nervigen Kollegen und Freundes zu freuen. Doch irgendetwas war anders an dem Blondschopf. Er trug zwar seine übliche dunkle Lederkluft, doch seine Haare waren nicht typisch hoch gestyled, sondern hingen leblos an seinem Kopf hinab, auch sein dämlicher kleiner Schnauzer war weg, stattdessen umrandete ein Drei-Tage-Bart sein Gesicht. Er sah ungepflegt aus, fast so, wie er es sonst immer Aizawa vorwarf. Vor allem die dunklen Augenringe stachen markant hervor.

Der Mann vor ihm gluckste, doch er wirkte nicht amüsiert. „So hat mich seit über einem Jahrzehnt kein Mensch mehr genannt." Seine Stimme war tiefer als Shota gewohnt war. Vermutlich lag das an den Zigaretten. Eigentlich hatten er und Oboro dem Voicehero diese doch ausgeredet, nachdem sie ihn hinter dem Schulgebäude mit einer Packung erwischt hatten. Und dennoch saß er nun vor ihm und roch nach Tabak, spielte sogar noch mit der ausgedrückten Zigarette zwischen den Fingern herum. „Ich bin Soundwave, und mit wem habe ich das Vergnügen?", stellte er sich vor und sah abwartend auf den Dunkelhaarigen.

Langsam setzte Aizawa sich weiter auf, und rutschte an die Wand, an der das Bett stand, um sich anzulehnen. Seine Kopfschmerzen machten es nicht einfach, diesen Moment richtig aufzunehmen, oder einen klaren Gedanken zu fassen. „Soundwave?", wiederholte er daher verwundert, während er sich die Schläfen massierte und die Augen schloss. Diesen Namen hatte er zuvor schon einmal gehört. Nemuri hatte ihn zuvor benutzt. „Warte... du bist Soundwave? Wieso dachte Kayama, du hättest mich geschickt. Was soll das alles hier überhaupt? Und wieso läuft jemand herum, der wie Shirakumo aussieht?" Erneut sprudelten ungewöhnlich viele Fragen über seine Lippen. Langsam fühlte er sich wie Midoriya. Er verbrachte wirklich zu viel Zeit in der Nähe des Problemkindes, was eindeutig auf ihn abgefärbt haben musste.

Bei der Erwähnung der beiden versteifte sich Yamadas Haltung und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Eigentlich könnte ich dich fragen, ob sie dich schicken. Deine Heldenlizenz sieht echt aus, aber es ist bloß eine gute Fälschung. Schließlich kannst du nicht ER sein", stellte der Blondschopf wütend fest und setzte seine Stiefel wieder auf den Fußboden, um sich zu erheben.

„Was hat das zu bedeuten?", wollte Shota sofort wissen. Wieso konnte seine Lizenz nicht echt sein? Er war Shota Aizawa, Eraserhead! Jeder, der bisher seine Papiere gesehen hatte, tat so, als wäre er ein Geist. Aber wieso? „Mein Name ist Shota Aizawa und mein Heldenname ist Eraserhead! Das weißt du doch! Wieso macht hier jeder so einen Wind darum?", platzte es schließlich wütend aus ihm heraus. Er wusste, dass es nicht sonderlich schlau war, doch er hatte es satt. Man ließ ihn hier über etwas im Dunkeln, und er hatte keine Ahnung wo er sich befand, oder was gerade los war. Auch wenn man von ihm behaupten wollte, dass er ein Mensch war, dem alles egal schien, fand er Situationen, in denen er ahnungslos war, einfach unglaublich unangenehm und extrem nervenaufreibend. Er hasste es, wenn er nicht den Überblick hatte.

Soundwave, der gerade gehen wollte, wandte sich abrupt wieder um, und warf Aizawa einen wütenden Blick zu. In seinen roten Augen blitzte etwas auf, das der Dunkelhaarige bereits zuvor bei Oboro und Nemuri gesehen hatte. Aufgebracht stapfte der Blondschopf zurück in Richtung Bett. „Sag du mir doch, was es zu bedeuten hat, dass jemand auftaucht, der den Namen eines Toten trägt und von sich behauptet er zu sein? Wer schickt dich?", wollte der blonde Mann wissen und kam Shota bedrohlich nahe. Ein leises, aber dennoch bedrohliches Knurren entrang seiner Kehle.

Aizawa war jedoch zu perplex, um sich davon bedroht zu fühlen. „W...wie meinst du das?" Der Name eines Toten. Er war doch lebendig, lief herum, atmete!

Da sein Auftreten nicht die gewünschte Wirkung auf den Dunkelhaarigen zu haben schien, wandte sich Yamada wieder ab. „Genau so, wie ich es sage! Shota ist tot. Gestorben vor fünfzehn Jahren." Während er das sagte, hatte er klar Probleme damit, seine Macke unter Kontrolle zu halten. „Es ist das allerletzte, sich so einen Spaß zu erlauben. Haben die beiden mich nicht genug gequält?" Die Frage schien mehr rhetorischer Natur zu sein, da er sich abwandte, gen Tür Schritt und gegen das Holz klopfte, um sich ein wenig zu beruhigen. „Sobald du wieder sicherer auf den Beinen bist, verpisst du dich. Komm mir nie wieder in die Quere!", drohte Soundwave dem Undergroundhero, ehe er den Raum verließ.

„Mic, warte!", rief Shota ihm nach, doch der Ruf ging unter, als die Tür zu knallte. Was hatte all das zu bedeuten?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top