73. Aussprache

Erschöpft schloss Manu die Augen und sich im gleichen Moment auf sein Bett fallen - was er noch im selben Moment bereuen sollte.

»Au! Verdammt!«

Ein paar Meter neben ihm konnte er Patrick leise lachen hören und das Geräusch der sich schließenden Tür.

Nur wenige Sekunden später senkte sich die Matratze neben ihm und Palles Hände zogen vorsichtig seine eigenen von seinem Hinterkopf, den er sich leise fluchend hielt. Manu spürte, wie Patrick sanft die Stelle küsste, an der er sich an dem Kopfteil seines Bettes angeschlagen hatte und fand das für den Moment so wahnsinnig süß, dass er kurz sogar ganz vergaß, über seine Schmerzen zu jammern.

Patrick nutzte diese Gelegenheit aus und machte es sich neben Manu etwas gemütlicher im Bett, sodass dieser sich sofort an ihn kuscheln konnte.

Noch vor ein paar Wochen hätte er niemals gedacht, wie wichtig ihm diese körperliche Nähe werden könnte. Oder dass er es überhaupt mal ertragen würde, jemand anderem als Dado so nahe und vertraut zu sein – nach allem, was passiert war. Inzwischen aber wusste er, dass im Gegenteil Patricks Berührungen sogar halfen – anstatt ihm das Gefühl zu geben, bedrängt zu werden, zeigten sie ihm Geborgenheit und einen Hauch von Beschützt-Werden.

»Ein bisschen ein Trottel bist du aber auch schon, oder?«

»Pff!«

Manu wollte auf beleidigt tun – aber einerseits hatte Patrick anscheinend recht, zumindest war es nicht das erste Mal, dass ihm so etwas passierte, und zum Anderen genoss er dessen Nähe viel zu sehr, um diese jetzt aufzugeben – nur um Theater zu machen, wie gemein er doch zu ihm war. Zumal er ja wusste, dass Palle ihn bloß aufzog.

»Ich hoffe, deine Mutter mag mich halbwegs.«

Patricks Finger fuhren beruhigend über Manus kalte Haut, immer seine Arme auf und ab.

»Du hast ihr heute gar keine andere Wahl gelassen. Wenn du so weiter machst, wird sie bald versuchen, dich gegen einen von uns eintauschen zu dürfen.«

Patrick grinste leicht.

»Und dein Vater? Ich hatte nicht wirklich den Eindruck, dass er besonders scharf darauf wäre, mich kennen zu lernen.«

Manu seufzte. Das war tatsächlich auch bei ihm ein wunder Punkt. So ganz perfekt war das Kennenlernen von Freund und Familie dann nämlich doch nicht verlaufen.

»Ich glaube, er ist nicht allzu begeistert, dass ich schwul bin.«

Patrick hielt in der Bewegung inne.

»Glaubst du?«

Manus Schulterzucken sagte eigentlich schon alles.

»Er hat kaum mit mir gesprochen heute. Und dich hätte er wohl am liebsten gar nicht gesehen.«

Kurz schien Patrick nicht zu wissen, was er darauf sagen sollte. Stattdessen verfestigte sich einfach der Griff, mit dem er seinen Freund n sich gezogen hielt.

»Ist das ... keine Ahnung. Okay für dich? Wie fühlst du dich damit? Ist es schlimm?«

Manu zuckte mit den Schultern.

»Na, toll ist es nicht. Aber ich kann ihn nicht dazu zwingen, mich zu akzeptieren. Ich denke, er wird sich an den Gedanken gewöhnen. Hoffe ich.«

Zwar sagte Patrick nichts mehr dazu, aber seine Nähe und leichten Massagen waren alles, was Manu momentan brauchte, um zu wissen, dass er auf jeden Fall für ihn da war.

Irgendwann spürte er, wie Patrick ohne Vorwarnung auf ein Mal sein T-Shirt nach oben zog, und ohne zu wissen, was sein Freund vorhatte, ließ Manu es sich ausziehen. Palle jedoch streichelte bloß weiter über die weiche Haut seines Oberkörpers, küsste ab und zu eine Stelle und ließ Manu sonst einfach nur mit ihm kuscheln.

Irgendwann merkte Manu, wie Patricks Finger immer wieder an einer Stelle hängen blieben und darüber fuhren und als er einen Blick darauf warf, wusste er auch, warum.

»Mach dir keine Gedanken darüber.«

»Ist das ... von mir?«

Manu seufzte. Er hasste das Schuldbewusstsein, dass in Patricks Stimme mitschwang, als er mit den Fingern über die feine Narbe strich.

»Ja. Aber es ist okay. Das ist vorbei, okay? Ich mache dir keine Vorwürfe mehr.«

»Ich mir aber. Ich war wohl der größte Arsch, dem du je begegnet bist und trotzdem ... sind wir jetzt hier.«

Manu seufzte. Dieses Mal war er es, der sich näher an seinen Freund kuschelte.

»Es ist okay, wirklich. Ich weiß, dass du dich verändert hast und du weißt es auch. Sonst würde ich doch niemals hier mit dir liegen.«

Patrick schüttelte leicht den Kopf und Manu konnte spüren, wie verkrampft seine Muskeln auf ein Mal waren.

»Weißt du, was das Schlimmste ist? Mein Freund hat Narben, an denen ich selbst schuld bin. Und ich könnte noch nicht ein Mal sagen, woher, weil es einfach immer hätte sein können.«

Manu schluckte.

»›Narben‹ ist übertrieben. Es ist diese eine Stelle und vielleicht zwei, drei kleine Kratzer, die man noch ein bisschen sieht. Die haben nicht mal damals weh getan.«

»Und trotzdem. Es läuft auf gleiche hinaus.«

Eine kurze Weile schwiegen sie beide, bis Manu wieder das Wort ergriff.

»Von den Treppen.«

»Hmm?«

Patrick schien nicht zu wissen, wovon er sprach.

»Du hast mich ein Mal auf den Treppen angerempelt und umgeschubst. Sodass ich gegen die Wand geknallt und hingefallen bin. Und dabei bin ich eben an der Wand entlang geschliddert und hab mit den Arm ein wenig aufgeschürft. Und das sieht man halt noch ein bisschen.«

Für einen Moment sagte Patrick einfach gar nichts.

»Ich erinnere mich daran, glaube ich. Aber ich habe nicht mitbekommen, dass du dich dabei verletzt hast. Du hast dir nichts anmerken lassen.« Er drehte sich so, dass er seinen Freund nun ansehen konnte. »Du hast dir nie etwas anmerken lassen, oder?«

Manu schüttelte den Kopf, seufzte dann.

»Lass uns über etwas anderes sprechen, Patt. Das ist Vergangenheit, wirklich. Das hat nichts mehr damit zu tun, wie du heute zu mir bist. Ich vertraue dir.«

Patrick seufzte, wirkte wirklich bedrückt. Er zog den Kleineren wieder ein Stück an sich.

»Danke. Das ist so verdammt viel mehr, als ich verdient habe.«

Manu konnte sein Lächeln nicht mehr verbergen.

»Ich tu das nicht für dich, Patrick. Ich bin nicht mit dir zusammen, um dir einen Gefallen zu tun.«


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Too much? Vier Uhr? Oder ist noch IRGENDWER wach?

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