☁ | ⊱『THREE』⊰ | ☁

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{ 3/5 }
- Mittwoch -
{ ☁ } 13. Oktober { ☁ }
┋18┋40┋ Uhr
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[ Point of view: Kenma ]

Es hätte so ein schöner Tag sein können.
Wie gestern auch hatte mich Shoyo heute Morgen geweckt, weshalb ich sofort gute Laune hatte. Meine Mutter hatte außerdem lange geschlafen, also musste ich sie nicht antreffen, was leider schon unheimlich viel ausmachte. Zudem hatte ich heute Morgen sogar Frühstück. Zusammengefasst, gute Laune, gutes Frühstück, selbst das Wetter war ganz in Ordnung. Also konnte ich pünktlich mit dem Bus zur Schule fahren, hatte sogar ausnahmsweise mal einen Platz für mich allein und musste neben keiner wildfremden Person sitzen, die mir immer wieder versuchte, aufs Handy oder auf meine PSP zu starren. Wie ich solche Menschen hasste. Man hat schließlich nicht umsonst zwei Sitze gebaut und keine Partnerbänke, also sollten mir die Idioten nicht auf die Pelle rücken. Selbst in der Schule wurde ich einmal von Anfang an in Ruhe gelassen, keine blöden Sprüche, die mich nur zur Hälfte verletzen, da ich sie einfach überhörte, niemand stand mir heute im Weg. Es schien einfach alles perfekt zu sein. Bis auf den Fakt, dass ich mich ein wenig einsam fühlte, aber wenn ich an Montag dachte und was Kuroo und Shoyo zu mir gesagt hatten, dann fühlte ich mich gar nicht mehr so einsam. Ich würde mir wünschen, bald auch Hinata wieder zu sehen.

Aber natürlich war alles bloß Schein und Trug. Es sollte wohl einfach so etwas wie "einen perfekten Tag" nicht für mich geben.
Direkt in den ersten beiden Stunden schrieben wir einen Test, von dem ich absolut nichts wusste. Ich war in der Woche krank, in der uns das gesagt wurde, ich hatte die Themen alle nicht bekommen und ich konnte keine der Fragen mit hundertprozentiger Richtigkeit beantworten. Ein paar Dinge versuchte ich, durch Logik zu erraten, aber unser Lehrer war jemand, der mir dafür Punkte abziehen würde, wenn er sieht, dass nicht gelernt und nur geraten wurde. Ich konnte also ein fast leeres Blatt wieder abgeben und so fühlte ich mich auch. Fast leer. Ausgebrannt, mal wieder wie der letzte Idiot. Ich wusste, dass ich nicht perfekt sein musste, nicht Klassenbester sein musste, aber es ärgerte mich trotzdem. Dann sagte der Lehrer noch etwas.
« In den letzten beiden Stunden sehen wir uns nochmal. Weil ich heute die sechste Stunde Ausfall habe, kriegt ihr den Test heute schon zurück. »
Die Hälfte jubelte, die andere stöhnte. Ich saß still da und war mal wieder komplett weg. Mit meinen Gedanken bei Shoyo, aus den verschiedensten Gründen. Weil ich ihn vermisste, weil ich mich immer noch irgendwie freute, dass unser Kontakt wieder zugenommen hatte und weil ich mir vorstellte, wie er mich jetzt aufheitern würde. Aber es dauerte nicht lange, bis ich ermahnt wurde und mit den Tagträumereien aufhören musste. Der restliche Tag bis zu den letzten Stunden verlief dann wieder nahezu perfekt. Alle ließen mich in Ruhe, der Unterricht verlief ohne große Probleme und in den Pausen verzog ich mich in irgendwelche Ecken im Schulhof und war dort dann für mich allein, entweder am Essen oder am Handy.
Aber natürlich kam dann auch die Stunde, vor der ich mich den ganzen Tag schon verdrücken wollte. Der Lehrer hatte einen sehr sehr enttäuschten Gesichtsausdruck, als er die Tests austeilte.
« Sie sind allesamt schlecht ausgefallen. Ihr solltet euch schämen. Besonders Kozume. »
Ich starrte betreten auf den umgedrehten Zettel, den er mit der flachen Hand auf den Tisch klatschte.
« Von dir hatte ich wirklich mehr erwartet. »
Ich drehte den Test einmal ganz langsam um, sah die Punktzahl, und ließ ihn dann wieder unberührt. Zehn Punkte. Von hundert. Wortlos steckte ich den Test lose ins nächstbeste Buch und verließ dann den Klassenraum. Hölle sei Dank hatten wir die Tests zum Unterrichtsschluss bekommen, sodass ich nicht noch den Unterricht mit dieser Laune mitmachen musste.
Leider verging die Busfahrt nach Hause einmal viel zu schnell. Ich wollte eigentlich so viel Zeit schinden wie nötig. Aber dann stand ich doch um siebzehn Uhr vor der Haustür.

Ich ließ mir zunächst nichts anmerken, wollte sogar ein wenig auf die nette Schiene gehen und Abendessen für mich und meine Mutter kochen, weil ich sah, dass sie mal wieder völlig betrunken auf dem Sofa lag. Aber mir fiel so natürlich nicht auf, als sie aufstand und in ihrem Zustand über meine Tasche im Flur stolperte.
« Kenma, ich habe dir schonmal gesagt, dass du deinen Mist nicht in den Flur stellen sollst! »
Ich entschuldigte mich bloß und kochte dann weiter. Dann knallte es, als sie die ganze Tasche einmal auskippte und den Inhalt auf dem Boden verteilte. Ich rollte innerlich die Augen. Ich hatte keine Lust auf ihre Ausraster, musste aber trotztdem die Küche verlassen, als sie mich rief. Ich wünschte, ich hätte es nicht getan. Der schlechte Test, der nur lose irgendwo drin war, lag nun offen auf der Erde. Ich versuchte noch, mit meinem Fuß drauf zu treten, um die Punktzahl zu verdecken und alles dabei einzuräumen, um irgendwie unauffällig da raus zu kommen, aber es war natürlich schon zu spät.
Sie bückte sich, stand mühevoll wieder auf und zeigte mir den Test.
« Was ist das? »
Ich glaubte nicht, dass sie wirklich eine Antwort darauf wollte, also schwieg ich.
« Zehn? Willst du mich verarschen? »
Sie ließ den Zettel fallen und stampfte wütend mit dem Fuß auf.
« Ich habe einen schlauen Sohn geboren! Und jetzt muss ich mir das angucken! Wie kannst du es wagen? »
« Tut mir Leid, ich bin- »
« Halt deine Klappe. Weißt du was du bist, ein nutzloser, dummer, hässlicher Parasit bist du! Ich hasse dich! Ich wünschte, ich hätte dich nie geboren! Nein, ich wünschte, ich hätte dich gar nicht erst gezeugt! Du bist genau so schlimm wie dein Erzeuger, ein ignorantes, dummes Biest! »
Jedes dieser Worte blieb in meinem Hirn stecken, bohrte sich regelrecht dort hinein und hämmerte immer wieder wie ein Hammer gegen meine Schädeldecke.
Ich bin nutzlos, dumm und hässlich.
Ich bin ein Parasit, bin ignorant und ein Biest.
Immer wieder hallten diese Worte in meinem Kopf.
Sie wollten und würden mich nie wieder loslassen.
Das von Mitschülern tagtäglich zu hören war eine Sache. Sie kannten mich nicht und sie waren mir egal.
Aber diese Worte von meiner Mutter zu hören, die ich immer von ganzem Herzen geliebt hatte, war etwas anderes. Meine Mutter, die mich hasste, die mir den Tod wünschte, die sich wünschte, dass ich niemals geboren worden wäre.
Wie kann man so etwas zu seinem Kind sagen, das Kind, das man wollte, das man neun Monate lang getragen und dann geboren hat, wie konnte sie mir, dem Kind, das sie seit fast achtzehn Jahren hatte, diese Worte ins Gesicht spucken, als wäre es nichts?
Noch war es einfach. Noch konnte ich emotionslos auf den Boden starren und ihr meine Ignoranz wieder mal beweisen.
« Ich schäme mich, den gleichen Nachnamen wie du zu tragen. »
Ich versuchte es wieder zu ignorieren.
Dann klatschte es laut.
Auf meiner Wange brannte nun eine handtellergroße Fläche.
Nichts sagen, nichts sagen, ich kann nichts sagen, schoss es mir durch den Kopf. Egal was, es wäre falsch oder sie würde es falsch verstehen.
« Du bringst genauso viel Schande über diese Familie wie dein Vater. »
Noch ein Schlag, diesmal mit der Faust in die Magengrube. Mit schmerzverzerrtem Gesicht wich ich zurück. Nicht wehren, das macht es nur schlimmer. Das Problem war, hinter mir war die Wand, vor mir eine betrunkene, tief verletzte, wütende Frau, die sich in der Rangordnung über mich stellte und ihr Leben lang Kampfsport getrieben hatte.
« Jeden gottverdammten Tag erinnerst du mich an ihn! »
Ich wollte noch ausweichen, aber die Wand erlaubte es mir nicht. Mittlerweile lag ich ausdruckslos und wie ein kleines Katzenbaby in eine Nische zusammengerollt, ließ sowohl Tritte und Schläge als auch Worte auf mich einschlagen. Es war erniedrigend, schmerzhaft und verletzend. Beängstigend, weil ich nichts tun konnte. Ich fühlte mich einfach schwach, als wäre ich wehrlos. Auch, wenn ich das nicht war. Aber egal, wie ich mich wehren würde, es würde nur schlimmer werden. Jedoch würde es vielleicht einfacher werden, wenn sie ihren Frust endlich raus lies. Auch, wenn ich dafür leiden musste. Irgendwann war es ihr aber genug und sie stand auf, weil ihr plötzlich auffiel, dass die Nudeln, die ich extra noch für sie gekocht hatte, überkochten.
Da ergriff ich meine Chance und flüchtete, so gut es ging, durch die Vordertür. Mein ganzer Körper fühlte sich zwar kaputt und blau angeschwollen an, aber das Adrenalin half ein wenig.
Ich musste hier einfach weg. Ich wusste nicht, wohin ich mich jetzt verziehen sollte, warum ich immer in diese Starren fiel, in denen ich mich nicht wehren konnte. Aber musste ich das überhaupt? Ich konnte nicht mehr unterscheiden, was richtig oder falsch war. Hatte ich diese Schläge nicht sogar verdient? Ich war immerhin dumm, hässlich, ein Parasit, der niemals hatte erzeugt werden sollen. Hatte man mich dann nicht genau richtig behandelt?

Ich lief einfach dort hin, wohin mich meine Beine trugen. Wohin mit mir? Ich konnte nicht mehr nach Hause, Kuroo wohnte nicht mehr hier und sonst hatte ich niemanden. Vielleicht Shoyo. Aber beide waren in etwa gleich weit von hier. Ich stand kurz vorm Bahnhof, spielte mit dem Gedanken, zu einem der beiden zu fahren. Mit meinem Ticket konnte ich fast bis zu ihnen fahren, nur kurz vorher müsste ich aussteigen und ein Stück laufen. Es war nicht so schwer. Entschlossen lief ich auf den Bahnhof zu, dachte nach, zu wem von den beiden ich jetzt eher fahren sollte. Aber ich hatte nie eine Entscheidung dergleichen getroffen, da mir ein anderer Gedanke durch den Kopf schoss.
Wollte überhaupt einer von den beiden mich sehen, geschweigedenn mich bei sich aufnehmen? Nicht nur wegen den Worten meiner Mutter, die meinen Hinterkopf nicht mehr verließen, sondern auch, weil ich an etwas anderes dachte. Würde ich zu Shoyo fahren, würde er mich überhaupt willkommen heißen? Wir hatten uns ewig nicht gesehen, waren uns theoretisch fast fremd. Ich konnte nicht einfach bei ihm aufkreuzen, das gehörte sich nicht. Aber Kuroo, der schon seit Kindheitszeiten mein bester Freund war... Er war so beschäftigt mit der Uni, dass ich ihn nur stören würde. Schließlich konnte er mir monatelang nicht mal eine Nachricht schreiben oder mich anrufen.
Da stand ich also am Gleis, innerlich und äußerlich verletzt, in meinen Augen kein Zuhause mehr, kein Ort, wo ich hin konnte, auf den Tod unglücklich, als ich mich für eine Alternative entschied, die sich von meinem vorherigem Plan weit unterschied. Ich ging die Gleise einige Zeit entlang, damit keine Passangen und Videokameras meinen Tod mitbekommen würden. Es reichte schon, dass ich einen Zugführer in dieser Nacht für sein Leben traumatisiert hatte.

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{3/5}
- Mittwoch -
{☁} 13. Oktober {☁}
┋22┋05┋Uhr
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[ Point of view: Hinata ]

Zufrieden lächelnd zog ich mir die Decke fast bis zur Nasenspitze. Es war zwar erst Oktober, aber die Kälte war bereits deutlich spürbar. Heute war endlich der erste normale Tag in dieser Woche. Niemand war gestorben, ich war nicht in der Zeit zurück gereist und Kenma hatte mir heute Morgen geschrieben, dass er schon seit langem keinen Tag mehr hatte, der so gut war wie dieser. Das freute mich fast so sehr, wie wenn ich Volleyball spielte. Die ganze Woche hatte ich keinen Schlaf gehabt, weil es einfach zu verwirrend und natürlich auch irgendwie traumatisierend war, wenn man den Tod einer seiner Freunde mehrere Male immer mitbekam. Natürlich hatte ich es immer verhindern können. Aber ich hatte schonmal von alternativen Realitäten gehört. In etwa konnte man sich das so vostellen: Wenn ich in die Zeit zurückreiste, um Kenma zu retten, blieb ein Klon der Realität zurück und ich reise eigentlich nicht wirklich in die Vergangenheit, sondern lediglich in eine andere Realität. Sollte diese Theorie der Wahrheit entsprechen, hieße das, dass es immer noch Realitäten gab, in denen Kenma tot und ich totunglücklich war. Bei dem Gedanken stellten sich meine Nackenhaare auf. Aber eigentlich war es ja Blödsinn und egal, ich und Kenma waren beide in einer Realität und wir waren beide am Leben. Also gab es keinen Grund, sich Sorgen zu machen.
Um zu verhindern, dass mich die Gedanken weiterhin von meinem Schlaf abhielten, drehte ich mich nun zur Seite und konzentrierte mich auf die Meeresrauschenkulisse, die mir Nachts beim Einschlafen half. Vielleicht könnte ich Kenma in den Ferien fragen, ob er Lust auf einen Strandbesuch hätte. Vermutlich eher nicht. Aber irgendwie kriege ich ihn schon rum. Der Gedanken daran, wie Kuroo Kenma mit PSP- und Handyverbot zu erziehen versuchte, inspirierte mich zwar, aber es musste doch auch anders klappen. Ich dachte immer weiter darüber nach, auch, warum ich mich das eigentlich fragte, aber irgendwann nickte ich dann ein. Ich träumte einen sehr komischen Traum, in welchem Karasuno und Nekoma sich am Strand im Beach-Volleyball messen wollten, aber ich habe viel Zeit allein mit Kenma verbracht.
Mitten in der Nacht wurde ich wach. Nicht wegen dem Traum, sondern weil irgendetwas laut Radau machte. Ich war viel zu müde und schlaftrunken, um irgendetwas zu merken und dachte, es wäre schon Zeit für die Schule. Murrend blieb ich im Bett liegen. Nur noch fünf Minuten, dachte ich und razzte fast wieder ein, als mir auffiel, dass das gar nicht mein Wecker war. Es war mein Handy und jemand rief an.
Schlagartig fuhr ich hoch und drückte auf den grünen Knopf, ohne nachzusehen, wer der Anrufer war, weil ich nicht wusste, ob ich es sonst noch rechtzeitig geschafft hätte.

« Hinata. Morgen. », gähnte ich in den Hörer und ließ meine schweren Augenlider wieder zufallen.
« Tut mir Leid für den späten Anruf, Hinata. Es ist wichtig, ich dachte, du willst es vielleicht als erstes wissen. »
Ich war zwar noch müde, aber als ich Kuroos Stimme erkannte, riss ich meine Augen wieder auf, sprang schon fast aus dem Bett und all meine Sinne waren geschärft wie die eines Tieres.
« Was wissen? »
Wozu fragte ich eigentlich noch? Ich wusste es doch sowieso.
« Ich war heute Abend auf dem Weg zu Kenma, aber er war nicht da und seine Mutter stand in der Tür, sturzbetrunken. Ich fragte mich, warum er so spät weg sein sollte. Ich hätte morgen einen freien Tag, also dachte ich, ich komme vorbei und bleibe überraschend bis morgen, das war ja nie ein Problem gewesen. Kenma braucht momentan... Na ja, etwas mehr Gesellschaft, sagen wir es so. Aber stattdessen drückt mir seine Mutter einen Test von heute morgen in die Hand, bei dem Kenma nur 10 von 100 Punkten erreicht hat. Nun ja, und eine Minute später stand ein Polizist hinter mir, hält ein Stück eines Namenschildes einer Stoffjacke mit der Aufschrift Kozume Kenma und fragt, ob wir Kenma kennen. »
Seine Stimme wurde immer leiser und trauriger, bis er schließlich die letzten Worte nur noch schluchzte.
« Er hat sich vor einen Zug geworfen. Und das ist meine Schuld, wäre ich etwas früher da gewesen, hätte ich ihn retten können. Ich habe versucht, es zu verarbeiten, aber das schaffe ich gerade nicht. Ich musste mit jemandem sprechen, dem Kenma genau so wichtig war wie mir, damit man mich versteht. Aber warum? Warum er? Wieso verkacke ich es jedes mal, für ihn da zu sein? »

Ich konnte nicht anders. Ich kannte Kuroo nicht besonders gut und ich wusste nicht ganz, wie ich damit umgehen sollte, dass er sich mir so öffnete, aber jetzt liefen auch mir Tränen über die Wangen. Kuroo wusste es zwar nicht, aber er erlebte gerade auch indirekt das dritte Mal den Tod seines Kindheitsfreundes. Ich konnte genau vorstellen, wie nutzlos er sich vorkommen müsste. Jetzt würde ganz sicher kein "Das wird schon wieder" helfen. Kenma war tot, diese Wunde konnte ich nicht heilen. In diesem Moment hallten Kuroo's Worte und Schluchzer so laut in meinem Kopf, dass meine Empathie nicht anders konnte. Ich wollte ihm einfach sagen, dass ich Kenma zurück holen würde. Aber ich brauchte zunächst einen Plan, also musste ich meine Gedanken ordnen und nachdenken. Kuroo hatte von einem sehr schlecht ausgefallenen Test gesprochen. So wie ich Kenma kannte, war das aber kein Grund, weswegen er sich so etwas antun würde. Also musste noch etwas passiert sein. Aber mehr Informationen hatte ich nicht. Denk nach, denk nach, denk nach...
Ich verzweifelte fast, bis mir das Wort "sturzbetrunken" wieder einfiel. Ich kannte ja die Geschichte hinter Kenmas Vater und dass seine Mutter sich seitdem anders verhielt. Es musste eine Konfrontation wegen diesem Test gegeben haben. Anders konnte ich es mir anhand der gegebenen Informationen nicht erklären. Also gab es nur eine Möglichkeit, Kenma zu retten.

« Kuroo? Das was ich jetzt sage, ist wahrscheinlich komplett verrückt, aber du musst mir helfen. Ich kann Kenma zurück holen, aber ich muss wissen, was das für ein Test war. »
Wenn ich sowieso gleich zurück reiste, dann könnte ich es ihm sowieso sagen.
« Was? Er ist tot und du willst wissen, worüber der Test war? Du kannst ihn nicht zurück holen. Niemand kann das. Du redest Schwachsinn! »
« Kuroo, bitte. Ich verspreche es, er wird leben. Aber sag mir bitte, was das für ein Test war. »
Es herrschte eine lange Stille, bis Kuroo endlich antwortete.
« Wenn du Kenma nicht zurück holst, ich schwöre dir, dann werde ich dir nie vergessen, wie respektlos du auf seinen Tod reagiert hast. Aber gut. Der Test war lediglich ein Englischtest. Vokabeln und Grammatik, soweit ich gesehen habe. Aber ich bin nicht sicher, ich erinnere mich nicht wirklich. »
« Danke, Kuroo. Ich hole ihn zurück. Versprochen. »
Dann legte ich auf, bevor er blöde Fragen stellte und flüsterte "Ich will zurück''.

Es dauerte auch nicht lange, bis mein Magen sich wieder unangenehm verdrehte. Diesmal musste ich mich sogar übergeben, zum Glück schaffte ich es rechtzeitig bis zur Toilette.
Je größer die Zeitspanne war, in der ich zurück reiste, desto schlimmer waren meine Magenschmerzen. Jetzt waren es fast 24 Stunden. Es war sechs Uhr Morgens, es war noch stockfinster draußen und Vögel zwitscherten auch noch keine.
Fest entschlossen aber fix und fertig rannte ich vom Klo auf mein Zimmer und nahm mein Handy in die Hand.
Dann rief ich Kenma an.
Es dauerte nicht lange, bis er ranging.
« Morgen, Shoyo. Du bist früh heute. »
« Aufstehen, Schlafmütze. Du schreibst heute einen Englischtest, Grammatik und Vokabeln, du solltest die Seiten noch mal durchgehen. »
« Was? Das wusste ich ja selber nicht einmal... Woher...? »
« Ach, nicht so wichtig. Hab einen schönen Tag und gib dir extra viel Mühe beim Test, tu es für mich, du schaffst das schon! »
Dann legte ich auf und atmete erleichtert aus. Er sollte jetzt keine blöden Fragen stellen, darauf war ich nicht vorbereitet. Ich hoffte nur, dass Kenma wieder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem zuvor alles gut für ihn lief, wieder so einen schönen Tag haben konnte.

Und so durchlebte auch ich den selben Tag ein zweites Mal. Das war das einzige, das mich an der Sache störte. Aber für Kenmas Leben erlebte ich gerne jeden Tag zweimal.
Am Abend telefonierten wir wieder. Ich wusste zwar nicht, was an jenem Abend geschehen war und das würde ich vermutlich auch nie, aber dieser Abend lief für Kenma einwandfrei. Als ich ihn gefragt hatte, wie sein Test gelaufen war, schickte er nur ein "💯" zurück. Seine Mutter war zwar wieder betrunken, aber diesmal wurde sie nicht aggressiv, wie meine Vermutung war, sondern anhänglich und behandelte Kenma das erste Mal seit langem wieder mit Liebe. Zwar unbewusst, aber trotzdem spürte ich, wie wichtig ihm war, was seine Mutter von ihm dachte, auch, wenn sie dabei nicht ganz bei Sinnen war. Natürlich war das keine Rechtfertigung für ihr Verhalten, aber solange es Kenma irgendwie zumindest innerlich glücklich aussehen ließ, freute ich mich für ihn. Aber am meisten freute ich mich, als er mir zum Ende des Telefonats noch einen Satz sagte, der mich aus irgendeinem Grund tief berührte.
« Shoyo, als du mich vorhin angerufen hast, habe ich zum ersten Mal seit langem wieder gelächelt. Ich danke dir. »

- - - ☁ end of chapter 3/5 ☁ - - -

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