Immer noch Gefühle



Hermine war verwirrt, es musste sich um ein Versehen handeln, kein normal denkender Mensch, würde sie beide nebeneinander setzen. Auf der anderen Seite, warum eigentlich nicht?

Immerhin waren sie noch Mann und Frau, Kyle war nicht anwesend, es wurde keiner verletzt. Hatte Hermine nicht genau davor Angst gehabt, den Abend alleine unter lauter Paaren, ohne Mann an ihrer Seite verbringen zu müssen? Außerdem hatte Severus sie ganz zivilisiert begrüßt, es sprach eigentlich alles dafür, dass es ein ganz angenehmer Abend werden würde.

Hermine erwachte aus ihrer Starre und trat an ihren Platz. „Darf ich?", fragte sie mit einem schwachen Lächeln.

Severus sah sie kurz verwirrt an, fasste sich aber sofort wieder und nach einem kurzen Blick auf das Namensschild neben dem seinem, erhob er sich und rückte mit einem knappen „Selbstverständlich", den Stuhl für Hermine zurecht, ehe er sich wieder auf seinen setzte.

„Danke", murmelte Hermine etwas verlegen, während sie sich ihre Serviette auf dem Schoss zu Recht legte.

Mit einem kurzen Seitenblick, stellte sie erleichtert fest, das Albus Dumbledore an ihrer anderen Seite saß. Dieser würde mit Sicherheit dafür sorgen, dass Severus, sollte er plötzlich in eine seiner gefürchteten Launen fallen, ebenso plötzlich wieder in seine Schranken gewiesen wurde.

Das Essen verlief ruhig, doch Hermine konnte immer wieder, den prüfenden Blick von Ginny auf sich spüren und wenn sich ihre Blicke kurz trafen, schlich sich ein spitzbübisches Grinsen auf das Gesicht der Rothaarigen.

Hermine war klar geworden, dass das Ganze kein Versehen war, sondern von Ginny Potter bewusst arrangiert worden war.

Sie machte sich mental eine Notiz, die Freundin bei der nächsten Gelegenheit drauf anzusprechen.

Während des Essens, begann immer wieder einer der Anwesenden eine Anekdote über Hermine zu erzählen, so dass sich für Hermine, während des Essens keine Möglichkeit ergab, mit Severus zu sprechen.

Doch er machte nicht den Eindruck als würde es ihn stören, allerdings sorgte er dafür, dass ihr Teller sich zweimal füllte und ihr Glas nie leer war.



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Nach dem ausgezeichneten Dinner, löste sich die Tafel langsam auf und es bildeten sich kleine Grüppchen, die sich im Wohnzimmer, im Esszimmer und in der Diele angeregt unterhielten.

Dies war der Zeitpunkt für Hermine, ein kurzes Gespräch mit ihrer rothaarigen Freundin zu führen. Sie ging kurzerhand zu ihr, packte sie am Arm und zog sie mit sich in die Küche.

„Hey, was soll das, Mine? Ich habe Gäste, du kannst mich doch nicht einfach so mit dir wegschleifen", protestierte die junge Frau.

„Und ob ich das kann, vor allem wenn ich denke, dass es an der Zeit ist, für ein kurzes Gespräch von Freundin zu Freundin", entgegnete Hermine scharf.

Ginny seufzte resigniert. „Also gut, was ist los?"

„Das würde ich gerne von dir wissen, Ginny? Wie kommst du dazu, Severus und mich nebeneinander zu setzen? Gerade du solltest wissen, dass unsere Beziehung nicht gerade unter einem guten Stern steht. Ist dir nie der Gedanke gekommen, dass es für uns eventuell unangenehm sein könnte?"

„Ganz ehrlich, Mine, nein, der Gedanke ist mir nicht gekommen. Und wenn ich mir Snape so anschaue, wirkte er auf keinen Fall unangenehm berührt von der Tatsache, dass du neben ihm gesessen hast. So wie er sich die ganze Zeit um dich gekümmert hat. Außerdem was ist schon dabei, ab morgen werdet ihr euch sowieso öfters über den Weg laufen. Und überhaupt, Hermine, was soll die ganze Aufregung, es ist doch alles gut gegangen!", entgegnete die junge Frau lässig.

Hermine sah Ginny verwirrt an. „W-was meinst du mit kümmern?"

Ginny musste lächeln. „Mine, wenn ich dich in Verlegenheit gebracht habe, dann tut mir das Leid, das wollte ich nicht. Aber auch wenn ihr es alle nicht bemerkt, ich tue es und ich habe bemerkt, dass Severus Snape, ganz egal wie gut er das hinter seinen sarkastischen Sprüchen verbirgt, insgeheim noch immer Gefühle für dich hat."

„Was?", keuchte Hermine und ihre Augen weiteten sich erschrocken. „Das kann nicht sein..."

„Und ob das sein kann.", unterbrach sie die Rothaarige, „Und es ist auch ganz normal, immerhin bist du die Mutter seiner Kinder. Und ganz ehrlich, nicht er war es, der aus eurer Ehe ausgebrochen ist."

Hermine wollte gerade ansetzen, um zu protestieren doch das Öffnen der Küchentür unterbrach sie.

„Ginny, haben wir irgendwo noch ein paar Flaschen Feuerwhiskey?", fragte Harry durch den Spalt und sah dann beide Frauen verwundert an. „Was macht ihr denn hier?"

„Nichts Besonderes, Harry, nur ein Gespräch unter Frauen. Du findest noch ein paar Flaschen im Keller", antwortete Ginny.

„Okay", war die knappe Antwort und die Tür schloss sich wieder.

Ginny drehte sich wieder zu Hermine und lächelte. „Nun komm Mine, es ist dein Abend und die anderen fragen sich bestimmt schon, wo du bleibst." Mit diesen Worten, nahm sie die Freundin an der Hand und gemeinsam gingen sie zurück auf die Party.



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Während Ginny sich zu Lavender, Harry und Neville gesellte, nahm sich Hermine ein weiteres Glas Weißwein und setzte sich auf eins der Sofas, das im Wohnzimmer der Potters stand.

Von hier aus, hatte sie einen optimalen Überblick auf die einzelnen Grüppchen.
Sie nippte an ihrem Wein und ließ dabei ihren Blick durch den Raum wandern, bis dieser schließlich an Severus hängen blieb.

Er stand groß und stattlich, wie immer in schwarz gekleidet, neben Dumbledore und lauschte mit äußerstem Interesse der Unterhaltung, die dieser, mit Arthur Weasley führte.

Sein Erscheinungsbild war wie immer imposant und Hermine musste zugeben, dass er für Ende fünfzig immer noch gut in Form war. Zwar war er etwas fülliger geworden, was ihm aber gut stand.

Hermine wurde erst bewusst, dass sie ihn wohl angestarrt hatte, als ihr Blick seinen traf, der fragend auf ihr ruhte.

Sie spürte wie sie leicht errötete, lächelte ihn kurz an und sah dann wo anders hin.

„Hey Mine, ist der Platz neben dir noch frei?" fragte plötzlich eine Stimme vor ihr und als sie den Kopf drehte sah sie, wie Ron vor ihr stand und sie angrinste.

„Sicher Ron, setz dich", entgegnete sie und wies mit einer Hand einladend auf die leere Fläche neben sich.

„Und wie geht's?", fragte der Rothaarige und sah sie aufmerksam an.

„Danke der Nachfrage, es könnte nicht besser laufen und selber?  Wie ich sehe, dauert es nicht mehr lang und Baby Nummer sechs erblickt das Licht der Welt." Grinste Hermine und nickte zu Lavender, die mit nicht zu übersehendem Babybauch, neben Ginny stand und herzlich lachte.

„Ja", sagte Ron stolz.

„Und wisst ihr schon, was es wird?"

Ron schüttelte den Kopf und ließ seinen Blick auf seiner hochschwangeren Frau ruhen. „Nein, Lav ist der Meinung, wir sollten uns überraschen lassen. Mum ist allerdings der festen Überzeugung, dass es dieses Mal ein Mädchen wird. Sie meinte, sie könnte es an der Form des Bauches erkennen. Ich denke in ein paar Wochen wissen wir mehr."

Hermine lachte, „Vergiss nicht mir Bescheid zu geben, wenn es soweit ist, ja?"

„Sicher Mine, du bist die dritte, die es erfährt", versicherte Ron lächelnd, „ aber mal was anderes, wie fühlt es sich eigentlich an, nach all den Jahren zurück nach Hogwarts zu gehen?"

Hermine überlegte einen Moment und sah zu Severus, der sie beobachtete, ehe sie sich wieder zu Ron drehte. „Hervorragend es ist ein Gefühl, wie nach Hause zu gehen, Ron. Und im Grunde ist es ja auch so, ich gehe nach Hause, zu meinen Kindern!"

„Ich verstehe und wie ist es mit ihm?", kam es von Ron und sein Kopf wies in Richtung Snape.

Hermine seufzte, „Ich weiß es nicht, Ron. Ich hoffe, dass er mir das Leben nicht allzu sehr zur Hölle machen wird."

„Was erwartest du, Mine? Er ist Snape, der Bastard aus dem Kerker, er kann gar nicht anders, als dir das Leben zur Hölle zu machen", winselte Ron.

„Nein Ron, er ist Severus Snape und immer noch mein Mann!", entgegnete sie und verdrehte leicht die Augen, da Ron es anscheinend nach all den Jahren, immer noch nicht geschafft hatte, seinen Frieden mit Severus zu schließen.

„Ron, entschuldige mich bitte für einen Moment, mein Glas ist leer und ich würde es gerne füllen lassen, ich bin gleich zurück", sie erhob sich und ging dann an die gemütliche Hausbar der Potters, hinter der ein Elf stand und die Gläser der Anwesenden mit diversen Getränken füllte.

Während Hermine auf ihr Glas wartete, vernahm sie plötzlich neben sich ein Räuspern. Sie drehte ihren Kopf und neben ihr stand Severus.

„Na amüsierst du dich wenigstens etwas oder sind solche Veranstaltungen, nach wie vor ein Gräuel für dich?", fragte sie ihn mit einem schelmischen Gesichtsausdruck.

Severus sah sie an und hob fragend seine linke Augenbraue. „Ganz ehrlich?"

Hermine nickte, „Ganz ehrlich!"

Er kräuselte ein wenig seine Oberlippe und entgegnete dann mit seiner tiefen Stimme. „Ich verabscheue solche Veranstaltungen nach wie vor, nur mit dem kleinen Unterschied, dass sie nun etwas erträglicher geworden sind. Vielleicht liegt es auch daran, dass deine kleinen Freunde, jetzt wo sie reifer werden, ebenfalls erträglicher werden."

„Ohoh, und das aus deinem Mund. Ich denke meine kleinen Freunde würden es als Kompliment auffassen, wenn sie das hören würden!", sagte Hermine mit einem Zwinkern.

„Untersteh dich, wenn nur ein Wort davon deine bezaubernden Lippen verlässt, Granger, dann schwöre ich dir, mach ich dir das Leben in Hogwarts zu Hölle", knurrte er leise, doch um seine Augen bildeten sich dabei kleine Fältchen, ein sicheres Zeichen dafür, dass er flunkerte.

„Und das, glaube ich dir aufs Wort Snape.", wisperte sie und ihre Augen wanderten dabei über seinen Körper und blieben an seiner gebundenen Krawatte hängen.

Hermines Zeigefinger wanderte wie magisch angezogen, zudem aufwendig geknoteten Krawattenknoten. „Wer bindet sie dir jetzt, ich kann mich daran erinnern, dass ich sie dir früher immer gebunden habe?", fragte sie und ihre Augen wanderten zu seinen, die tief und dunkel auf ihr ruhten.

„Früher, wie du sagst Hermine, da hast du einiges in meinem Leben bewirkt", wisperte er, ehe er sich von ihr ab wandte und in der Menge verschwand.

Hermine hätte nicht irritierter sein können, wenn er ihr eine Ohrfeige verpasst hätte.

Für den Rest des Abends, hielt er sich von ihr fern und als Hermine an diesem Abend in ihrem Bett lag, dachte sie immer wieder an Ginnys Worte zurück. Konnte es wirklich sein, dass Severus immer noch Gefühle für sie hegte und seine ablehnende Haltung ihr gegenüber, nur seine Art war, mit seiner Verletztheit umzugehen? War Severus nach all den Jahren, immer noch nicht über sie hinweg?

In dieser Nacht drehte sich Hermine noch einige Male hin und her, bis sie schließlich, in den frühen Morgenstunden, endlich etwas Schlaf fand.

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