[02]

Jisung PoV

Ich saß gerade wieder an einem meiner Designs, mit dem Changbin später arbeiten würde, als es klopfte und ich damit unterbrochen wurde. Vermutlich war es der Kunde, von dem Chan geredet hatte, denn normalerweise klopfte keiner der anderen beiden an die Tür. Normalerweise klopfte niemand an diese Tür, denn eigentlich ließ ich sie immer offen, wenn ich später noch etwas mit einem Kunden besprechen wollte, doch heute war mir einfach nach ein wenig Privatsphäre gewesen, weshalb ich sie zu ließ.

"Herein.", antwortete ich, woraufhin ein Mann mit Maske und Mütze den Raum betrat.

"Ich bin wegen der Besprechung hier.", erklärte er sich und mir gefror das Blut in den Adern. Das konnte nicht sein. Auch wenn er mich sehr an Minho erinnerte, konnte er es unmöglich sein. Vermutlich dachte ich im Moment einfach zu viel an ihn. Ich bildete mir das nur ein. Wenn es Minho wäre, hätte er schon längst etwas gesagt.

"Setzen Sie sich doch bitte zu mir und dann zeigen sie mir das Tattoo, um das es geht."

"Sicher."

Er setzte sich zu mir und schob langsam den Ärmel hoch, wodurch ein kleines Flügel-Tattoo entblößt wurde.

Mit zitternden Händen fuhr ich die Linien nach, die zwar feinsäuberlich gestochen waren, aber dennoch nicht perfekt waren. Es war eines mein erstes Tattoo gewesen. Minho wollte, dass er es bekam. Er hatte sich immer wieder scherzhaft als mein Versuchskaninchen bezeichnet. Doch ich konnte immer noch nicht realisieren, dass das vor mir tatsächlich Minho war.

"Ich werde da nichts neues drüber stechen.", meinte ich und konnte meine Augen immer noch nicht von dem Tattoo lösen. "Wenn Sie das wirklich wollen, müssen Sie sich jemand anderen suchen."

"Hannie..."

Tränen schossen mir in die Augen. Es konnte niemand anderes sein als Minho. Er hatte mich immer so genannt, weil Chan bereits alle anderen Spitznamen für sich beansprucht hatte.

"Minho...?", fragte ich leise und sah ihm ins Gesicht. Er hatte seine Maske inzwischen abgenommen und so konnte ich nun in das Gesicht meiner verschwundenen Liebe blicken.

"Ich werde dir das nicht covern. Ich hoffe, du weißt, dass du das nicht von mir verlangen kannst.", meinte ich und sah ihm in seine traurig dreinblickenden Augen.

"Ich weiß. Irgendwie hatte ich gehofft, dass du es trotzdem tust. Ich hätte auch erwartet, dass du es bei deinem Tattoo machst. Schließlich hast du ein Händchen dafür."

"Du denkst wirklich, ich könnte das einfach so? Diese Tattoos waren ein Versprechen, Minho. Ein Versprechen von zwei Liebenden, die sich immer lieben wollten. Aber anscheinend gilt dieses Versprechen für dich nicht. Sonst wärst du heute nicht hier.", sagte ich. Innerlich brannte ich gerade. Alles schmerzte und zog sich zusammen, doch trotzdem war da immer noch diese Sehnsucht nach seiner Nähe und seiner Liebe. Es tat unglaublich weh, wieder vor ihm zu stehen und dann auch noch sehen zu müssen, wie er versuchte, etwas dem Tattoo zu ändern, das ich ihm gestochen hatte. Mein Kopf begann stärker zu schmerzen und zu pochen.

"So ist das nicht, Jisung."

"Bitte spar dir deine Erklärungen. Ich will das alles nicht hören. Ich will nicht hören, wie dein Leben jetzt aussieht, weil ich kein Teil mehr davon bin. Und das tut scheiße weh."

"Lass es mich dir bitte erklären. Es ist wirklich anders, als du denkst."

"Geh."

"Jisung... Bitte..."

"Kein 'Bitte'. Überlegt dir lieber, wie du das wieder gut machst! Hast du auch nur den Hauch einer Ahnung, wie sich das gerade alles für mich anfühlt?!"

"Es tut mir leid! Wirklich!"

"Geh oder ich werfe dich eigenhändig raus! Ich halte das hier nicht länger aus."

"Hör mir doch erst mal zu!", versuchte er es erneut, doch ich zog ihn auf die Beine. Er ließ sich von mir in Richtung des Ausgangs schieben, wenn auch nicht, ohne weiter danach zu betteln, dass ich ihm zuhörte.

"Weißt du, was das Dümmste daran ist?!", schrie ich ihn schon fast an. "Dass ich immer noch nicht aufhören kann, dich zu lieben! Egal was du machst und egal wie sehr es weh tut, du bringst mein Herz immer noch zum Explodieren!"

Er sagte nichts und zog mich einfach in seine Arme. Immer wieder boxte ich mit meiner Hand gegen seinen Brust und vergrub mein Gesicht in seinem Oberteil.

"Ich hab dich vermisst, Kleiner. Ob du es glaubst oder nicht. Ich hab dich schrecklich vermisst."

"Bin trotzdem sauer. Ich bin sogar stinksauer! Überleg dir lieber, wie du das wieder gerade biegst!", meinte ich wütend und wich einen Schritt von ihm zurück.

"Es tut mir wirklich leid, Jisung..."

"Ja, mir tut es auch leid!", schnaubte ich. "Und jetzt geh und komm erst wieder, wenn du dir überlegt hast, wie du das wieder gut machst!"

"Warum lässt du es mich nicht einfach erklären?!"

"Weil ich es gerade einfach nicht hören kann! Ich habe die ganze Zeit über auf dich gewartet! Ich hab mir Sorgen um dich gemacht! Und dann tauchst du hier auf einmal auf und willst, dass ich dieses Tattoo verschwinden lasse?! Ich habe dich, seit du gegangen bist, nicht ein bisschen weniger geliebt und du machst sowas?! Ich liebe dich immer noch so sehr, aber-"

Er unterbrach mich, indem er mein Gesicht in seine Hände nahm und mich küsste. Für einen Moment genoss ich es einfach, wieder so bei ihm sein zu können, doch dann realisierte ich wieder die ganze Situation und drückte ihn von mir weg.

"Denk ja nicht, dass das irgendwas ändert, Lee Minho.", sagte ich kalt, schob ihn vor die Tür und schloss sie demonstrativ hinter ihm. Natürlich hätte er sie einfach wieder öffnen können, doch vermutlich hatte er eingesehen, dass ich gerade nicht mit ihm reden wollte. Ich sah noch wie er ging und sich dabei ungläubig an seine Lippen fasste. Auch ich konnte seine Lippen immer noch auf meinen spüren. Genauso wie den Schmerz, den er hinterlassen hatte.

Ich verschwand wieder in dem kleinen Raum, aus dem ich auch gekommen war, setzte meine Kopfhörer auf, nur um auf ungesunder Lautstärke Musik in meinen Ohren dröhnen zu lassen, und setzte mich wieder an die Zeichnungen. Das war schon immer eine gute Ablenkung für mich gewesen und das konnte ich gerade gut gebrauchen.

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