Lineare und nicht lineare Erzählformen
Lang, lang ist's her, aber ich habe mich nun endlich aufgerafft auch dieses Kapitel zu schreiben. Ich kann echt nicht sagen, warum ich mich davor gedrückt habe ...
Wie ich bereits im letzten Kapitel angedeutet habe ... Moment, ich suche mir schnell das Zitat raus ... kann sich nur um Stunden handeln, bis ich es finde ... ahhh, da ist es ja!
»Ich nutze das erste Kapitel (wenn ich keinen Prolog davor verwende) dazu, eine chronologische Reihenfolge der Kapitel beizubehalten ...«
Was hat das nur zu bedeuten? – Darum soll es in diesem Kapitel gehen.
Man kann eine Geschichte nämlich komplett unterschiedlich aufziehen.
Wenn du schon mal einen Thriller, Krimi oder sogar Psychothriller gelesen hast, dann dürfte dir dort sicher eine Sache aufgefallen sein: es werden mehrere Handlungen gleichzeitig erzählt. (Das Ganze lässt sich natürlich auch auf andere Genres übertragen.)
Meistens sind es eine Haupthandlung und eine Nebenhandlung, vielleicht auch zwei oder mehr, je nachdem, wie viele Charaktere es in der Geschichte gibt, oder ob die Vergangenheit (eventuell auch Zukunft) eines Charakters eine besondere Rolle spielt.
Und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass du ein ums andere Mal genervt davon warst, als die Sicht plötzlich gewechselt hat, dabei war es doch gerade sooo spannend!
Und genau das ist der Knackpunkt – so hält man die Spannung aufrecht, und so bringt man Abwechslung in die Handlung.
Man kann das Ganze nutzen, um die Leser zu verwirren (im angenehmen Sinne, vorzugsweise) oder (und damit ist es meistens verbunden) um ihnen Informationen zu liefern, die für die fortschreitende Handlung wichtig sind.
Jetzt dürften wir schon mal geklärt haben, wozu das Ganze gut sein soll. Aber wie genau geht man da beim Schreiben eigentlich vor?
Ganz wichtig: eine einheitliche Regel gibt es nicht. Das ist jedem frei überlassen, wie er oder sie es machen möchte.
Ich persönlich mache das nach Gefühl, bzw. habe ich mir ein bisschen was von den Profis abgeguckt. Natürlich sollte man nichts eins zu eins kopieren, sondern immer mit eigenen Ideen und Worten füllen, aber das Grundgerüst darf man sich schon zunutze machen, schließlich kommt am Ende ja höchstwahrscheinlich eine ganz andere Geschichte raus.
Grundlegend kann man sich aber beim Planen – und ja, wenn du mehrere Handlungen gleichzeitig erzählen möchtest, dann rate ich dir vorher zu planen, bzw. zu plotten – folgende Gedanken machen:
1. Wie viele Charaktere hat deine Geschichte? Bekommt jeder Charakter eine eigene Sichtweise? Soll aus nur einer Sicht, oder ein paar ausgewählten erzählt werden? (Hier rate ich max. 3 Perspektiven zu verwenden, sonst verliert man schnell den Überblick, Profis können sich da gerne an mehr heranwagen.)
2. Soll es neben der Haupthandlung noch Nebenhandlungen geben, die im Verlauf der Geschichte zueinander führen, also in Verbindung miteinander stehen? (Geht auch ohne Verbindung, aber es sollte schon einen Sinn haben, warum man gerade was von Person XY erfährt, obwohl diese scheinbar nichts mit der Story zu tun hat.)
3. Wo, bzw. wann fängst du mit dem Erzählen der Geschichte an? Am Anfang, in der Mitte oder am Schluss? Soll von deinem Startpunkt aus die zeitliche Abfolge beibehalten werden, oder pickst du dir immer wieder Stellen scheinbar willkürlich heraus? (Die Betonung liegt hier bei „scheinbar", es sollte am Ende der Geschichte nämlich nicht wirken, als wäre es wirklich willkürlich gewesen, sondern sollte Sinn machen, warum du dich dazu entschieden hast.)
Letztendlich kommt es darauf an, was für deine Geschichte am meisten Sinn macht.
Wenn du dir noch unsicher sein solltest, dann hilft dir eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der linearen zur nicht linearen Erzählform vielleicht weiter.
Lineare Erzählform
Vorteile
- Eignet sich für actionreiche Geschichten, in denen die Handlung Schlag auf Schlag folgt
- Deine Leser sind mitten im Geschehen und werden nicht abgelenkt, oder gar mit scheinbar unnötigen Einspielern gelangweilt
Nachteile
- Die Geschichte geht nicht wirklich „tief", sondern beschränkt sich auf das aktuelle Geschehen, was mitunter auch eintönig wirken kann
- Die Vergangenheit kann so nur vom Protagonisten/von der Protagonistin selbst erzählt werden, oder wenn er/sie sich an etwas erinnert, in einer kurzen Sequenz
Nicht lineare Erzählform
Vorteile
- Durch „Rückblenden" erfährt man viel über die Charaktere, ihre Vergangenheit, ihre Wesenszüge und wie sie zu ihrer Rolle in der späteren Handlung gekommen sind (das Gleiche geht auch, wenn man Kapitel aus der Zukunft erzählt)
- Mehrere Charaktere können „gleichzeitig" auftreten, oder sagen wir „kurz nacheinander" – es ist also Abwechslung geboten
- Deine Leser erhalten die Möglichkeit mitraten zu können, wie die verschiedenen Charaktere miteinander in Verbindung stehen
Nachteile
- Deine Leser könnten verwirrt sein, wenn zu viele Charaktere auf den Plan treten, sie müssen sich ja schließlich mit mind. einer Person identifizieren können, sie sympathisch finden oder zumindest ihr Handeln nachvollziehen können, und das funktioniert eher, wenn sie sie näher kennenlernen, sie also ein Stück weit begleiten
- Wenn man sich keine Gedanken macht, wie die verschiedenen Charaktere, deren Sicht man parallel zueinander erzählt, miteinander in Verbindung stehen, läuft man Gefahr, dass ein heilloses Durcheinander entsteht, und deine Leser komplett aussteigen, weil es ihnen zu viel wird
Zum Schluss kann ich dir sogar noch ein eigenes Beispiel nennen: „Mondsüchtig" habe ich fast ausschließlich in der linearen Erzählform verfasst. Du erfährst hauptsächlich etwas über meine Hauptprotagonistin, wie sie das Ganze erlebt und wie sie schließlich das Problem löst.
Ganz ohne Rückblenden bin ich auch damals schon nicht ausgekommen, aber sie sind kurz und knapp und handeln von Szenen, die für den späteren Verlauf der Geschichte wichtig sind.
Genauso habe ich für ein paar Kapitel die Sichtweise gewechselt, was ebenfalls wichtig für eine ganz spezielle Szene ist.
Du siehst: man kann es als „Stilmittel" anwenden. Man ist nicht unbedingt daran gebunden, strikt eine Erzählform bis zum bitteren Ende durchzuziehen.
»Ich nutze das erste Kapitel (wenn ich keinen Prolog davor verwende) dazu, eine chronologische Reihenfolge der Kapitel beizubehalten ...«
Kommen wir abschließend nochmal auf mein Zitat vom Anfang und vom letzten Kapitel zurück, damit auch wirklich keine Fragen mehr dazu offenbleiben.
Mir persönlich fällt es leichter, die nicht lineare Erzählform anzuwenden, wenn ich bereits einen Teil der Geschichte vorgestellt habe – in dem Fall beim Prolog.
Der beschreibt in „Sager" beispielsweise eine Szene, die sich vor der Haupthandlung ereignet hat. In „Lakewood | Königin der Nacht" ist es hingegen eine Szene, die am Ende der Haupthandlung geschieht.
Bei beiden stellt sich jedoch die Frage: was ist passiert?
Wie und vor allem warum kommt es dazu? – Und genau diese Frage löse ich nach und nach mit dem Erzählen meiner Geschichte auf.
So, ich denke, damit dürfte ich das Thema doch ganz gut zusammengefasst haben. Du darfst mir sehr gerne deine Erfahrungen dazu mitteilen, und ob du etwas vielleicht ganz anders siehst, oder gelernt hast.
Nächstes Kapitel: Kleiner Motivationsschub gefällig?
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