04. Chasing



Als ich am nächsten Morgen durch das Geräusch meines Handyweckers erwachte, fand ich mich im ersten Moment überhaupt nicht zurecht. Doch dann schwirrten die Gedanken in meinem Kopf umher und ich wusste wieder, wo ich mich befand. In einem großen Haus, im Bezirk Knights Bridge in London, im Jahr 1983.

Seufzend setzte ich mich auf, um nach Harry zu schauen, der noch im Tiefschlaf lag. Jedenfalls erweckte er diesen Eindruck auf mich. Doch als ich mich schließlich erhob, um nach meinen Klamotten zu greifen, hörte ich ihn murmeln: „Wie spät ist es denn, Nialler?"

„Sechs Uhr."

Daraufhin zog Harry sich die Decke über den Kopf und brummte: „Weck mich in einer halben Stunde nochmal."

Manchmal hatte er echt Nerven!

Kopfschüttelnd trabte ich ins Badezimmer, welches immerhin mit fünf großen Duschtüchern und genügend Duschgel ausgestattet war. Da ich als Erster aufgestanden war, genoss ich nun das Privileg, die Dusche zu beanspruchen, so lange es mir passte. Ich musste mich nachher nicht mehr stressen, wenn es darum ging, rechtzeitig fertig zu sein, damit wir pünktlich in Richtung Hyde Park aufbrechen konnten. Das Einzige, wovor es mir graute, war die Tatsache, dass ich wahrscheinlich nichts frühstücken konnte, was für mich an eine Katastrophe grenzte.

Nachdem ich fertig geduscht und angezogen war, klopfte es auch schon an die Badezimmertür.

„Kann ich jetzt auch mal rein?"

Das war Liams Stimme. Grinsend schritt ich zur Tür, öffnete diese und meinte lässig: „Klar, ich bin fertig. Du kannst dich jetzt austoben."

Anschließend ging ich in Harrys und mein Zimmer, um Lockenköpfchen zu wecken. Dabei war es mir ziemlich egal, dass es erst viertel nach sechs war. Glücklicherweise war Harry nun bereit aufzustehen. Als ich kurz aus dem Fenster schaute, blickte ich in die Dunkelheit. So ein Pech, das wir ausgerechnet im Dezember in London landen mussten.

„Harry, ich geh dann schon mal nach unten, vielleicht treffe ich Peter", rief ich meinem Bandkollegen zu, während ich zur Tür schritt.

„Ok, bis später", kam es zurück.

Mein Magen knurrte bereits heftig, als ich die untere Schwelle der Treppe erreichte. Das konnte ja heiter werden, denn in hungrigem Zustand war ich beinahe unausstehlich. Doch meine geschulte Nase schnupperte sofort einen Duft, der nach Pancakes roch. Automatisch trabte ich langsam in die Richtung, aus welcher er zu kommen schien, um kurz darauf in einer großen Küche zu stehen. An einem riesigen Herd stand Peter und bereitete tatsächlich Pancakes für eine ganze Armee zu.

„Bitte lieber Gott, lass das unser Frühstück sein", betete ich innerlich.

„Guten Morgen, na gut geschlafen?", begrüßte er mich freundlich.

„Ja, die Matratzen sind ziemlich bequem", gab ich zur Antwort.

„Dann setz dich hin, das Frühstück ist nämlich fertig."

Er wies mit dem Kopf in Richtung eines großen, runden Tisches, der links von mir stand. Dieser Aufforderung kam ich natürlich sofort nach, denn ich war mittlerweile so hungrig, dass ich ein halbes Schwein hätte verdrücken können. Peters Pancakes schmeckten wirklich ausgezeichnet und als meine Bandkollegen endlich die Küche betraten, hatte ich bereits fünf Stück verputzt.

„Das war ja wieder so klar!", rief Louis, „wo findet man Nialler? Beim Essen!"

Die vier leisteten mir nun Gesellschaft aber wir mussten uns echt beeilen, denn es war bereits viertel vor sieben. Es hatte doch seine Vorteile, wenn man früh aufstand, wenigsten hatte ich mich satt essen können, bevor wir zum Hyde Park aufbrachen.

Wie versprochen übergab Peter uns fünf Taschenlampen und ermahnte uns, gründlich nachzuschauen.

„Manchmal verstecken sie sich absichtlich", sagte er.

„Wer? Die Kugeln?", fragte Zayn.

Ein Nicken war die Antwort.

Besaßen diese Dinger etwa ein Eigenleben? Es klang fast schon so und dies würde die Suche natürlich noch schwieriger werden lassen. Ich wollte gar nicht daran denken, was passierte, wenn wir nicht fündig wurden. Der arme Zayn würde dann hier in 1983 festsitzen. Aber was noch viel schlimmer sein würde: One Direction ohne Zayn würde es definitiv nicht geben. Wir waren total aufgeschmissen, wenn wir diese dämliche Kugel nicht finden würden.

Zehn Minuten später standen wir am Eingang des Hyde Parks und hatten keine Ahnung, in welche Richtung wir nun gehen sollten.

„Wir sollten uns aufteilen", schlug Liam schließlich vor.

Er war schon immer ein helles Köpfchen gewesen, wenn es ums Organisieren ging.

„Ok, wer geht mit wem?", fragte ich.

„Ganz einfach, wir teilen uns nach Zimmern auf. Du und Harry lauft nach rechts, Louis, Zayn und ich gehen nach links."

„Und wenn die eine Gruppe fündig geworden ist, rufen wir uns einfach an", kam es begeistert von Louis.

„Der Witz war echt gut, Boo Bear!", meinte ich grinsend.

„Ach shit, die Handys funktionieren ja nicht", murmelte Louis nun vor sich hin.

Zum wiederholten Male fragte ich mich, wie sich die Leute im Jahr 1983 zurechtgefunden hatten. Aber scheinbar war dies möglich, denn alle schienen ohne Handynetz und Internet überleben zu können.

Ich bewunderte diese Menschen wirklich. Sie wussten gar nicht, wie schwer es für uns fünf war, damit klar zu kommen. Doch wir taten unser Bestes, um uns in dieser Welt einigermaßen anzupassen, angefangen damit, dass wir uns in viel zu enge Hosen quetschten. Nach fünf Minuten laufen tat mir schon wieder alles weh und ich fragte mich erneut, wie Harry das nur aushielt.

Fieberhaft hielten wir nun nach dieser komischen grünen Kugel Ausschau. Mit unseren Taschenlampen leuchteten wir in jedes Gebüsch, ohne jedoch fündig zu werden.

„Ich glaube, das können wir vergessen", maulte Harry genervt.

Irgendwie musste ich ihm Recht geben. Auch ich hielt das Ganze für ein aussichtsloses Unterfangen. Der Hyde Park war wirklich riesengroß und es musste schon ein totaler Zufall sein, wenn wir diese Kugel hier finden würden. Aber wir konnten und wollten nicht einfach so aufgeben.

So drehten wir weiterhin unsere Runden, bis die Sonne aufging und wir die Taschenlampen nicht mehr benötigten. Gott sei Dank regnete es nicht, denn dann wäre die Suche hier draußen noch unangenehmer für uns gewesen.

Inzwischen war es halb neun, mein Magen hätte also gut ein zweites Frühstück vertragen können aber das musste leider ausfallen. Mittlerweile waren wir auf die anderen getroffen, die sich nun jedoch wieder entfernten, da sie nach Süden gingen und wir nach Norden. Gerade als ich mich bei Harry über meinen knurrenden Magen beklagen wollten, hörten wir Louis' aufgeregte Stimme rufen: „Ich glaube, ich hab sie gefunden! Dort drüber liegt etwas, was grün aufblitzt!"

Harry und ich schauten uns kurz an, dann sprinteten wir los in Richtung unserer Bandkollegen. Als wir diese erreichten, lag Louis der Länge nach auf dem Boden, während Zayn und Liam einer Kugel hinterher hechteten, die sich selbständig zu bewegen schien.

Jedenfalls rollte sie mit affenartiger Geschwindigkeit direkt auf die Straße zu. Nun nahmen Harry und ich ebenfalls die Verfolgung auf, um unseren Freunden zur Hilfe zu kommen. Doch das verdammte Ding dachte überhaupt nicht daran, still liegenzubleiben. Immer wenn wir das Gefühl hatten, uns genähert zu haben, rollte sie von neuem los.

Das ganze Spiel ging so lange, bis die Kugel schließlich im nächsten Gulli Gitter verschwand. Fluchend blieben wir stehen und taten unseren Unmut lautstark kund.

„Ich glaube diese Kugeln haben eine Vorliebe für Abwasserkanäle", bemerkte Harry sarkastisch.

„Oh ja und sie lassen sich absolut nicht einfangen", kam es genervt von Zayn, der reichlich geknickt wirkte.

Ich konnte das durchaus nachvollziehen. Niemand wollte wohl gerade mit ihm tauschen.

„Tja, Leute, das war es dann wohl für heute mit der Kugel", erklang Liams Stimme in unseren Ohren.

„Es ist gerade mal viertel nach zehn", sagte ich mit einem Blick auf mein Handy, dessen Akku fast leer war.

Auch das noch! Es musste dringend aufgeladen werden, wie sollte ich denn sonst die Uhrzeit erfahren? Niemand von uns trug eine Armbanduhr, denn diese waren in unserem Job nur hinderlich. Auf der Bühne konnten wir sie sowieso nicht tragen und zu meinem Outfit passten sie außerdem gar nicht gut.

Bevor ich jedoch noch ein weiteres Wort von mir geben konnte, hörte ich Zayn sagen: „Wir müssen auf jeden Fall bis um elf Uhr im Hyde Park bleiben. Vielleicht kommt sie ja zurück."

Wir starrten ihn alle an, als hätte er den Verstand verloren, andererseits war seine Reaktion durchaus nachvollziehbar. Schließlich ging es um seine Existenz im Jahr 2013 und somit auch um die von One Direction. Das gab letztendlich den Ausschlag für unser Bleiben und das erneute Herumrennen im Park, in der Hoffnung, dass die komische grüne Kugel es sich vielleicht doch noch anders überlegen würde.

Aber das Glück schien an diesem Tag nicht auf unserer Seite zu stehen, denn als die Zeit abgelaufen war, hatten wir nichts von der Kugel zu Gesicht bekommen.

„Und was machen wir jetzt?", fragte Louis in die Runde.

„Erst mal was Essen gehen", schlug ich sofort vor.

„Meinetwegen, ich hätte nichts dagegen", stimmte Harry mir grinsend zu.

„Ok, dann auf zum nächsten McDonalds!", kam es von Liam, was uns vor das nächste Problem stellte. Wir kannten bisher nur einen McDonalds und das war der, den Liz uns gezeigt hatte. Also hieß es, auf zur Oxford Street.

„Ich weiß, mit welcher Tube wir fahren müssen und wo wir umsteigen müssen", brachte ich zum allgemeinen Erstaunen meiner Bandkollegen hervor.

„Du hast dir das doch nicht ernsthaft gemerkt, Niall?", fragte Zayn verblüfft.

„Doch."

„Na wenn es ums Essen geht, da können wir uns doch auf Niall verlassen", meinte Louis grinsend und klopfte mir auf die Schulter.

Für irgendetwas musste ich ja eine Daseinsberechtigung haben und sei es nur meine Bandkollegen vor dem Hungertod zu bewahren. Sie liefen mir auch alle brav hinterher, als ich in Richtung Tube Station ging. Nachdem wir unsere Tickets gekauft hatten, führte ich meine Freunde zur richtigen Linie. Es klappte auch alles wunderbar, wir stiegen einmal um und befanden uns nach relativ kurzer Zeit an der Oxford Street.

Dort angekommen musste ich mich zunächst ein wenig orientieren, doch als wir an dem Geschäft vorbeigingen, in welchem es die Vinyl Schallplatten zu kaufen gab, wusste ich wieder, wo es lang ging. Schnurstracks führte ich unsere Gruppe zum McDonalds Restaurant, was alle erleichtert aufatmen ließ.

Kurze Zeit später aßen wir mit großem Appetit unsere Burger und was wir sonst noch so alles bestellt hatten. Zwischendurch warf ich einen Blick auf mein Handy, dessen Akku jetzt endgültig den Geist aufgegeben hatte. Im Augenblick war mir das aber ziemlich egal, denn ich konnte sowieso nicht telefonieren. Dabei fiel mir ein, dass ich Lizzy nachher anrufen wollte, nur mit was?

„Sagt mal", begann ich, „es gibt doch hier Telefonzellen, oder?"
Das schallende Gelächter meiner Bandkollegen ließ mich eine Grimasse ziehen.

„Wir sind gerade an drei Stück vorbeigelaufen", klärte Liam mich nun auf.

„Wozu brauchst du denn eine Telefonzelle?", erkundigte sich Louis erstaunt.

„Wahrscheinlich, weil ich jemanden anrufen will", entfuhr es mir.

Zayn grinste jetzt unverschämt drein, während Harry sagte: „Ich kann mir schon denken, wen du anrufen willst."

Das war ja wohl auch offensichtlich, denn Harry wusste, dass ich die Telefonnummer, sowie die Adresse von Liz ergattert hatte.

„Horan, du Schürzenjäger", kam es schmunzelnd von Louis, was ich ihm aber nicht übel nahm. Wir zogen uns ja ständig auf.

„Ich hab noch bis drei Uhr Zeit", ließ ich die anderen wissen.

„Gut, dann würde ich vorschlagen, dass wir uns für diese Woche mit Zahnbürsten, T-Shirts und was wir sonst noch so brauchen, versorgen", kam es nun von Liam.

Da hatte er wohl Recht, denn wir konnten schließlich nicht eine Woche lang im gleichen T-Shirt herumlaufen. Das galt natürlich auch für unsere Boxer Shorts, ich konnte nur hoffen, dass ich welche von Calvin Klein finden würde, andere trug ich nämlich nicht.

So suchten wir nach dem Essen den Second Hand Laden auf, in welchen Lizzy uns gestern geführt hatte, um uns mit T-Shirts einzudecken. Gott sei Dank wurden wir fündig, denn dort gab es jede Menge T-Shirts mit coolen Prints, meistens irgendwelche Rockgruppen, wie Rolling Stones, Deep Purple, AC/DC, U2 usw. Wir deckten uns also ein, da diese auch billig waren und unser Budget nicht überstrapazierten.

An der Kasse fragten wir nach dem nächsten Supermarkt und bekamen prompt eine Auskunft erteilt. Glücklicherweise gab es auf der Oxford Street eigentlich fast alles und so brauchten wir nicht sehr weit zu laufen, um zu einem Supermarkt zu gelangen, der unseren Bedürfnissen gerecht wurde. Dort kauften wir Zahnbürsten, Zahnpaste, einige Dosen Cola und Zayn bekam einen Lachanfall, als er feststellte, wie billig die Zigaretten waren.

„Ich glaube, ich werde mich damit ein bisschen eindecken, bevor wir wieder zurückreisen", sagte er grinsend.

„Warum auch nicht, Zigaretten können doch nicht verderben, oder?", meinte Harry.

„Keine Ahnung", erwiderte Liam schulterzuckend.

Da wir noch Boxer Shorts benötigten, beschlossen wir, zum Harrods Kaufhaus zu fahren. Wir gönnten uns also wieder ein Taxi, da wir das im Jahr 1983 so kostengünstige Transportmittel nutzen wollten und freuten uns, als wir nach gar nicht so langer Zeit vor dem großen Kaufhaus abgesetzt wurden. Es war immer noch ungewohnt für uns, nicht von Fans oder Paparazzi verfolgt zu werden aber wir fanden es ziemlich angenehm. Wie lange war es her, dass wir uns so frei hatten bewegen können? Länger als drei Jahre!

Erst jetzt realisierte ich, wie eingesperrt wir manchmal waren, denn wir gingen eher selten aus dem Haus. Außerdem machte es langsam aber sicher Spaß, das London der 80iger Jahre zu erkunden. Das Einzige, wodurch wir noch ein wenig auffielen waren unsere Frisuren und die Schuhe (außer Harry, denn solche Boots wie er trugen hier viele) aber damit mussten wir wohl leben.

Im Harrods angekommen, suchten wir zunächst die Unterwäsche Abteilung auf und stellten erfreut fest, dass es sogar Calvin Klein Boxer Shorts gab. Diese sahen zwar ein bisschen anders aus, als die in 2013, doch sie waren durchaus tragbar. Als ich mir die Preise anschaute, schnaufte ich kurz doch ich ließ nicht mit mir verhandeln. Also überredete ich meine Bandkollegen dazu, dass wir uns alle mit Calvin Klein Boxer Shorts eindecken sollten, um vielleicht einen Rabatt herauszuholen. Damit erklärten sie sich schließlich einverstanden.

Harry schnappte sich die nächstbeste Verkäuferin, die uns über den Weg lief und begann seinen Charme spielen zu lassen. Er erzählte ihr, dass wir fünf arme Jungs seien, die nicht viel Geld besäßen aber ganz dringend unbedingt diese Boxer Shorts haben mussten und ob nicht ein kleiner Rabatt drin sei.

Ich wusste nicht, warum sogar die Frauen Mitte dreißig auf ihn abfuhren aber es klappte irgendwie. Wir bekamen zwanzig Prozent Nachlass, was wirklich eine Menge war, aber soweit ich das verstanden hatten, ließ sie die Ware an der Kasse als Personalkauf durchgehen. Wir konnte ja auch mal ein wenig Glück haben, wenn die Jagd nach der Kugel heute Vormittag schon nicht so erfolgreich verlaufen war. Hoffentlich sah das morgen anders aus. Insgeheim betete ich, dass wir nicht schon wieder so früh aufstehen mussten, denn ich war eigentlich ein chronischer Langschläfer.

Nachdem wir das Thema Unterwäsche endlich erledigt hatten, beschlossen wir mit dem Taxi nach Knights Bridge zurück zu fahren. Mittlerweile hatten wir uns ausgerechnet, dass wir damit billiger davonkamen, als für jeden ein Tube Ticket zu kaufen. Ein Taxi rechnete sich schon ab drei Personen, was uns natürlich sehr entgegen kam. Auf dem Weg dorthin fuhren wir an einer Tankstelle vorbei, was uns die Augen weit aufreißen ließ.

„Oh mein Gott, jetzt weiß ich auch, warum das Taxifahren so billig ist", brachte Louis mit erstaunter Stimme hervor. „Es ist einfach unglaublich, wie günstig Benzin damals noch war!"

Dem konnten wir nur zustimmen. Es war also nicht alles schlecht, was wir im Jahr 1983 entdeckten.

Als wir gegen viertel vor drei nachmittags in Peter Bennetts Haus eintrafen, war kein Mensch zuhause. Also suchten wir unsere Zimmer auf und ich stritt mich mit Louis um das einzige Ladegerät für unsere Handys.

„Lass es mich nur kurz aufladen, du kriegst es dann wieder, ok?", versuchte ich ihn zu beschwichtigen.

Schließlich ging Louis darauf ein und so hing mein iPhone erst mal an der Stromversorgung. Problem Nummer eins gelöst, doch das nächste kam nun direkt auf mich zu. Ich wollte Lizzy unbedingt anrufen, hatte jedoch keine Ahnung, wo sich die nächste Telefonzelle befand.

„Vielleicht gibt es hier im Haus auch ein Telefon, wir können ja mal nachschauen", schlug Harry vor, als ich begann darüber zu reden.

„Denkst du, ich kann da so einfach telefonieren?", fragte ich misstrauisch.

Schulterzuckend erwiderte Harry: „Warum nicht? Immerhin ist es nur ein Ortsgespräch, das wird schon nicht so teuer sein. Und ehrlich gesagt, kann ich mir nicht denken, dass Peter einen großen Aufstand proben wird, wenn er davon erfährt", setzte er noch hinzu.

„Also gut, dann lass uns auf die Suche gehen", gab ich mich schließlich geschlagen.

Mit schnellen Schritten liefen wir die Treppe ins Erdgeschoß hinab und ehe ich einen Ton von mir geben konnte, rief Harry laut: „Schau mal, was da vorne steht!"

Auf einem kleinen Beistelltisch an der Wand stand tatsächlich ein Telefon. Aber es handelte sich dabei wohl um ein ganz altes Modell, jedenfalls besaß es keine Tasten, sondern eine runde Scheibe mit Zahlen und Löchern, welche sich über den Zahlen befanden.

„Wie muss ich das Ding denn bedienen?", fragte ich verzweifelt, während ich zu Harry schaute.

„Ich glaube, du musst deine Finger in die Löcher der Zahlen stecken, die du wählen willst und dann die Scheibe bis zum Anschlag drehen", mutmaßte er.

„Und woher weißt du das?"

„Das habe ich mal in einem alten Film gesehen."

Umständlich kramte ich nun den Zettel mit Lizzys Telefonnummer aus meinen viel zu engen Jeans und versuchte schließlich mein Glück. Es tutete zweimal, bevor jemand abhob. Eine männliche Stimme meldete sich.

„Hey, hier ist Paul, wer da?"

Immerhin klang der Typ nett, doch das konnte auch täuschen.

Ich holte einmal kurz Luft, um dann so lässig wie nur möglich zu fragen: „Hier ist Niall, kann ich Liz sprechen?"

„Lizzy! Da ist ein Typ für dich am Telefon!", vernahm ich sofort Pauls laute Stimme.

Im Hintergrund konnte man Rockmusik vernehmen, was mich aber nicht störte. Jedenfalls war das besser als die Musik, welche man in den meisten Warteschleifen von irgendwelchen Internetprovidern anhören musste. Nach relativ kurzer Zeit vernahm ich ein Rascheln und dann Lizzys Stimme.

„Hi, hier ist Liz."

„Hier ist Niall."

Mehr brachte ich nicht hervor, denn ihre Stimme klang am Telefon ebenso süß und heiß, wie in Natura. Konnte es neuerdings sein, dass ich ein Faible für wohlklingende weibliche Stimme entwickelte? Oder lag es vielleicht nur an Liz, weil sie mir so gefiel? Auf jeden Fall hatte ihre Stimme eine immense Wirkung auf mich.

„Niall! Ich hab schon auf deinen Anruf gewartet", sagte sie nun erfreut, um mich noch sprachloser werden zu lassen.

Sie hatte darauf gewartet, dass ich sie anrief, diese Aussage ließ mein Herz plötzlich schneller schlagen. Ich wollte sie unbedingt sehen und am liebsten sofort!

„Bist du noch dran?", hörte ich sie fragen.

„Ja, klar."

„Mensch Horan, reiß dich zusammen", flüsterte Harry, der sehr wohl bemerkte, dass ich völlig von der Rolle zu sein schien.

„Liz, ich wollte dich etwas fragen", begann ich dann.

Warum nur war ich so unsicher? Weil ich kein Popstar war, dem alle Frauen zu Füßen lagen, sondern nur ein ganz normaler Zwanzigjähriger, der mit seinen Kumpels einen Trip nach London gemacht hatte? Im Jahr 1983 hatte der Name Niall Horan keine große Bedeutung, ich war einer von Vielen und umso mehr musste ich mich anstrengen, um das zu erreichen, was ich unbedingt wollte. So nahm ich all meinen Mut zusammen, als ich ihr die Frage stellte.

„Würdest du dich mit mir treffen?"

Harry zeigte mit dem Daumen nach oben, während er grinsend neben mir stand. Ich fand es toll, dass er mir wenigstens seelischen Beistand leistete. Doch das wäre absolut nicht nötig gewesen, denn Lizzy Antwort, ließ mich beinahe vor Freude laut aufschreien.

„Klar, sehr gerne sogar!"

Nun zeigte ich Harry den Daumen nach oben, was sein Grinsen noch verbreiterte.

„Ok, dann sag mir wann du Zeit hast und ich komme dich abholen."

Das war ein sehr mutiges Statement meinerseits, denn ich hatte zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen blassen Schimmer, wie ich zu Liz ins West End gelangen sollte. Aber ich würde die richtige U-Bahn Linie schon finden, so viel Vertrauen besaß ich mir selbst gegenüber.

„Also, wenn du es schaffst so gegen halb acht hier zu sein, wäre das super", antwortete sie, was mich maßlos freute.

Ich hatte es tatsächlich geschafft, ein Date mit einem der süßesten Mädchen zu bekommen, das mir jemals über den Weg gelaufen war.

„Das ist kein Problem, ich stehe um halb acht vor deiner Haustür", sagte ich mit einem Lächeln im Gesicht, das sie leider nicht sehen konnte.

„Toll! Ich freue mich, dich zu sehen!", kam es von Liz.

Es tat unglaublich gut, so etwas zu hören. Sie freute sich Niall zu sehen und nicht Niall Horan von One Direction. Wenn ich im Jahr 2013 ein Date mit einem weiblichen Wesen hatte, konnte ich nie sicher sein, ob sie mich als Person mochte oder nur mit mir ausging, weil ich prominent war. Das hier war ein völlig neues Lebensgefühl, etwas, was ich wirklich manchmal vermisste. Umso mehr konnte und wollte ich das in dieser einen Woche, die wir in London bleiben mussten, genießen.

Harry schien der gleichen Ansicht zu sein, denn bevor ich weiter reden konnte, flüsterte er mir zu: „Ich würde mich gerne mit Crissy treffen. Kannst du Liz das bitte mal sagen?"

„Ähm, Liz, Harry möchte kurz mit dir reden."

Grinsend überreichte ich ihm den Telefonhörer. Das sollte er schön selbst machen, damit er merkte, was es hieß, nicht den Popstar Bonus zu haben. Da Harry jedoch schon immer ein kleiner Charmeur gewesen war, bereitete es ihm überhaupt keine Probleme, Crissy ans Telefon holen zu lassen, um sie zu fragen, ob sie am heutigen Abend schon etwas vorhätte. Sie verneinte das und so bekam auch Harry ein Date mit einem hübschen Mädchen. Nachdem ich den Hörer wieder aufgelegt hatte, klatschten wir erst mal ab und grinsten uns an.

„Sollen die anderen drei doch hier im Haus verrotten, wir machen es jedenfalls anders", meinte Harry, als wir gemeinsam die Stufen bis in den ersten Stock hochliefen.

Liam, Louis und Zayn schauten tatsächlich etwas überrascht drein, nachdem wir ihnen verkündet hatten, dass wir zwei für den heutigen Abend mit Dates aufwarten konnten. Liams Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.

„Ihr denkt aber schon daran, dass wir morgen wieder nach der Kugel suchen müssen."

„Klar, wann müssen wir denn dieses Mal antreten?", fragte ich.

„Gott sei Dank taucht sie erst zwischen elf Uhr vormittags und drei Uhr nachmittags auf."

„Und wo?", wollte Harry nun wissen.

„In Westminster Abbey."

Harry und ich starrten uns mit offenem Mund an. Wir sollten morgen in einer Kirche nach dieser Kugel suchen. Das wurde ja immer schlimmer!

„Das war jetzt kein Scherz, oder?", fragte ich sicherheitshalber nach.

Alle drei schüttelten ihre Köpfe, was die Sache nicht wirklich besser machte.

Ich war mir im Hyde Park schon wie ein Idiot vorgekommen, doch das morgige Suchspiel würde um einiges komplizierter werden, dessen war ich mir absolut sicher. Umso mehr freute ich mich nun auf den Abend mit Lizzy, so konnte ich wenigstens für einige Stunden den ganzen Stress vergessen, der uns anhaftete. Als ob Zayn meine Gedanken lesen konnte, ermahnte er uns plötzlich: „Und vergesst nicht ihr beiden, keine tiefgreifenden Freundschaften eingehen!"

Nun erwiderte Harry mit einem breiten Grinsen und einem Augenzwinkern: „Seit wann ist ein one night stand eine tiefgreifende Freundschaft?"

Ich hielt daraufhin die Luft an, denn ich hatte nicht vor, Lizzy in irgendeiner Form so nahe zu kommen oder ihr gar das Herz brechen zu wollen. Ich wollte sie einfach nur wieder sehen und eine schöne Zeit mit ihr haben, so lange ich in London im Jahr 1983 verweilen musste.

Mit diesem Gedanken in meinem Kopf stieg ich an jenem Abend gemeinsam mit Harry in die U-Bahn Richtung West End.

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Wie mag dieser Abend wohl ausgehen? Und wie wird wohl die erneute Suche nach der Kugel verlaufen?

Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen und seid gespannt auf das nächste Kapitel.

Oben habe ich übrigens ein Bild von einem uralten Telefon mit Wählscheibe eingefügt. :)

Und für alle, die es noch nicht gemerkt haben: Time Machine hat einen Teaser! Ihr könnt ihn ganz am Anfang der Story (Kapitel: Teaser) anschauen!

LG, Ambi xxx

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