Patronus. 17.12.
Er verkrampfte sich. Ihm war heiß und kalt gleichzeitig, während er jedes seiner Zimmer überprüfte, ob sie sich nicht doch irgendwo versteckte.
„Granger!", immer wieder wiederholte er ihren Namen, aber sie war wie vom Erdboden verschluckt. Nein.
Da er selbst nicht dazu in der Lage war einen Patronus zu beschwören, machte er sich allein auf den Weg, warf sich seinen Umhang über die Schultern, trat aus seiner Wohnungstür und- sie war nicht abgeschlossen! Jemand muss da gewesen sein und er hatte sofort eine Ahnung, wer das sein könnte.
Er beeilte sich und nahm zwei Stufen auf einmal, hielt vor ihrer Wohnungstür und klopfte laut. Abwechselnd betätigte er die Klingel, schlug gegen das Holz, aber niemand reagierte. Schließlich öffnete er die Tür mit seinem Zauberstab und trat in den dunklen Flur. Die Luft war stickig und schwül. Nie hätte er es sich auch nur träumen lassen, dass Granger in so einer Bruchbude leben würde, mit einem Typen, der sich nur durch Gewalt zu helfen wusste.
Diese Wohnung war genauso wie seine geschnitten, aber etwas unaufgeräumter und heruntergekommener. Hatten sie die Wohnung nicht vor ihrem Einzug renoviert? Er schlich in das Wohnzimmer. Eine Topfpflanze, die neben dem Kamin stand, war umgefallen und ihre Erde auf dem Teppich verteilt. Gerahmte Fotos lagen mit zerbrochenem Glas daneben. Anscheinend hatte sich Wood nach Grangers Verschwinden nicht die Mühe gemacht aufzuräumen.
In der Küche lagen Scherben von Tassen und Tellern, die Dämmerung konnte er im Fenster sehen. Der Himmel erstrahle in den schönsten Farben und ließ die Stadt friedlich wirken, während in seinem Inneren ein Sturm tobte.
Nirgends war sie zu finden, er wusste nicht was er tun sollte. Wenn er doch nur einen Patronus beschwören und Potter rufen könnte!
Er eilte zurück in seine Wohnung, knallte die Tür zu, rannte zu dem Bücherregal in seinem Büro und durchsuchte es hektisch.
„Wo ist es?", murmelt er, während er Bücher in seine Hand nahm und neben sich auf den Boden fallen ließ, wenn sie nicht das waren, was er suchte. Ein Berg aufgeschlagener Literatur türmte sich zu seinen Füßen, als er es endlich in seinen Händen hielt. Schutzzauber für Fortgeschrittene. Er blätterte durch die Kapitel, Seite um Seite und entdeckte den Abschnitt zum Patronuszauber.
Der Patronuszauber ist sehr anspruchsvoll und bedarf meist langer Übung. Er dient zur Abwehr von Dementoren und kann überdies zur Kommunikation genutzt werden.
Die Zauberstabbewegung besteht aus einem Kreis, der im Uhrzeigersinn aus dem Handgelenk ausgeführt werden muss.
Während der Beschwörung ist es notwendig, dass man sich eines der glücklichsten Erlebnisse seines Lebens vorstellt und die Gefühle erneut antizipiert. Wenn es gelingt, erscheint zunächst ein gestaltloser Patronus, nach etwas Übung ist jedoch auch ein Gestaltlicher möglich. Sollte die Erinnerung nicht stark genug sein, können verschiedene weitere getestet werden, bis der Zauber gelingt.
Die Formel ≫Expecto Patronum≪ muss laut und deutlich ausgesprochen werden.
Er schlug das Buch zu. Er setzte sich auf den Boden, nahm seinen Zauberstab in die Hand und konzentrierte sich auf eine glückliche Erinnerung. Mit geschlossenen Augen überlegte er, welche geeignet sein konnte. Zuerst dachte er an seine Mutter und ihn, als er noch ein Kind war, wie sie an Weihnachten vor dem Baum saßen und er seinen ersten Besen geschenkt bekam. Es war das schönste Fest, das sie je miteinander feierten. Sein Vater hatte es augenrollend zur Kenntnis genommen, dass sein Sohn den neuen Siegelring, den er mit Stolz tragen sollte, ignorierte und stattdessen den ganzen Abend damit verbrachte den Besenstiel zu polieren.
„Expecto Patronum.", sagte er, während sein Zauberstab einen Kreis in die Luft malte. Ein leichter, silberner Schimmer drang aus dessen Spitze, erstarb aber nach kurzer Zeit. Komm schon Draco, du kannst das. Du bist ein Auror. Eine andere Erinnerung musste her...
...
Triggerwarnung: Gewaltszenen. Ende bei den nächsten drei Punkten.
...
„Ich habe doch gesagt, du sollst mich ansehen!", schrie er über ihr Weinen und Schluchzen hinweg. „Bei Merlin, was bist du nur für eine Schlampe. Lässt mich hängen, gehst einfach weg und dann finde ich dich in seiner Wohnung. Hast du wirklich geglaubt, dass das funktioniert?", er lachte bitter, „Du kannst nicht gehen, wir sind doch verheiratet. Liebe ist stärker als Hass. Vor allem meine Liebe zu dir... obwohl ich zugeben muss, dass du es mir wirklich schwer machst!", fuhr er fort und schlug sie mit seiner flachen Hand ins Gesicht. Entkräftet stürzte sie zur Seite, sie wollte sich nicht mehr wehren. „Ich denke du solltest vielleicht für ein paar Tage mit mir hierbleiben. Ich melde dich von der Arbeit ab. Aber nicht länger, wir brauchen dein Gehalt, um die Miete zu bezahlen..."
Grübelnd ging er vor ihr auf und ab. „Du solltest ihn nicht mehr sehen, habe ich dir gesagt."
„Aber wir arbeiten doch zusammen, was soll ich tun?", ihre Stimme war dünn, als sie sich dazu entschied etwas zu sagen. Er blieb vor ihr stehen und sah sie verärgert an.
„Es gibt auch andere Mitarbeiterinnen in deiner Abteilung, mit denen er arbeiten kann und die vielleicht sogar unverheiratet sind. Er braucht dich nicht. Du bist nichts für ihn."
Sie schämte sich für ihre Leichtsinnigkeit. Dass sie die Eule angenommen hatte, die in Dracos Apartment geflattert kam und einen Brief an sie überbrachte. Einen Brief von Wood, der seine Reue beteuerte und sich entschuldigte, dass sie doch zu ihm zurückkehren und bei ihm bleiben solle. Und einmal mehr war sie auf ihn hereingefallen.
„Schatz.", spuckte er und setzte sich neben sie auf das heruntergekommene Sofa. Hart umfasst er ihren Unterkiefer, damit sie ihn ansah. „Du musst bei mir bleiben. Ich liebe dich doch und ich möchte, dass du dich bei mir wohl fühlst. Wenn ich dich in ein paar Tagen gehen lasse, werde ich es nie wieder tun. Ich gebe dir mein Wort, aber du darfst auch nicht mehr mit ihm sprechen, verstehst du?", plötzlich war seine Stimme ganz sanft. Bittend lächelte er sie an und sie dachte nur daran, was für ein Psychopath er geworden war. Vorsichtig nickte sie, er sollte sie loslassen und gehen. Aber er ließ nicht los, sondern umfasste ihren Kiefer nun mit beiden Händen, näherte sich und küsste sie, ohne jede Zärtlichkeit. Tränen rannen über ihre Wangen. Er löste sich und musterte es bestürzt: „Du sollst doch nicht weinen."
Er strich die Tränen von ihren Wangen und umarmte sie, was sie nicht erwiderte. „Sei nicht traurig, vielleicht funktioniert es irgendwann. Wir werden es wieder versuchen!", Hoffnung trat in seine Stimme, und er hielt sie an ihren Schultern, sah sie an. „Gleich jetzt! Was hältst du davon? Es wird klappen und wir werden glücklich sein."
Verängstigt schüttelte sie ihren Kopf, sie wollte es nicht, nicht von oder mit ihm. „Ach, stell dich doch nicht so an!", kurz geriet seine Euphorie ins Wanken, aber er fing sich wieder. „Komm, ich bemühe mich, wir schaffen es.", flüsterte er, verteilte Küsse auf ihrer Wange und wanderte ihren Hals herunter, eine seiner Hände streichelte erst über ihren Rücken und glitt dann unter ihr Shirt. Sie vergoss weiterhin stumme Tränen.
Er hielt inne und stieß sie angewidert von sich: „So geht das nicht! Beruhige dich!", kurz dachte er nach und als würde er sein Verhalten als kontraproduktiv bewerten, änderte er seine Strategie: „Wir versuchen es in ein paar Stunden. Du musst keine Angst haben, wir wollen es doch beide."
Beruhigend redete er weiter auf sie ein und strich mit einer Hand über ihren Unterarm.
...
Draco versuchte es wieder und wieder, er war kurz davor zu verzweifeln, aber gab nicht auf, es musste funktionieren und er musste sie retten. Er versuchte es mit einer anderen Erinnerung:
„Es war so schön, heute Abend!", lachend gingen sie aus der großen Halle. Sie hatte sich bei ihm untergehakt, mit funkelnden Augen sah sie zu ihm auf.
„Das ist wahr, zum Glück hast du in letzter Minute zugestimmt.", scherzte er und stupste sie mit seinem Ellenbogen an.
„Entschuldige, aber du wärst wohl der Letzte, von dem ich das erwartet hätte.", antwortete sie eingeschnappt.
„Du hast Recht. Ich konnte mich selbst kaum fassen.", murmelte er beiläufig, während sie die hübsche Dekoration erneut in Augenschein nahm, die sie beide Ausgesucht hatten. In Rot und Silber waren die Tische dekoriert, schimmernder Elfenwein wurde in Gläser gegossen und überall unterhielten sich Gruppen von Schülern, die sich heute vielleicht zum letzten Mal sehen würden.
Sie waren durch die Eingangshalle gegangen und standen nun vor dem großen Tor. Sterne übersäten den ganzen Himmel, einer funkelte heller als der andere. Und er war so glücklich, als sie ihn anlächelte, weil dieser Abend Spaß machte und er sich wohl fühlte. Sie fröstelte.
„Nimm meinen Umhang.", bot Draco an und löste ihn von seinen Schultern. Dankend nahm sie ihn und schloss ihn eng vor ihrem Körper.
Nah standen sie voreinander, als ihre Blicke sich nicht mehr voneinander lösten. Draco dachte daran, wie schön es wäre, sie jetzt an sich zu ziehen. Langsam näherten sie sich und er konnte bereits die Wärme fühlen, die sie ausstrahlte. -
„Expecto Patronum!", versuchte er es erneut. Noch immer war das warme Gefühl in seinem Bauch, er hatte sich ganz in die Erinnerung fallen gelassen und das traurige Ende ignoriert, das darauffolgen würde. Wieder erschien ein silberner Schein, der vor ihm schwebte und sich formte. Erwartungsvoll beobachtete er es und hielt ihre Begegnung fest, bis er einen schimmernden Polarfuchs erkannte.
„Geh zu Potter, Hermine ist verschwunden! Wir treffen uns in der Zentrale!", keuchte er und sah zu, wie das flinke Tier davonrannte. Minutenlang starrte er aus dem Fenster, auf dessen Fensterbrett sich der Schnee türmte. Der Himmel war zartrosa und Sonnenstrahlen beleuchteten den Boden zu seinen Füßen.
...
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