19. Sind wir belesen?
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Für den nächsten Tag hast du dir Gedanken gemacht.
June hat sich mit dir am Friedhof getroffen; an der Bushaltestelle und am Eingang, hast du etwas entdecken können.
Sogar in der Nähe von Geenas Cucina und die Laterne an deiner Wohnung.
Das sind zu viele Zufälle.
Wanda hat dir noch einige Orte genannt, die ihrer Meinung nach sicher sind.
Die Epiphany Bibliothek und das Bergenfield Museum. Ach, und das Afterlife. Nur dass sich da auch, sagen wir, ein gemischtes Publikum befindet.
Also beschließt du, zuerst zur Bibliothek zu fahren.
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Nach gut zwanzig Minuten Fahrt bist du da. Nachdem du geparkt hast, gehst du zum Eingang, greifst zur Tür. Abgeschlossen.
Mist.
Dir fällt der Zettel an der Tür auf:
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Aufgrund eines Wasserschadens bleibt die Bibliothek auf unbestimmte Zeit geschlossen.
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Was jetzt? Aufgeben? Niemals.
Du gehst um das Gebäude herum, betrachtest die Wände und die Steine am Boden. Ja, du zoomst sogar mit der Handykamera an die Fahnen heran, doch du kannst dort nirgends etwas entdecken.
Dann siehst du Arbeiter, ja vielleicht Klempner durch den Hintereingang aus der Bibliothek gehen, die sie gleich wieder abschließen.
Schnell gehst du zu ihnen und du sprichst den verbleibenden Arbeiter an, während er noch seine Zigarette aufraucht.
„Entschuldigung?"
Er sieht noch einmal an seiner Zigarette und sieht dich an: „Ja?"
Du versuchst Neugierde zu zeigen: „Wissen Sie was hier passiert ist?"
Er bläst den Rauch durch seine Nase: „Jop, Wasserrohrbruch. Muss ein Haarriss gewesen sein, das lief da über Wochen raus."
Du siehst ihn erschrocken an: „Oh, das ist nicht gut."
Doch der redselige Arbeiter führt es weiter aus: „Nee, ganz übel. Wissen Sie, die Wände haben sich die ganze Zeit mit Wasser vollgesogen. Quasi wie ein Schwamm. Bei einem so alten Gebäude ist das übel."
Das ist nicht gut, überlegst du, bevor du antwortest: „Kann ich mir vorstellen."
Er nickt nur: „Ja, wenn die Wände dann spröde werden, kann's ganz böse ausgehen."
Du ziehst den Mund schief: „Was können Sie denn da jetzt machen?"
Er ascht seine Zigarette über den Mülleimer ab: „Na ja, wir haben das Rohr ausgetauscht, Wasser ist abgestellt. Gestern haben wir die Trocknungsgeräte installiert und angeschlossen."
Du lauscht seinen Worten aufmerksam: „Oh, das wird dann ja noch dauern."
Er schlägt seine Stirn in Falten: „Ja, auf jeden Fall. Wir kontrollieren heute, dass alles richtig läuft. Dann bleiben die Gerätschaften ein paar Wochen, vielleicht auch Monate an."
„Ach herrjeh...", sagst du.
Der Arbeiter zieht die Schultern hoch: „Na ja, für uns nicht so tragisch. Wir kommen dann erst nach ein paar Wochen wieder. Schauen wir, wie die Wände aussehen und wie hoch die Feuchtigkeit noch ist."
Dann wirst du das mit der Bibliothek verschieben müssen. „Na, dann muss ich wohl auf eine andere Bibliothek zurückgreifen."
Er sieht dich etwas enttäuscht an: „Das fürchte ich auch."
Du bedankst dich für die Auskunft: „Ich danke ihnen trotzdem für diese ausführliche Schilderung."
Er lächelt: „Kein Problem, ich finde es immer schön, wenn sich die Leute auch für den Hintergrund interessieren."
Du machst dich bereit zu gehen: „Durchaus ja, aber ich will sie nicht aufhalten."
„Kein Problem", meint er nur.
Er zieht noch einen letzten Zug von der Zigarette. Dann tritt er an dir vorbei, um sie am Mülleimer auszudrücken und verschwindet wieder im Gebäude.
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Du schaust zum Mülleimer.
Eine verbeulte Getränkedose liegt neben dem Mülleimer auf dem Boden. Du hebst sie auf und willst sie gerade in den Eimer werfen. Da siehst du unten an dem Mülleimer, ganz klein in der Ecke, etwas Rotes geschrieben.
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'tu in rectam viam'
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Du gehst zum Auto und gibst den Satz dort gleich zum Übersetzen ein.
Es heißt:
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'Du bist auf dem richtigen Weg'
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Das hat dich motiviert, du beschließt gleich weiter zum Museum zu fahren; bisher hast du immer etwas finden können.
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Doch dein Arbeitshandy klingelt.
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GeenasTina hat etwas für Sie.
B.
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Also doch erst zu Geenas. Du bist überrascht, was sie für dich hat, was bei ihr abgegeben wurde.
Somit machst du dich auf den Weg.
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Dort angekommen erwartet Tina dich bereits: „Hey, das ging ja schnell!"
Du bist überrascht: „Hallo, was ging schnell?"
Sie geht hinter den Tresen: „Hier wurde etwas für dich abgegeben, mir wurde gesagt, das würdest du im Laufe des Tages abholen. Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass du so schnell hier bist."
Du lachst: „Du weißt ja, der frühe Vogel..."
Sie lacht: „Ohne Frage, kann ich dir noch etwas bringen?"
Währenddessen kramt sie etwas hinter dem Tresen hervor und legt dann einen Brief auf den Tresen.
Etwas konsterniert sagst du: „Einen Kaffee bitte!"
Sie lächelt dich an: „Wie immer?"
Du lächelst zurück: „Klar!"
„Alles Roger!"
Als sie sich bereits ans Werk macht. Jetzt hast du Zeit, den Brief zu öffnen.
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Wir haben ein Problem. Wanda verlangt nur noch von ihnen, ja, betreut zu werden.
Wir bitten tunlichst darum, solche Aktivitäten, wie neulich, zu unterlassen.
B.
P.s.: Über ihre nächsten Aktivitäten werden wir Sie zeitnah informieren.
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Dann habe ich bei ihr scheinbar alles richtig gemacht, kommt dir in den Kopf. Wahrscheinlich sehr zur Freude ihrer fürsorglichen Mutter.
Der Kaffee ist fertig, Tina stellt ihn dir vor die Nase und du beschließt, ihn am Tresen zu trinken.
„Tinas Spezial, bitte sehr."
Deine Freude über den Kaffee kannst du nicht verbergen: „Vielen Dank!"
Doch du wirst neugierig: „Wer hat den Brief denn hergebracht?"
Sie überlegt kurz: „Oh, ja, das war so ein großer, breiter Typ, mit Anzug und Sonnenbrille."
Du weißt, wer gemeint ist: „Dann denke ich, ich weiß, wer!"
Sie schüttelt sich: „Der ist schon beängstigend, wenn der so grimmig, vor dir steht und meist nur einsilbig spricht."
Du musst grinsen: „Ja, der ist so. Nichts dabei denken. Bei dir hier alles klar?"
Da wird ihre Laune etwas dunkler, wenn man so will: „Ja, heute ist nicht so viel, siehst du ja! Auch solche Tage muss es mal geben. Aber wir kommen klar."
Du bemerkst, dass es überall solche Schattenseiten gibt: „Das ist schön zu hören. Ich hatte fast schon Angst, dass ich meinen Kaffee nicht mehr bekommen könnte."
Sie muss lachen: „Haha, nein, so weit ist es noch nicht."
Du erklärst, wie du das meinst: „Nein, im Ernst, solche Restaurants, in denen man sich gleich wie zu Hause fühlt, gibt es kaum noch. Was nicht zuletzt an dir liegt."
Dir fällt auf, wie Tina vor Verlegenheit rot wird: „Äh, ich danke dir."
Dennoch machst du weiter: „Ich glaube, ihr würdet hier sehr fehlen. Ich will nur, dass du das weißt."
Sie schaut lächelnd zu Boden und dann räumt sie mit einem Lächeln die Tische ab. Du zahlst, legst ihr etwas mehr Trinkgeld hin.
Dann verabschiedest du dich und nimmst sie in den Arm, bevor du das Diner verlässt.
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Während der Fahrt zur Wohnung überlegst du, was dich mit Wanda erwarten könnte. Wie es dann weitergeht, was du mit, oder für sie machen sollst. Wenn sie nur nach dir verlangt, wird das ihre Mutter nicht sehr fröhlich stimmen, soviel ist klar. Aber solange sich keiner meldet, bleibt es abzuwarten. Alles andere wäre Spekulation.
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Zurück in deiner Wohnung, wartet diesmal keine Überraschung auf dich, doch gerade als du dich auf die Couch legst, klingelt dein Arbeitshandy erneut.
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Unbekannter Kontakt.
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Na, ist die frohe Kunde überbracht worden?
W.
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Du musst lächeln und speicherst Wandas Nummer ein, bist dir aber nicht sicher, ob dein Handy überwacht wird. Daher solltest du vorsichtig sein. Zu was ihre Mutter fähig ist, hat sie dir deutlich genug aufgezeigt.
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A: Hallo, Wanda.
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W: Hi!
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A: Geht es dir besser?
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W: Klar, das Problem wurde ja beseitigt!
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Du bist dir nicht sicher, ob sie nur dein Eingreifen meint, oder ob sie von dem "Unfall" überhaupt wusste.
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A: Okay, deswegen verlangst du jetzt nach mir?
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W: Ach, ich dachte mir nur, wenn ich nochmal verrückte Dinge machen will, sollte ich die richtigen Personen an meiner Seite haben!
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A: Ist das so?
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W: Wir sollten uns morgen treffen.
Es gibt Sachen, die man besser unter vier Augen bespricht.
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A: Durchaus, ja.
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W: Dann sagen wir, um 13:00, im Museum, du weißt ja, welches!
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A: Ja, geht klar...
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W: Super, ich freue mich!
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Du antwortest nicht mehr, weißt auch nicht, was du noch hättest schreiben sollen.
Worauf hast du dich hier nur eingelassen?
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Aber positiv denken, morgen wird ein interessanter Tag und zum Museum, wolltest du ja auch noch.
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