• Twenty-two •
► Tess ◄
Eine Woche war ich nun zu Hause und es reichte mir. Paul reagierte nicht auf meine Anrufe und war auch nicht vorbeigekommen. Ich konnte seine Gedanken nachvollziehen, doch stimmte ich ihm keines Wegs zu. Quil hatte versucht mich zu beruhigen, doch ich merkte, dass auch er beunruhigt war.
„BELLA!" Keine Minute später ging meine Tür auf.
„Ich muss dich um einen Gefallen bitten und es wird dir nicht gefallen.", meine Schwester kam zu mir.
„Ich höre."
„Du musst mich zum Reservat fahren.", sie holte bereist Luft um zu protestieren, doch ich schnitt ihr das Wort ab.
„Wenn es um dich und Edward gehen würde, würdest du auch zu ihm wollen. Bitte, Bella, ich muss zu ihm. Es geht ihm schlecht und er braucht meine Hilfe." Ich sah den inneren Kampf auf Bellas Gesicht.
„Aber du musst dich ausruhen."
„Es geht mir bereits besser ... du hast dann auch etwas gut bei mir." Schließlich nickte Bella.
Sie hielt mir ihre Hand hin und zog mich vorsichtig in eine sitzende Position.
Ich brauchte ein paar Minuten bis ich es schaffte aufzustehen. Meine Seite brannte und raubte mir die Luft.
Doch ich riss mich zusammen und mit Bellas Hilfe schaffte ich den Flur und auch die Treppe nach unten zu gehen. Ein Glück war Charlie nicht zu Hause, er wäre sicher ausgerastet, zurecht.
Jake hatte Bellas Auto tatsächlich komplett repariert. Man sah keinerlei Schäden von außen, was mich tatsächlich etwas besser fühlen ließ.
Die Fahrt klappte tatsächlich ganz gut, erst im Reservat, als die Straßen etwas schlechter wurden, verkrampfte ich mich bei jeder Unebenheit im Boden.
Bella warf mir mitleidige und entschuldigende Blicke zu, fuhr jedoch stumm weiter.
„Fahr zu Emily. Ich denke nicht, dass Paul zu Hause ist." gepresst zischte ich die Worte und versuchte meine Körper möglichst ruhig zu halten. Warum hatte ich keine Schmerzmittel mitgenommen?
Eine erneute Bodenwelle ließ mich meinen angehaltenen Atem keuchend loslassen.
Innerlich versuchte ich nur an mein Ziel zu denken, doch die Schmerzen ließen Paul verblassen.
Das Auto stoppte, doch ich brauchte etwas um meinen zitternden Atem zu beruhig und wieder das Gefühl zu bekommen mich einigermaßen, ohne Schmerzen zu bewegen.
„Gehts?", ich nickte und öffnete vorsichtig meine Augen. Als wäre das Schicksal mir gesonnen, verließ Paul gerade das Haus von Sam und Emily, gefolgt von den Jungs. Alle schienen das Auto nicht zu bemerken, zu tief in ihrer Diskussion vertieft.
Ich öffnete die Beifahrertür und zwang mich trotz der erneuten Schmerzwelle auszusteigen. Auf mein gesundes Bein gestützt und mit der Hand am Auto klappte es einigermaßen mit dem Stehen.
„Paul!", meine Stimme war stärker als ich mich fühlte.
Alle verstummten und drehten sich zu mir.
„Was tust du hier?", er starrte mich entsetzt an.
„Was wohl? Wenn du nicht zu mir kommst, zwingst du mich herzukommen." Diesmal klang ich nur noch halb so stark. Durch das ständige Liegen war mein Körper keine Belastung mehr gewöhnt und ich hatte plötzlich Sorge umzukippen.
„Fahr wieder nach Hause." Seine Stimme klang gepresst. Erst jetzt, nach dem ich ihn länger betrachtet hatte, fiel mir auf wie kaputt er aussah.
„Oh nein. Sicher nicht. Ich fahre nicht, bis du mir sagtest, was dein Problem ist." Es war nur halb so böse gemeint, wie es sich angehört hatte, doch plötzlich wurde mir bewusst, wie sehr ich Paul vermisste.
„Du bist fast gestorben, Tess und es ist meine Schuld gewesen." er hatte die Hände zu Fäusten geballt und in seinem Blick lag Abscheu, nicht mir gegenüber, nur sich selber. Es schmerzte ihn zuzusehen und gleichzeitig machte es mich sauer, dass er so dachte.
„Wäre ich bei dir ...", ich unterbrach ihn bevor er den Satz vollenden konnte.
„Es reicht! Lass das." Ich fauchte die Worte und war mir bewusst, dass ich bereits zum zweiten Mal im Begriff war eine Szene vor Emilys Haus und vor versammelter Mannschaft zu veranstalten. Doch es war mir schnuppe.
„Ich bin nicht gestorben. Es sind nur zwei verfickte Knochenbrüche, sonst nichts. Ich werde es überleben. Außerdem hätte ich genauso gut auf dem Weg der Cullens einen Unfall haben können. Verdammte Scheiße, ich könnte jeden Tag verunglücken. Jeden Morgen könnte ich ausrutsche und mit dem Kopf auf meinem Bett aufschlage, die scheiß Treppe runterstürze und mir das Genick breche oder ich werde von einem Auto überfahren. Ich könnte genauso gut mit einem Messer in der Hand fallen oder in der Badewanne ertrinken. Du hast weder den Wagen gefahren noch standest du auf der Straße, also hör auf dir die Schuld zu geben. Selbst wenn du bei mir geblieben wärst, hätte etwas passieren können, doch das werden wir nie erfahren. Ich bin nicht gestorben, also hör auf so zu tun als wäre ich es." Ich merkte, dass mein Gesicht heiß vor Wut war, doch auch das war mir egal.
Als ich fertig war, merkte ich erst, wie sehr ich meine Lunge durch meinen halb geschrienen Vortrag beansprucht hatte. Keuchen beugte ich mich etwas noch vorne, um besser Luft zu bekommen.
Etwas leiser, jedoch noch immer sauer, sprach ich weiter: „Und wenn du bis morgen nicht bei mir aufgetaucht bist oder noch einen Anruf ignorierst, werde ich jeden verkackten Quadratmeter dieses beschissenen Waldes ablaufen, bis ich dich gefunden habe."
Kurz herrschte stille.
„Hätte ich nicht besser sagen können." Sam stand neben Emily und mit verschränkten Armen auf der Veranda.
„Ja, wir versuchen ihm, das seit einer Woche zu sagen." Quil grinste.
Bella trat neben mich: „Wusste gar nicht, dass du so fluchen kannst." Ich konnte meine Wut nicht länger aufrecht halten, als ich ihr Schmunzeln sah.
„Halt die Klappe und fahr mich nach Hause. Sonst sterbe ich gleich doch noch." Wieder fühlte es sich so an als würde meine Rippe in meine Lunge bohren und auch mein Bein pochte. Der Schwindel war halbwegs abgeklungen, dennoch wollte ich nichts lieber, als Schmerzmittel zu nehmen und den Rest des Tages zu schlafen.
Bella hielt mir die Hand hin, damit ich besser einsteigen konnte. Ich drehte mich jedoch noch mal zu Emily.
„Als Entschuldigung bringe ich dir wieder Wein mit.", ich unterdrückte mein grinsen.
„Ich freue mich." Emily lächelte mich an. Ich verabschiedete mich noch einmal kurz in die Runde, dabei riskierte ich einen kurzen Blick zu Paul. Zu meiner Überraschung erkannte ich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen.
„Ich muss echt wenig furchteinflößend wirken", murrte ich, als Bella und ich wieder außer Sichtweite waren.
„Oh doch. Vielleicht hatte keiner Angst, aber streit will glaube ich keiner mit dir. Ich zumindest habe keine Lust noch einmal, vor allem nach eben, von dir eine Standpauke zu bekommen." Ich hörte, dass auch sie erheitert war.
„Glaubst du er kommt?", jetzt lachte sie.
„Oh ich wette darauf.", etwas erleichtert war ich, auch wenn es mir jetzt schon wieder peinlich war so ausgerastet zu sein.
Wie ich es mir vorgenommen hatte, nahm ich zu Hause nur noch Schmerzmittel und legte mich ins Bett. Der Schlaf ließ nicht lange auf sich warten.
Ich wurde erst wach, als es an meiner Tür klopfte.
Verschlafen setzte ich mich auf und rief „herein."
„Baby?", ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch bei seiner Stimme aus.
Paul kam zu mir und setzte sich auf die Kante meines Bettes.
„Es tut mir leid. Ich meine, dass ich nicht hier war." Ich lächelte und umarmte ihn.
„Muss es nicht, nur geh nicht wider." seine Brust vibrierte leicht als er lachte.
Er küsste meinen Scheitel und strich mir über die Haare.
„Danke, dass du zu mir gekommen bist." ich kicherte leicht.
„Ich dachte nicht, dass du dich für das Anschreien bedanken würdest." bevor er weiter sprach, küsste er mich. Wie ich seine Lippen vermisst hatte.
„Ich konnte nicht aufhören, mir Vorwürfe zu machen", murmelte er. Ich spürte, dass nicht nur ich die letzte Woche gelitten hatte.
„Ich weiß.", ich wusste nicht, was ich anderes sagen sollte, vorhin hatte ich bereits alles ausgesprochen, was ich dachte.
„Du musst dir nicht so viele Sorgen um mich machen." Ich wusste, dass er nie aufhören würde, sich Sorgen machen zu können, doch ich hoffte, er würde sich nicht immer innerlich zerreißen.
„Alice hat die Vampire gesehen. Sie werden uns bald angreifen, sobald der erste Schnee liegen bleibt. Edward und Bella werden nicht mitkämpfen, ich bitte dich bei ihnen zu bleiben." Ich sah zu ihm. Jetzt war es an mit Angst um ihn zu haben. Kämpfen gegen Vampire, ein wirklicher Kampf, nicht nur dumme Worte und Hass.
„Ihr helft den Cullens?" Paul nickte auf meine Frage.
„Ja, es geht nicht nur um die Vampire. Du und Bella sind Menschen, das heißt wir werden euch beschützen." Ich lächelte und kuschelte mich an ihn.
Ich wollte etwas sagen, doch schloss den Mund. Was würde es ändern? Ich wusste, dass wenn ich ihn bitten würde nicht zu kämpfen, er ablehnen würde. Und selbst wenn er den Cullen nicht helfen würde und bei mir blieb, würde er die anderen alleine lassen. Mir waren alle aus dem Rudel wichtig. Quil und ich waren sowas wie beste Freunde geworden und auch mit Embry und Jake verstand ich mich gut. Ich würde es nicht übers Herz bringen Emily zu sehen, wen Sam oder Leah etwas passierte und Seth war viel zu jung um verletzt zu werden. Paul strich mir über den Rücken, schien meine Gedanken genau zu kennen.
„Mir wird nichts passieren.", ich nickte und merkte, dass ich anfing zu weinen. Gerade hatte ich Paul wieder und nun musste ich mir Sorgen machen.
„Wir trainieren mit den Cullens. Wir sind gut vorbereitet und sie werden von uns überrascht, also wird alles gut gehen."
Ich nickte, doch konnte nichts gegen das ungute Gefühl in meiner Brust machen.
Charlie ließ zu, dass Paul bei mir schlief, vielleicht weil er durch mein gebrochenes Bein und die Rippe nichts befürchtete oder merkte, dass Paul mir einfach gut tat.
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