Kapitel 14 - Gänsehaut
„I'll try...", während Archies Stimme durch Jugheads Kopfhörer tönte, beschäftigte der Teenager sich damit, Leute zu beobachten, die an ihm vorbeiliefen. Die Besuchszeit hatte nun offiziell begonnen und langsam aber sicher füllte sich der Flur.
Schon seit einer gefühlten Ewigkeit wartete der Serpent-King auf seinen besten Freund, der noch immer bei seiner Mutter war. Einer der Bulldogs eilte an ihm vorbei und instinktiv zog Jughead den Kopf ein. Er wollte seinen Besuch im Krankenhaus nicht unbedingt verlängern, nur, weil ein hormongesteuerter, pickliger Muskelprotz versuchte, seine Männlichkeit zu beweisen.
Gerade, als der Junge im nächsten Zimmer verschwand, kam Archie raus auf den Flur. Seine Augen glitzerten verdächtig, und sofort erhob Jughead sich. Unachtsam stopfte er seine Kopfhörer in seine Jackentasche, und trat auf den Rotschopf zu, der sich durch das, sonst so sorgsam gestylte, Haar fuhr, und somit seine Frisur zerstörte. Die verstrubbelten Haare standen ihm allerdings mindestens genauso gut, weshalb Jughead keinen Spruch über die Lippen brachte, und ihn stattdessen nur musterte.
„Und?"
„Ihr geht's soweit wieder gut", sagte Archie, schien aber beunruhigt, „Sie meint, dass es nahezu jeder sein könnte. Bei ihrem Job hat sie sich nicht nur Freunde gemacht."
„Verständlich", befand Jughead und nickte, um seine Aussage nochmal zu unterstreichen.
Ohne sich abzusprechen traten die beiden den Rückweg an. Der Fahrstuhl, mit dem sie auch hergekommen waren, war zu ihrem Leidwesen ziemlich voll, wodurch Jughead und Archie nah beieinander stehen mussten. Der Serpent-King stand ein Stück weiter vor Archie, und spürte pausenlos dessen Atem im Nacken. Schon als die Türen sich schlossen jagte ein angenehmer Schauer durch seinen Körper, und sorgte für Gänsehaut. Während Jughead hoffte, dass sein bester Freund das nicht merkte, musterte Archie ihn eindringlich. Er war nicht dumm - was vor etwa einer Stunde an derselben Stelle geschehen war, hatte er viel schneller verarbeitet als Jughead, und die Gänsehaut blieb auch nicht vor ihm verborgen.
Um den Kleineren zu testen, berührte er, wie zufällig, seine Hand. Er musste grinsen, als Jughead mit seinem kleinen Finger nach dem von Archie griff, und sich dabei anstrengte, es möglichst ungewollt und zufällig wirken zu lassen.
Der Wierdo war leichter zu durchschauen, als Archie immer gedacht hatte.
Die Türen des Aufzuges öffneten sich, und die anderen strömten heraus. Nur die beiden besten Freunde blieben zurück. Energisch drückte Jughead das 'E', welches kurz darauf blau aufleuchtete. Doch als er sich dadurch von Archie entfernen wollte, fielen ihre Blicke auf ihre Finger, die sich langsam lösten.
Mit einem verlegenen Räuspern wandte Jughead sich ab, und betrachtete starr ein Plakat zur Organspende, welches an einer der silbergrauen Wände hing. Betty würde bei diesem Anblick vermutlich die Krise kriegen. Die reagierte seit der Farm unglaublich empfindlich, wenn jemand auch nur das Wort 'Organ' nutzte.
„Die Ereignisse haben bei uns allen Eindrücke hinterlassen, die nie wieder verschwinden werden", erriet Archie seine Gedanken. Er sprach leise, und dennoch klangen seine Worte seltsam laut in Jugheads Kopf wieder.
„Wie Wunden, die zu oft aufgerissen sind und Narben hinterlassen", stimmte er zu, und drehte sich vorsichtig um. Er beobachtete mit gemischten Gefühlen, wie Archies Hand reflexartig an seine Brust schoss. Hinter dem Stoff seines T-Shirts würden sich die Narben des Bärenangriffs auf ewig abzeichnen. Auf seiner Schulter würde für immer das Wappen einer Gang pragen, der er nicht angehörte. Und in seinen Augen würde sich bis zu seinem Tod und vielleicht sogar darüber hinaus die Hölle widerspiegeln, durch die er gegangen war.
„Glaubst du, dass wir jemals wieder normal sein werden?", fragte er, „Also... Zumindest so normal, wie wir es waren, vor dem vierten Juli?"
„Ich hoffe", sagte Archie, und nickte leicht, „Aber ich bezweifle es."
Mit einem Ruck kam der Aufzug zum Stehen. Der Rotschopf wartete ab, dass sich die Türen öffneten, doch nichts geschah. Währenddessen musterte Jughead die Ziffern 2 und 3, die abwechselnd flackerten. Der Aufzug war stecken geblieben.
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