Kapitel 29

~Pov. Jimin~
Nachdem die Sonne untergegangen war blieben wir noch eine ganze Weile. Als es uns beiden aber zu kalt wurde beschlossen wir uns auf den Heimweg zu machen. Gemeinsam liefen wir wieder zurück zur Bushaltestelle und warteten dort. Da es ziemlich spät war fuhren die Busse ziemlich unregelmäßig, zum Glück müssten wir aber nur fünfzehn Minuten warten.

Yoongi zitterte ziemlich und bei mir was es nicht anders. Ich rutschte näher an ihn heran und legte wieder meinen Arm um seine Schultern. Er legte ebenfalls einen Arm um mich und lehnte seinen Kopf an meine Schulter. So saßen wir stumm für einige Minuten nebeneinander, bis er sich ein wenig von mir löste und nach seinem Handy griff.

Dann ging er in die Position von eben wieder zurück und hielt das Handy so, dass ich auch auf das Display sehen konnte. Er ging auf Notizen und schrieb:'Ich weiß nicht, ob man das 'Beichte' nennen soll, aber ich muss dir noch etwas sagen, was du von mir wissen solltest.' Irgendwie wurde mir ein wenig mulmig und ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, was er mir sagen wollte.

Kurz machte er nichts, da er wohl auf eine Reaktion von mir wartete. Doch da diese nach kurzer Zeit nicht kam fuhr er fort:'Als wir bei Jin gewesen sind, habe ich dir ja erzählt, dass ich mich schonmal in einen guten Freund verliebt habe.' Ich überlegte kurz und erinnerte mich wieder an die Konversation und auch an das, was er gerade anschnitt. Daher sagte ich:"Ja stimmt, ich erinnere mich. Was ist damit?"

'Dieser gute Freund war Namjoon.', schrieb er dann und mir stockte kurz der Atem. Es fühlte sich kurz so an, als würde ich neben mir stehen und die Zeit kurz stehen bleiben. Schnell wurde ich aber wieder in die Realität gebracht, als plötzlich der Bus vor uns zum stehen kam. Schnell stand ich auf und zog Yoongi hinter mir mit in den Bus. Ich zog uns zu einem Zweier-Platz und setzte mich ans Fenster, er setzte sich neben mich.

Yoongi hatte sein Handy wieder eingesteckt und sah nun stumm auf seine Hände. Ich sah geradeaus und mir schwirrten viele Dinge gleichzeitig durch den Kopf:Er stand auf Namjoon? Hatte er es ihm damals gesagt? Hatte er immer noch Gefühle für ihn? Wenn sie so gute Freunde gewesen sind, wieso hatte Namjoon ihn dann zusammengeschlagen? Und wie sehr hing Yoongi noch an ihm, dass ihn Namjoons Zustand anscheinend so sehr mitnahm?

Ich wollte mit ihm nicht im Bus darüber reden, deswegen wartete ich, bis wir nach einiger Zeit wieder am Krankenhaus ausstiegen. Wir mussten hier wieder in eine andere Buslinie umsteigen und ich schaute nach, wann diese kommen würde. "Der nächste Bus kommt in zwanzig Minuten.", sagte ich. Yoongi nickte verstehend und setzte sich auf die Bank, was ich ihm gleich machte.

Wir schwiegen kurz, als ich dann zum Reden ansetzte:"Ich habe noch ein paar Fragen, wegen der Thematik mit Namjoon. Kannst du die beantworten, oder soll ich das Thema lieber lassen?" Er fischte sein Handy aus seiner Hosentasche und schrieb:'Nein, frag ruhig. Ich wollte es dir ja sagen, ich hatte mir schon gedacht, dass du Fragen haben wirst.' "Hast du ihm damals erzählt, was du fühlst?", war meine erste Frage, die er mit einem Kopfschütteln verneinte. Er ergänzte:'Ich hatte nie den Mut es ihm zu sagen, zudem hatte er zu dem Zeitpunkt selbst eine Freundin.'

"Hast du denn noch Gefühle für ihn?", fragte ich danach, weil diese Frage mir am meisten auf der Seele brannte. Er schwieg einige Zeit, schrieb dann aber:"Ich weiß es selbst nicht so richtig. Ich habe es mehr oder weniger akzeptiert, dass nichts zwischen uns werden kann. Aber ich glaube, ich bin gerade in der Phase die Gefühle für ihn zu verlieren. Wenn man das so beschreiben kann."

Seine Antwort erleichterte mich ziemlich, was er anscheinend merkte und schrieb leicht schmunzelnd:'Wieso? Wärst du sonst eifersüchtig geworden?' Ich musste auch ein wenig schmunzeln und sagte:"Vielleicht ein wenig. Aber wir können später noch über das Thema reden, ich hab noch eins, zwei Fragen." Er nickte und sah mich abwartend an. Für einige Sekunden verlor ich mich in seinen Augen, als ich mich dann von seinem Blick löste und fragte:"Wieso genau ist eure Freundschaft auseinander gegangen? Und wieso hat er dich neulich so verprügelt?" Er schrieb kurz, dass das nun ein längerer Text werden würde und er etwas Zeit bräuchte.

Daher nahm ich mein Handy und sah auf die Uhr. Es war bereits 21:23 und ich hatte unglaublich Hunger, da ich quasi das Abendessen Zuhause verpasst hatte. Meinen Eltern hatte ich bereits geschrieben was los war und dass ich später kommen würde. Sie hatten mir auch angeboten, dass sie uns abholen und nach Hause fahren konnten, doch ich lehnte das ab. Ich wollte mit Yoongi lieber alleine sein und mit ihm in Ruhe reden können. Außerdem könnten wir uns so auch immer wieder näher kommen, wie zum Beispiel einen Arm um den anderen legen, ohne von meinen Eltern beobachtet zu werden.

Ich verbrachte einige Zeit mit meinem Handy, als Yoongi mich antippte. Ich sah zu ihm und er reichte mir sein Handy. Ich nahm es in die Hand und fing an den langen Text durchzulesen:'Damals sind wir eben in dieser Gruppe, in die ich rein geraten bin, sehr gute Freunde geworden. Wir waren zwar in der Gruppe, ich hatte aber immer das Gefühl, als wenn wir trotzdem so unter uns (zwei) waren. Wir sind lange beste Freunde gewesen, bis das mit dem Jungen passiert ist. Es hat mich einfach unglaublich aus der Bahn geworfen und Namjoon ist auch dann immer für mich da gewesen und schien mich auch zu verstehen.

Mir wurde dann aber alles zu viel und ich wollte aus der Gruppe 'aussteigen', was die anderen für vollkommenen Schwachsinn gehalten haben und natürlich nicht wollten. Namjoon konnte das verstehen und war mir auch nicht böse und hatte sogar selbst mit dem Gedanken gespielt auszutreten. Aber nach ein paar Wochen, nachdem ich ausgetreten war, hatte er gemeint, dass er das doch nicht will und nicht kann und dass er auch nichts mit mir zu tun haben will. Von jetzt auf gleich. Bis heute habe ich nicht verstanden, wieso er sich so plötzlich entschieden hat unsere Freundschaft zu beenden.

Danach haben die anderen aus der Gruppe mich auch immer wieder mal beleidigt und sogar Namjoon hat mit gemacht, sie haben aber nach ein paar Monaten aufgehört. Vermutlich weil ich ihnen zu langweilig war, da ich nie gezeigt habe, wie sehr ich unter ihren Beleidigungen und Kommentaren gelitten habe. Dann war eigentlich das schlimmste vorbei, ich musste nur irgendwie mit den Schuldgefühlen und der Einsamkeit klar kommen.

Wieso Namjoon mich neulich verprügelt hat weiß ich selbst nicht. Er ist mir gegenüber früher nie handgreiflich geworden.' Ich schaute zu Yoongi und sah, dass wieder ein paar Tränen über seine Wangen liefen. Seine Schultern waren hochgezogen und er schaute starr nach unten. Es fühlte sich an, als würde jemand schwere Ketten um mein Herz legen. Yoongi hatte so viel erlebt und durchmachen müssen, mehr als die meisten von uns. Zudem war er vermutlich sehr auf sich alleine gestellt und hatte niemanden, an den er sich wenden konnte, außer seinen Eltern.

Sanft strich ich ihm über den Rücken und wollte ihn an mich in eine Umarmung ziehen, doch er wehrte sich etwas, weswegen ich mein Vorhaben sofort unterbrach. Er nahm sein Handy und schrieb:'Wenn du mich wieder umarmst muss ich mich wieder stärker weinen, ich will aber etwas beruhigter sein, wenn ich wieder nach Hause kommen.' "Okay, kann ich verstehen. Sollen wir das Thema dann lieber lassen?", fragte ich. Er nickte vorsichtig und ich sah nach vorne, überlegte, was das nächste Gesprächsthema sein könnte, damit er auf andere Gedanken käme.

Doch dies wurde mir abgenommen, als er mir sein Handy hin hielt. 'Wollen wir vielleicht mal wieder was zusammen machen? Sowas wie bei Jin, nur ohne Jin eben?', fragte er. Ich war kurz etwas perplex, schaute dann aber zu ihm und fragte:"Ist das ein Date?" Schulterzuckend schrieb er:'Nenn's wie du willst.' Dies lies mich etwas grinsen und Yoongi musste auch ein wenig schmunzeln, bevor er sich nochmal das Gesicht von den vorherigen Tränen trocken wischte. "Auf was hat du denn Lust?", fragte ich ihn. Er zuckte erneut mit den Schultern und schrieb:'Hast du eine Idee? Wenn nicht, können wir uns ja noch etwas überlegen.'

"Naja, eigentlich hast du mich auf das Date eingeladen, also müsstest du dir was ausdenken.", sagte ich mit einem verschmitzten Grinsen und betonte das Wort 'Date' dabei. Er kniff seine Augen etwas skeptisch zusammen, musste aber ein wenig grinsen. 'Nur weil du es als Date auffasst heißt es nicht, dass es eines ist.', meinte er. "Egal, such du was aus.", sagte ich bestimmend und er verdrehte die Augen, aber mit einem Lächeln.

Plötzlich sah ich helle Lichter auf uns zu kommen, was sich als den Bus herausstellte. Wir stiegen wieder ein und setzten uns erneut an einen Zweierplatz. Nun würden wir einige Minuten fahren, was für Yoongi wohl der Anlass dafür war, seinen Kopf auf mein Schulter zu legen. Dies ließ mich lächeln und ich lehnte ebenfalls meinen Kopf an seinen, wobei ich die Augen schloss.

Unsere Oberarme berührten sich, genauso wie unsere Beine, jedoch waren meine Beiden Arme um meinen Rucksack gelegt, den ich, wie während der Fahrten zuvor, auf meinen Schoß gelegt hatte. Zögernd löste ich eine Hand von meinem Rucksack und ließ sie über seinen Oberschenkel fahren, bis ich seinen Arm und somit auch seine Hanf fand. Langsam und vorsichtig, als wäre er aus Glas, nahm ich seine Hand in meine und strich mit meinem Daumen sanft über seinen Handrücken. Er erwiderte diese Geste mit einem leichten Druck.

So verweilten wir, bis seine Haltestation durchgesagt wurde. Ich öffnete meine Augen und hob meinen Kopf, Yoongi machte es mir gleich. Dann löste er seine Hand aus meiner und sofort vermisste ich das Gefühl. Er sah zu mir, schluckte kurz und sagte:"Bis dann." Ich hörte, dass seine Worte ein wenig unsicher waren, doch das störte mich keineswegs. Stattdessen lächelte ich und sagte ebenfalls:"Bis dann." Mein Lächeln ließ ihn ebenfalls lächeln. Als der Bus zum stehen kam stand er auf und stieg aus dem Bus aus.

Ich sah ihm hinterher, doch als sich die Türen schlossen und der Fahrer zum Weiterfahren ansetzte, sprang ich auf und rief:"Warten Sie! Ich muss auch raus." Der Busfahrer seufzte genervt und öffnete die Türen wieder, nachdem er stehen geblieben war. Yoongi schien die Unstimmigkeiten des Busses gehört zu haben und drehte sich wieder um. Ich stieg aus und ging auf ihn zu, hinter mir hörte ich, wie der Bus nun endgültig weg fuhr.

Yoongi schien verwirrt zu sein und sagte:"Du musst doch weiter." "Ich begleite dich. Den Rest kann ich auch noch laufen.", erklärte ich, während ich mir den Rucksack aufsetzte. Er verdrehte die Augen und drehte sich um, um seinen Weg nach Hause anzutreten. Dabei war aber sein glückliches Lächeln nicht zu übersehen. Ich holte den kleinen Abstand zwischen uns auf und lief neben ihm, dabei sagte ich:"Ich weiß, ich kann manchmal unmöglich sein. Das sagt meine Mutter zumindest immer." Yoongi schüttelte den Kopf und murmelte:"Viel mehr unglaublich."

Dies ließ mich grinsen und gemeinsam liefen wir nebeneinander her. Ich kam etwas näher und legte einen Arm um seine Schultern, weswegen er zu mir aufsah. Ich lächelte ihn an und er musste ebenfalls ein wenig schmunzeln, schaute aber verlegen wieder weg. Und ein verlegener Yoongi war ein süßer Yoongi.

Wir kamen dann nach einiger Zeit an und ich löste daher meinen Arm um ihn. Durch einen Bewegungsmelder ging das grelle Licht der Lampe an, die über den Briefkästen an der Wand hing. Er holte seinen Schlüssel aus der Hosentasche und sah mich an. Das hieß dann wohl sich zu verabschieden. Doch dann kam in mir plötzlich noch eine Frage bezüglich Namjoon auf, jedoch war ich mir eigentlich sicher, dass wir heute genug über ihn geredet hatten. Er hatte wohl gemerkt, das sich in meinen Gedanken etwas abspielte und nahm sein Handy heraus. 'Was ist?', fragte er. "Nichts, mir ist nur noch was eingefallen wegen Namjoon. Aber ist egal, er war heute genug Thema." Yoongi sah mich einige Sekunden an, schaute kurz ins Leere, doch schrieb dann:'Nein, frag ruhig. Wirklich es ist okay.'

Ich zögerte, ich wollte ihn damit nicht weiter belasten. Doch ich wusste, dass wenn er nicht darüber reden wollte oder konnte, es auch nicht anbieten würde. Daher fragte ich:"Wie hast du Hilfe geholt? Als du ihn zusammen geschlagen entdeckt hast?" Er fing ein wenig an zu lächeln und sah verlegen weg, was mich irritierte. Dann schrieb er:'Ich habe einen Krankenwagen gerufen. Also richtig normal mit dem Handy. Ich habe geredet. Richtig glauben kann ich es immer noch nicht.'

Jetzt verstand ich seine Reaktion und musste nun ebenfalls unglaublich lächeln. Ich zog ihn in eine feste Umarmung und sagte:"Ich bin stolz auf dich. Darauf, dass du dich selbst überwunden hast mit fremden Leuten zu reden und somit jemandem unglaublich geholfen hast." Er erwiderte die Umarmung und da mein Schulranzen im weg war, musste er seine Arme um meinen Hals legen, wogegen ich absolut nichts hatte.

"Danke.", murmelte er mir leise ins Ohr, wodurch sich eine angenehme Gänsehaut auf meinem Körper breit machte und eine kleine Welle von Euphorie ausgelöst wurde. "Kein Problem." Langsam löste ich mich von ihm, doch nur so weit, dass meine Hände noch an seinen Seiten und seine Hände in meinem Nacken lagen.

Wir sahen uns in die Augen und verharrten für einige Augenblicke in dieser Position, als plötzlich eine männliche Stimme sagte:"Yoongi? Bist du das?" Wir sahen zum Gebäude hoch, von wo die Stimme her kam. Es war die Stimme von seinem Vater, welcher vermutlich auf einem Balkon oder Fenster stand, sehen konnten wir ihn nicht. Er sah mich wieder an und murmelte:"Ich sollte jetzt gehen." "Ja, das stimmt. Du möchtest morgen sicherlich noch zum Krankenhaus, ich kann gerne mitkommen. Du musst mir nur schreiben wann."

Er nickte und umarmte mich nochmal fest. Dann löste er sich wieder ein Stückchen von mir um mich erneut anzusehen. Er schien nachdenklich und ich wollte gerade fragen was los sei, als er meinen Kopf sanft ein wenig zur Seite drehte und sich dann nach vorne beugte. Kurz danach spürte ich ein Lippenpaar auf meiner Wange.

Sie waren ein wenig rau, doch das interessierte mich in dem Moment nicht, da ich viel zu überschwemmt mit den Glücksgefühlen und dem Adrenalin war, als dass ich daran hätte groß denken können. Wärme durchströmte mein Körper und ich war auch ziemlich überrascht und auch etwas stolz darüber, dass er sich traute den ersten Schritt zu machen. Viel mehr war ich aber perplex, weswegen ich das zuerst nicht ganz realisieren konnte, bis er sich dann schon von mir löste. Meine Knie fühlten sich ganz weich an und mein Kopf leer.

Ich sah ihn mit geweiteten Augen und einem leicht offen stehenden Mund an, was ihn kichern ließ, bevor er sich endgültig von mir löste und die Haustür aufschloss. Er sah nochmal zu mir und winkte kurz, was ich noch immer ganz verdutzt erwiderte. Dann betrat der das Treppenhaus, in welchem das Licht automatisch an ging, und ich konnte durch die beschlagenen Gläser nur noch seine Silhouette erkennen. Nach kurzer Zeit war er verschwunden und ich brauchte einige Zeit, um mich aus meiner Starre zu lösen. Dann machte ich mich auf den Weg nach Hause, während ich mir immer wieder über die Wange fuhr und wie ein Bekloppter grinste.

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