Kapitel 37 - Hoffnung
Kurzer Kommentar der Autorin:
Die von mir beschriebenen Selbstverteidigungstechniken beziehen sich alle auf reale Anwendungen (ebenfalls die Haltungen etc. beim Messerkampf). Ich habe ein wenig Erfahrung in Krav Maga und beschreibe vor allem das, was wir dort lernen. Selbstverteidigung ist super wichtig. Wir können leider alle mal in eine Situation kommen, in der wir uns schützen müssen. Ich hoffe, dass dir die Informationen helfen. #safetyfirst :)
Lexus schien mir direkt in die Seele zu blicken und es machte mich nur unsicherer. Sein Blick schoss kurz zu meinem Hals und Wut blitzte in seinen Augen auf, bevor die Emotionen wieder verschwanden. Ich ließ schnell meine Hand fallen und räusperte mich beschämt. Wieder eine unkontrollierte Reaktion, welche unabsichtlich mehr verraten hatte. Seine Frage hatte ich beantwortet, zumindest vereinfacht. Die Details waren nicht wichtig und ich wollte sie noch nicht mit jemandem teilen. Nicht nochmal. "Viktoria" flüsterte er erschüttert und ich schaute zögerlich zu ihm auf. "Was hälst du davon, wenn wir langsam anfangen?"
fragte er mit einem gezwungenen Lächeln und ich nickte schnell. Ein Themenwechsel war mehr als willkommen. Er nahm eine ähnliche Haltung wie mit dem Messer an und ich tat es ihm schnell nach. Wieder waren seine Beine leicht versetzt positioniert, nur dieses Mal die Arme angewinkelt erhoben und die Hände in Fäuste geballt. "Gut. Der Daumen muss außerhalb der Faust bleiben. Ansonsten läufst du Gefahr bei einem Schlag den Finger zu brechen" erklärte er und öffnete und schloss seine Faust demonstrativ. Ich passte meine Haltung an und er nickte. "Das Prinzip ist das selbe. Es ist wichtig, mobil zu bleiben. Im Falle eines Angriffs musst du schnell ausweichen, oder parieren können. Lass uns mit ein paar Schlägen beginnen." Er stellte sich neben mich und erklärte weiter. "Du bist Rechtshänderin, daher ist das linke Bein vorne. Der rechte Arm ist bei dir stärker. Der linke Arm ist primär zur Abwehr und Griffe da, während der rechte den meisten Schaden anrichtet. Dasselbe gilt für die Beine. Du schlägst zuerst mit deinem passiven Arm und bewegst dann deine Hüfte nach vorne, wenn du mit rechts schlägst. So kannst du mehr Kraft in deinen Schlag bringen".
Lexus demonstrierte die richtige Ausführung und ich machte es so gut wie möglich nach. "Gut. Sobald ein Schlag ausgeführt ist, geht die Faust zurück vor das Gesicht. Die linke Faust ist weiter vorne, ungefähr auf Höhe der Wange, während die rechte weiter hinten auf Kinnhöhe gehalten wird. Übe ein paar Schläge und dann machen wir weiter"
Ich tat wie beschrieben und er korrigierte mich teilweise, bis eine Ausführung korrekt war. "Die Grundhaltung kennst du jetzt, lass uns mit einfachen Angriffen beginnen. Ich stelle mich dir gegenüber und schlage langsam. Du weichst aus, oder parierst und gehst zum Angriff über. Ich zeige dir erst ein paar Möglichkeiten, schlag mich" wies er an und ich schaute unsicher zu ihm. Ich sollte ihn schlagen? Zögernd tat ich wie befohlen und er wich aus. Mit einem Nicken von Lexus schlug ich erneut zu und er wehrte ihn langsam ab. Mit angedeuteten Schägen konterte er und ich atmete zitternd ein. Doch die drohende Panik würde ich jetzt nicht zulassen. Er zeigte mir, wie ich mich verteidigen konnte. Lexus stellte keine Gefahr für mich da, wiederholte ich in meinem Kopf und mit einem tiefen Atemzug nickte ich ihm zu. Er war zurückgetreten und beobachtete mich vorsichtig, die Hände offen auf Hüfthöhe gehalten. Mit einem kleinen Lächeln ging er wieder auf mich zu und so zeigte er mir weiter simple Techniken der Selbstverteidigung. So zögerlich ich am Anfang noch war, machte es mir mit der Zeit immer mehr Spaß. Es fühlte sich gut an, zu trainieren. Nachdem er mir die Techniken gezeigt hatte, hatte ich sie ausgeführt und wir waren zunehmend schneller geworden und ich war überrascht, wie gut meine neuen Sinne mich unterstützten. Wenn seine Faust auf mich zu schnellte, waren meine Reaktionen fast instinktiv.
Für einen Moment vergaß ich meine Angst und konzentrierte mich nur auf diesen Moment. Lexus war weiterhin vorsichtig, legte nicht viel Kraft in seine Schläge. Ich wusste, dass er es mir leicht machte und dafür war ich ihm dankbar. Er ermöglichte es mir, kleine Erfolge zu haben und korrigierte mich stets in einem ruhigen Ton, wenn meine Ausführung nicht gut war. Lexus hatte mir erklärt, wie wichtig es war, zu Beginn alles korrekt zu lernen. So würden die Bewegungen mit der Zeit instinktiv werden. Nach einiger Zeit stoppten wir und ich fiel erschöpft auf den Boden. Es war erstaunlich anstrengend gewesen, körperlich wie mental.
Aber es fühlte sich auch gut an und so ging ich lächelnd neben ihm zurück zum Camp. Die Soldaten hatten die Zelte wieder aufgebaut, das große von Ambroz in der Mitte platziert. Sie patrouillierten die Umgebung und blickten nur kurz zu uns, bevor sie sich wieder ihrer Arbeit widmeten. "Bist du müde?" fragte Lexus lächelnd und ich nickte seufzend. Dafür, dass ich als Vela weniger schlafen musste, war ich ziemlich erschöpft. Er schüttelte leise lachend den Kopf und wies mich zum Rand des Camps, wo wir die Rucksäcke gelassen hatte. "Es ist normal, dass du müde bist. Vela schlafen zwar immer weniger, je älter sie werden, aber du bist sehr jung. Und die letzten Tage waren anstrengend. Ich habe ein kleines Zelt mitgebracht, ruh dich aus" sagte er, während wir zu den Rucksäcken liefen.
Überrascht blickte ich zu ihm. "Wie passen diese Sachen in deinen Rucksack?" "Magie" flüsterte er mysteriös und lachte leise bei meinem verwirrten Blick. "Ich kann durch meine Luftkräfte Gegenstände komprimieren. Indem ich die Luft daraus entnehme, werden sie kleiner und leichter zu verpacken. Das Zelt ist magisch, so wie die der Soldaten und Ambroz. Sie sind so schnell beim Auf- und Abbau, da sie die Zelte mit Magie in einem Anker speichern können." Auf meinen ungläubigen Blick hin kniete er sich lächelnd neben seinen Rucksack und holte einen kleinen Gegenstand heraus. "Ein Stein?" fragte ich amüsiert und er lachte kopfschüttelnd.
"Ein magischer Stein, auch Anker genannt. Ich zeig es dir" erklärte er und umschloss den Stein konzentriert. Zwischen seinen Fingern entstand ein weißes Leuchten und er legte ihn vor sich ab. Kurz danach materialisierte sich ein kleines Zelt vor uns und ich wich erschrocken zurück. Lexus beobachtete meine Reaktion mit einem Lächelnd und ich lachte überrascht. "Magie". "Magie" bestätigte er und öffnete das Zelt für mich. Darin befanden sich zwei dünne mit Decken und Kissen bedeckte Matten. "Ruh dich aus, ich werde hier bleiben und sichergehen, dass dir nichts passiert" sagte er und ich nickte zögernd. "Musst du nicht schlafen?" "Ich habe vor zwei Nächten geschlafen, werde mich also morgen erst wieder ausruhen müssen" versicherte er lächelnd. "In Ordnung. Dann werde ich ein wenig schlafen" murmelte ich und betrat langsam das Zelt.
Die Matte war dünn, doch erstaunlich gemütlich. Es wunderte mich, doch Magie schien wohl vieles möglich zu machen. Seufzend legte ich mich hin und kuschelte mich ein. In meiner kleinen Höhle im Wald war es nie so gemütlich gewesen, dachte ich und schüttelte den Gedanken entschieden ab. All das lag nun in meiner Vergangenheit. All das war passiert, ich konnte es nicht ändern. Es lag an mir sicherzustellen, dass meine Zukunft besser aussah. Und zum ersten Mal seit langem schlief ich mit einem Gefühl echter Hoffnung ein. Es würde alles gut werden.
Lexus Helaru
Lächelnd blickte ich auf das Zelt, in das Vikoria verschwunden war. Sie hatte heute viel geschafft, ich bewunderte ihre Stärke. Und sie lernte schnell. Es beschäftigte mich dennoch weiter, was sie mir gesagt hatte. 'Ich habe negative Erfahrungen mit Männern gemacht. Die Reaktionen sind instinktiv, ich kann sie nicht kontrollieren'. Es störte mich, dass sie so schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Bei unserer ersten Begegnung hatte sie mich misstrauisch gemustert, Angst ausgestrahlt. Solche Reaktionen deuteten auf mehr hin, als nur negative Erfahrungen, sie zeugten von schmerzhaften Erfahrungen.
Und es machte mich wütend zu denken, dass sie jemand so schlecht behandelt hatte. Viktoria war freundlich, schlau und viel mutiger als sie dachte. Wie konnte jemand... Es war mir ein Rätsel. Aber ich wusste auch, dass ich nicht viel über ihre Welt wusste. Sie hatte angedeutet, welche Rolle Frauen in ihrer Welt hatten. 'In meiner Welt kämpfen Frauen nicht. Wir werden als das schwächere Geschlecht angesehen'. Solche Ansichten waren mir fremd, doch ich wusste dass es auch hier früher anders war. Vor ein paar Hundert Jahren noch sah Gniea anders aus und Viktoria in so einer Umgebung zu sehen?
Es löste unerklärlichen Zorn in mir aus. Seufzend erhob ich mich und beobachtete die Umgebung. Bisher war alles ruhig, die Soldaten patrouillierten das Lager wachsam. Ich musste mit Ambroz reden, doch wollte Viktoria nicht ungeschützt lassen. Unentschlossen glitt mein Blick zwischen den beiden Zelten hin und her.
Das sicherste wäre für sie, wenn ich Ambroz hier hin bringen würde. So könnten wir beide Ausschau nach Gefahren halten. So unbekümmert er immer wirkte, unter all der Fassade war er ein gut ausgebildeter Kämpfer. Entschlossen lief ich durch das Lager und blieb vor Ambroz Zelteingang stehen. Mit einem letzten Blick auf Viktorias Zelt stellte ich sicher, dass sich niemand in ihrer Nähe befand und wandte mich an die beiden Soldaten. "Ich muss mit Prinz Ambroz sprechen" forderte ich und die beiden tauschten einen misstrauischen Blick aus. "Der Prinz ruht sich aus. Du kannst morgen mit ihm reden Heiler" erwiderte der eine abweisend und ich seufzte genervt.
"Ambroz" rief ich und die Soldaten erhoben ihre Waffen mit warnenden Blicken. Ich zuckte lächelnd mit den Schultern und wartete ungeduldig auf den Prinzen. Er steckte kurze Zeit später seinen Kopf durch die Zeltöffnung und grinste amüsiert, bevor sein Blick genervt auf die Soldaten ging. "Waffen runter. Lexus ist ein Freund und er kann mich besuchen wann er will." kommandierte er und mit einem amüsierten Blick zu mir hielt er einladend die Zeltöffnung offen. "Komm rein" bot er an und ich schüttelte mit einem Blick zu Viktorias Zelt den Kopf. Er nickte lachend und ging auf mich zu. "Dann lass uns einen kleinen Spaziergang machen"
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