~Kapitel 46~

Ein großes Schild mit der Aufschrift "Zoo" stand auf einer großen Grünfläche. Wir fuhren um einen Kreisverkehr, bevor Connor mit dem Wagen auf einen Parkplatz zusteuerte.

"Wir gehen in den Zoo?" wollte ich aufgeregt, wie ein kleines Kind wissen. Er nickte lächelnd.

"Ich war noch nie im Zoo!" stieß ich aus, ohne groß darüber nachzudenken, dass er sich fragen könnte, wieso meine Eltern nicht mit mir in den Zoo gegangen sind, als ich noch ein Kind war.

"Ach echt?" fragte er und ich wendete den Blick ab, konnte jedoch trotzdem nicht aufhören breit zu lächeln.

Ich weiß, dass es womöglich befremdlich war, dass ich mich als beinahe erwachsene Frau dermaßen darüber freute, in den Zoo zu gehen. Doch wie gesagt, ich war noch nie in einem.
Ich hatte eigentlich nie wirklich Irgendwas mit meinen Eltern unternommen.

Es war ein wahres Highlight, wenn sich meine Mutter dazu breitschlagen lies, mit mir auf den Spielplatz zu gehen. Doch viel Zeit hatte ich dazu sowieso selten.
Immerhin musste ich zu diversen Tanzstunden, musste den Haushalt machen oder für die Schule lernen. Und das bereits als Kind.

Bevor ich zu emotional werden konnte und die Tränen gewinnen lies, sah ich wieder zu Connor, damit ich einen Grund hatte, die Tränen zu unterdrücken.
Es setzte mir zu, um ehrlich zu sein.
Natürlich hatte ich nie großartig einen Vergleich und trotzdem konnte ich mir vage vorstellen, wie es sein musste, normale und liebende Eltern zu haben.
Eltern, die gerne mit mir auf den Spielplatz gingen.
Eltern, die sich für die Wochenenden schöne Ausflüge in den Zoo oder in einen Freizeitpark vornahmen.

Doch das hatte ich nie und bis gerade eben war mir auch nicht bewusst, wie sehr es mich innerlich belastete.

Zu gerne würde ich Connor erzählen, wie ich mich fühlte. Doch ich wollte ihn erstens nicht runterziehen, wenn er mir etwas Gutes tun wollte und zweitens müsste ich dann mit der kompletten Geschichte rausrücken und das konnte und wollte ich noch nicht.

"Das ist wirklich eine schöne Idee von dir. Ich freue mich sehr" sagte ich stattdessen und schnallte mich hektisch ab, als sein Auto endlich auf einem der Parkplätze zum Stehen kam. Es war Montagnachmittag, weshalb sich kaum andere Autos hier befanden.

Meine Tasche lies ich im Auto und folgte Connor dann, der bereits in Richtung des großen Eingangstores lief. Mit schnellen Schritten holte ich auf und ergriff, ohne weiter darüber nachzudenken, einfach seine Hand.
Seine Hände waren warm und umschlossen meine kleinen kalten Hände perfekt.

Peinlich berührt lies ich ihn sofort wieder los und nuschelte eine einfache Entschuldigung, doch er lächelte mich nur warm an. Shawn hätte mich entweder angemeckert oder eine blöde Bemerkung von sich gegeben. Connor hingegen störte sich überhaupt nicht daran, dass ich seine Hand genommen hatte.

Und wieso zum Teufel musste ich gerade ausgerechnet an Shawn denken, wenn ich doch mit Connor unterwegs war? Schluss jetzt, der Tag gehört C und mir.

Wir kamen bei dem großen Bogen an, auf dem zwei steinerne Löwen saßen und Connor widmete sich einer mittelalten Dame, die uns durch ein kleines Fenster an der Seite ansah. Connor bezahlte für uns beide und die Dame drückte uns zwei Tickets in die Hand.

"Dankeschön." gab ich schüchtern von mir, obwohl ich sowieso keine andere Wahl gehabt hätte, als ihn bezahlen zu lassen. Immerhin hatte ich kein Geld.
Vielleicht sollte ich Shawn mal fragen, ob ich einen Nebenjob suchen sollte, um selbst für meine Kleidung und mein Essen sorgen zu können.

Soviel zum Thema "Shawn aus dem Kopf streichen" das hatte ja wirklich ganz gut geklappt für 2 Minuten.

"Gerne. Wenn du noch nie im Zoo warst, muss ich dich einladen, das ist eine ungeschriebene Regel." gab er spaßig überzeugend von sich.

"Ach ist das so?" entgegnete ich lachend und er sah mich musternd an.
Ich verstummte sofort und lief rot an.

Was war denn nun los? Hatte ich etwas Falsches gesagt? Mich seltsam verhalten?

"Was?" fragte ich kleinlaut und hoffte inständig, die Laune zwischen uns nicht bereits jetzt zerstört zu haben, wo ich doch noch kein Tier gesehen hatte.

"Du hast ein unglaublich schönes Lachen. Es war so.. ich hab es nie zuvor gehört." gab er fasziniert von sich und ich sah ihn einen Moment mit offenem Mund an, bevor ich mir schüchtern eine Strähne hinter das linke Ohr steckte und den Blick zu Boden senkte.

"Okay, lass uns losgehen, es gibt eine Menge zu sehen." gab er einige Momente später euphorisch von sich, als wäre nichts passiert.

Einerseits häuften sich die peinlichen, anormalen Momente zwischen uns, andererseits hatte ich überhaupt kein Problem damit. Bei Connor fühlte ich mich total verstanden, aufgenommen, als könnte ich endlich ich selbst sein. Und das fühlte sich unglaublich gut an. Nie hätte ich gedacht, dass er mir einmal so wichtig werden würde.

Wir verbrachten einige Stunden im Zoo, sahen uns die verschiedensten Tiere an und ich liebte es. Auf der anderen Seite war es seltsam die Tiere zu sehen, wie sie hier eingesperrt waren, während sie sich in der freien Natur vermutlich viel wohler fühlen würden.

Andererseits war ich auch ganz froh, dass der Löwe, den ich gesehen hatte, sich nicht eine Antilope zum Mittagessen gönnte, die einige Gehege weiter wohnten.

Am besten gefallen hatten mir die Pinguine. Sie sind meine Lieblingstiere und ich hatte sie zuvor nie live gesehen, immer nur auf Bildern oder Videos. Sie sahen so anmutig aus, waren aber so verdammt tollpatschig und unbeweglich. Man muss sie einfach lieben.

Beim Gorilla Gehege erlaubte sich Connor den Scherz, Shawn gefunden zu haben und zeigte auf einen großen Gorilla, der sich die ganze Zeit an seinem Hintern gekratzt hatte.
Ich versuchte ein lautes Lachen zu unterdrücken, gab jedoch letztlich zu, dass ich an genau das Selbe gedacht hatte.

Überrascht war Connor, als ich freiwillig mit ihm in ein Reptilienhaus gegangen bin und mich am Meisten für die Vogelspinnen interessiert hatte, anstatt schreiend vor ihnen weg zu rennen. Eigentlich sind sie ja auch ganz niedlich, mit ihren Härchen und den Beinchen. In meinem Zimmer wollte ich trotzdem Keine haben. Aber eine anzufassen wäre kein Problem für mich.

Als ich ihm das mitgeteilt hatte, verzog er angewidert das Gesicht und ich musste erneut lachend.
Alles in allem konnte man sagen, der Tag war ein voller Erfolg. Ich war glücklich und zwar aus tiefstem Herzen glücklich. Ich hatte Spaß und keine Sekunde mehr daran denken müssen, dass ich all das in meiner Kindheit verpasst hatte.

Immerhin hatte ich jetzt einen tollen besten Freund, der diese lustigen Dinge mit mir unternehmen konnte.

Auf dem Heimweg wurde es bereits dunkel und ich spürte, wie die Müdigkeit mich langsam aber sicher übermannte. Meine Beine fühlten sich schwer an und ich hatte Schwierigkeiten die Augen offen zu halten, als ich meinen Kopf an die Fensterscheibe lehnte.
Und trotzdem war ich komplett zufrieden und fröhlich. Ein Lächeln legte sich in mein Gesicht, während ich beobachtete, wie die Lichter der Straßenlaternen an mir vorbei flogen.

"Wollen wir noch was essen?" fragte mich Connor, nachdem wir eine Weile geschwiegen und der ruhigen Musik aus dem Radio gelauscht hatten. Er hatte einen tollen Musikgeschmack.

Mit Connor fühlte sich alles so viel einfacher an. Ich glaube das ist, was eine gute Freundschaft ausmacht. Ich weiß es schließlich nicht, ich hatte nie wirkliche Freunde. Ich hatte keine Zeit dafür und gerade in den letzten Jahren immer zu große Angst, sie könnten was über mein Leben rausfinden.

"Wegen mir vielleicht nur eine Kleinigkeit. Ich bin noch ziemlich voll von den Pommes und der Zuckerwatte, die ich gegessen habe." antwortete ich schmunzelnd.

"Okay, ich hab eine Idee. Oder bist du zu müde?" wollte er wissen und normalerweise hätte ich sofort gesagt, dass ich direkt ins Bett fallen könnte, doch ich wurde neugierig und wollte auch gar nicht, dass dieser wundervolle Tag schon zuende ist.

+++

Connor hat also noch eine Idee, was wird es sein? Und wie wird es zwischen den Beiden weitergehen? Denkt ihr, Shawn wird von Nova verlangen arbeiten zu gehen?

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