Kapitel 3

Ich ging an den Rauchern vorbei, ohne von Barne wahrgenommen zu werden. Es war nur die eine Nacht, die uns verband. Danach hatten wir uns weder in die Augen gesehen, noch ein Wort gesprochen. Er behandelte mich wie Luft. Als hätte es mich nie gegeben. Er hatte nie nach meinem Namen gefragt und ich bezweifelte, dass er ihn wusste. Ich war für ihn ein One-Night-Stand gewesen, wie er sie ständig hatte. Für mich war er mein erster gewesen. Nicht nur mein erster One-Night-Stand, sondern auch mein erstes Mal.

Natürlich hatte ich gewusst, dass er sich nicht in mich verlieben würde. So doof und naiv war selbst ich nicht. Aber ich hatte zumindest gehofft, dass er mich auf dem Schulhof grüßen würde und wenn es nur ein kurzes angedeutetes Kopfnicken war, das sonst niemand mitbekommen hätte. Ich wartete vergeblich darauf und irgendwann hatte ich das Gefühl gehabt, dass er gar nicht mehr wusste, dass zwischen uns überhaupt etwas gelaufen war.

Ein Monat war es nun her und ich war nach wie vor die graue Maus. Dass ich eine Nacht mit dem Herzbrecher des Jahrgangs verbracht hatte, wusste niemand. Nicht einmal Luisa. Es war mir peinlich. Ich wollte nicht dieses billige Mädchen sein.

Ich konnte mir mittlerweile selbst nicht mehr erklären, was an diesem Abend in mich gefahren war.

Ich schlenderte gedankenverloren nach Hause. Mum war noch auf Arbeit. Ich war zu faul, um mir aufwendig Mittag zu kochen, weshalb ich mir einen Toast mit einer Käsescheibe in die Mikrowelle schob.

Derweil kramte ich das kleine Schächtelchen aus meinem Rucksack, das ich heute Morgen gekauft hatte.

Einen Schwangerschaftstest.

Ich sah lange auf die Verpackung. Das Ding in diesem Karton könnte mein Leben verändern. Es könnte mir etwas mitteilen, dass unter keinen Umständen eintreten dürfte.

Ich hatte nur so eine Ahnung. Ich könnte mich irren und hoffte, dass ich das auch tat. Aber mir war morgens schlecht und ich wartete noch immer darauf, dass meine Tage kamen. Bisher vergeblich.

Kaum zu glauben, dass ich jemals meine Periode herbeisehnen würde!

Ich redete mir ein, dass es dafür viele Gründe geben konnte, aber Fakt war, dass wir nicht verhütet hatten. Es war dumm gewesen, aber so war es nun mal.

Doch ehe ich mich dem Schächtelchen widmete, aß ich meinen Toast. Ich hatte Hunger. In letzter Zeit aß ich mehr als sonst. Ich hatte die Veränderungen schon vor einer Woche gemerkt, doch ich hatte die Möglichkeit, dass ich schwanger sein könnte, nicht wahrhaben wollen. Also suchte ich mir Ausreden. Immerhin steckte ich im Prüfungsstress, da konnte einem schon mal schlecht werden. Und das könnte auch erklären, dass meine Tage ausblieben. Nachdem ich jedoch die schriftliche Matheprüfung hinter mich gebracht hatte und ich mich trotzdem noch schlecht fühlte, keimte der Gedanke in mir auf, dass diese eine Nacht Folgen gehabt haben könnte.

Der Toast stillte meinen Hunger nicht. Ich schob mir ein paar trockene Cornflakes hinterher. Dann fiel mein Blick wieder auf das Schächtelchen. Ich hatte Angst. Ich stellte mir erst gar keine Was-wäre-wenn-Fragen. Ich würde durchdrehen. Stattdessen hoffte ich einfach nur, dass er negativ ausfallen würde.

Etwas anderes kam gar nicht für mich infrage.

Eine halbe Stunde saß ich vor dem Ding und knabberte meine Fingernägel ab. Eine Angewohnheit, die meine Mutter vergeblich versucht hatte mir abzugewöhnen.

Ich sollte es endlich tun. Aber ich hatte Angst vor dem Ergebnis.

Ich atmete noch einmal tief ein und nahm dann die Schachtel mit ins Bad. Dort setzte ich mich auf den Badewannenrand und las mir fünfmal die Gebrauchsanweisung durch. Es war nicht schwer zu verstehen, aber sicher ist sicher.

Dann pinkelte ich auf den Teststreifen. Noch nie war es mir so schwergefallen Urin loszuwerden. Als es vollbracht war, hieß es warten.

Warten.

Warten.

Warten.

Fünf Minuten, die mir vorkamen wie fünf Stunden. Doch auch fünf Stunden waren irgendwann vorbei und ich musste mich der Realität stellen.

Schwanger?
Oder nicht Schwanger?

Und die Antwort lautete... Mutig sah ich auf den Schwangerschaftstest.

Schwanger.

Manche Mädchen wären wohl augenblicklich heulend zusammengebrochen, hätten geschrien oder alles mit Tränen überschwemmt. Doch ich saß da, starrte auf die zwei Streifen und machte nichts. Ich war leer. Ich begriff nicht, was das für mein Leben bedeuten würde.

Ich war also schwanger.

Von Barne.

Von einem Typen, den ich im Prinzip gar nicht kannte. Mit leerem Blick schüttelte ich den Kopf. Das war unmöglich.

Ich bekam Gänsehaut und ein Kloß setzte sich in meinem Hals fest.

Was sollte ich denn jetzt tun?

Ich verließ erst meine Schockstarre, als ich hörte wie meine Mutter die Tür aufschloss. Blitzschnell hatte ich den Schwangerschaftstest in meine Hosentasche gesteckt. 

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