52. Boris: Party

„Ich bin so froh, dass wir da mal raus sind!" Erleichtert atmete ich durch und breitete die Arme aus, um die Freiheit zu genießen. Es war Sommer, das Wetter war traumhaft und dennoch verbrachten wir beinahe jeden Tag im Keller, um zu trainieren. Dabei schien alles so schön und friedlich. Ich brauchte Ablenkung! Daher hatte ich ein paar der Jungs überzeugen können, auszugehen. Charlie war nicht so der Fan vom Feierngehen, daher wollte er uns nicht begleiten, jedoch hatte er mir viel Spaß gewünscht und gemeint, ich solle es genießen. Auch Briana, Michael, Raphael und Silas hatten sich ausgeklinkt, da sie lieber mit ihren Partnern kuscheln wollten. So war ich nun also mit Austin, Jay, Dale und Chad unterwegs. Wir waren mit meinem Auto drei Städte weitergefahren, damit wir nicht Gefahr liefen, dass Chad von irgendwem erkannt wurde. Er würde uns später auch nachhause fahren, da er der einzige war, der wusste, wie man Auto fuhr und keine berauschenden Substanzen zu sich nahm.

Dale war schon in den ersten Minuten, als wir an der Theke gestanden waren, von einem Mädchen auf die Tanzfläche gezogen worden. Er tanzte seitdem mit ihr, während Chad und ich ihm dabei zusahen und ziemlich lachen mussten. Das sah schrecklich aus.

„Ich sollte nicht lachen, er ist mein kleiner Bruder und ich weiß, dass er noch nicht oft feiern war, aber guck ihn dir an!" Chad wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. Lächelnd musterte ich ihn. Ich hatte ihn noch nie so ausgelassen gesehen. Die Ablenkung schien auch für ihn gut zu sein.

„Boris! Bobo, schau!" Chad rüttelte an meinem Arm und deutete dann alarmiert in die tanzende Menge. Zuerst verstand ich nicht, was er wollte, doch dann sah ich Jay und Austin eng umschlungen und wild rumknutschend zwischen den feiernden Leuten und musste noch breiter grinsen. Obwohl ich sie das erste Mal so sah, war es doch irgendwie nichts Neues für mich. Ich hatte Erinnerungen an sie als richtig niedliches Paar. Sie hatten es nie einfach gehabt, doch ihre Liebe hatte sie schon immer stark gemacht. Ich wusste schon, seit ich Jay erkannt hatte, dass er Austins Gefährte war. Jedoch hatte ich Angst gehabt, ihr Zusammenkommen zu verhindern, indem ich eingriff, also hatte ich allem einfach seinen Lauf gelassen und wir sahen ja, dass das absolut richtig gewesen war.

Chad schien auch nicht wirklich der Tanzbär zu sein. Ich denke, er war einfach mitgekommen, da er Gesellschaft gebraucht hatte. Er hatte sich bereits, als Luzifer noch hier gewesen war, etwas abgeschottet, doch seit er weg war, hatte er sich von den meisten von uns vollkommen isoliert und das nicht mal mitbekommen. Er war stets nett, kam mit jedem aus, aber eine richtige Bindung hatte er zu noch keinem von uns aufgebaut. Außer Dale hatte er nicht wirklich eine Bezugsperson, doch ich fand das sehr schade, da wir ihn alle mochten. Ich denke, er stand vor allem Raphael und Austin am nächsten. Austin durch den Kontakt mit Dale und Raphael, da er sich um ihn kümmerte auf Befehl seines Vaters hin.

Ich unterhielt mich am heutigen Abend viel mit Chad. Zwar kannte ich ihn etwas besser als die anderen und mehr als er mich, jedoch redeten wir jetzt über Dinge, die ich damals noch nicht von ihm erfahren hatte. Wir lachten viel zusammen, es fühlte sich bekannt an, dass wir uns gut verstanden und Späße machten. Ich fand es nur etwas schade, dass ich ihm nichts von seinem zukünftigen Ich und unseren Erlebnissen erzählen konnte. Es kam mir falsch vor, über Dales Koma oder Jays Behinderung auspacken, oder über das Chaos mit Jays Seele in Dales Körper, nachdem wir Dales Leiche hatten aus dem Krankenhaus klauen wollten... Auf die Schnelle war das ohnehin nicht verständlich zu erklären.

Irgendwann machten auch Chad und ich uns auf die Tanzfläche. Er wurde lockerer, je mehr wir tanzten und schien auch seinen Spaß daran zu haben.

„Bruderherz! Ich liebe dich so sehr!" Plötzlich wurde er von der Seite umarmt und Dale drückte ihm einen feuchten Schmatzer auf die Wange.

Chad lachte leicht und schob ihn von sich weg, er musterte ihn. „Du bist betrunken", stellte er dann ernster fest.

Dale wollte ebenso ernst schauen, doch er versagte und begann zu kichern. „Mir ist noch nie aufgefallen, wie witzig du aussiehst. Guck mal Boris, er ist ein Schaf!" Dale wuschelte Chad durch die Locken, doch dieser hielt seine Hand fest und sah ihn eindringlich an. „Hast du dich wirklich so abschießen müssen?" Er schüttelte dabei den Kopf.

Dale verdrehte die Augen und stieß ihn von sich. „Mann, mach dich locker! Ich bin erwachsen!"

„Trotzdem bist du mein kleiner Bruder", setzte Chad fest. „Du trinkst nie Alkohol, es ist doch klar, dass du nichts verträgst! Mann, Dale, denk doch nach!" Zwar gab Chad den Strengen, doch man sah ihm an, dass er eher besorgt war als alles andere.

„Können wir gehen?", bat er mich schließlich.

„Klar, ich gehe nur schnell Jay und Austin suchen"

Chad nickte. „Wir treffen uns am Auto, okay?"

Nach meiner Zustimmung zog Chad seinen Bruder aus dem Club und ich machte mich auf die Suche nach Jay und Austin. Dabei rempelte ich ziemlich viele Leute an, aber einer begann sich zu beschweren.

„Hei, wie wär's mit einer Entschuldigung?" Er sah mich auffordernd an, versuchte bedrohlich zu wirken, was ziemlich witzig war, wenn man bedachte, dass ich schon körperlich größer war als er und zudem noch Jäger- und Vampirkraft hatte. Ich legte es nicht auf Prügeleien an, doch war mir sicher, gegen einfache Menschen würde ich sie sicherlich gewinnen.

„Nein danke, passt schon", lehnte ich daher nett lächelnd ab und wollte weitergehen. Er jedoch zerrte mich am Handgelenk zurück.

„Du bist ganz schön frech"

„Und Sie ganz schön betrunken. Lassen Sie mich los" Ich verzog das Gesicht, als ich seine Alkoholfahne roch.

„Hei, Jungs!" Er beachtete meine Proteste nicht, sondern drehte sich zu seinen Kumpels, alle Ende der 30ger, im selber Rocker-Style, der sie einfach nur lächerlich aussehen ließ. Die waren wohl alle zeitgleich in ihre Midlifecrisis geraten. „Dem Süßen hier muss ein bisschen Respekt beigebracht werden!" Er zerrte mich mit sich, jedoch begann ich mich nun zu wehren und er sah mich überrascht an, nachdem ich mich befreit und ihn von mir gestoßen hatte, ehe er dreckig zu grinsen anfing. Seine Kumpels standen hinter ihm und ich schluckte schwer. Mit einem Menschen konnte ich es sicherlich aufnehmen, aber nicht mit 10!

Ich ging einen vorsichtigen Schritt zurück und fragte mich, ob alle anderen in diesem Club einfach nicht mitbekamen, was hier passierte oder es sie schlichtweg nicht interessierte. Kurz bevor mich diese ekelhaften alten Perverslinge in die Ecke gedrängt hatten, stellten sich zwei junge Männer vor mich.

„Sucht euch wen anders zum Spielen", beschloss Austin. Er ließ die Krallen langsam rausfahren.

„Verpisst euch!", brüllte einer der Männer aber.

„Wird nicht passieren" Jay verschränkte die Arme. Er wirkte seltsam locker dafür, dass wir gerade bedroht wurden und das hier mit Sicherheit in einem Blutbad enden würde, sobald Austin anfing, seine Krallen zu nutzen.

Die meiste Zeit war er lieb und harmlos, doch wenn er Angst hatte oder sich bedroht fühlte, dann schlug er um sich – meist mit Krallen. So hatte er Charlie zum Beispiel schon mal die Pulsadern aufgeschnitten, weil dieser ihn bedroht hatte. Austin verlor die Kontrolle, wenn er in solchen Situationen war und das war hier, in der Öffentlichkeit, gar nicht gut. Ich legte ihm von hinten die Hand auf die Schulter und versuchte ihn zu beruhigen. Jay redete währenddessen weiter mit unseren Feinden.

„Dass ihr ungefickte, verzweifelte, alte Säcke seid, ist nicht unser Problem. Arbeitet gefälligst an eurem Bierbauch und dieser Körperbehaarung, dann müsst ihr vielleicht auch keinen mehr dazu zwingen, mit euch zu poppen. Aber wir gehen jetzt" Jay lief einfach vorraus, direkt auf die Typen zu. Austin und ich knapp hinter ihm.

Sobald einer der Männer nach Jays Arm griff, holte dieser aus und schlug ihm ins Gesicht, als sei es ein Reflex. Die anderen halfen ihrem Kumpel auf, doch wichen dann zurück und ließen uns durch. Erst vor dem Club wagte ich es wieder, richtig durchzuatmen und bedankte mich bei Jay und Austin.

„Kein Problem, das war doch lustig", grinste Jay bloß und musterte mich dann. „Alles gut?"

Ich nickte.

Während wir zum Auto liefen, beruhigten wir zusammen Austin, der ziemlich angespannt war. Schließlich schaffte er es aber, sich zu beruhigen, nachdem er begriff, dass keine Gefahr mehr bestand. „Mann, ich weiß schon, warum ich lieber in unserem Club feiere", brummte er, klang dabei leicht schmollend.

„Beim nächsten Mal" Jay legte den Arm und Austins Schultern, sodass dieser sofort wieder zu lächeln begann.

Währenddessen erreichten wir das Auto und ich sah mich um. Chad und Dale sollten eigentlich schon lange hier warten.

„Irgendwas riecht hier verbrannt", meinte Austin nachdenklich.

Plötzlich durchzuckte mein Körper ein kalter Schauer, ich spürte die Panik in mir hochkriechen und hauchte: „Austin... Wir müssen hier weg", doch da war es bereits zu spät.












Oh neiiiiiin. Was is passiert?

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