。°-♱°。Kapitel 18。°♱-°。

Sol Agniason •Sohn des Hyperion•

Sol blickte auf die Pinnwand, die sich vor ihm erstreckte. Unzählige rote Fäden waren auf einer Karte Griechenlands verteilt und bildeten ein riesiges Wollknäuel. Egal wie er es drehte und wendete, er kam immer zu dem selben Ergebnis, da konnte er die Karte noch so lange mit seinen Blicken erdolchen. Frustriert seufzte er. Die Angriffe wurden zahlreicher und doch schien es überhaupt kein Muster zu geben, außer, dass es sich immer um Kinder der Götter, oder Titanen handelte. Mal starb jemand in Oia, dann in Athen, oder wieder ganz woanders.

,,Das ist so frustrierend", murmelte er und wandte sich ab nur um von seinem leeren Zimmer in Empfang genommen zu werden. Diese Stille und Einsamkeit machten ihn schon die ganze Zeit wuschig. Langsam begann er auf und ab zu gehen nur um das Geräusch, dass seine Schritte auf dem Boden verursachten zu hören.

Es klopfte an der Tür. Konzentriert streckte Sol die rechte Hand aus. Licht formte sich in dieser zu einem kleinen Schlüssel, welchen er vorsichtig in Richtung Tür sannte. Behutsam drehte er sich im Schloss, bis ein leises Klick ertönte, was beinahe von aggressiven Klopfen übertönt wurde. Ein Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht, als der kleine Trick tatsächlich funktioniert hatte.

Mit schnellen Schritten ging er zur Tür und öffnete sie schwungvoll. Eine Faust, die hoffentlich die Tür hatte treffen sollen traf nun beinahe sein Gesicht. ,,Das war knapp", kommentierte Kalani, der hinter Lupus aufgetaucht war. Sol lächelte bloß. ,,Naja, besser knapp als getroffen."

Lupus verschränkte die Arme. ,,Öffne die Tür demnächst einfach schneller", Sol zuckte mit den Schultern. ,,Wenn ich so keiner Faust ausweichen muss, gerne", er warf den beiden strahlendes Lächeln zu und wartete, bis beide sein Zimmer betreten hatten. Die Tür wurde achtlos zu geschlagen.

Seine Freunde - den das waren sie, egal, was Kalani oder Lupus sagten - blickten sich in dem hellen Raum um. Es war leicht zu vergessen, dass sie sich bisher eigentlich nur bei Lupus, oder in der Bibliothek getroffen hatten. Kalani wollte nicht, dass irgendwer sein Zimmer betrat, weil das scheinbar irgendeine Stimme oder so sagte. Wahrscheinlich hatte er zu viele Horrorfilme geschaut und dachte, sie würden ihn in seinem Zimmer umbringen wollen. Bei Sol waren sie eher wegen Lupus nie gewesen, der scheinbar irgendetwas gegen Licht hatte und so am liebsten in seinem, Sols Meinung nach viel zu dunklen, Zimmer blieb.

Kalani blickte misstrauisch drein, als seine Augen die lange Einhornlichterkette fanden, die in Regenbogenfarben quer durch das Zimmer verlief. Sol mochte die Lichterkette. Sie brachte Farbe in das Zimmer und ließ den Raum in sanften Licht erstrahlen. Der Raum war anders als Lupus dunkles Zimmer, sehr offen und farbenfroh eingerichtet. Es gab viele bunte Akzente und helle Möbel.

,,Bunt", war alles, was Lupus als Reaktion gab und ausnahmsweise schien Kalani ihm zuzustimmen. ,,Man sollte das Leben in all seinen Farben genießen", gab Sol schulterzuckend zurück. ,,Was auch immer", erwiderte Kalani, ehe er leer gegen eine goldene Wand starrte.

,,Naja, gut. Ich hab auf jeden Fall eine Pinwand und einen Steckbrief vorbereitet", sagte Sol stolz. Mit schnellen Schritten ging er zum Schreibtisch und holte eine schlichte blaue Mappe heraus. Er warf sie Lupus zu, der sie mit zuckender Augenbraue betrachtete. ,,Wirklich jetzt? Woher hast du überhaupt die ganzen Informationen?", fragte er. Auch Kalani schien nun wachsam zu werden. ,,Genau! Arbeitest du mit Wing zusammen und willst uns hintergehen?"

Langsam schüttelte Sol den Kopf. ,,Nein... Tatsächlich nicht...", sagte er. Seine Augen leuchteten wieder auf. ,,Die Informationen habe ich von Freunden. Viele stammen von Cleo und ein paar von Iréne. Manche Sachen in der Mappe sind auch nur Gerüchte und Zeitungsartikel. Oh! Und Skizzen!" Beweisend erschien er neben Lupus und zog ein loses Blatt aus der Mappe, die dieser hielt. Darauf abgebildet war ein menschliches Wesen mit großen, wasserähnlichen Flügeln. ,,Sieht nicht schlecht aus", kommentierte Lupus.

Sol lächelte schuldbewusst. ,,Hab es per KI erstellt. Sonst wäre das eine Katastrophe geworden." Er gestikulierte unbeholfen herum. ,,Also... Habt ihr auch irgendetwas herausgefunden?", fragte er schließlich. Lupus schüttelte einfach den Kopf.

Kalani schien zu überlegen. ,,Ich weiß jetzt, dass unsere Geschichtslehrerin Miss Riehler einen Abo der Kronos hat." Sol blinzelte verwirrt. ,,Äh toll? Warum weißt du so etwas über unsere Lehrer?", fragte er beunruhigt. Kalani neigte den Kopf. ,,Weil ich vor ein paar Wochen dem 'Miss Riehler Fanclub' beigetreten bin", antwortete er, als wäre das das normalste der Welt.

,,Nun... Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das deine beste Entscheidung war", sagte Sol vorsichtig. Kalani schüttelten bloß den Kopf. ,,Es gibt dort gratis T-Shirts und Kaffeetassen." Er kramte in der Umhängetasche, die er bei sich trug und zog eine Tasse heraus, auf der in großen Buchstaben 'Miss Riehler Fanclub' stand. ,,Willst du die?", fragte er. Sol lächelte breit. ,,Gerne!", rief er freudig. Es wäre wirklich unhöflich Geschenke abzulehnen.

Er blickte zu Lupus, der aussah, als würde er sein ganzes Leben hinterfragen. ,,Was habe ich getan um mit solchen Idioten zusammenzuarbeiten", flüsterte der Sohn des Hades und setzte eine schwarze Sonnenbrille auf, als würde die Szene so verschwinden. Sol lachte, während Kalani verwirrt mit den Schultern zuckte.

Jayden Craig •Sohn der Demeter•

Jayden betrachtete die kleinen Pflanzensamen, die langsam in seiner Hand wuchsen. Wie in Zeitlupe bildeten sich kleine grüne Blätter und schließlich formten sich einzelne Blüten. Er hatte Fortschritte gemacht, was seine Kontrolle betraf. Viele dachten es wäre einfacher Pflanzen ganz gezielt in kleinen Mengen wachsen zu lassen, als explosionsartige Bäume oder Ranken zu schaffen. Dies entsprach nicht einmal ansatzweise der Wahrheit. Das schnelle Wachstum war deutlich leichter, da es keine Kontrolle benötigte. Diese fehlende Kontrolle sorgte jedoch oft zu großen Nebenwirkungen, weshalb er seine Kräfte großteils klein hielt.

,,Das sieht gut aus", sagte Iréne. Die Tochter der Persephone erging es mit ihren Kräften ähnlich, hatte er das Gefühl. Auch sie setzte ihre Kräfte selten, bis gar nicht ein und wenn, dann nur in kleinen Mengen. Er lächelte sanft. ,,Danke."

,,Hey! Plaudern können wir später! Der beste Unterricht dieser Schule beginnt in zehn Minuten und wir müssen los!" Wie der Wirbelwind, als der Jayden sie kennengelernt hatte, stürmte Cleo herbei. Medea trottete deutlich weniger enthusiastisch hinter ihr her. ,,Ich würde mich von dieser Aussage distanzieren...", murmelte sie mit trockener Stimme. Jayden nickte zustimmend. Anders als Cleo, die in Sache kämpfen ein absolutes Genie zu sein schien, hatten weder er, noch Medea jemals Spaß daran gehabt.

,,Ich glaube nicht, dass ich jemals jemanden gesehen habe, der so viel Freude am Kampfunterricht hat, wie du", entgegnete Iréne lächelnd. Cleo grinste fröhlich. ,,Nah. Wenn man nie gewinnt macht es ja auch keinen Spaß und da ich so gut wie nie verliere ist für andere galt kein Platz auf den Siegerpodest." Jayden blickte auf. Es stimmte was die Tochter des Zeus sagte und auch, wenn sie es wahrscheinlich nicht böse meinte waren die Worte sehr frustrierend.

,,Was auch immer du meinst. Wollten wir nicht losgehen", wischte Medea die Worte ab. Mit neuer Freude nickte Cleo. ,,Exakt!"

Es war kein weiter Weg zur Arena. Schon von weitem konnte man Schwerter aufeinandertreffen hören und Jayden sah förmlich, wie die Funken stoben, als Metall auf Metall traf. Die meisten Waffen hier waren aus einfachem Metall gefertigt, da sie nicht im Kampf gehen Monster eingesetzt wurden, sondern lediglich für den Schulbedarf. Er vermutete, dass olympisches Gold in solchen Mengen einfach zu teuer gewesen wäre.

Als sie eintrafen, blieben noch fünf Minuten. Jayden beobachtete die einzelnen Schüler, während er bereits zu planen begann, wie er diese Stunde überleben sollte. Wenn er letzte Woche noch gedacht hatte, der Unterricht sei hart, dann hatten die Moiren diese Gedanken gehört, sich ins Fäustchen gelacht und sich etwas Schlimmeres einfallen lassen. Seit der verpatsten Monsterjagd lag Miss Vinnig auf der Krankenstation und ein grauhaariger Sohn des Poseidon hatte den Unterricht übernommen. Jayden hatte noch nicht einmal seinen Namen erfahren, da er sich nie vorgestellt hatte, sondern gleich mit Ausdauertraining begonnen hatte. Selbst Cleo hatte da etwas Motivation verloren.

,,Alle herkommen! Heute kämpfen wir!" Cleo neben ihm unterdrückte einen fröhlichen Aufschrei. ,,Eins gegen eins. Die Teams werden von mir bestimmt. Wir beginnen mit Siko Samaras.", Jayden betete zu allein Götter, dass er nicht gegen den Sohn des Poseidon kämpfen musste. Cleo mochte da zwar ein leichtes Spiel haben, aber er war bei bestem Willen nicht auf ihrem Level. ,,Gegen ihn kämpfen wird: Medea Hatake."

,,Götter...", flüsterte Medea. Ihre Augen zeigten die Unsicherheit, die sie empfand und Jayden konnte nicht anders als Mitleid mit ihr zu haben. ,,Du schaffst das schon", sagte er, verzweifelt versucht sie zu beruhigen. ,,Genau! Mach einfach diesen Magietrick mit dem Messer und schlag ihn sowas von nieder!" Iréne nickte zustimmend, schien jedoch wie er nicht zu wissen, auf welchen Magietrick Cleo hier anspielte. Anders als er schienen die beiden keine bedenken zu haben. Medea nickte, nahm die erstbeste Waffe die sie sah und begab sich in die Mitte der Arena.

,,Ich hoffe, alles wird gut gehen...", murmelte er leise. ,,Das wird schon. Der Lehrer wird den Kampf schon abbrechen, bevor etwas Schlimmes passiert." Jayden war davon nicht sehr überzeugt.

,,Der Kampf beginnt!"

Medea stand wie erstarrt da, als Siko auf sie zu lief und mit den Kurzschwert zu schlug. Nur knapp konnte sie den Schlag mit dem kleinen Dolch, den sie als Waffe dabei hatte parieren. Ein hin und her begann. Siko hieb ohne Rücksicht auf Medea ein und das ganze sah mehr nach einem einseitigen Massaker aus, als nach einem Kampf.

Er zuckte zusammen, als Siko den Dolch aus Medeas Hand schlug und nun begann mit roher Gewalt auf sie einzuschlagen. ,,Du bist Schuld, dass sie tot ist! Wärt ihr alle nicht so unfähig gewesen, wäre Gina noch am Leben!", knurrte der Sohn des Poseidon. Jayden schluckte. Gina White war eine derjenigen gewesen, die den Monsterangriff nicht überlebt hatten. Wenn Siko nun Medea die Schuld daran gab, würde er nicht zögern sie ebenfalls in die Hallen des Hades zu schicken. Der Sohn des Poseidon war dafür bekannt rachsüchtig zu sein.

Panisch bohrte er die Finger in die Tribüne. ,,Wir müssen eingreifen! Er wird sie umbringen!" Iréne nickte. ,,Der Lehrer hätte das schon beenden müssen!", fauchte sie. ,,Cleo...", Cleo war verschwunden. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie sie bereits versuchte den Lehrer davon zu überzeugen diesen Kampf abzubrechen. Erfolglos.

Ein Schrei ertöhnte. Jayden konnte sehen, wie Medea endgültig auf dem Boden zusammensackte. Siko stand über ihr und schlug einfach weiter auf sie ein. Der Sohn der Demeter versuchte die Wand aus Sehrial, die verhinderte, dass andere die Kämpfe stören konnten zu zerbrechen, aber er war bei weitem nicht gut genug im Umgang mit der Magie.

Mit Entsetzen beobachtete er, wie Medea reglos liegen blieb. Stille kehrte ein. Siko stand mit wutverzehrtem Gesicht über ihr. Der Lehrer nickte lediglich. ,,Gut, der Sieger scheint festzustehen. Bringt das Mädchen in den Westflügel. Der Kampf ist...", er redete nicht weiter.

Jayden blickte zu Medea. Sie begann unkontrolliert zu zucken, dann erhob sie sich. Blut und ein bösartiger Ausdruck verzehrten ihr Gesicht zu etwas Grotesken. Sehrial peitschte um sie herum und ließ ihre Haare umherwehen. Die Barrieren um die Arena bröckelten, ehe sich das Sehrial mit ihrem vermischte.

Es war jedoch nicht das, was Jayden klar machte, dass irgendetwas gewaltig schiefgegangen war. Medeas Sehrial hatte eine mitternachtsblaue Farbe, die fast schon schwarz erschien. Jetzt jedoch schimmerte es in einem ozeanblauen Ton und war so viel mächtiger, als zuvor.

,,Der Kampf hat erst begonnen!", knurrte sie. Die Tochter der Hekate schien kaum anwesend zu sein. Ein seltsamer Schleier lag vor ihren Augen und ihre Bewegungen wirkten fast schon abgehakt. Siko spottete und lief mit gezogenen Schwert auf sie zu. Eine Schallwelle warf ihn nach hinten, ehe er auch nur in ihre Nähe kommen konnte. ,,Du verdammtes Miststück!", zischte er. Wasser sammelte sich um ihn und schoss auf Medea zu. Jayden hielt den Atem an. Seine Augen weiteten sich, als das Wasser von Sehrial umhüllt wurde, sie zu Eis formte und auf Siko zu schoss.

Medea tat es dem Eis gleich. Das unnatürlich ozeanblaue Sehrial sammelte sich um ihre Faust und mit einer Geschwindigkeit, zu der sie nicht hätte fähig sein sollen, erschien sie vor dem Sohn des Poseidons. Ihre Faust kollidierte mit Sikos Gesicht und er flog durch die ganze Arena, nur um mit einem Krachen gegen die Wand, die zu bröckeln schien, zu schlagen. Er blieb bewusstlos liegen.

Medea stand einfach da. Ihr Kopf hob sich. Der Schleier über ihren Augen verschwand und ließ Angst zurück. Alles war still. Wie in Zeitlupe fiel Medea ein weiteres Mal zu Boden und dieses Mal gab es keine Barrieren, die ihn Iréne und Cleo davon abhalten konnten zu ihr zu rennen.

Der ganze Kampf war falsch gewesen. Medea war keine Kampfmagierin, geschweige denn hatte sie die Macht die Kontrolle über das Wasser, welches von einem Kind des Poseidons kontrolliert wurde, zu übernehmen. Diese Art der Kräfte könnten nur die besten Magier, die jahrelang trainiert hatten und eine enorme Affinität zu diesem Bereich hatten, erlernen. Und soweit war Medea noch lange nicht, dass wusste Jayden.

Rikai Arashi •Sohn des Tartarus•

Unzählige Sterne bedeckten den Nachthimmel und der Mond spiegelte sich im Wasser wieder. Rikai blickte auf das Spiegelbild. Anders, als die meisten behaupteten mochte er die Nacht nicht. Die Halbdunkelheit war beunruhigend und er hatte das Gefühl Artemis würde ihn durch den Mond beobachten. Außerdem passierten die schlimmsten Dinge nahezu immer im Schutze der Nacht.

Er seufzte. Die ganze Situation war unglaublich unglücklich. Wäre es nicht anders möglich gewesen, hätte er Lilith alleine hinter den Eleftheríakindern hergeschickt. Sie alleine hätte bei weitem ausgereicht um den Feuerteufel und sein Gefolge in die Unterwelt zu bannen. Und doch stand er nun hier und blickte auf das Wasser, das einzige Element, das er mehr hasste als Feuer. Es war fast schon ironisch wie sehr er seine eigenen Kräfte verabscheute. Doch anders als das Wasser, hatte er sie schon immer gehasst. Früher war Wasser eine Art Segen gewesen, der das unerträgliche Brennen unter seiner Haut wenigstens für kurze Zeit linderte.

Bald würden sie ankommen und Elefthería gegenüberstehen. Wie sehr wünschte Rikai sich, dass er einfach auf Fournoir hätte bleiben können. Aber letztlich ging es nicht anders. Er brauchte Elefthería um seinen Verdacht wie erhofft widerlegen zu können. Seit den ersten Morden war er misstrauisch gewesen und als er schließlich selbst vor einer der Leichen stand und die vertraute Aura wahrnahm, begann er stutzig zu werden.

Er sannte Sehrial aus und überprüfte das Schiff. Lilith war wach. Alles andere hätte ihn gewundert. Evgenios konnte wohl ebenfalls nicht schlafen. Rikai vertraute ihm nicht. Der ältere Sohn des Erebos war, wie Rikai mit Sicherheit wusste, nicht aus eigener Überzeugung in Timoría, sondern lediglich wegen seiner Freundin Kymai.

Er konnte die schlafende Präsenz von Ikarus spüren. Wenigstens einer ruhte sich etwas aus. Es war lange her, seit Rikai wirklich geschlafen hatte. Meistens lag er in halbwachen Zustand da, nicht in der Lage endgültig abzudrifften aus Angst vor den Albträumen, die ihn verfolgen würden. Krieg prägte jeden und er war mit dem Kampf ums Überleben und später dem ersten Götterkrieg aufgewachsen.

Das Meerwasser spritzte und der Schiffswand hoch. Reflexartig wich Rikai zurück. Seine Sinne erweiterten sich und er konnte die nahende Präsenz eines Monsters spüren. Er seufzte leise. Die Reise lief bisher viel zu ruhig, natürlich mussten die Monster in tiefster Nacht auftauchen.

Er tippte auf das kleine schwarze Band an seinem rechten Handgelenk und rief Lilith an. Wie erwartet reagierte die Tochter der Nyx augenblicklich. Ihr blasses Gesicht erschien in einem Hologramm über dem Band. ,,Warum rufst du an? Wir sind auf einem Boot. Du könntest dir auch kurz die Mühe machen an meiner Tür zu klopfen", fragte sie in genervtem Tonfall. ,,Monsterangriff. Ich wollte nicht riskieren, dass das Monster gerade dann kommt, wenn ich das Deck verlassen."

,,Hm... Ich komme und sag den Anderen bescheid.", das Gespräch brach ab und Rikai richtete seinen Blick zurück auf das Meer. Er spürte wie das Monster näher kam. Es war groß und er konnte förmlich sehen, wie eine Aura der Macht es umgab. Das war nicht gut. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie es mit einer Skylla zu tun hatten, stieg. Skylla gehörte zu den Monstern, die er überhaupt nicht leiden konnte. Sie war lächerlich schwer zu töten, ein Wasserwesen und hatte die Angewohnheit unglaublich nervig zu sein.

Das Monster umkreiste in langsamen Bewegungen das Schiff. '1, 2, 3.' In seinem Kopf begann er zu zählen. Lilith erschien an Deck. Ihr schwarzes Kleid wehte im ruhigen Wind. Evgenios stand in üblicher Kleidung hinter ihr und schließlich erschien auch Ikarus.

,,Runter!", rief Rikai, als das Monster sich aus der Tiefe erhob. Er konnte den typischen Geruch nach nassem Hund, einem süßlichen Blütenduft und Meersalz wahrnehmen, als er sich unter einer langen goldenen Lanze wegduckte. Natürlich müsste es ausgerechnet Skylla sein.

,,Ich kann mein Glück kaum fassen! Nicht nur ein, sondern gleich vier kleine Halbblüter die in mein Herschaftsgebiet geraten sind! Und dann auch noch Halburgötter, wenn meine Nase nicht versagt! Es ist lange her, seit einer der euren dumm genug war hierherzukommen!", die Stimme war viel zu schön für ein Monster. Sanft und gleichmäßig. Dennoch konnte Rikai den unterschwelligen Wahn hören.

,,Kriech zurück in das Loch aus dem du gekommen bist, Skylla und vielleicht lassen wir dich am Leben.", Liliths Augen funkelten genervt, fast als würde sie vor einem kleinen Kind stehen. ,,Du...! Wie kannst du es wagen mir zu drohen, Halbblut?!"

Skylla stieg aus dem Meer. Ihr Oberkörper war der einer jungen Frau. Kurze, braune Haare wehten um ihr schmales Gesicht und grüne Augen, die sie als Monster auswiesen, glühten mit den Sternen um die Wette. Ihr Unterleib hingegen stand in direktem Gegenteil zu ihrem lieblichen Aussehen. Er schien aus den Körpern von sechs Hunden zu bestehen, auf welchen der Geruch nach nassem Hund zurückzuführen war. In ihrer rechten Hand lag eine goldene Lanze. Olympisches Gold, so vermutete Rikai.

,,Jemand wie ich droht nicht. Ich gebe lediglich ein Versprechen ab", Lilith lächelte scharf. Die Nacht legte sich wie eine zweite Haut um sie herum. ,,Und ich halte meine Versprechen immer."

Rikai verkniff sich einen Kommentar über Dramatik, die sie ihm so gerne entgegen warf und begnügte sich damit zu die Augen zu verdrehen. Skylla kreischte empört, dann setzte sie zum Angriff an. In seiner linken Hand erschien eins seiner beiden Schwerter. Aus dem Augenwinkel konnte er erkennen, wie Ikarus einen Bogen spannte und versuchte auf die Augen des Monsters zu zielen. Die Pfeile wurden von einer blitzschnellen Machtwelle zerstückelt, die ihn fast von den Füßen riss.

Er schnalzte verärgert. Skylla war wirklich ein nerviges Monster. Eben genannte stürzte sich nun in unglaublicher Geschwindigkeit, die an seine heranreichte auf Lilith zu. Die Tochter der Nyx parierte den Schlag mit ihrem Bogen und stach mit einem Kurzschwert auf die Augen ein. Entäuschender Weise brachte das Manöver wenig und sorgte nur dafür, dass sich eine Lücke in ihrer Verteidigung öffnete, die Skylla sofort ausnutze. Lilith wurde zurückgeschleudert und Rikai fühlte den Schmerz fast schon selbst, als sie auf das Deck geschleudert wurde.

Evgenios und Ikarus griffen nun ebenfalls an mit Dolchen und Langschwertern bewaffnet versuchten sie die Augen des Monsters zu treffen. Wenn eines an Monstern absolut nervtötend war, dann war es die Schwierigkeit sie zu töten. Um ein Monster endgültig zu besiegen musste man ihm seine Machtzufuhr, in nahezu allen Fällen die Augen, nehmen. Ohne diesen Schritt war es fast unmöglich sie zu töten und leider reichte ein Auge nicht aus. Es mussten beide sein, ansonsten war ihre Regeneration zu schnell.

Als Skylla Evgenios zurückschlug und dann auf Ikarus zu schoss, der mit der schieren Geschwindigkeit der Angriffe kaum mithalten zu können schien, griff Rikai ein. Als die Lanze auf das Gesicht des Sohn des Eros zuraste, tauchte er vor ihm auf. Die Waffe bohrte sich in seinen linken Arm und verhinderte, dass er sein Schwert zur Verteidigung heben konnte. Er wusste, dass er den Schlag mit Leichtigkeit hätte parieren können und dennoch tat er nichts.

Sobald Skylla die Lanze mit einem wilden Lachen herauszog, kauterisierte die Wunde. Das war auf keinen Fall gewollt gewesen. Mit unzufriedenem Gesichtsausdruck musterte er das verbrannte Fleisch. Er hatte sein Feuer zu lange nicht eingesetzt und jetzt schien sich diese Unvorsichtigkeit zu rächen.

,,Ihr seid schwach! Allesamt! Schwache kleine Halburgötter! Ihr...", die Augen der Skylla wurden von schwarzen Pfeilen durchbohrt und noch im selben Moment trennte ein ebenfalls schwarzes Kurzschwert den Kopf des Monsters ab. Lilith lächelte. Ihre Augen schienen nun komplett schwarz. Kein Weiß, oder irgendeine Art der farblichen Abstufung war zu sehen. Wie immer, wenn sie ihre Macht kanalisierte. ,,Manchmal solltet ihr Monster euren Monolog auf später verschieben", spottete sie.

Rikai nickte zustimmend. Sein Blick wanderte zurück zu seinem Arm. Seufzend schnitt er das Fleisch erneut auf und sammelte Sehrial um die Verletzung. In dem schwachen roten Schein, den die Magie ausstrahlte, heilte die Wunde ohne eine Narbe zu hinterlassen. Die daraus resultierenden Schmerzen, als das Fleisch sich zusammenzog, ignorierte er so gut es ging. Diese Art der Wunden waren schon seit Jahrhunderten kein Problem mehr. Man hatte ihn nicht umsonst lange Zeit als Heiler eingesetzt.

,,Irgendwelche Verletzungen?", fragte er, nachdem er wieder aufblickte. Sie alle schüttelten den Kopf. ,,Du kannst heilen?", fragte Evgenios spöttisch, nachdem eine unangenehme Stille eingekehrt war. Rikai hob eine Augenbraue. ,,Ich meine, ich hab es einfach nicht erwartet", fügte Evgenios mit seinem abfälligen Ton hinzu. Rikai lächelte schmal. Wie oft hatte er diesen Satz nach dem zweiten Krieg zu hören bekommen.

,,Vor langer Zeit stand ich als Heiler und nicht als Krieger an der Front. Kampfmagie war noch nie meine Affinität", sagte er einfach. Er ließ die Tatsache aus, dass er überhaupt keine Kampfmagie anwenden konnte. Etwas, was sich als äußerst lästig erwiesen hatte. Lilith und auch Evgenios beherrschten zumindest in geringen Maßen diese Art der Magie. Er hingegen war nie in der Lage gewesen etwas Anderes zu tun als zu heilen. Das hingegen beherrschte er wie kein zweiter. Es gab einen Grund, weshalb die Götter versucht hatten ihn während des zweiten Krieges auf ihre Seite zu ziehen. Schließlich konnten mächtige Heiler das Blatt im Krieg wenden.

,,Ich komme mir wirklich wie ein Kind vor, wenn ihr von den Kriegen der Vergangenheit berichtet", murmelte Ikarus. Lilith lächelte schief. ,,Wir alle waren mal Kinder", sagte sie. ,,Stell einfach sicher, dass du lange genug überlebst um erwachsen zu werden."

,,Das kann man nicht sicherstellen und das weißt du", ertöhnte Evgenios Stimme. ,,Nicht, wenn man sich dazu entscheidet sich aktiv in den Krieg einzumischen." Der Spott, der in seinen Augen funkelte war fast schon beunruhigend.

,,Hm, klappt ja scheinbar doch, schließlich leben Rikai und ich noch", erwiderte Lilith schnippisch. Rikai wusste, dass sie kurz davor stand den Sohn des Erebos über Bord zu werfen. Wahrscheinlich bereute sie bereits die Skylla getötet zu haben. ,,Ja, aber lebt ihr wirklich, oder steht ihr mit einem Fuß noch an der Front." Rikai verdrehte die Augen über die Aussage. Evgenios konnte nichts davon beurteilen. Er hatte sich, feige wie er war, sowohl aus dem ersten, als auch den zweiten Krieg herausgehalten und sich irgendwo im Nirgendwo versteckt, während man Jagd auf die Halburgötter gemacht hatte.

Seine Augen weiteten sich überrascht, als Lilith ihre sonstige Zurückhaltung und Fassung verlor und Evgenios doch tatsächlich über Bord warf. Leider war kein Platschen zu hören, sondern lediglich ein verblüffter Aufschrei. Rikai schielte vorsichtig über die Reling. Er wollte schließlich nicht riskieren selbst im Wasser zu landen. Evgenios stand auf einer instabil aussehenden Plattform aus reiner Dunkelheit. ,,Naja, einen Versuch war es wert, oder?", versuchte Ikarus Lilith aufzuheitern. Die Halburgöttin seufzte enttäuscht. ,,Ich freue mich, wenn dieser Möchtegern-Halburgott endlich weg ist."

Eine Stille entstand, in der man lediglich hören konnte, wie Evgenios langsam versuchte wieder auf das Boot zu kommen. ,,Nýchta, komm hoch, wenn du nicht zurückgelassen werden willst. Ihr anderen geht wieder schlafen", wandte sich Rikai an sein Team. Lilith schlug ihm freundschaftlich auf den Hinterkopf. Er ließ es protestlos über sich ergehen und wedelte bloß mit der Hand. ,,Zwei Stunden habt ihr noch Zeit, bis die Sonne aufgeht. Husch, husch Kinder", sagte er sarkastisch.

Lilith blickte ihn unzufrieden an, als wollte sie ihn an seinen Schlaf erinnern, verkniff sich den Kommentar jedoch. ,,Natürlich, oh großer Anführer", witzelte sie. Ikarus schien ein Lachen zu unterdrücken und folgte Lilith. Evgenios fluchte bloß über irgendwelche Götter, nachdem er es geschafft hatte wieder an Bord zu kommen, und verzog sich schließlich ebenfalls.

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Und hiermit habe ich es geschafft Kapitel 18 fertigzustellen.
Ich hoffe natürlich, es hat euch gefallen :)
Schreibt mir gerne eure Meinung und Wünsche für die Geschichte ^^
Und ein schönes Neues Jahr allerseits!

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