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Gut vierzig Minuten später sah Chanel wieder aus wie aus dem Ei gepellt. Ihr weisses Fell glänzte in der Sonne, während wir auf einer Rasenfläche des Gutes standen, damit die Stute in der Sonne trockenen und dabei grasen konnte. Zur Kontrolle fuhr ich mit der Hand über ihren Körper. Das schneeweisse Fell mit den einzelnen kleinen braunen Einsprengseln war beinahe trocken. Dank ein wenig Schimmelshampoo sah Chanel aus wie ein Prinzessinnenpferd. Fehlte nur noch die wallende Mähne und Ohren, welche nicht an den Hals geklebt waren. Als ich sicher war, dass sie trocken war, führte ich sie auf den Putzplatz. Ich legte ihr die Schabracke des Waldstättengutes auf. Das dunkle Blau sah auf dem schneeweissen Fell sehr edel aus. Ich sattelte, zäumte und machte mich dann auf in die Springhalle um Abzureiten.
Aline sprang mit Red Africa schon, Florence hatte, wie ich, gerade erst die Halle betreten. Ich ritt schweigend meine Schrittrunden, Chanel wippte entspannt mit dem Kopf. In meinem Kopf kreisten ewig die gleichen Gedanken. Ich dachte an Angélique und Trendy Leva, an Lia und Marchesi und auch ein bisschen an mich und Chanel. Wenn mein Verdacht stimmte und Lia wirklich Schuld an Trendy Levas Tod war, würde sie noch andere Pferde töten? Und warum hatte sie genau Trendy Leva vergiftet? Mir schauderte, wenn ich daran dachte. Wie kaltherzig musste man sein, um ein Pferd zu vergiften? Ich wollte nicht wissen was in diesem Menschen vorging. Ich erblickt ein braunes Ohrenpaar über der Bande der Halle und wusste, dass dieses nur zu Marchesi gehören konnte. Kein anderes Pferd hier war so gross.
Chanel und ich waren beinahe fertig mit Abreiten, als Lia und Marchesi mit dem Abspringen begannen. Der Wallach war wie ausgewechselt. Er zuckte nicht mit der Wimper, als er brav über die Sprünge sprang. Keine Spur zu sehen von der gestrigen Panik. Der ist vielleicht gedopt, schoss es mir durch den Kopf. Jedes Pferd hatte einmal einen schlechten Tag, aber die Verwandlung war nicht zu glauben. Als ein schlaksiger Mann in Ann-Kathrins Alter mit einem wunderschönen, aber sehr hibbeligen Fuchs die Halle verliess, schob ich diese Gedanken beiseite. Die nächste Starterin war ich. Ich liess Chanel noch einmal den Oxer nehmen, dann liess ich sie am langen Zügel Schritt gehen. Innerlich ging ich den Parcours noch einmal durch. Er war nicht schwer, schon gar nicht mit Chanel.
Chanel trabte auf den grossen Springplatz. An der Bande standen mehr Leute als erwartet, aber das ignorierte ich gekonnt. Ich schob mein Bein zurück und gab Chanel die Hilfe zum angaloppieren. Der erste Sprung war ein schmaler Steilsprung. Ich lenkte Chanel darauf zu, die Stute spitzte die Ohren und sprang gekonnt darüber. Flüssig galoppierten wir nach links auf den gewaltigen Oxer, den zweiten Sprung, zu. Als Chanel auch diesen in einem gesitteten Tempo sprang, fiel mir auf, dass die Stute anders als sonst, nicht viel zu schnell rannte, sondern ein gutes Tempo hatte. Sie war immernoch schnell, aber nicht halsbrecherisch. Ich liess sie die enge Rechtswendung auf die Trippelbarre etwas weiter nehmen, als ich geplant hatte. Es gab für uns bessere Stellen um abzukürzen.
Der zweitletzte Sprung war ein Wassergraben. Wir waren schnell unterwegs gewesen und bis jetzt fehlerfrei. Ich drückte meine Waden an den Leib der Schimmelstute. Chanel legte zu und streckte sich. Mit einem flachen, aber weiten Sprung segelten wir über das Wasser und ich trieb sie, sobald ihre Hufe das Gras berührt hatten weiter an. Sie jagte auf den abschliessenden Steil zu und flog in hohem Bogen über die weiss-blauen Stangen. Kaum gelandet tätschelte ich ihr lobend den Hals. Ich warf einen Blick auf die Anzeigetafel. Fehlerfrei und schnell, was aktuell für uns den dritten Rang machte. Wir trabten vom Springplatz. Kurz hinter der Abschrankung parierte ich Chanel durch. Ich klaubte das Leckerlie aus der Tasche meines Jacketts und Chanel wandte ihren Kopf zu meinem Knie, um die Belohnung in Empfang zu nehmen. Ich lobte sie nochmal voller Stolz und wir ritten in die Abreitehalle.
Ich liess Chanel am langen Zügel austraben. Ich sah wie die stählernen Muskeln unter dem schneeweissen Fell arbeiteten, ich fühlte wie sich der Rücken bewegte. Ich sah auch dass kein bisschen Schweiss auf dem seidigen Fell lag. Die Stute strengte sich nicht einmal an. Kurz darauf kam Florence mit ihrem Apfelschimmel Westminster in die Halle. Die Brünette liess ihre Schultern hängen. Ich trabte mit Chanel zu den beiden hinüber. «Wie ist es gelaufen?», fragte ich, obwohl die Körperhaltung des Mädchens schon darauf schliessen liess, dass es nicht so gut gewesen war. «Er hat am letzten Sprung dreimal Verweigert. War aber auch fies, die Sonne hat stark geblendet.» Sie strich über die volle schwarze Mähne des Wallachs.
Als alle Reiter fertig waren, kamen alle Reiter auf den Springplatz, für die Verkündigung der Ränge. «Disqualifiziert wurden Florence Andermatten und Westminster, sowie Chiara Migliorati und Gexana. Trotzdem bitte ich um einen Applaus, die beiden Paare waren trotz Missverständnissen zwischen Pferd und Reiterin sehr talentiert.» Franz Schwerenhofs Stimme klang blechern aus den Lautsprechern. Ein leiser Applaus erhob sich. Ich legte Chanels Zügel auf ihren Hals und applaudierte ebenfalls. «Auf dem 11. Rang: Simone Weiss und Calypso.» Wieder Applaus. Franz las die Ergebnisse ab und das Publikum applaudierte höflich. Die nächsten Ränge belegten diverse Bereiter des Gutes. «Auf Rang acht: Lia Merlin Maier und Narrodini Marchesi Blù.» Wieder Applaus, während ich mich fragte ob ich mich verhört hatte: Hiess das Pferd von Lia wirklich Narrodini Marchesi Blù? Warum trug er den Nachnamen meiner besten Freundin? Ich beschloss ihr, sobald die Siegerehrung durch war, ein Nachricht zu schreiben.
«Auf dem fünften Rang: Mariella Cassis auf Ikarus.» Die Schwarzhaarige fiel ihrem kräftigen Fuchs um den Hals und lobte ihn überschwänglich, während das Publikum applaudierte. «Und auf Rang vier: Olivia Dreher mit Chanel du Versailles.» Voller Stolz lobte ich Chanel, welche nur den Kopf schüttelte, wie um zu sagen, dass mit einer weniger vorsichtigen Reiterin deutlich mehr drin gelegen wäre. Was vermutlich auch stimmte. «Und nun zum Podest. Auf dem dritten Rang: Aline Schwerenhof und Red Africa.» Je besser die Resultate wurden, desto lauter der Applaus. Der zweite Platz ging an den Bereiter, der gerade vor mir gestartet hatte. Sein wunderschöner Fuchs, welcher nervös herumtänzelte, hiess Dailan de Muze, wie ich erfuhr. «Und Sieger des heutigen Turniers ist Kevin Bürer mit Sterrehofs Champ of Glas.» Der Applaus war so ungehalten, das Chanel und Dailan de Muze erschrocken einen Satz zurück machten.
Hallo liebe Leute
Das ist das letzte der Kapitel, welches ich vorgeschrieben habe. Das heisst, dass ich sehr wahrscheinlich meinen Plan mit einem Kapitel pro Woche ganz sicher nicht einhalten kann. Ich bin fest entschlossen diese Geschichte zu einem würdigen Ende zu führen und werde deshalb posten, sobald ich ein weiteres Kapitel geschrieben habe.
Danke für euer Verständnis
SamiroCalisto
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