23~

Mir standen beinahe die Tränen in den Augen, als der Scheckwallach aus der Klinik geführt wurde. Er sah schrecklich aus: an seinem Unterbauch hatte sich ein Ödem gebildet, welches aber laut den zuständigen Tierärzten völlig normal war nach einer Operation. Sein Fell glänzte aber und sein wacher Blick glitt aufmerksam über das Szenario. Er spitzte die Ohren als er mich sah und wieherte freudig. Wir verluden Micky und fuhren zurück nach Hause. Die Tierärzte hatten uns genau erklärt was wir zu tun hatten und wie wir die Wunde pflegen mussten. Es war ein langer Weg zurück, aber alleine zu wissen, dass es ihm viel besser ging als noch vor einer Woche war schon eine Balsamkur für mein Herz.

Als wir den tapferen Schecken auf dem Waldstättengut abluden, war er zuerst völlig perplex. Er hatte erwartet wieder auf dem Auenhof zu sein. Ich führte ihn zum Hengststall, nahm mir aber viel Zeit, damit er sich alles ansehen konnte. Er war neugierig, aber auf keinen Fall ängstlich. Ich hatte erfahren dass er die Box zwischen Nashville und Schwanensee von Yvonne Sutter-Schwerenhof, der Dressurlegende und Mutter von Aline Schwerenhof, beziehen würde. Alternativ würde er zwischen Chanel und Red Africa stehen können, aber beide Stuten waren nicht besonders dafür bekannt sehr sozial zu sein. Nun, die Herren waren aber auch nicht besonders begeistert vom Schecken. Nashville versuchte im Gang nach ihm zu schnappen, dann donnerte er die ganze Zeit an die Boxenwand, aber Schwanensee war das grössere Übel. Der braune Trakeher versuchte über die Boxenwand zusteigen und Michelangelo zu vertreiben. Mein Wallach stand sichtlich unter Stress. Das Weisse war deutlich sichtbar in seinen Augen und er hatte die Nüstern weit gebläht. Ich schüttelte den Kopf, unfähig mir das noch länger anzusehen. «Hier steht er nicht. Er muss gesund werden und das geht so nicht.»

Ich packte den Strick und der Schecke folgte mir, erleichtert den beiden Streithähnen endlich entkommen zu können. «Mach dir aber nicht zu grosse Hoffnungen. Es hat einen Grund warum Chanel im Normalfall ausser der Wand keine Nachbarn hat», seufzte Carmen resigniert. «Aber wir müssen es versuchen. Ich kann ihn schliesslich nicht dort lassen.» Sie zuckte mit den Schultern. «Da hast du auch wieder recht." Die Box zwischen den beiden Stuten war nicht eingestreut, aber um zu schauen wie viel Theater das geben würde, reichte es. Red Africa beschnupperte ihn kurz, grummelte etwas und wandte sich wieder ihrem Heu zu. Chanel quietschte einige Male, allerdings schien sie den Schecken ausnahmsweise zu mögen. «Der ist echt ein Wunderpferd», kommentierte Carmen lachend, «Er kann sogar die grösste Diva um den Finger wickeln.» Ich tätschelte lobend den weiss-braun gefleckten Hals. «Er ist das unkomplizierteste Pferd, das ich kenne. Ich drehe sonst noch eine Runde über den Hof, dann kannst du einstreuen», schlug ich vor und wies mit der Hand auf die nur mit Matten ausgelegte Box. Carmen nickte. «So kann er ja nicht einziehen.» Michelangelo trottete lammfromm neben mir her.

Auf dem Gelände trafen wir schliesslich auf Franz. «Das ist also der Patient», meinte er und strich dem hübschen Wallach zur Begrüssung über den Nasenrücken. «Immer wieder eine Augenweide dieses Pferd», lobte er. Ich errötete leicht und Micky schnaubte empört. «Steht er also zwischen Schwanensee und Nashville?», fragte Franz, während er den Kopf eines hungrigen Michelangelos von seinen Hosentaschen wegschob. Ich verneinte und erklärte kurz wie die Hengste reagiert hatten. Auch von den positiven Reaktionen der Stuten erzählte ich. «Das ist gut. Für mich ist es kein Problem dass er dort ist. Es tut Chanel sicher auch gut, endlich mal jemanden zu haben, den sie mit ihrem Gezicke nicht verjagt», antwortete er mit einem ermunternden Nicken. «Hoffen wir er ist bald wieder Fit.» ich nickte und verabschiedete mich.

Als wir kurz später wieder im Stall waren, durfte Micky endlich seine frische Box beziehen. Er drehte sich mehrere Male darin um, inspizierte jede Ecke, scharrte dann etwas in den Sägespänen herum und wälzte sich dann ausgiebig. «Ihm gefällts», lachte ich und Carmen fiel mit ein. Später am Abend wusch ich noch die Narbe mit sauberem Wasser und die gute Seele Carmen kochte Mash für den Patient. Das Heu stopften wir in ein extra engmaschiges Heunetz, damit er ja nicht zu schnell frass, davor hatte man uns in der Tierklinik nämlich gewarnt. Aber aktuell sah es aus, wie wenn er auf dem Weg der Besserung war.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top