Das Innere der Tiefgarage
Wir hörten das mechanische Surren der sich schließenden Garage hinter uns und als dann auch das letzte bisschen Sonnenlicht verschwunden war, wussten wir, dass es nun kein Zurück mehr gab. "Jetzt gilt's!", erinnerte ich uns an den Ernst der Lage und wir zwei liefen im dunklen Gang dem LKW hinterher. Er fuhr fast bis zum Ende des Ganges und parkte dann rechts auf dem Parkplatz. Simon und ich versteckten uns nun hinter einer Säule auf der gegenüberliegenden Seite; also auf der linken Seite. So hatten wir eine sehr gute Sicht auf den LKW. Gespannt, ob Pokémon im LKW an Bord waren, beobachteten wir nun alles ganz genau. Die Türen öffneten sich und es kamen zwei Männer zum Vorschein. Beide gingen sofort hinten zum Laderaum und als sie die Türe geöffnet hatten, erfüllte plötzlich ein lautes Klagen und Weinen die Stille. Es waren die Schreie der Pokémon. "Haltet euer Maul!", schrie der eine Mann in den LKW hinein, doch natürlich bekamen die Pokémon nur noch mehr Angst. Der andere Mann sagte dazu: "Die werden noch früh genug zum Schweigen gebracht werden. Komm, bringen wir sie rein." Nachdem die beiden Männer darüber gelacht hatten, trugen sie die Käfige und Kartons aus dem Wagen und marschierten dann auf das Ende des Ganges zu, doch offenbar ging es da rechts um die Ecke, denn sie verschwanden nun aus unserem Blickfeld.
Geschockt über den rauen Umgangston gegenüber den Pokémon war ich zunächst fassungslos. Simon erging es ähnlich und fand zunächst auch keine Worte dafür. Dann entschuldigte er sich bei mir: "Du hast also doch Recht gehabt. Tut mir leid, dass ich dir anfangs nicht geglaubt habe." Da jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Entschuldigungen war, sagte ich: "Das ist jetzt egal. Machen wir lieber ein paar Fotos von den Pokémon!" Sofort sprangen wir auf und liefen zum LKW. Der Anblick so vieler kleiner unschuldiger Pokémon, der mir nur zu bekannt vorkam, war kaum zu ertragen. Mit etlichen Tränen in den Augen sahen uns die leidenden Pokémon an und schrien um Hilfe. Die Erinnerung daran, dass ich mein Vulpix abgegeben hatte, obwohl ich das Leiden im LKW schon damals gesehen hatte, schmerzte besonders. Es war kaum zu glauben, dass ich so gefühlskalt gewesen war. Wenigstens tat ich jetzt alles, um den armen Wesen zu helfen. "Wir werden euch da raus holen!", rief ich den Pokémon mit Zuversicht in meiner Stimme zu. Simon, der neben mir einige Fotos mit seinem Smartphone geschossen hatte, meinte nun: "Jetzt lass uns schnell abhauen und zur Polizei gehen." Da es mich aber noch interessierte, wo die Männer hingegangen waren, gingen wir nun selbst bis zum Ende des Ganges und sahen, dass es rechts tatsächlich noch weiterging. Der Weg führte zu einer Tür, die offenstand; vermutlich weil sie die Männer vorhin geöffnet hatten. "Das muss das Geheimversteck sein, wo sie die Pokémon hinbringen!", rief ich. Ich hatte mit meiner Vermutung also doch Recht gehabt. Dort musste auch mein Vulpix sein. Weil ich nun so weit gekommen und ich meinem Pokémon so nah war, kam ich ins Grübeln. Sollte ich durch diese Tür gehen und das Vulpix suchen? Vielleicht würde es nur noch ein paar Minuten zu leben haben. Simon zog mich nun am Ärmel und wollte verschwinden, was mir meine Entscheidung nicht wirklich leichter machte. Er sah mich auffordernd an: "Was gibt's da noch nach zu denken? Lass uns verschwinden, ehe wir entdeckt werden!" Ich widersprach ihm: "Aber meinst du, dass die Aufnahmen nur vom LKW genug sind? Wir haben jetzt die einmalige Chance, ins Innere der Tiefgarage vorzustoßen. Die sollten wir uns nicht entgehen lassen." "Was! Da kommen wir nie hinein, ohne dass uns jemand sieht! Du denkst doch nur wieder ans Vulpix! Es kann bestimmt noch ein paar Stunden länger warten.", rief er fassungslos zu mir. Doch ich konnte nicht länger auf die Rettung meines Vulpix warten. Ich sagte: "Du hast doch selbst gehört, dass sie die Pokémon umbringen wollen. Und mein Vulpix ist jetzt schon mehr als eine Woche hier. Es könnte jeden Moment zu spät sein!" Simon schien nach zu geben und fragte dann, wie wir es anstellen sollten. Ich hatte schon einen Plan: "Sobald die Männer zurückkommen, um weitere Pokémon hineinzutragen, schleichen wir uns hinein." Der Plan gefiel Simon überhaupt nicht: "Und was machen wir, wenn sie wieder reingehen?" "Wir können uns bestimmt irgendwo verstecken.", antwortete ich knapp, ohne mir weitere Gedanken darüber zu machen, dass es unter Umständen schwieriger werden könnte, als ich es mir gerade ausmalte. Aber im Moment war mir das allerwichtigste, dass ich mein Vulpix so schnell wie möglich in Sicherheit wissen wollte. Und was sollten die Männer uns schon antun können, wenn sie uns tatsächlich erwischen würden? Wir könnten jederzeit die Polizei rufen. Mit diesen Gedanken versuchte ich mich etwas zu beruhigen und so warteten Simon und ich wieder hinter einer Säule.
Nach nur paar Minuten kamen die zwei Männer wieder zurück und gingen wieder zum LKW, um die übrigen Pokémon zu entladen. Das war unsere Chance! Wir schlichen uns leise zur Tür und landeten in einem engen Gang, der, obwohl er an der Decke beleuchtet war, nicht wirklich heller als die Tiefgarage war. Wir stellten fest, dass es hier mehr als übersichtlich war. Es gab genau drei Türen; eine links, eine rechts und eine am Ende des Ganges. "Oh Mann. Hoffentlich können wir uns in den Räumen irgendwo verstecken, denn hier finden sie uns ja sofort.", hörte ich Simon mit Anspannung sagen. Wir wollten also keine Sekunde mehr verlieren und wollten uns jetzt umsehen. Dazu öffneten wir die rechte Tür, doch als ich vorsichtig hineinsah, machte ich augenblicklich diese wieder zu. "Hey, was soll das? Wollten wir uns nicht umsehen?", sah mich Simon überrascht an. Erschrocken über das, was ich gerade gesehen hatte, war ich zunächst still. Simon sah mich mit großen Augen an und fragte: "Was hast du denn gesehen?" Ich antwortete: "Der Raum war mindestens so groß wie die Fabrikhalle, die ich mit der Polizei gestern besichtigt hatte. Und darin sah es genauso aus, was echt etwas seltsam ist. Und natürlich war der Raum voll von Arbeitern." Jetzt verstand Simon meine Panik: "Dann hoffen wir jetzt lieber mal, dass uns niemand bemerkt hat. Immer noch etwas verwirrt, was dieser Raum sollte und wieso er identisch zu der Fabrikhalle war, bemerkte ich nicht, dass Simon bereits die linke Tür geöffnet hatte. "Leon, schau dir das mal an!", rief er mich hinzu und ich trat dann ebenfalls in den Raum. Der sich uns nun botende Blick war noch mal um einiges schlimmer, als der Anblick im LKW. Es war beängstigend schlimm! Simon sah entsetzt zu mir: "Siehst du das?" Stumm nickte ich. Es war ein Albtraum!
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