12. No Boyfriend
"Hi", grinste ich den Lockenkopf mir gegenüber an.
"Na, Lust auf ein bisschen Spaß?", antwortete Harry dreckig grinsend, und ich winkte ihn hinein.
"Immer doch mein Herr, immer doch!" Er zog sich die Schuhe und den Mantel aus, und in mir kribbelte schon alles in der Aussicht, endlich mal wieder bei vollem Bewusstsein Sex zu haben. Durch meine Skepsis gegenüber festen Beziehungen und der Liebe hatte ich eher selten die Chance dazu, denn One-Night-Stands hatte man bekanntlich, wenn man zu tief ins Glas geschaut hatte, und die Erinnerung verschwamm dann öfter mal ein bisschen. Gut, ein bisschen sehr.
Als er sich endlich aus dem Mantel geschält hatte, ergriff ich das Wort.
"Den Rest will ich aber ausziehen!", flüsterte ich mit rauer Stimme und stellte zufrieden fest, dass er eine Gänsehaut bekam. Er kam auf mich zu und drückte mich gegen die Wand.
"Nur, wenn ich dich auch ausziehen darf", gab er im selben Tonfall zurück und drückte dann bestimmend seine Lippen auf meine. Ein erregtes Kribbeln durchfuhr meinen Körper, und ich merkte, wie sehr ich diese rein körperliche Nähe vermisst hatte. Das war jetzt genau das Richtige für mich.
Ich küsste heftig zurück und es dauerte nicht lange, bis ich durch seine massierenden Lippen seine Zunge spürte, die nach Eintritt in meinen Mund verlangte. Bereitwillig auf das Spiel eingehend öffnete ich meinen Mund ein Stück weit und sofort spürte ich seine Zunge meinen Mund erkunden. Unsere Hände blieben nicht untätig, während wir uns langsam aber sicher in Richtung Schlafzimmer bewegten.
Piiiiiiiiep! Piiiiiiiiiiiep!
Schon wieder ein neuer Klingelton? Ich hasste meinen Wecker! Müde versuchte ich mich aufzurichten, bemerkte dann aber, dass irgendetwas, beziehungsweise irgendjemand mich festhielt. Ich konnte ein entsetztes Aufkreischen gerade noch unterdrücken als ich sah, dass es nur Harry war. Puh, Glück gehabt. Vorsichtig löste ich seine Finger von mir, um den Wecker aus zu stellen. Endlich verklang das nervige Piepen, und ich stand auf, während Harry sich noch einmal umdrehte und sich an ein Kissen klammerte. Niedlich, hihi. Sollte ich ein Foto machen und ihn damit irgendwann mal erpressen? Nur für den Notfall natürlich? Ja, sollte ich!
Schnell nahm ich mein Handy vom Nachttisch, tapste vorsichtig um das Bett herum und machte gefühlte tausend Fotos von dem schlafenden Sänger, damit man auch ja sein Gesicht erkennen konnte. Zufrieden kichernd machte ich mich schließlich auf den Weg ins Bad, um zu duschen und richtig wach zu werden. Heute war ein langer Tag, und ich musste bald in die Uni.
Nachdem ich mich fertig gemacht hatte, beschloss ich, Harry zu wecken, um ihn nicht allein in der Wohnung zu lassen, wenn ich zur Uni ging. Ich traute ihm zwar nicht zu, dass er irgendetwas klauen würde, aber meine liebe Freundin Jess klingelte öfter mal an meiner Wohnungstür und wenn Harry aufmachen würde, was ich ihm locker zutraute, würde er höchstwahrscheinlich nicht überleben, und das wäre gar nicht mal so schön. Und zwar nicht, weil ich so an ihm hing, sondern weil ich ihn brauchte und er gut im Bett war, muhahaha. Tja, morgens war ich irgendwie noch nicht so ganz auf meiner hilfsbereiten Schiene angekommen.
"Aufwaaaaachen, Harry-Schatziii!", flötete ich und schmiss mich neben ihn aufs Bett.
"Waaaarrrmmhppff?!", machte er und schlug die Augen auf. Naja, er versuchte es eher, er schien nicht wirklich wach zu sein und sah mich mit müden, zu Schlitzen verzogenen Augen an.
"Wiesoweckstumich?", nuschelte er.
"Ich muss zur Uni, du Schlaukopf, und ich wette, du hast auch irgendetwas zu tun!", grinste ich und drehte mich auf den Rücken.
"Jaja", murrte er. "Kann ich nicht einfach den ganzen Tag hierbleiben?"
"Vergiss es", grinste ich. "Stell dir mal vor meine verrückte Directioner-Freundin würde hier klingeln!" Er machte große Augen, als es in diesem Moment klingelte. Fuck, wer konnte das sein? Bitte nicht Jess, bitte nicht!
"Okay Harry, zieh dir bitte was an und versteck dich irgendwo, schließ dich im Bad ein, keine Ahnung", erklärte ich hektisch und lief dann zur Wohnungstür.
Bitte Gott, lass es nicht Jess sein! Ich öffnete, immer noch betend, die Tür.
Holy Shit, Gott mag mich einfach nicht, eindeutig. Dauernd lässt der mich im Stich!
"Hey Jess", lächelte ich die Blonde vor mir gezwungen an.
"Hi, habe ich meinen rosa Lidschatten bei dir vergessen?", erkundigte sie sich.
"Ähm, ich schau mal kurz..." Scheiße, Harry war doch im Badezimmer!
"Ne, ich kann ihn schnell holen, und bin dann gleich wieder weg, du musst sicher noch essen!"
"Aber...!", wollte ich protestieren, aber sie ging einfach an mir vorbei, geradewegs ins Badezimmer. Mist.
"Aaaargh!", ertönte kurze Zeit später der erwartete Schrei aus meinem Bad. Nur Sekundenbruchteile später kam Jess mit ihrem Lidschatten in der Hand aus dem Bad gestürmt.
"Du hast mir nicht erzählt, dass du einen Freund hast!", kreischte sie. Ein Freund?! Ich?! Never!
"Freund?", fragte ich vorsichtig nach.
"Ja, der Typ, der gerade geduscht hat!" Harry hatte geduscht?! Schlauer Kerl, das musste man ihm lassen.
"Ähm, also das ist..." Verdammt, lass dir was einfallen, Sara!, schimpfte ich mich. Ich brauchte irgendeine plausible Erklärung. War ja schonmal gut, dass sie ihn nicht erkannt hatte.
"Ach, das muss dir doch nicht peinlich sein, ich wusste, du bekommst auch irgendwann mal einen Typen ab", lächelte sie freundlich. Nein Jess, ich werde nie mit diesem treulosen, perversen, ähm ... Sänger zusammenkommen!
"Du verstehst das falsch...!", wollte ich ihr diese Annahme ausreden. Vielleicht mochte sich das erstmal blöd anhören, denn es war auf den ersten Blick leichter, sie einfach in diesem Glauben zu lassen. Es gab damit jedoch ein Problem: Jess war eine der größten Labertaschen und Sensationsverbreiterinnen, die ich kannte. Von den drei Lästerschwestern natürlich abgesehen, tratschte sie den ganzen lieben langen Tag lang. Am liebsten natürlich über den Typen, den sie gerade in meinem Bad gesehen hatte, aber wenn sie eine weltbewegende Neuigkeit erfuhr, wie beispielsweise „Sara hat endlich einen Freund", wusste es bestimmt innerhalb von einer halben Stunde die gesamte Uni, inklusive Professoren. Tja, und was dann? Da hatte ich nicht so viel Lust zu, ehrlich gesagt.
"Ooh, willst du noch nicht, dass alle es erfahren?", fragte Jess erschrocken.
"Nein, also doch." Naja, das war doch schon mal was. Ausdrückliche Geheimnisse waren das Einzige, das vor Jessicas Plappermaul geschützt war. "Also bitte verrate es niemandem, wirklich niemandem, ja?" Gespielt flehend sah ich sie an. Okay, nicht ganz so gespielt, sie sollte es ja wirklich niemandem erzählen.
"Oh my gosh!", freute sie sich und nickte dann. "In Ordnung, aber du musst mir unbedingt noch von ihm erzählen! Na ja, ich muss jetzt zur Uni, bis dann!" Sie umarmte mich schnell und war dann direkt wieder aus meiner Wohnung verschwunden. Erleichtert atmete ich auf. Das war gerade nochmal gut gegangen.
"Du kannst rauskommen!", rief ich Harry zu, der nun scheinbar fertig war mit dem Duschen, das Wasser rauschte jedenfalls nicht mehr.
Ich ging in die Küche, um etwas zu essen vor dem anstrengenden Tag, und packte mir noch einige Joghurtpackungen in meine Tasche. Nur für den Fall der Fälle.
"Deine Freundin ist echt schlimm", sagte plötzlich Harry, der an den Küchentürrahmen gelehnt stand, mit verstrubbelten, feuchten Haaren. Uuh, heiß.
"Ich sag's ja", grinste ich und ging auf ihn zu. "Willst du auch was zu essen?" Er grinste und stieß sich vom Türrahmen ab.
"Immer wieder gern!" Mit diesen Worten küsste er mich und brachte sofort seine Zunge mit ins Spiel. Ich erwiderte ohne zu zögern und vergrub meine Hände in seinen Haaren, während seine Hände zu meiner Taille wanderten und er mich an die Küchenablage drückte. Ich schlang meine Beine um seine Hüften, um ihm noch näher zu sein, und er unterdrückte ein Keuchen, als ich mich spielerisch an ihn drückte. Seine Lippen fuhren meinen Hals entlang und saugten ein wenig an meiner Haut. Kurze Zeit später löste er sich zufrieden von mir und grinste. Verdammt, hatte der mir gerade einen Knutschfleck verpasst?! Na danke! Ich befreite mich von ihm und lief ins Bad, wo ich mich im Spiegel betrachtete. Vorsichtig betastete ich den roten, unübersehbaren Fleck auf meinem Hals.
"Du Arsch!", schrie ich in Richtung Küche, konnte ein Lächeln aber nicht verhindern. Blödmann, der konnte wohl gar nicht anders.
"Was denn?", fragte er von der Tür aus und stellte sich stolz lächelnd hinter mich. "Sieht doch super aus!" Seine Hände wanderten auf meine Taille und ich sah erneut in den Spiegel. Jetzt fehlte nur noch, dass er seinen Kopf auf meine Schulter legte und dann... Na toll, wir sahen aus wie ein frisch verliebtes Paar. Ist ja schlimm! Ich grummelte irgendetwas Unverständliches und wollte mich von ihm lösen. Allerdings verhinderte er das, indem er mich festhielt.
"Ich muss zur Uni!", protestierte ich.
"Aber du siehst gerade so süß aus!", schwärmte er und ließ seine Hände noch weiter runter wandern. Süß... Ja ja, wer's glaubt wird selig... Wer's nicht glaub kommt auch in den Himmel.
"Nein mal im Ernst Harry, ich muss los", versuchte ich verzweifelt, mich von dem Sänger zu befreien. Vergeblich, denn als ich dachte, er würde seine Finger endlich von mir nehmen, rutschten diese einfach nur noch tiefer. Dieser Mann war ein Arschloch, eindeutig. Und sexsüchtig, aber das sollte mir egal sein, solange er das zu den richtigen Zeiten war. Das hier war nicht die richtige Zeit! Aber okay, dann musste ich wohl irgendwie anders von ihm loskommen... Ich drehte mich zu ihm um, und er grinste mich an. Wahrscheinlich dachte er, er habe jetzt gewonnen. Innerlich lobte ich mich schon mal für meinen Taktikwechsel. Das kannst du vergessen, Harrylein!
"Okay, aber mach schnell", grinste ich ihm dreckig ins Gesicht und er nickte freudig. Sofort stürzte er sich auf mich und begann, mich zu küssen. Diesmal versuchte ich allerdings, nicht wie sonst einfach in den Kuss zu versinken, sondern behielt meinen klaren Verstand. Was bei Harrys Küssen schwierig war, aber das würde ich schon irgendwie schaffen. Ohne dass er es merkte, drehte ich uns, sodass ich nun näher an der Tür dran war, und er vor dem Spiegel stand. Dann ging ich Schritt für Schritt in Richtung Haustür und lenkte Harry ab von dem was ich tat, in dem ich eine Hand unter sein Shirt wandern ließ und die Muskeln, die sich auf der Haut abzeichneten, mit dem Finger nachfuhr. An der Haustür angekommen stieß ich ihn von mir weg und grinste.
"Nix da! Du darfst gleich nachhause gehen!"
"Aber...!", wollte er protestieren, aber ich drückte ihm einen Finger auf die Lippen.
"Ne lass mal, war ja nicht das letzte Mal!" Er hielt seinen Mund und ich sah zufrieden zu wie er seine Schuhe und seinen Mantel anzog sowie seine Mütze aufsetzte. Unter dem Mantel konnte er wenigstens seine Erregung gut verstecken.
"Tschau!" Er küsste mich noch einmal kurz, und öffnete dann die Tür zum Hausflur.
"Bye!", rief ich ihm grinsend hinterher, als er die Treppen hinunterging und schloss die Tür, nachdem ich seinen ausgestreckten Mittelfinger betrachten durfte. Witziger Typ, aber echt.
Ich eilte ins Bad, um den Knutschfleck weg zu schminken und meine Frisur und mein Make-Up zu richten, weil diese durch Harry leicht verunstaltet worden waren. Anschließend nahm ich meine Tasche mit meinem Laptop, packte mein Essen hinein und schulterte sie. Die Wohnungstür schloss ich ab und lief dann die Treppen hinunter, auf dem Weg zur Uni. Hoffentlich würde das im Tonstudio heute nicht ein absolutes Desaster werden.
Hallo ihr Lieben,
hier nun das neue Kapitel für euch. Ich hoffe euch hat die Action mit Harry gefallen.
Wie fandet ihr den Auftritt von Jess? Und wie wird wohl die Eröffnung des Tonstudios laufen? Habt ihr Ideen, was dort passieren könnte?
Liebe Grüße und bis bald
Catrifa xx
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