8. | Gespräche am See (1/2)
Hermines POV
Nach wie vor Hand in Hand schlenderten Malfoy und ich auf das Ufer des großen Sees zu. Dort setzte er sich auf jenen Baumstamm, auf dem ich zuvor alleine gesessen hatte, bevor ich ihn laut seufzen gehört hatte und zu ihm gegangen war.
Ich nahm dicht neben ihm Platz, da der Stamm nicht gerade groß und definitiv nicht für zwei Personen gedacht war, doch diese Nähe zu ihm machte mir nach der Umarmung von vor wenigen Minuten nichts mehr aus.
Weil ich nun nicht länger Angst haben musste, aufgrund meiner zu weichen Knie zusammenzuklappen, entzog ich ihm meine Hand, was ihn zu meiner Verwunderung etwas enttäuscht dreinschauen ließ, doch ich wollte beim besten Willen nicht händchenhaltend neben ihm, dem eigentlichen Feind, sitzen. Erstens, weil er nicht mein Freund war und zweitens, weil ich dann sowieso nichts hätte sagen können, da seine Berührungen mich das Sprechen verlernen ließen und sämtliches rationales Denken aus meinem Gehirn schwemmten.
Ich ließ meinen Blick über seine Gestalt wandern und blieb an einem dunklen Fleck auf seinem Umhang hängen, den ich eine Weile begutachtete.
„Ein kleines Missgeschick mit dem Kaffee... Lange Geschichte.", erklärte er schließlich auf meinen verwirrten Gesichtsausdruck hin und schmunzelte.
„Also... dann leg mal los." „Was willst du denn hören?", hakte ich nach, da ich nicht so recht wusste, wo genau ich mit meiner Erzählung anfangen sollte.
„Alles. Alles, was dich momentan belastet."
Seine Worte halfen mir nicht gerade weiter, doch ich beschloss dennoch, einfach auf mein Herz zu hören und ihm dieses, da er ja darauf bestand, auszuschütten.
„Es ist einfach alles ein bisschen viel in letzter Zeit, weißt du? Seit dem neuen Schuljahr ist alles so anders und der Krieg hängt mir immer noch total nach, wodurch sich der Alltag in Hogwarts im Vergleich zu den Jahren zuvor stark verändert hat. Meine gute Laune ist einfach weg und alle anderen tun fast so, als wäre alles normal und gut, aber das ist es nicht. Nicht für mich. Dass ich dann auch noch ausgerechnet mit dir das Projekt machen musste, hat mir ehrlich gesagt den Rest gegeben, aber letzten Endes war es ja doch irgendwie...lustig und...hat...Spaß gemacht...", lächelte ich ihn verlegen an, dem er mir schmunzelnd und mit einem Nicken zustimmte.
„Die Trennung von Ron hat mich auch immer sehr beschäftigt und auch wenn ich mittlerweile das Gefühl habe, langsam aber sicher über ihn hinwegzukommen, fühle ich mich trotzdem alleingelassen und einsam. Harry und Ginny kleben ständig aneinander, was die Sache nicht gerade leichter macht und ich komme mir immer vor wie das fünfte Rad am Wagen. Sie versuchen zwar ständig, mich mit nach Hogsmeade zu schleifen, aber ich hab jedes Mal abgelehnt, weil ich einfach keine Lust auf Alkohol und Feiern habe... Auch wenn es für einen Abend vielleicht helfen mag, aber es ändert trotzdem nichts an der Gesamtsituation..."
Ich stoppte an dieser Stelle und atmete tief ein und aus, da ich mich fast in Rage geredet hatte, was zwar an sich nicht wirklich untypisch für mich war, doch Malfoy ununterbrochen zu bequatschen war mir dann doch zu neu.
„Warum bist du heute aus der Halle gestürmt?", nutzte dieser mein Schweigen und zwang mich somit, mich ihm noch weiter zu öffnen.
„Harry und Ginny wollten wissen, wo ich gestern Abend war, weil ich ja nicht wie angekündigt in der Bibliothek gewesen bin. Ich hab nicht geantwortet, weil ich der Meinung bin, dass sie nicht immer alles wissen müssen, aber sie haben einfach nicht locker gelassen. Das wurde mir irgendwann zu viel, also bin ich abgehauen."
„Sie wissen also nach wie vor nichts von unseren Treffen?", wollte Malfoy darauf wissen und ich verneinte seine Frage mit einem Kopfschütteln, ehe ich peinlich berührt zu Boden sah.
„Weil du dich dafür schämst?"
„Nein!", antwortete ich sofort. „Es ist nur so, dass... allen voran Harry nicht gerade erfreut darüber wäre, wenn er erfahren würde, dass wir uns heimlich treffen. Er würde uns beide vermutlich ins nächste Jahrhundert fluchen wollen und das will ich uns dann doch irgendwie ersparen. Außerdem.... ach, keine Ahnung... Ich...Ich hab das Gefühl, ich lerne eine neue Seite an dir kennen. Ich sehe nicht mehr diesen arroganten, eingebildeten, versnobten, selbstverlieb-"
„Jaja, reicht schon wieder!", unterbrach mich jener teils genervt, teils belustigt, ehe ich fortfuhr.
„-Trottel in dir, sondern einen ehrlichen und aufrichtigen Kerl, der einfach wie viele andere eine scheiß Vergangenheit und, wie du selbst gesagt hast, die falschen Eltern hat. Und... naja... ich glaube, dass..." Merlin, ich kann nicht glauben, dass ich das gleich sagen werde. "...dass ich diesen Draco Malfoy mögen könnte. Das würde ich gerne herausfinden und zwar ohne, dass Harry oder sonst jemand mir dazwischenfunken und mich beeinflussen könnte."
Scheiße Scheiße Scheiße, Hermine!! Warum zur Hölle sagst du ihm das? Er wollte doch nur wissen, ob du dich dafür schämst, mit ihm Zeit zu verbringen! Wieso hast du nicht einfach 'ja' gesagt und bist abgehauen?
Ich wollte nur noch im Erdboden versinken und mir für meine verdammte Ehrlichkeit eine Ohrfeige verpassen, denn mein Geständnis war ja wohl mehr als peinlich gewesen. Ich rechnete damit, dass er mich auslachen und verspotten würde, doch das blieb aus.
„Was hast du gesagt?", fragte er stattdessen und ich war mir nicht ganz sicher, ob er es aufgrund meines Stotterns tatsächlich nicht verstanden hatte, oder mich einfach nur bloßstellen wollte, indem ich erneut zugeben sollte, dass ich den Malfoy, der er in den letzten Tagen war, ... nun ja... mochte.
Gerade als ich zum Antworten ansetzen wollte, funkte er mir dazwischen und ergriff ein weiteres Mal das Wort, wofür ich ihm sehr dankbar war.
„Du...Du könntest das, was ich in den letzten Tagen war, tatsächlich... mögen?"
Ich zuckte zuerst nur mit den Schultern und nickte kaum merklich mit dem Kopf, ehe ich ihm entschlossen antwortete: „Ja, ich... ja! Kann ich."
„Warum?", fragte er ungläubig und verzog dabei fragend das Gesicht.
Frag dich das doch selbst, du Idiot! Immerhin bist einzig und allein DU schuld daran, dass ich mir mehr Gedanken um dich mache als ich sollte!
Statt ihm meine Gedanken lauthals ins Gesicht zu schreien, überlegte ich fieberhaft, wie ich mich am besten und vor allem ohne Beleidigung ausdrücken konnte.
„Weil du so ganz anders bist als früher und mir eine andere, eine nette Seite an dir zeigst. Und ich... also, ich denke mal, dass das dein wahres Ich ist und... ich würde gerne mehr über diese Seite erfahren, weil ich glaube, dass hinter diesen ganzen dummen Sprüchen gar kein Idiot steckt. Ich meine... komm schon, du sitzt hier mit einem Schlammblut, das du tröstest und dem du hilfst, das hättest du bis vor wenigen Monaten doch niemals getan."
Dracos POV
Nicht nur die Art, wie sie das Wort 'Schlammblut' aussprach, ließ mich zusammenzucken, sondern auch der Rest ihres Satzes. Dass sie das so sah, war logisch, denn sie hatte in den letzten Jahren nie etwas von meinen Handlungen mitbekommen - abgesehen von den schlechten natürlich - und dennoch schmerzte mir ihre Sichtweise, da sie so falsch war wie die Zeitungsartikel von Rita Kimmkorn.
Ich musste mich stark zusammenreißen, ihr nicht einfach die ganze Wahrheit ins Gesicht zu spucken, doch ich gestand mir schließlich selbst ein, dass ich damit noch warten musste.
„Menschen ändern sich eben.", war daher mein knapper Kommentar, doch weil ihr das offenbar viel zu ungenau war, hakte sie weiter nach.
„Warum auf einmal? Ich meine, zu Zeiten des Krieges warst du noch ein stolzer und überzeugter Todesser, also seit wa-"
„SPINNST DU?", unterbrach ich sie, wodurch sie erschrocken zusammenfuhr und mich völlig überrumpelt anstarrte.
„Du denkst doch nicht ernsthaft, dass ich stolz darauf war, einer von denen zu sein, oder? Du denkst doch nicht ernsthaft, dass ich das alles freiwillig gemacht habe!"
„I-Ich-", fing sie stotternd an, doch ich fiel ihr erneut ins Wort.
„Nein, Granger! Du hörst mir jetzt zu! Wenn ich mir eines nicht unterstellen lasse, dann, dass ich ein überzeugter Todesser war oder bin oder was auch immer! DAS hier...", keifte ich und entblößte meinen linken Unterarm, sodass das dunkle Mal zum Vorschein kam. „...beweist gar nichts! Ich wollte das nicht, okay? Der dunkle Lord wollte sich einzig und allein an meinem Vater rächen, weil er die Sache im Ministerium damals so verbockt hat und die Prophezeiung um ihn und Potter zerstört wurde. Weil mein Alter aber sofort nach Askaban geschickt wurde, hat er seinen Frust an mir ausgelassen, mich mit diesem grässlichen Mal bestraft und mir diesen Auftrag erteilt! Also hört doch alle endlich auf, irgendwelche Lügen zu verbreiten, wenn ihr keine Ahnung habt, verdammt! Ihr wisst nicht, wie es in mir aussieht! Ich wollte das alles nicht, klar?"
Ich beendete meine wütende Rede und erst dann fiel mir auf, wie stark die Emotionen mit mir durchgegangen waren. Ich konnte nicht glauben, dass ich das gerade preisgegeben hatte, doch noch schlimmer war, dass ich sie dabei angebrüllt hatte und das, obwohl sie nichts dafür konnte.
Gut, sie hatte mich als Todesser bezeichnet, was ich ja auch war, aber ich war keineswegs stolz darauf oder überzeugt davon und das hatte ich ihr einfach klarmachen wollen. Dass das so eskalieren würde, hatte ich ja nicht ahnen können, doch ich bereute meinen Ausbruch sofort.
„Tut mir leid, ich... ich hätte dich nicht so angehen dürfen, es ist nur... ich...", stotterte ich entschuldigend vor mich hin, doch nun war es an Granger, mir ins Wort zu fallen.
„Nein, mir tut es leid! Ich hätte das nicht sagen sollen, es war falsch von mir. Ich wusste ja nicht, wie es wirklich war und ehrlich gesagt schockiert mich das gerade und..." Sie machte eine kurze Pause, in der sie meinen immer noch entblößten linken Unterarm in ihre Hand nahm und mit ihrem Daumen über das schwarze Tattoo fuhr, was mein Herz unzählige Takte schneller schlagen ließ. „...und du hast recht, es beweist gar nichts. Ich glaube dir. Also, dass du das alles nicht wolltest. Und ich glaube daran, dass du dich ändern kannst, wenn du es wirklich willst."
Mittlerweile hatte sie ihre Augen wieder auf meine gerichtet und schenkte mir ein süßes Lächeln, das ich anfangs etwas beschämt und schließlich erleichtert erwiderte.
Und ich wiederhole mich: wenn du wüsstest...
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