Kapitel 3


Für alle, die heute im Impfzentrum
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Sobald sich schnaufend die Abteiltüren öffnen, wird es hektisch. Der Zug erwacht zum Leben. Schülerinnen und Schüler, nun alle in ihre Schulumhänge gehüllt, springen aus dem Zug und verteilen sich auf dem Bahngleis. Durch die Scheibe sehe ich, wie die älteren Schüler relativ zügig den Bahnsteig verlassen, während die Erstklässler von einem riesigen Kerl zusammengetrieben werden.

„Der ist ja groß", murmle ich und starre den bärtigen Kerl mit offenem Mund an. Er ist bestimmt über zwei Meter fünfzig groß, wenn nicht sogar größer.

„Hagrid, unser Wildhüter." Vi streift sich den Umhang über und schiebt die Abteiltür auf. „Er unterrichtet auch Pflege magischer Geschöpfe."

Cassie grinst und schlüpft aus dem Abteil. „Er ist schrullig, aber cool. Letztes Jahr hatten wir ein Einhornfohlen im Unterricht."

Ich sehe sie mit großen Augen an. „Ich habe noch nie ein echtes Einhorn gesehen."

„Na, dann halte dich an Hagrid. Komm mit." Vi nimmt mich am Arm und schleift mich hinter sich her aus dem Zug. Wir folgen Cassie und einer Gruppe Fünftklässler, die offensichtlich zu unterschiedlichen Häusern gehören, denn ihre Umhänge haben ganz unterschiedliche Farben am Saum. „Henry Morrison, Sander Jacobs und Cas spielen bei uns im Ravenclaw-Quidditch-Team. Das heißt, Sander würde gerne spielen. Er saß im letzten Jahr eher auf der Ersatzbank herum. Henry ist ganz gut." Dann nickt sie zu dem blonden, etwas pummeligen Mädchen neben Cassie. Sie ist nicht in Ravenclaw, das erkenne ich am gelben Rand ihres Umhangs. „Hermione Smith. Aber alle nennen sie Mimi. Sie spielt auch, in Hufflepuff."

Bei Merlin, spielen denn hier alle dieses verfluchte Spiel?!

Am Ende des Bahnsteigs ist ein großer Platz auf dem eine Menge pferdeloser Kutschen stehen. Nach und nach steigen die Schüler ein, und ich sehe inmitten von ihnen einen sehr, sehr kleinen Zauberer, der das Ganze zu dirigieren scheint. Nicht weit von uns entfernt steht die Gruppe Slytherins von vorhin, allen voran der Schul-Ghul, und beäugt das Prozedere argwöhnisch. „Oh, diese elendige Warterei! Kann man das nicht abschaffen?! Portschlüssel, oder so?", fragt das hochnäsige, hellblonde Mädchen.

Der Kumpel vom Gorilla sieht sie gelangweilt an. „Du kannst nach Hogwarts nicht apparieren", sagt er und sein Blick fällt auf Vi und mich, „Gilt auch für Portschlüssel." Dann kräuseln sich seine Nasenflügel, als ob er einen unangenehmen Geruch in der Nase hätte.

Der Schul-Ghul selbst steht immer noch neben ihr und starrt argwöhnisch in Richtung der pferdelosen Kutschen. Als ob er diesen Kutschen nicht über den Weg trauen würde. Dann reißt er plötzlich den Kopf herum und starrt uns an. Sein Blick bohrt sich quasi in mich hinein und mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter.

Das blonde Mädchen stöhnt genervt und schlingt ihm einen Arm um die Taille. Sly McDougal wendet den Blick von uns ab und lässt sich von ihr küssen.

Vi schnaubt angewidert. „Oh, diese Susie Fletcher!"

„Was hast du gegen sie?"

„Nichts, was wirklich wirkt."

Ich hebe eine Augenbraue und schüttele das unangenehme Ziehen im bauch, das McDougals Blick in mir ausgelöst hat, ab. „Ich bin ziemlich gut im Elixire brauen...", biete ich gleichmütig an und Violett lacht glucksend auf.

Evans?"

„Hast du einen Lieblingszaubertrank?", fragt sie und ihr Grinsen wird breiter. „Ich frage nur, damit ich weiß, worauf sie Fletchie einstellen kann..."

Evans!!"

Jetzt horche ich auf, als der Name ein zweites Mal über den Bahnhof donnert. Sämtliche Köpfe rucken hoch, auch ich schaue automatisch in Richtung der Erstklässler, wo Hagrid mit einer Feder und einem langen Pergament steht und herumfuchtelt. „Aurora Evans?", ruft er, „Kann doch nich sein, dass mir eine durchwischt is...", murmelt er nun etwas weniger laut, aber doch laut genug, als dass ihn alle verstehen.

Vi sieht mich irritiert an. „Bist du das, Rory?"

Ich schließe kurz die Augen und nicke. Alle starren mich. Natürlich bin ich das. Das kann doch nicht wahr sein... Stehe ich auf der Erstklässler-Liste?

Ich löse mich aus meiner Starre und laufe den Bahngleis zurück zu der Traube Erstklässler, die ich um einiges überrage. In meinem Rücken spüre ich sämtlich Augen, allen voran die Augen der Slytherins.

Hagrid sieht mich erstaunt an. „Na, is es denn zu fass'n? Nach all den Jahr'n endlich 'ne Riesin in der Schule?"

„Ich bin keine Riesin.", erwidere ich trocken und sehe zu ihm hinauf. Sein Bart ist dick und buschig und er hat freundliche, dunkle Augen.

„Das sag'n se alle."

„Ich bin der Sechsten. Das ist ein Missverständnis..." Ich zucke mit den Schultern und will in meine Tasche greifen, aber der Brief der Schulleiterin ist in meinem Rucksack und den habe ich im Zug gelassen – wie Violett es gesagt hat.

Hagrid mustert mich unschlüssig. „In der Sechsten?"

„Ich wechsele von Ilvermorny hierher." Es ist ein müder Erklärungsversuch. Ich rede leise, weil ich nicht will, dass es jeder direkt mitbekommt. Ein paar Erstklässler bekommen riesige Ohren, aber ich denke nicht, dass sie alles verstanden haben.

Jetzt beginnt er, hektisch sein Pergament durchzugehen „McGonagall hat mir nix aufschrieb'n."

„Meinen Sie, ich denke mir das aus?"

„Nee", macht er gedehnt. Dann sieht er zu den Erstklässlern und sagt: „Ihr wartet hier. Wehe ihr macht auch nur einen winzigen Mucks. Dann wachsen euch Schweineschwänze!"

Ein paar der Kleinen quietschen erschrocken auf. Ich muss mir ein Lachen verkneifen. Auf gar keinen Fall wird er ihnen Schweineschwänze anhexen. Ich bin mir sehr sicher, dass das als Bestrafung verboten ist. Aber das wissen die Erstis ja noch nicht.

Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis Hagrid zurückkommt und mit einem genuschelten Murren mit den Schultern zuckt. „Flitwick meint, McGonagall hätte sowas gesacht."

„Heißt?"
„Bist kein Erstklässler."

„Sag ich ja." Ich grinse.

Hagrid rollt sein knitteriges Pergament zusammen und hebt dann einen rosafarbenen Regenschirm hoch und deutet Richtung Ausgang. „Erstklässler! Mitkommen!", donnert seine Stimme über den Bahnsteig.

Ich sehe ihn misstrauisch an. „Und ich?"

Hagrid zuckt mit den Schultern. „Bist keine Erstklässlerin", antwortet er, als ob das eine Erklärung wäre, und lässt mich stehen. Ich sehe ihm und seiner dunkel gekleideten Entenschar voller schnatternder Erstis nach und bin mir für einen kurzen Moment unsicher, was ich davon halten soll. Bin ich im richtigen Film? Oder im Falschen? Dann setze ich mich in Bewegung und gehe zurück zum Vorplatz, wo ich Vi zuletzt gesehen habe. Ihr violettes Haar entdecke ich schnell. Sie steht bei einem schlacksigen Jungen mit braunem, lockigen Haar, dessen Nase ein wenig zu schief ist, um von natürlichem Wuchs zu sein und beobachtet die Gruppe Slytherins geringschätzig. Ich werde schon seit dem Zug das Gefühl nicht los, dass Violett etwas gegen sie hat. Vor allem gegen Sly McDougal.

„Sieh an", ich zucke zusammen, als seine reservierte Stimme die Kühle der Dämmerung durchschneidet. Ich habe ihn kaum bemerkt, so konzentriert war ich darauf, Vi zu finden. „Eine Riesin!", er feixt gehässig. „Das erklärt, warum sie keine Manieren hat!"

Seine Freunde hinter ihm lachen leise.

„Ich bin keine-", setze ich an, doch ich weiß, dass es das nicht besser, geschweige denn einfacher machen wird.

McDougal sieht von oben auf mich hinab und ich spüre, wie sich eine gewaltige Wut in meinem Bauch zusammenbraut.

„Eine elendige, verkappte Erstklässler-Riesin", lacht McDougal hohl und sein Blick wandert anzüglich an meinem Körper entlang. Wir wissen beide, dass ich weder das eine noch das andere bin. Er ist einfach ein Arsch.

Ich fange an, vor Wut zu zittern, und spüre, wie die Magie in meinen Fingerspitzen kitzelt. Ich will ihm furchtbar gerne einen Fluch an den Hals hexen. Den Flederwich-Fluch oder ihn Schnecken spucken lassen bis übermorgen, oder den Fluch, den Amy sich ausgedacht hat. Die Popel schwellen dermaßen an und wachsen dir aus der Nase heraus... Das würde ihm außerordentlich gut stehen, finde ich.

„Ist das deine Art, dich für eine Niederlage zu revanchieren, Blondie?" Ich atme tief durch. „Irgendwelche miesen, rassistischen Beleidigung platzieren, ist geschmacklos und sicher unter deiner Würde." Ich drehe mich um und gehe unter der allergrößten Anstrengung, nicht zu meinem Zauberstab zu greifen, an ihm vorbei. „Das kannst du doch sicher besser." Damit lasse ich ihn stehen und weiß mit einhundertprozentiger Sicherheit, dass ich mir mit diesem Spruch keine Freunde gemacht habe. Eher im Gegenteil.


Wer will den Popel-Fluch auch an McDougal sehen?
Ich bin dabei 😎

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