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Gerade als ich mit Filou an der Leine nach draußen verschwinden will, legt sich eine Hand auf meine Schulter. Es ist Ma.

,,Könntest du deinen Bruder bitte mitnehmen, wenn du gehst?", fragt sie, und es ist eine dieser Fragen, wo man gleich weiß, dass es eigentlich als Befehl gemeint ist.

,,Ich will einfach nicht, dass er den ganzen Tag nur in seinem dunklen Zimmer hockt und seine Comics ließt. Bitte. Ihr könntet an den See gehen, euch ein kleines Picknick einpacken...", fügt sie noch hinzu, als sie meinen protestierenden Blick bemerkt.

Aha. Darauf zielt sie also ab: sie will, dass ich mich mit George versöhne.

Ich überlege kurz, ihr zu widersprechen. Eigentlich hatte ich vorgehabt ihm erst einmal aus dem Weg zu gehen, doch ich lasse es. Es hätte wahrscheinlich keinen Zweck. Also nicke ich kurz. ,,Okay."

,,Danke." Sie wirkt erleichtert. ,,seid aber bitte spätestens um vier wieder zurück!", sagt sie noch, bevor sie in die Küche entschwindet. So als wäre es meine Idee gewesen.

In Georges Zimmer ist es alles andere als dunkel. Und er ließt auch keine Comics. Als ich hereinkomme sitzt er gerade tief über seinen Schreibtisch gebeugt, und blickt nicht einmal auf. Er zeichnet etwas.

Sein ganzes Zimmer sieht aus wie eine Explosion aus Farben und Bleistiftstrichen. Er hat sie überall aufgehangen: Nicht nur über seinem Schreibtisch, seine gesamten Wände sind mit seinen kleinen Kunstwerken bedeckt.

,,Ma will das wir zusammen an den See gehen."

,,Schau mal Helena!" Seine Augen leuchten wie zwei kleine Sterne als er sich zu mir umdreht. Ich glaube er hat mir nicht mal zugehört.

,,Das ist für dich" Und er steht auf und überreicht mir strahlend eine Bleistiftzeichnung. Hätte ich ihm den Vorfall gestern nicht insgeheim längst verziehen, wäre das spätestens jetzt der Fall gewesen. Er hat Filou gemalt. Besser als ich es in einer Million Jahre hinbekommen hätte.

,,Was ist, kommst du jetzt mit oder nicht?" Ich wuschel ihm durch seine Haare.

,,Wohin?",fragt er verwirrt.

,,An den See, du dummer Junge.", lache ich. ,,Ma hat vorgeschlagen, dass wir mit Filou an den See gehen."

,,Oh ja! Ich nehm' mein Skizzenbuch mit.", ruft er und stopft es zusammen mit ein paar Stiften in einen Rucksack.

,,Wer als erster am See ist!", ruft George als wir fast da sind und die Wasseroberfläche bereits durch die Bäume schimmert. Er rennt mit Filou an der Leine los.

Ich lache und sprinte hinterher.

,,Na warte!"

Ich lasse George das Rennen gewinnen. Aber zur Belohnung schöpfe ich mit beiden Händen Wasser aus dem See, um ihn damit zu bespritzen. Er schafft es leider rechtzeitig, genug Abstand zu mir zu gewinnen. Die glitzernden Wasserkügelchen gehen wirkungslos zwischen uns zu Boden.

,,Ey, lass das.'', sagt er. In seinen Augen funkelt Rachlust. Aber gerade als er es mir nachmachen will, springt Filou neben ihm aus dem See und schüttelt sein tropfnasses Fell. Der Sprühregen erwischt George an den Beinen und er kreischt auf.

,,Na, hat da etwa jemand Angst vor einem bisschen Wasser?", ziehe ich ihn auf.

,,Von wegen!" Und er zieht seine Schuhe und Socken aus und beginnt sich die Hosenbeine hochzukrempeln. Er will es mir beweisen.

Wir liegen im Gras und lassen die Sonne unsere nasse Kleidung trocknen. George streichelt Filou geistesabwesend den Rücken, während er den Himmel beobachtet.

,,Schau, die da sieht aus wie eine Feder, findest du nicht?" und er zeigt irgendwo ins weite Blau. Da ich seine Federwolke nicht entdecken kann, sage ich nur: ,,Hmm... siehst du die große Wolke da drüben? Die sieht ein bisschen aus, wie ein Krokodil, findest du nicht?"

,,Oder wie ein Drache!"

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