Chapter 35

"Ich finde übrigens immer noch, dass du Rebekah aufwecken solltest", bemerkte ich zum gefühlt hundertsten Mal, während ich Klaus eine Liste mit all den Orten gab, an denen Stefan die Särge verstecken könnte.

Ich war mit ihm zurück ins Mikaelson-Anwesen gegangen, das seine Hybriden gerade renovierten. Ich musste schon sagen, dass das eine äußerst sinnvolle Verwendung der Erschaffungsbindung zu Klaus war. Ebenso praktisch war es, dass wir nicht alle Orte auf meiner Liste selbst durchsuchen mussten, sondern Klaus einfach einen seiner kleinen Helfer schicken konnte.

"Erinnere mich noch einmal daran, warum ich dich hier wohnen lasse", antwortete Klaus nur genervt und reichte die Liste weiter an eine seiner Hybridinnen. Die grinste mich an und zwinkerte mir zu, bevor sie losging, um die anderen loszuschicken. Sie sah wirklich gut aus, das musste ich zugeben, aber eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, etwas mit einer von Klaus' Helferinnen etwas anzufangen. Na ja, solche Vorhaben konnten sich ändern.

Trotzdem ließ ich mich nicht von meinem eigentlichen Thema ablenken. Klaus hatte beschlossen, Rebekah erdolcht zu lassen, bis wir alle Särge wiederhatten. Offiziell wollte er sich nicht auch noch darum kümmern, dass Rebekah versuche würde, Elena umzubringen, aber wir wussten beide genau, dass das nicht der Grund war. Er hatte Angst vor der Konfrontation mit ihr, weil er unsere Mutter getötet hatte. "Du lässt mich hier wohnen, weil es eine Freude ist, mich in der Nähe zu haben", antwortete ich grinsend und setzte mich auf einen der Tapeziertische, die überall herumstanden. "Und weil du jemanden brauchen kannst, der eigenständig denken kann und nicht zu allem Ja sagt, was du aussprichst."

Klaus lachte leise, spannte sich dann aber an. "Stefan kommt gerade. Geh nach oben."

"Aber...", wollte ich widersprechen, aber Klaus blickte mich nur wütend an.

"Er hat keine Ahnung, dass du hier bist. Vielleicht kann uns das noch einen Vorteil bringen. Also geh nach oben."

Seufzend gab ich nach und rannte die Treppe hoch, wo ich mich in Elijahs Zimmer versteckte, während ich dem Gespräch unten lauschte. Stefan war ohne seine Menschlichkeit ein ziemliches Arschloch geworden. Ehrlich gesagt verhielt er sich schlimmer als Klaus. Er forderte ihn auf, all seine Hybriden zu nehmen und die Stadt zu verlassen und drohte, ansonsten Elijah auf dem Grund des Ozeans zu versenken. Ich schaffte es gerade eben noch, ein Knurren zu unterdrücken, denn das hätte mich sicher verraten. Klaus hingegen zeigte sich ziemlich unbeeindruckt, er nahm Stefans Drohungen wohl nicht besonders ernst und fing stattdessen an, selbst damit zu drohen, Stefans Familie umzubringen. Die beiden waren in einer Pattsituation, wieso merkten sie das nur nicht? Keiner von beiden wollte den eigenen Bruder verlieren, aber wenn sie so weitermachten, würde es wohl genau darauf hinauslaufen. Leider hatte Stefan noch ein letztes Ass im Ärmel, mit dem er Klaus beschäftigen wollte.

"Es wundert mich, dass du überhaupt Zeit hast, meinem Bruder zu drohen", meinte er gespielt nachdenklich. "Ich dachte, du würdest alle Hände voll mit deiner Schwester zu tun haben."

"Oh, Rebekah ist noch außer Gefecht gesetzt, keine Sorge."

"Tja, ich meinte auch nicht Rebekah", antwortete Stefan und mir blieb fast das Herz stehen. Das war doch wohl nicht sein Ernst! Nach allem, was ich für ihn und seinen Bruder getan hatte, verriet er mich jetzt? Ausgerechnet an Klaus? "Wie auch immer, viel Spaß mit Malina. Oh, und nur damit das klar ist..." Ich hörte ein dumpfes Geräusch, konnte das aber nicht ganz zuordnen. "Ich bluffe nicht."

Ich wartete ab, bis seine Schritte verklungen waren und atmete dann tief durch, bevor ich langsam wieder nach unten ging. Auf dem Boden lag der Körper der Hybridin, die gerade noch mit mir geflirtet hatte. Ihr Kopf war einige Meter weiter entfernt. Das war dann wohl das Geräusch gewesen, das ich gehört hatte. Aber darauf konnte ich gerade kaum achten, mein Blick war ganz auf Klaus gerichtet, der mich ausdruckslos ansah.

"Wovon hat Stefan da gerade gesprochen?", verlangte er zu wissen.

"Klaus, denk gut nach. Stefan hat das nur gesagt, damit du wütend wirst, und dich auf mich konzentrierst. Er will dich nur ablenken", versuchte ich es mit Logik.

"Tja, dann scheint er damit Erfolg zu haben. Wieso deutet er an, dass du meine Schwester bist?"

Stumm starrte ich ihn an und versuchte, die richtigen Worte zu finden, aber das wollte mir einfach nicht gelingen.

"Antworte mir!", schrie er plötzlich und ich zuckte leicht zusammen.

"Weil ich es bin, okay?", rief ich also zurück. "Mittlerweile scheint es ja eh jeder zu wissen, also was soll's. Ich bin deine Schwester. Ich war eigentlich nie tot, sondern wurde nur entführt, habe mich dann verwandelt, und nein, Freya ist nicht auch noch am Leben, ich bin die einzige. So, zufrieden?"

In einem Sekundenbruchteil stand Klaus direkt vor mir, aber ich weigerte mich, vor ihm zurückzuweichen. "Ist das einer von euren kleinen Tricks?", fragte er misstrauisch. "Du tust so, als wärst du auf meiner Seite, ihr erzählt mir, dass du meine Familie wärst und dann fällst du mir in den Rücken? Dann müsst ihr euch nämlich etwas Besseres einfallen lassen."

Fest sah ich Klaus an und verdrehte dann die Augen. "Ganz ehrlich, es ist mir vollkommen egal, ob du mir glaubst oder nicht. Von mir aus kannst du mich irgendwo ausbluten lassen, bis ich kein Eisenkraut mehr im Körper habe und mich manipulieren, ob ich die Wahrheit sage. Oder du glaubst mir einfach nicht, dass ich deine Schwester bin. Das könnte mich nicht weniger interessieren. Das einzige, das mir wichtig ist, ist, Elijah zurückzubekommen. Und Rebekah übrigens auch. Denn sie haben mir beide geglaubt, und ich bin bereit, alles zu tun, um sie wieder ins Leben zu holen."

Aufmerksam blickte Klaus mir in die Augen, trat dann aber einen Schritt zurück. "Du bist es wirklich", stellte er leise fest. "Du hättest keinen Grund, dich so für die beiden einzusetzen, wenn du es nicht wärst."

"Na ja, ich war die letzten tausend Jahre keine besonders gute Schwester, in Anbetracht der Tatsache, dass ich nie Interesse hatte, in euer Leben zu treten. Ich habe also eine Menge wiedergutzumachen", antwortete ich, musterte Klaus aber weiter argwöhnisch. Ich erwartete immer noch zum Teil, dass er mich jede Sekunde umbringen würde.

"Wieso hat Stefan mir das erzählt? Was bezweckt er damit?", wollte Klaus jedoch nur wissen und ich zuckte leicht mit den Schultern.

"Keine Ahnung. Er ist ehrlich gesagt ziemlich durchgedreht im Moment, niemand versteht so richtig, was in seinem Kopf abgeht. Deshalb will ich Elijah ja von ihm zurückbekommen, bevor er noch etwas Dummes macht. Ich schätze, er ist einfach davon ausgegangen, dass du mich umbringen wirst, wenn du es so erfährst. Dann wärst du erst mal für eine Zeit lang beschäftigt und ich wäre danach kein Risiko mehr für ihn."

"Ahh... Das ist es also, was er nicht versteht. Er denkt, dass ich meine Geschwister in Särgen halte, weil ich sie hasse. Dabei ist das Gegenteil der Fall." Ernst sah Klaus zu mir und blickte mir in die Augen. "Meine... Unsere Geschwister sind mir wichtig. Ich tue das alles größtenteils, um sie zu beschützen. Vor Mikael, vor sich selbst, vor allen. Aber ich verspreche dir, sobald wir diese vier Särge wiederhaben, werde ich Elijahs Dolch rausziehen, und Rebekahs ebenfalls. Ich bin keine Marionette von Stefan. Ich werde dich nicht umbringen, Schwester."

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