[15]
Jisung PoV
"Ich weiß, dass du keine Lust hast, länger zu bleiben als nötig, aber kann ich noch kurz mit dir reden, Jisung?", fing mich mein Lehrer ab, bei dem ich gestern auch meinen kleinen 'Vorfall' hatte und der bereits vorgestern mit mir geredet hatte.
"Oh, ja klar. Warten Sie nur kurz.", antwortete ich. "Minho, kannst du draußen warten oder so?"
"Klar, kein Thema. Ich warte auf dem einem Stuhl im Flur, aber lass dir ruhig so viel Zeit, wie ihr braucht."
"Danke, Min."
"Kein Problem, Babe."
Er wuschelte mir einmal durch die Haare und ging dann raus.
"Ich sehe, ihr seid euch näher gekommen?", sprach er zuerst Minho an.
"Das sind wir definitiv. Gerade gestern frisch zusammen gekommen.", lächelte ich, selbst wenn ich wusste, dass das nicht das war, worüber er eigentlich reden wollte.
"Dann Glückwunsch euch beiden. Und er kümmert sich auch ja gut um dich...?"
"Tut er. Ich bin bei ihm in besten Händen."
"Das ist schön zu hören. Ich will ehrlich sein, Jisung. Ich mache mir schon das ganze Schuljahr über Sorgen um dich."
"Das müssen Sie nicht. Ich komme klar. Irgendwie...", erwiderte ich eher weniger überzeugend.
"Weißt du, ich hatte schonmal eine Schülerin wie dich. Eigentlich ein nettes, junges Mädchen, aber trotzdem war sie immer alleine. An einigen Tagen saß sie auch einfach nur so da wie du. Abwesend. Gedankenverloren. Einsam. Und eines Tages... Kam sie nicht mehr. Es war immer mehr geworden und ich habe ihr das gleiche Angebot gemacht wie dir, versucht ihr klar zu machen, dass sie nicht alleine ist und immer mit mir reden kann, aber sie hat jedes Mal abgewimmelt, bis sie sich letztendlich selbst umgebracht hat."
Ich schluckte schwer und schaffte es nicht mehr, ihm in die Augen zu sehen. Die Worte blieben mir im Hals stecken, weshalb er weiter redete.
"Sowas soll nicht noch einmal passieren und deshalb sage ich dir das im Moment auch so häufig. Seit gestern bekomme ich dieses Bild davon, wie du auf einmal anfängst zu schreien, nicht mehr aus dem Kopf und mache mir nur noch mehr Sorgen... Deshalb frage ich dich das jetzt, auch wenn ich nicht in der Position bin, um dich zu fragen... Jisung, hast du Suizidgedanken?"
Wieder schwieg ich und versuchte es in Worte zu packen, die ihm nicht noch mehr Sorgen bereiteten.
"Manchmal...", gab ich zu. "Aber das war nicht der Auslöser für gestern, falls Sie das denken. Wenn man sich einsam fühlt, dann tut man alles, um es nicht mehr zu sein, selbst wenn man dafür als verrückt angesehen wird. Und ich... Naja, ich rede mit ihm... Selbst wenn er eigentlich nicht da ist... Aber gestern war er wütend wegen Minho... Er war eifersüchtig und hat versucht mich runter zu machen... Seitdem ist er aber auch still..."
"Also hast du jemanden imaginären, mit dem du redest?", fragte er vorsichtig, woraufhin ich nickte.
"Aber ich will ihn schon lange loswerden... Es ging nur immer nicht so einfach. Aber mit Minho zusammen schaffe ich das bestimmt. Ich muss nur versuchen seine Vorstellung gegen richtige Erinnerungen mit Minho zu tauschen, wenn es mir schlechter geht. Das sollte helfen, denke ich. Und mit ihm werde ich auch nicht so schnell wieder einsam. Also hoffe ich, dass es jetzt alles besser wird."
"Das wünsche ich dir von ganzem Herzen. Ehrlich. Ich glaube an dich, Jisung."
"Vielen Dank...", bedankte ich mich ehrlich, denn seine Worte waren mir eindeutig nicht egal.
"Und jetzt geh raus und lass dich von deinem Freund umwerben. Der wartet bestimmt schon sehnsüchtig auf dich."
"Dann will ich ihn mal nicht länger warten lassen. Bis nächste Woche."
"Bis nächste Woche.", verabschiedete er sich ebenfalls, ehe ich von Minho im Flur mit einem Kuss in Empfang genommen wurde.
"Darf ich wissen, was er wollte?", fragte er und ging mit meiner Hand in seiner los zu sich nach Hause.
"Ach, er hat sich nur wegen gestern erkundigt und weil er sich schon länger Sorgen macht. Oh und er hat sich nach uns erkundigt. Also ob wir zusammen sind."
"Und du hast natürlich gesagt, dass ich jetzt an den perfektesten Typen der Welt vergeben bin."
"Klar doch. Und mein Freund ist auch ganz nett."
"Ganz nett? Mach so weiter und wir kuscheln gleich nicht, mein Lieber."
"Das würdest du mir nicht antun."
Tatsächlich tat er es mir an. Wir hatten ganze zwei Stunden miteinander verbracht, ohne dass ich mit ihm kuscheln durfte, sodass irgendwann seine Katze als mein Kuschelkissen herhalten musste. Jetzt saß ich auf der Tribüne von seinem Tanztraining, auch wenn Minho versucht hatte mich zu überzeugen, auch mitzutanzen. Er hatte sich jedoch damit abfinden müssen, dass ich heute erstmal zusehen würde und dann entscheiden wollte, ob ich es ausprobieren würde. Einerseits hatte ich Lust dazu, andererseits war ich blutiger Anfänger und wollte die Gruppe nicht zurück werfen. Vielleicht konnte Minho mir ja einen kleinen Einstieg geben.
"Mehr Bewegung, Leute! Macht es mal mehr wie Lee Know!", rief die Trainerin und korrigierte nebenbei noch tausende andere Dinge, obwohl die Choreo wirklich beeindruckend aussah. Zumindest das, was ich Minho tanzen sah. Den Rest blendete ich unterbewusst aus.
"So! Pause! Bevor ich hier noch einen Nervenzusammenbruch bekomme.", rief sie irgendwann, woraufhin alle zu ihren Trinkflaschen liefen. Einigen von ihnen fiel ich nun auch auf, ebenso wie der Trainerin.
"Oh, ein unbekanntes Gesicht.", lächelte sie. "Willst du auch hier anfangen?"
"Ich uhm... Wollte es mir mal ansehen und es mir dann überlegen.", antwortete ich.
"Wir würden uns freuen, wenn du es mal ausprobierst."
"Ja, das würden wir definitiv.", stimmte ein anderer zu. "Wir haben immer Platz für so einen hübschen Jungen."
"Jetzt fang hier nicht an zu flirten.", meinte ein weiteres Mädchen und boxte ihm gegen den Arm. "Vielleicht ist er ja hetero?"
"Nahh mein Gaydar sagt mir, dass er schwul ist."
"Überfordert ihn nicht.", unterbrach sie mein Freund.
"Unnnd Lee Know kommt. Das war's mit meinen Chancen bei ihm. Neben Minho seh ich aus wie eine ungeschälte Kartoffel."
"Ich... Uhm...", begann ich und war nicht sicher, wie ich ihm klar machen sollte, dass seine Chancen sowieso bei Null lagen, weil ich mit Minho zusammen war. "Also..."
"Deine Chancen liegen eh bei Null. Richtig, Baby?", fragte Minho und lehnte sich über das Geländer ein Stück zu mir, woraufhin ich mit leicht roten Wangen nickte und ihm schüchtern einen Kuss auf die Lippen drückte. Es war einfach ungewohnt, wenn wir uns vor so vielen anderen küssten.
"Oho, Minho's fester Freund also. Jetzt kommst du ums Mittanzen beim nächsten Mal nicht drum herum.", meinte die Trainerin. "Wir müssen doch schauen, wie musikalisch der Junge ist, der es geschafft hat Lee Knows eisiges Herz zu erobern."
"Ich hab noch nie wirklich getanzt...", gab ich zu. "Also nicht so. Aber ich schreibe Lyrics, singe und rappe in meiner Freizeit."
"Dann bist du ja zumindest nicht komplett planlos, was Musik angeht. Den Rest kann man lernen. Wir haben auch ein paar Leute dabei, die erst vor ein paar Monaten angefangen haben."
"Vielleicht nächstes Mal... Ich meine... Es sieht ja ganz spaßig aus..."
"Wir würden uns auf jeden Fall freuen."
"Ich würde mich freuen.", ergänzte Minho und fuhr mit der Hand über meine Wange.
"Nächstes Mal vielleicht, Min... Du weißt wie das ist mit vor anderen umziehen und so..."
"Ist gut, Hannie. Wenn du dich unwohl dabei fühlst, dann lass es. Oder du ziehst dich bei mir um und kommst dann her. Wir bekommen das schon hin."
"Wir können es mal ausprobieren..."
"Okay, dann lassen wir dich auch mal wieder in Ruhe. Los, Leute! Pause ist vorbei!"
"Du weißt, dass du nicht musst, wenn du nicht willst?", fragte Minho noch.
"Weiß ich doch."
"Sehr gut. Ich will dich nicht dazu zwingen, verstehst du?"
"Keine Sorge, das tust du nicht."
"Dann bin ich beruhigt."
"Und jetzt geh wieder tanzen, bevor du alle aufhältst.", scherzte ich.
"Einen Kuss noch.", bettelte er.
"Einen.", erwiderte ich und küsste ihn kurz, ehe er zurück zu den anderen ging.
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