Zwischenspiel
Er fühlte sich wie ein Hochspannungswerk. Es müsste bald losgehen, oder er müsste er seine Energie irgendwie anders loswerden. Oder er würde durchbrennen.
Doch sie waren auf dem Weg nach unten. Alles war gut.
Nach außen hin stand er ganz still da und hielt die Fackel hoch. Leuchtete den Besuchern den Eingang zu diesem besonderen Spektakel, das dort, im Dunkeln, auf sie wartete.
In seinem Inneren rasten die Gedanken.
Als er die Idee für die diesjährige Feier vorgestellt hatte, war er zunächst auf tiefste Ablehnung gestoßen. Es würde eine Grenze überschreiten.
Ob sie alle nicht begreifen würden, was das für sie bedeuten würde, hatte er sie gefragt. Schließlich gab es mittlerweile massenhafte Veranstaltungen wie diese, da musste man sich abheben. Oder man würde in der Masse versinken. Und bedeutungslos auf dem Grund des Meeres liegenbleiben.
Einige hatten das Weite gesucht. Behaupteten, er wäre durchgeknallt.
Manch andere waren am Anfang zwar skeptisch gewesen, doch konnten sich nach und nach mit seiner Idee anfreunden. Wenn auch nur unter der Bedingung, dass er alle Verantwortung selbst übernehmen würde.
Aber egal. Er hatte alle Hindernisse überwinden können. Hatte sogar einige neue Helfer gefunden Und nun waren sie bereit. Er war bereit.
Seine Gedanken glitten zu einem Zeitpunkt, der bereits Ewigkeiten hinter ihm zu liegen schienen.
Er hatte in den Spiegel geblickt.
Das Licht, das über dem Spiegel angebracht war, blendete ihn, stach ihm unangenehm in die Augen. Deswegen musste er sie nochmal zusammenkneifen, um sich noch ein letztes Mal anzusehen.
Das Makeup war billig, so wie sein ganzes Kostüm. Es sah aus, wie für zehn Euro gekauft. Mit Plastikumhang und dunkler Kleidung darunter. Er hatte sich ein wenig blass geschminkt. Das war's. Er hatte keinen großen Aufwand betrieben.
Doch das war beabsichtigt. Es würde den Gegensatz zu dem darstellen, was die Gäste weiter im Inneren erwarten würde. Seine billige Erscheinung sollte den Effekt verstärken.
Nein, es gab nichts auszusetzen.
Vielleicht hätte der ein oder andere nach so einer Aktion sein Spiegelbild nicht mehr ruhigen Gewissens betrachten können.
Doch schließlich war es nur ein Spiel. Auf eine gewisse Art. Auf eine andere, als es die letzten Jahre über gewesen war.
Dann war er aufgestanden und nach draußen getreten.
Nun sah er in den dunklen Abgrund, in den die Besucher hinabstiegen.
Und er stand hier, neben dem Grabstein mit seiner Fackel.
Eingehüllt in den künstlichen Nebel und umgeben von den unheimlichen Geräuschen, die aus den Lautsprechern schallten.
Ein heulender Wolf. Eine hysterisch schreiende Frau. Ein Knurren, das er fast in seinen Knochen spüren konnte.
Und doch wollte er nirgendwo lieber sein. Auch wenn er kurz davor war, die Fassung zu verlieren. So viel hing hiervon ab.
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