• Zwei •
Harry Styles redete mit dem Kellner eine ganze Weile ausgelassen und entspannt. Nachdem sie ein paar Worte ausgetauscht hatten, erfuhr der Lockenkopf bald, dass sein Gegenüber Benjamin hieß. Die Lage um sie herum wurde gegen die Mittagszeit ruhiger. Die Sonne erreichte ihren höchsten Gipfel und die kleinen Apfelbäumchen um sie herum raschelten sanft, als der Wind ihre Blätter streichelte.
Harry fand noch mehr über den Mann mit den kurzgeschorenen Haaren heraus. Er beobachtete die scharfe Kante um sein Kinn und die Linie seines Ellenbogen, der seinen Kopf auf der Glasplatte abstützte. Er hörte gespannt zu als Benjamin erzählte dass er sich gerade in der Bewerbungsphase befand und sein Studium Gastronomie Management in den letzten Monaten abgeschlossen hatte. Kleine Fältchen vertieften sich um seine schmalen Augen und wild mit den Händen gestikulierend, zeigte er seine Leidenschaft zu der Welt, die sich um einen Kochlöffel drehte. Seine Nase, die aus dem Gesicht geradezu herausstach kräuselte sich angetan. Harry grinste vor sich hin.
Er musste an sein eigenes Studium denken. Sechs Jahre hatte er studiert, seinen Kopf in Bücher gesteckt und unzählige Praktika besucht. Nur damit er sich weitere sechs Jahre weiterbilden konnte, um dann endlich seine Prüfungen abzuschließen. Er spitzte die Lippen bei diesen Gedanken und sein Mund bildete sich zu einer kleinen Herzmuschel. Danach lächelte er mehr und beugte sich zu dem Aushelfer weiter vor. Die Zeit verflog plötzlich wie im Flug. Doch es schien sie beide nicht zu stören.
„Und was ist dein größtes Ziel?" Harrys Augen leuchteten interessiert und seine Finger zupften an dem weichen Saum seines Shirts herum. Mittlerweile waren sie bei dem Du angekommen. „Ein eigenes Café eröffnen?"
Sein Gegenüber lehnte sich lächelnd in dem Stuhl zurück und legte die Arme locker auf die Lehne. Nachdem er ein paar Sekunden auf seiner Lippe herumgekaut hatte, nickte er entschlossen.
„Fast. Ein eigenes Restaurant wäre mein persönlicher Traum."
„Aha. Das kann ich mir bei dir wirklich gut vorstellen."
Und Harry log nicht. Benjamin sah so gut aus wie die Fünf-Sterne Köche in den Filmen und in Gedanken malte er ihm eine große, weiße Backmütze auf den Kopf, die wahrscheinlich kein echter Koch jemals trug. Zumindest ging Harry davon aus. In seiner Küche konnte man eine Flasche Bier, ein paar Erdbeeren und wenn er Glück hatte, ein paar Nudeln finden. Wenn er es einmal in der Woche schaffte, den Wocheneinkauf zu erledigen, war das schon die Meisterleistung schlechthin für ihn.
„Ich habe schon alles Mögliche Geplant. Eine eigene Speisekarte, wie das Restaurant aussehen könnte und welche Gerichte ich wie würzen- und servieren würde." Benjamin schweifte mit den Augen verträumt zu dem Café. "Aber vermutlich dauert dieser Prozess noch ewig. Was machst du als Beruf? Du siehst wie jemand aus, der Musik macht."
Noch einmal schürzte Harry die Lippen und ein kleiner Schatten legte sich über seine Augen. Er wendete bewusst den Kopf ab und begann mit der Hand durch die Haare zu fahren, die in der goldenen Sonne einen gesunden Glanz bekamen. Seine Augen wanderten über Grünfläche, die sich unter seinen Füßen ausbreitete und blieb nachdenklich bei braunen, zerzausten Haaren stehen, die ihn an ein wildes Vogelnest erinnerten.
„Ich arbeite in einer Klinik", entwich es seinen Lippen dann knapp.
Benjamin spürte die plötzliche Anspannung aber lächelte gesprächig weiter. Für einen Moment blickte er auch zu dem Mann, den er vor lauter Plauderei nicht bemerkt hatte. Er war zwar nicht der einzige Kellner hier, aber dennoch schienen alle anderen Bedienungen in Luft aufgelöst zu sein weswegen sich seine Augenbrauen gestresst zu einer dünnen Linie zusammenzogen.
„Verdammt. Erzähls mir dann okay? In welcher Abteilung du arbeitest, meine ich. Okay? Okay."
Harry konnte nur freundlich nicken, bevor er den Blonden beobachtete, wie er zu dem jungen Mann eilte und dem Lockenkopf einen kleinen Windstoß entgegen warf. Mit aller Ruhe wieder spielte er weiter an dem dünnen Papier der Servierte herum und hörte unbewusst der Bestellung zu.
„Was darf ich Ihnen denn bringen?", hörte er die tiefe höfliche Stimme, die schon seine eigene Bestellung aufgenommen hatte. Er wartete auf eine Antwort. Als er keine hörte, wendete er seinen Kopf um ein paar Grad zur Seite und runzelte die Stirn.
Nun sah er den Mann ein wenig besser, da dieser den Kopf zu Benjamin gewendet hatte und sofort bekamen Harrys Augen einen gewissen Glanz, der sich über sein ganzes Gesicht legte. Schon von weiten konnte er eine kleine Nase erkennen, die ihre Spitze neugierig nach oben gezogen hatte. Muskulöse, gebräunte aber schmale Schultern, die in einen dicken Wollpullover verdeckt wurden blitzten dem Lockenkopf entgegen. Als sie sich aber noch ein wenig mehr zur Seite drehte, erkannte Harry seine spitzen Wangenknochen und augenblicklich wanderte das Grün seiner Augen von oben bis unten über die Silhouette. Als er ihn fokussiert hatte, hörte er ihn einmal husten.
„Geht es Ihnen gut? Brauchen Sie ein Wasser?" Der Blondhaarige wollte nach dem Nacken des Mannes fassen, vermutlich um zu prüfen, ob seine Haut heiß war, wobei der Fremde allerdings sofort seinen Kopf zurückzog und den Kopf schüttelte.
„Nein", hörte er wenig später eine sanfte britische Stimme sprechen, die so klang als hätte der Mann stundenlang gebrüllt. Das tiefe Krächzen in seinem Hals verriet ihn automatisch. Aber Harry erkannte erst nach genaueren Hinsehen, dass die Haut des Briten gräulich schimmerte und sich rote Flecken um seine Wangen zierten. Er setzte sich mehr auf. Die Alarmglocken stiegen etappenweise in ihm auf und er begann seinen Rücken gerade zu biegen.
„Sind Sie sich sicher? Ihnen geht es doch nicht gut."
„Ich möchte nur einen Kaffee."
„Möchten Sie sicher kein Glas Wass-"
„Ich habe nein gesagt." Der britische Akzent verschärfte sich.
„Okay." Die Schritte von Benjamin hallten in Harrys Ohren wieder, als er in das Café zurück schritt.
Er blickte wieder auf den Kanal, auf das beruhigende Wasser vor ihm und nahm einen tiefen Atemzug, der in seiner Lunge kitzelte. Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte den Mann nach seinem Gesundheitszustand gefragt. Wieder spürte er das Kribbeln in seinen Fingerspitzen, dieses nervöse Gefühl, wenn sich der allseits bekannte Knoten in seinem Hals bildete. Einmal vor ein paar Jahren, war ihm die allerselbe Situation mit einer jungen Frau widerfahren. Auch wenn der Lockenkopf dort noch nicht so viel Erfahrung hatte, ignorierte er einfach was er gehört hatte. Und dann brach die Frau auf dem Stuhl zusammen und kämpfte wenige Minuten später um ihr Leben. Harry wusste, dass dies ein unheimlich blöder Zufall war, doch er hätte ihr früher helfen können. Hätte er nur gehandelt. Aber er hatte es nicht getan. Gott und er selbst wusste bis heute nicht warum. Wenn er daran zurückdachte, pochte sein Herz bis zu den Schläfen.
„Hey. Langsam kommt wieder mehr Kundschaft, weil die Kaffeekränzchenzeit wiederbeginnt. Aber komm doch gerne mal wieder. Ich arbeite von montags bis mittwochs den ganzen Tag hier und Samstagvormittag." Plötzlich stand der Kellner wieder vor ihm. Harry blinzelte bedröppelt. Die Worte verließen stolpernd die dünnen Lippen des Blonden und entschuldigend hob er die weiterredend Hände. „War aber wirklich nett mit dir."
Doch Harry war mit seinen Gedanken noch ganz woanders. Kurz blickte er nochmal zu dem Briten und scannte ihn mit den Augen ab. Die bebenden Schultern, die zittrigen Finger, wie sie über Gabel und Messer strichen und der hektische Atem, der sich an der flatternden Servierte bemerkbar machte. Wieder überlegte Harry hinzugehen, denn der Gedanke dass er vielleicht Hilfe leisten könnte, nagelte sich wie Zement in ihm fest. Er sah wieder zu dem Kellner hoch und entspannte seine Gesichtszüge.
„Empfinde ich genauso. Warte mal kurz."
Harry öffnete seinen kleinen Rucksack, der an seiner Stuhllehne baumelte und zog sein schwarzes Portmonee heraus. Ohne zu zögern fischte er ein paar Scheine hinaus und streckte sie dem Blonden hin, der ihn ansah, als wäre er Gott persönlich.
„So viel kann ich nicht annehmen."
„Doch." Harry grinste schwach. Seine Augen wanderten kurz zu dem Mann. Er zitterte immer noch.
„Nein, wirklich nicht. Das geht über das Trinkgeld hinaus."
Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte er den Jungen vor sich, bevor er so überraschend ernst wurde, dass dem Kellner die Wangen rot wurden.
„Entweder du nimmst das jetzt, oder ich beschwere mich bei deinem Chef." Seine Tonlage wurde von Sarkasmus gezückt und dennoch nahm Benjamin dann langsam das Geld entgegen. „Das wäre wirklich nicht nötig gewesen."
Als Harrys Gegenüber dann von einem Tisch, an dem ein frisches Pärchen saß und offensichtlich einen Streit hinter sich hatte, gereizt gerufen wurde, trennten sich dann ihre Wege. Der Grünäugige saß wieder alleine da. Dieses Mal mit einem leeren Teller und endlosen Gedanken, die sich wie eine Autofahrt ohne Ende anfühlten. Während er dem Glockenschlag zuhörte, packte er seinen Rucksack zusammen und stand dann auf. Er war wirklich überrascht, dass er den ganzen Vormittag hier verbracht hatte. Das erfrischende Gefühl erklärte ihm aber, dass es genau das war, was er brauchte. Er entschloss sich gerade dazu, den Ausflug mit einem Spaziergang zu beenden, als er aus dem Augenwinkel sah, wie sich der Brite, den Harry jetzt schon so lange fokusiert hatte, sich von Benjamin doch ein Wasser wünschte.
Hellou ✨
Ich hoffe euch geht's allen gut und das ihr einen schönen Tag hattet 💛
Das Kapitel hat genau 1.5 K Wörter und das ohne, das es beabsichtigt war haha.
Nun würde mich eure Meinung interessieren. Wie fandet ihr es? Ihr könnt euch alle bestimmt denken, wer der Fremde Mann ist aber dennoch, glaubt ihr Harry spricht ihn noch an?
Alles liebe euch💘
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