》10《
Guess I'm a bad liar
~Selena Gonez
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Als ich am Abend mit meiner Familie im Wohnzimmer saß und gerade der Anfang von Tobys liebstem Trickfilm im Fernsehen lief, hatte ich meinen Eltern immer noch nicht von der Party erzählt.
Irgendwie hatte ich noch nicht den Mut dazu aufgebracht, sie um Erlaubnis zu bitten, dort hin zu gehen, denn ich wusste genau, dass sie von großen Partys nicht viel hielten. Sie fanden, für jemanden wie mich waren Partys einfach kein guter Ort.
Mit "jemandem wie mich" meinten sie dabei einen Menschen, der psychisch ein wenig instabil war und mit "kein guter Ort" meinten sie, dass ich mich mindestens 200 Meter davon fernhalten musste. Die einzige Ausnahme war bis jetzt Angels 18. Geburtstag gewesen.
Wenn Angel mich auf Partys mitnahm sagte ich meistens ich würde bei ihr übernachten und wir würden uns die ganze Nacht Adam Sandler Filme reinziehen. Dass davon nur der erste Teil der Wahrheit entsprach mussten sie ja nicht wissen.
Das Problem war nur, dass ich mich nach diesen Lügen immer hundsmiserabel fühlte und die Partys kein bisschen genießen konnte. Und dafür verfluchte ich mich selbst, denn in solchen Momenten merkte ich immer, dass ich einfach die perfekte Version eines Musterkindes war. Na gut, die Psychosache, wie ich sie heimlich nannte, passte da nicht ganz ins Bild, aber ansonsten war ich eine absolute Vorzeigetochter. Und vor allem wenn ich mich auf Partys unschaute und all diese Leute sah, die unerlaubt tranken und in ihrem Rausch die verrücktesten Dinge taten und einfach nur Spaß hatten, hasste ich die Tatsache, dass ich so brav war wie man nur sein konnte.
Nun, jetzt war wohl wieder der Moment gekommen, in dem ich aufhören musste, brav zu sein, denn ich musste auf Dorians Party und dafür musste ich sie anlügen, so sehr es mir auch wiederstrebte.
Ich holte also tief Luft und wollte gerade zum reden ansetzen und damit Toby unterbrechen, der leise "Du hast 'n Freund in mir" sang, als mir plötzlich einfiel, dass ich noch immer nicht mit Angel über die Party gesprochen hatte.
Irgendwie war ich so darauf konzentriert gewesen, mir zu überlegen, wie ich meine Eltern am besten anlog, ohne dabei zu offensichtlich zu sein (auch wenn ich es schon öfter getan hatte, es viel mir immer noch schwer zu lügen und meine Eltern konnten mich besser durchschauen als jeder andere), dass ich ganz vergessen hatte, die Sache mit Angel zu besprechen. Und ohne ihr Okay konnte ich schlecht sagen, dass ich bei ihr übernachten würde.
Ich schnappte mir also mein Handy vom Couchtisch, entsperrte es schnell und tippte auf dem Gerät in meiner Hand herum, bis ich in unserem Chat angekommen war.
Angel hatte meine Nachrichten vom Vormittag noch nicht gesehen, doch gerade als ich ihr eine neue Nachricht schreiben wollte, tauchte unter ihrem Namen das Wort online auf. Erleichtert tippte ich drauf los.
Ich brauche dringend deine Hilfe, schrieb ich und schickte die Nachricht genau dann ab, als mir angezeigt wurde, dass sie meine Wo bist du?-Nachrichten sah.
Wo brennt's?, kam es sofort zurück und ich antwortete genauso schnell. Rate mal, wer mich auf eine Party eingeladen hat, lautete der Text und ich konnte mir schon bildlich vorstellen, dass Angel gerade der Mund vor Freude und Überraschung aufklappte.
Was?? Wer? Doch nicht Nat?!, las ich nur ein paar Sekunden später und ich schmunzelte, da man an den überflüssigen Satzzeichen gut erkannte, dass Angel gerade ziemlich aufgeregt war.
Nein leider nicht, aber es ist der Gastgeber höchst persöhnlich, das ist doch auch was, ließ ich Angel nicht lange warten.
DORIAN PRICE HAT DICH EINGELADEN??!, kam es von Angel und ich war kein bisschen überrascht, dass sie sofort wusste, von wem ich sprach. Schließlich war ihr Bruder überhaupt erst der Grund für die Feier.
Direkt nach der ersten Nachricht kam eine zweite, in der sie mich aufforderte ihr alles zu erzählen und in der sie sich selbst verfluchte, nicht in der Schule gewesen zu sein.
Ich schrieb einen vielleicht etwas zu langen Text über das, was passiert war, doch Angel wollte immer so viele Details wie möglich, deswegen gab ich mir extra Mühe.
Und deswegen muss ich am Samstag, wenn die Party steigt, bei dir übernachten, schickte ich noch hinterher, nachdem ich einen halben Roman über mein Zusammentreffen mit Dorian abgeschickt hatte.
Es dauerte eine Weile, bis Angel antwortete, deswegen legte ich mein Handy in der Zwischenzeit weg und konzentrierte mich auf den Film, der über den Bildschirm des Fernsehers flimmerte. Gerade als Toby über eine lustige Stelle lachte und mein Dad, der als Kissen für meinen kleinen Bruder diente, leise seufzte, da er diesen Film schon an die fünfzig Mal mit uns Kindern hatte schauen müssen, vibrierte mein Telefon und ich griff schnell danach.
Das mit dem Übernachten kriege ich hin, aber ich glaube nicht, dass ich mit dir gehen kann, las ich und ich zog die Augenbrauen zusammen.
Mum hat mitbekommen, dass ich die Schule geschwänzt habe um zu Hause zu sein, wenn Adam ankommt und hat mir dewegen verboten, auf die Willkommensparty zu gehen, kam eine zweite Nachricht als Erklärung hinterher und ich fluchte leise. Gottseidank hörten meine Eltern das nicht - sie hassten es, wenn ich vor Toby fluchte.
Verdammt, ich kann doch niemals allein dorthin gehen, schrieb ich und setzte noch einen trauriges Emoji hinter meine Nachricht, um meiner Verzweiflung mehr Ausdruck zu verleihen.
Hier ist der Plan: du sagst deinen Eltern, du übernachtest bei mir. Wenn wir in meinem Zimmer sind machen wir dich hübsch und sagen meiner Mum, wir würden uns die ganze Nacht Nicolas Sparks Filme anschauen, dann kommt sie nicht rein, weil sie keinen heulenden Tennagern in den Hals laufen will. Um halb acht will Adam gehen, das heißt um diese Uhrzeit kletterst du aus meinem Fenster und schließt dich ihm an. So stehst du direkt mit im Mittelpunkt, wenn ihr ankommt, schließlich ist Adam der Star des Abends. In der Zwischenzeit gehe ich immer wieder mal runter, um Taschentücher oder Schokolade zu holen, damit meine Mum nicht denken, wir hätten uns raus geschlichen. Nat wird dann auf dich aufmerksam, merkt wie toll du bist und zack boom bang hast du ihn an der Angel, tauchte nur eine halbe Minute später Angels Antwort auf meinem Display auf.
Ich musste zugeben, der Plan war gut, auch wenn der letzte Teil sich als weitaus schwieriger darstellen würde, als wie Angel ihn beschrieb. Das Problem war nur, dass so etwas, sich raus zu schleichen, Angels Ding war und nicht meins. Klar, ich hatte es schon ein paar mal mit ihr zusammen gemacht, aber allein war es eine ganz andere Sache und ich wusste nicht, ob ich dazu im Stande war.
Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt und ich hatte genau genommen keine andere Wahl.
Klingt gut, wann soll ich vorbei kommen?, schrieb ich also und kurz darauf vibrierte mein Handy erneut.
Halb fünf. Schließlich müssen wir uns eine Zeit lang unauffällig verhalten, bevor mir uns in meinem Zimmer verbarrikadieren und dich zu einer Schönheitskönigin machen, war Angels Antwort und ich schickte ihr noch ein Okay bevor ich mein Handy weglegte.
Nun kam Part 2: Meine Eltern um Erlaubnis bitten und ihnen dabei weismachen, dass ich den ganzen Abend mit Angel um das Schicksal von Noah und Allie aus Wie ein einziger Tag weinen würde.
Ich hasste Part 2.
"Hey, uhm, Mum, Dad?", fragte ich zaghaft um die Aufmerksamkeit meiner Eltern zu bekommen und sofort lagen ihre Blicke auf mir. Toby hingegen störte sich gar nicht an mir, sondern schaute einfach weiter fern, obwohl gerade eine Werbepause war. Fröhlich summte er die Melodien der bekannten Spots mit.
"Wäre es okay, wenn ich am Samstag bei Angel übernachten würde?", fragte ich nach einem kurzen Moment des Zögerns und meine Eltern sahen sich kurz nachdenklich an.
"Was habt ihr denn vor?", fragte meine Mum ein wenig argwöhnisch, und das konnte ich ihr nicht verdenken. Sie war nicht dumm, deswegen konnte sie eins und eins zusammenzählen und es war nicht schwer, zu erraten, dass bei der Rechnung Angel + Samstag nichts anderes heraus kommen konnte als Party.
"Wir wollten uns ein paar Filme anschauen. Du weißt schon, ein ganz klassischer Mädelsabend eben.", antwortete ich gespielt lässig und obwohl meine Mutter mir vertraute (was die Lügerei noch schlimmer machte) war sie nicht ganz überzeugt.
"Ich habe gehört, Adam ist heute zurück gekommen.", sagte sie deswegen und ich entschied mich, ihr so viel von der Wahrheit zu erzählen, wie möglich.
"Seine Freunde planen eine riesige Willkommensparty für ihn, die am Samstag steigen soll, aber Angel darf nicht hin, weil sie heute nicht in der Schule war, um zu Hause zu sein, wenn Adam ankommt. Sie war deswegen ziemlich niedergeschmettert und deswegen habe ich einen Fimabend vorgeschlagen, damit sie wenigstens nicht alleine in ihrem Zimmer hocken muss, während alle anderen Spaß haben.", erklärte ich und im selben Moment fiel mir auf, dass sie genau das tun würde und ich fühlte mich mehr als nur mies deswegen. Angel war nicht die Art von Mensch, die gern allein zurück blieb während alle anderen feierten. Und die Tatsache, dass sie meine Probleme über ihre Einsamkeit stellte, rechnete ich ihr hoch an.
Meine Eltern sahen sich wieder an und mein Dad zuckte kurz mit den Schultern. Ich wusste was das hieß: er war damit einverstanden.
"Also unserentwegen kannst du bei Angel übernachten. Aber natürlich nur, wenn Angels Mum ebenfalls einverstanden ist.", willigte meine Mum endlich ein.
Überschwänglich bedankte ich mich bei ihr und sie lachte mich so offen und herzlich an, dass ich beinah einen Rückzieher machte. Ich kniff mir kurz durch den Stoff meiner karrierten Flanellhose ins Bein um mich wieder an mein Ziel zu erinnern.
"Dad, wann kann ich bei Stevie übernachten?", fragte Toby plötzlich und sah unseren Dad mit großen Kulleraugen an. Sevie war sein bester Freund und die beiden waren wirklich unzertrennlich, deswegen war es kein Wunder, dass Toby gerne mal bei Stevie schlafen wollte.
"Wenn du älter bist.", antwortete mein Vater nur und schmunzelte leicht, da Toby die Unterlippe vorschob und ein wenig traurig dreinschaute.
"Aber nicht so alt wie Rivy, oder?", fragte Toby um sich abzusichern und Dad verneinte lachend und wuschelte Toby durch die Haare.
"Dann ist's ja gut.", nickte mein kleiner Bruder zufrieden uns schaute weiter fern.
Ich liebte es, dass Toby noch so jung war und deswegen kaum Sorgen hatte, außer vielleicht, dass sein blauer Buntstift vom vielen anspitzen immer kleiner und kleiner wurde.
Wenn er älter werden würde, würde er noch viel größere Probleme haben als das und ich wusste nicht, ob ich es gut oder schlecht fand, dass er keine Ahnung hatte, wie gut er es eigentlich hatte.
Kindheit ist das Reich, darin niemand dir stirbt, hieß es in einem Gedicht, dass wir vor kurzem im Unterricht behandelt hatten und ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie wahr diese Worte waren.
Ich seufzte, schaute auf den Fernseher, der nun wieder das erste Abenteuer von Woody und Buzz zeigte und wünschte mir von ganzem Herzen, ich wäre wieder das kleine Mädchen, das diesen Film das aller erste Mal gesehen hatte.
Dann müsste ich mich jetzt nicht mit der Schule herumschlagen und mit traumatischen Erfahrungen und schon gar nicht mit irgendwelchen Ultimaten. Die einzig wichtigen Dinge wären dieser Film und die Tatsache, dass meine Mum langsam aber sicher immer mehr von der Decke beanspruchte, die wir uns teilten.
Nur leider konnte ich nicht einfach wieder dieses Mädchen sein und deswegen musste ich mich leider Gottes größeren Problemen wittmen. Allen voran die Party, die ich in nur fünf Tagen besuchen würde.
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Und da bin ich wieder!
Seit meiner langen Pause bin ich total im Schreibwahn, ich kann gar nicht mehr aufhören! 🤘
Was haltet ihr von Angel und Rivers Plan? Und was denkt ihr, wird passieren? 🤔
Stay happy
~Nora
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