Kapitel 1: Orange (Jungkook)

Kapitel 1: Orange, wie der Sonnenaufgang (Jungkook)

Beißendes Licht fraß sich durch meine geschlossenen Augenlider, blendete die an Dunkelheit gewöhnten Augen. Murrend versuchte ich dem Schein auszuweichen, weigerte mich meinen Blick der aufkommen Helligkeit zuzuwenden. Etwas raues kratzte unsanft an der dünnen Haut über meinen Handgelenken. Ich befand mich in einer stehenden Position, die Hände vor dem Bauch aneinander gepresst, unfreiwillig. Etwas hielt sie fest an Ort und Stelle.

Keuchend schlug ich die Augen auf, nur um geschockt festzustellen, dass ich gefesselt worden war. Jemand hatte ein Seil fest um meine Hände gebunden, es verknotet und das freie Ende schließlich an einem kleinen hölzernen Mast befestigt. Jegliches Ziehen und Zerren brachte nichts, der Knoten saß fest und auch der stumme Pfeiler gab unter den kraftvollen Bewegungen meiner Arme nicht nach. Wo war ich hier bloß gelandet? Meine Pupillen brauchten eine Weile, bevor sie sich an die helle Umgebung gewöhnten und die Landschaft um mich herum enthüllen konnten. Der Himmel über mir war in ein zärtliches Orange getaucht, es schien, als würde jeden Augenblick die Sonne über den Horizont treten. Von der leuchtenden Kugel war allerdings nichts zu sehen, das Licht schien von überall zukommen.

Ich stand auf einer endlosen Wiese, dessen Ende nicht zu erahnen war. Das Gras schmiegte sich sanft an meine Füße, die nur in Socken verpackt, auf der warmen Erde standen. Wie war ich an diesen Ort gekommen?

Vorsichtig, ohne den Strick fester zu ziehen, drehte ich mich um. Keine 100 Meter von mir erstreckte sich eine tiefe Schlucht, die sich wie eine klaffende Wunde durch die wunderschöne Szenerie zog. Wolken türmten sich in ihr auf, verdeckten den Blick auf das dahinterliegende Land. Die Lücke im Boden schien genauso endlos wie die Grasdecke, die jetzt in meinem Rücken lag. Hoffnungslosigkeit machte sich in mir breit. Trotzdem dieser Ort mit seinen beißenden und schimmernden Farben durchaus fantastisch war, sehnte ich mich zurück. Sehnte mich dorthin zurück, von wo ich gekommen war.

Einige Zeit stand ich einfach nur da, versuchte durch weitere, sinnlose Bewegungen meine Freiheit zurück zu erlangen. „Yoongi?",flüsterte ich erstaunt, als ich plötzlich eine schemenhafte Person erkannte, die langsam aus der Ferne herüber kam. Seine türkis-gefärbten Haare wippten bei jedem Schritt, machten ihn für mich sofort erkenntlich. „Yoongi?",fragte ich erneut, dieses Mal ein wenig lauter als zuvor, um zu garantieren, dass er meine Worte auch hören konnte. Der junge Mann kam immer näher, reagierte allerdings nicht auf die verzweifelten Rufe meinerseits. Ohne ein Wort und ohne einen Blick ging er an mir vorüber, schenkte seine Aufmerksamkeit nur dem klaffendem Riss vor sich. Er würde doch nicht...

Panik brach in meinen Gedanken aus, sämtliche Vorstellungen und Ängste fielen übereinander, lösten einen Schub an Adrenalin aus. „Suga?! Verdammt, komm her!" Ohne Rücksicht auf meine bereits wund gescheuerte Haut, stürmte ich nach vorne in Richtung der Schlucht. Ruckartig zogen mich die Fesseln zurück, sodass ich den Halt verlor und auf die Knie fiel. Yoongi stellte sich mit den Fußspitzen direkt an die felsige Kante, schaute hinab in den wolkenverhangenen Schlund, der ihn so magisch anzog. „Nein! Nein, geh da weg! Tu das nicht! Stopp!" Die Fesseln schnitten sich tief in meine Haut, ließen mich warmes Blut an den Fingern spüren. Lächelnd wandte er mir sein Gesicht zu, Tränen schienen über seine Wangen zu laufen. Das orangene Licht spiegelte sich beißend auf seiner hellen, schneeweiß wirkenden Haut. Alles wirkte fremd, das Lachen kaputt. Seine Lippen zitterten, als er den Mund öffnete um etwas zu sagen, ihn allerdings ohne ein Wort langsam wieder schloss. Ungehalten stemmte ich mich gegen meine Ketten, zog mich zurück auf die Füße, wühlte die Erde um mich herum auf. Er durfte das nicht tun, er konnte das einfach nicht tun. „Yoongi! Stopp!" Ein weiterer Schub Adrenalin löste sich in meinem Blut, als mein Freund einen Fuß über die Kante streckte, sein Gesicht noch immer mir zugewandt. Wie hatte es dieser Ort geschafft innerhalb von wenigen Sekunden eine derartige Schreckensherrschaft über meine Seele zu führen?

„Yoongi!" Tränen bildeten sich in meinen Augenwinkeln, schienen nicht zu wissen, was sie mit ihrer Freiheit anfangen sollten und fanden schließlich ihren Weg auf den schmutzigen Boden unter meinen dreckigen Füßen. „NEIN! NEIN! Hör doch auf! Hör doch bitte auf!" Mein Verzweiflung war einem Flehen gewichen, meine Stimme nur noch ein schriller Schrei auf der Lichtung.

Dann, sprang er. Ohne einen letzten Gruß, ohne ein Wort des Abschieds. Er sprang in das weiche Bett aus Wolken und verschwand.

„Oh Gott! Oh Gott, nein!" Schluchzend fiel ich zurück auf die Knie, versuchte irgendwie zu realisieren, was gerade geschehen war. Er hatte sich umgebracht. Mein Freund hatte sich vor meinen Augen umgebracht. Es folgten Schreie und Flüche, als ich die Gefühle nicht mehr kontrollieren konnte. Verdreht saß ich im Dreck, trat auf das hämisch grinsende Seil ein, welches mich an meinem Platz festhielt. Vielleicht lebte er noch. Vielleicht war er auf einem Felsvorsprung gelandet. Vielleicht konnte ich ihn retten. Das warme orange der Lichtung fühlte sich immer kälter auf meiner Haut an, schien mein Blut gefrieren zu lassen.

Zwei warme Hände legten sich auf meinen erfrorenen Körper. „Sshhh.",hörte ich eine sanfte Melodie an meinem Ohr flüstern. Panisch wandte ich meinen Kopf in die Richtung der Stimme, die mir endlich Hoffnung versprach. „Jin! Jin, hilf mir! Yoongi, er..." Doch der kniende, dunkelhaarige Mann lächelte bloß aus schimmernden Augen und ruhigen Gesichtszügen, legte mir einen weichen Finger an die Lippen. „Sei ruhig Jungkook.",hauchte mein totgeglaubter Freund. Aber es konnte nicht er sein, was redete er denn da? Wir mussten sehen was mit Yoongi passiert war! „Mach mich los Jin!",schrie ich ihn an, wurde erneut von den Fesseln nach hinten gerissen, als ich versuchte ein paar Zentimeter nach vorne zu kriechen. Jin nickte, wendete sich dem Knoten zu. Mit geschickten Fingern, als hätte er ihn zuvor selbst gebunden, öffnete er diesen. Ich hatte keine Zeit ihm zu danken, sprang auf die Füße und sprintete in Richtung der Schlucht. Immer näher kam sie, zeigte mir ihre scharfkantigen Zähne, mit denen sie Yoongi zerrissen hatte. Gerade als ich spürte wie einer meine Füße ins Leere zu fallen drohte, packte mich von hinten eine kräftige Hand am Arm und zog mich gewaltsam zurück, wie es die Fesseln zuvor getan hatten, riss mich zurück auf das weiche, rettende Gras. Grob packte mich Jin an den Schultern und drehte mich zu sich.

„Yoongi geht es gut! Es geht ihm gut, verstehst du? Du kannst nicht zu ihm. Nicht in dieser Welt!" Schwer atmend versuchte ich mit blutigen Händen die seinen von meinen Schultern zu entfernen, hinterließ dabei rote Flecken an den weißen Ärmeln seines schlichten Hemdes. „Kookie, schau mir in die Augen! Kookie, was siehst du?" Gewaltsam umschloss er mein Gesicht, sodass ich gezwungen war ihn anzublicken. Meine Augen schwirrten umher, realisierten wie in Zeitlupe, dass Jin vor mir stand. Seokjin. Seine Pupillen schienen aus flüssigem Silber, glänzten wie Sterne am Nachthimmel und beruhigten meinen kochenden Verstand. Er hatte recht. Ein Schluchzen legte sich auf meine Lippen, die getrockneten Bahnen in meinem Gesicht, wurden erneut von Tränen in Beschlag genommen. „Jin, du bist hier." Nach Luft schnappend warf ich mich in seine Arme, zog ihn eng an mich. „Warum bist du nicht schon eher gekommen?" Mein Körper war plötzlich erfüllt von Ruhe, die Bilder von Yoongi an der Klippe waren wie Schmetterlinge in den orangenen Himmel entflogen. „Ich war die ganze Zeit da, Jungkook. Du hättest mich nur rufen müssen." Weinend vergrub ich mein Gesicht an seiner Schulter, verkrampfte meine Arme um seinen Hals. Ich wollte ihn nicht mehr loslassen. „Warum hättest du Yoongi sterben lassen?" Sanft fuhren Jins Hände über meinen Rücken, streichelten mich. „Ich wusste, er würde nicht sterben." Sein lebendiger Atem kitzelte mich im Nacken. „Und um ihn retten zu können, musste ich erst deine Fesseln lösen." Die Antwort genügte mir, wichtiger war, das Jin jetzt bei mir war. Hier in meinen Armen.

Ich wusste nicht, wie lange wir in dieser Position verharrten. Es waren Stunden, die sich anfühlten wie Sekunden. Die Zeit schien an diesem Ort endlos, genau wie die Wiese, genau wie die Schlucht. Wie eine stehen geblieben Uhr, die aus Energienot ihr Ticken aufgab, stand hier ebenfalls alles still. Die Wolken bewegten sich nicht, das Orange des Himmels leuchtete weiterhin in seinen schrillen Tönen.

Meine Beine baumelten über dem Abgrund. Ich saß einfach nur da, lehnte meinen Kopf an Jins weiche Schulter. „Jin?",fragte ich schüchtern. Die Fragen in meinem Kopf waren ein ungeordnetes Chaos und zumindest eine wollte ich ihm stellen. „Ja?" „Fühlt es sich so an zu sterben?" Der Gefragte drehte erstaunt seinen Kopf in meine Richtung, sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. „Nein." Kurz stockte er und schloss die Augen. „Das hier ist nicht der Tod. Sterben ist etwas anderes."

„Jungkook, ich muss jetzt gehen." Erschrocken schaute ich von meinen dreckigen und löchrigen Knien auf, die still von einigen Wolkenfetzen umhangen waren und schaute ihn an. „Warum?" „Die Zeit ruft mich zurück." Ohne auf eine Reaktion zu warten, setzte er einen Fuß auf den sicheren Boden und erhob sich. „Kannst du dich ihr nicht widersetzen?" Lachend schüttelte er den Kopf, wuschelte mir durch die schwarzen Haare, wie eine Mutter es bei ihrem Kind tun würde. „Du kannst dich der Zeit nicht widersetzten, Kookie. Wenn sie ruft, dann musst du gehorchen." Ich legte den Kopf etwas schief um seine weiße Gestalt gegen das grelle Orange betrachten zu können. „Passt du auf uns auf Jin?" Er machte einige Schritte rückwärts, bis er mit den Hacken am Rand des Abgrundes stand. Die Entfernung zwischen mir und ihm fühlte sich kühl an. Langsam legte sich die Dunkelheit erneut auf meine Augen, die sich mit einem müden Seufzen schlossen. Jins Stimme drang wie ein warmer Sommerhauch an mein Ohr: „Wann immer ihr mich braucht, werde ich da sein."

Nach Luft schnappend richtete ich mich in meinem Bett auf. Sämtliche Kissen lagen in der Dämmerung des Zimmers verstreut, blickten mit bösen Mienen zu mir hinauf. War das ein Traum gewesen? Mein Kopf schmerzte ein wenig und Schwindel verwirrte meine Gedanken. Hatte ich diese ganzen Geschehnisse nur geträumt? War alles eine Einbildung gewesen?

Automatisch richtete sich mein Blick auf das Bett an der anderen Wand des Schlafzimmers. Yoongi lag, eng an seine Decke gekuschelt, da und schaute mit wachen Augen in meine Richtung. Es ging ihm gut, wie Jin es gesagt hatte. Niemals könnten Jins Augen Lügen verbreiten.

Doch, trotzdem mein Freund wach war, spendete er mir keine freundlichen Worte. Einige Sekunden verharrten seine Augen auf mir, bevor er sich mit einem gewaltigen Satz auf die Wand zudrehte und mir seinen Rücken präsentierte. Wie lange beobachtete er mich schon?

„Yoongi?",sein Name kam mir ungewollt über die Lippen. Vielleicht schlief er schon. Wir alle hatten Schlaf mehr als nötig, zu viele Nächte hatten wir unsere Gedanken Jin gewidmet. Mir ging es nicht anders und doch schien mein Körper nach diesem verwirrendem Traum erstaunlich ausgeruht und entspannt. Schlaf schien keine Option mehr.

„Was ist?",seine leise Stimme drang gedämpft zu mir herüber. „Beobachtest du mich schon lange?" Ich hörte ihn genervt seufzen. „Du hast meinen Namen gerufen, natürlich gucke ich dich dann an." Um es mir etwas bequemer zu machen, setzte ich mich in den Schneidersitz, legte mir die aufgewühlte Decke über die Beine. „Habe ich noch etwas gesagt?" „Irgendwann hast du angefangen Jins Namen zu flüstern." Seine Stimme wurde mit jedem Wort des Satzes leiser, war schließlich kaum noch verständlich für mich. Dieser Traum hatte sich so real angefühlt, umso größer war die Erleichterung Yoongi jetzt wieder zu sehen und umso größer der Schmerz, das Jin niemals wieder seinen Platz im Zimmer schräg gegenüber finden würde. „Yoongi, versprichst du mir was?" Meine Aussprache war kindlich. Ich sprach wie ein Schuljunge, der seinen Mitschüler um irgendein sinnloses Versprechen bat, doch dieses würde nicht sinnlos sein. „Rede Jungkook." „Bitte, tu dir nie etwas an. Bevor du irgendetwas unüberlegtes tust, rede mit mir darüber, rede mit Namjoon oder Nari, aber bitte: Bringe dich nicht dorthin, wo Jin gerade ist." Blitzartig zog Yoongi seine Knie an, bis diese fast seine Nase streiften. Ich hörte keine Antwort. Kein Wort kam aus seinem Mund, stattdessen hallte ein ersticktes Schluchzen durch das Zimmer.

Die Situation wurde mir zu viel. Die Geräusche von Yoongi wurden immer leiser, bis schließlich eine absolute, erdrückende Stillte den Platz einnahm. Ich konnte diesen Ort einfach nicht länger ertragen, weshalb ich mich auf leisen Sohlen aus dem Zimmer stahl und den Gang entlang tappte. Unsere gemeinsame Wohnung war ebenfalls von dieser Ruhe ergriffen und zeigte mir seine dunkle Seite. Fast lief ich gegen ein Regal, wich nur knapp aus, als mein Verstand mich warnte. In der Küche brannte Licht.

„Hey.",eine freundliche, weibliche Stimme drang zu mir, sobald das Mädchen mich erkannte. Ruckartig hob ich meine Hand, um meine Augen vor dem grellen Licht zu schützen, bevor sie sich daran gewöhnt hatten. Dieses Licht war anders, als das auf der Lichtung. „Nari.",sagte ich ihren Namen als Begrüßung und senkte höflich den Kopf. Sie tat eine wegwerfende Handbewegung. „Alles gut. Ich bin doch auch nicht viel älter als du." Ich lächelte. Ihre lockere, zuvorkommende Art hatten wir alle sofort ins Herz geschlossen, als Namjoon sie uns kurz nach den ersten gemeinsamen Trainingsstunden vorstellte. Es war kein Wunder gewesen, dass Jin sofort nur noch Augen für das hübsche, dunkelhaarige Mädchen mit der etwas zu hellen Iris gehabt hatte. „Kannst du auch nicht schlafen?",fragte sie, zog ihre Beine, die in einer viel zu weiten, gepunkteten Pyjama-Hose steckten, näher an ihren Oberkörper heran. Was sollte ich antworten? Es war besser, erst einmal nichts von Yoongi zu berichten. „Ich hatte einen seltsamen Traum." Sie nickte nur, ihr verständnisvoller Blick steifte meinen. „Möchtest du davon erzählen?" Lächelnd klopfte sie auf den Stuhl an ihrer linken Seite und rutschte, um mir ein wenig Platz zu schenken, ein Stück näher an die Wand. Zögerlich setzte ich mich. So sehr ich ihr vertraute, ungern würde ich ihr davon erzählen wollen. Es war vielleicht ein wenig merkwürdig einen Besitzanspruch für diesen Traum auszusprechen, aber ich wollte ihn nicht teilen. Jin war mir erschienen, hatte mit mir gesprochen. Es war eine Botschaft an mich gewesen und nicht an Nari oder irgendjemand anderen. „Keks?" Namjoons Schwester hielt mir eine kleine Packung mit Schokoladenkeksen hin, die ich dankbar ergriff. „Erzähl ruhig, ich hör dir zu." Der süßliche Geschmack des kleinen Gebäckstückes breitete sich in meinem Mund aus, lies den Schwindel in meinen Gedanken ein wenig verblassen. „Er passt auf uns auf Nari.",hauchte ich nur, schaute sie dabei nicht an, sondern heftete meine Augen auf die braune Tischplatte. Stille zwängte sich zwischen uns und lachte gehässig, als ich versuchte noch etwas zu sagen, die Wörter meinen Mund allerdings nicht verließen. Eine Hand Naris klammerte sich an den Tisch, der unter der vielen Aufmerksamkeit langsam zu leiden schien. Ächzend schob er sich ein Stück nach vorne. „War dir das vorher nicht bewusst?" Tatsächlich war ich nie auf diese Tatsache gekommen. Sein Abschied, als er den Wohnungskomplex an besagtem Tag verließ, war für die Ewigkeit gewesen. Er verweilte nicht mehr unter uns. Ein weiterer Bissen vom Keks, ordnete meine Gedanken erneut.

„Er ist einfach gegangen."

„Noch ist er hier."

„Aber die Zeit ruft ihn."

Weiß traten die Knöchel aus Naris Hand hervor, als sich ihr Griff an dem Tisch verstärkte. „Hört er auf sie Jungkook?" Ich wagte noch immer nicht sie direkt anzusehen, mein Blick haftete jetzt an ihren schmalen Fingern, deren Nägel vielleicht etwas zu lang waren. „Er sagte, man könne sich ihr nicht widersetzten." Laut zog meine Sitznachbarin die Luft ein, löste sich von der Halt gebenden Platte.

„Ich weiß jetzt, dass er bei uns ist, Nari. Selbst wenn er diese Welt verlässt, wird er bei uns bleiben."

--- Nari ---

„Jungkook sagt, die Zeit würde ihn rufen." Mit kühlen Fingern strich ich sanft über seinen Unterarm, verweilte kurz an seiner Handfläche. „Namjoon, ich bin Atheistin und Realistin, aber das kann ich mir nicht erklären." Es grenzte an ein Wunder, dass die Tränen noch nicht ihre Freiheit gefunden hatten. „Du glaubst, dass Jin wirklich in seinem Traum war?" Meine Finger zögerten, ehe sie Jins Hand mit meiner verschränkten. „Wie kann er so etwas Reales träumen? Das Jin in seinen Traum kommt, ihm sagt, dass er auf uns aufpasst. Ihm sagt, dass er gehen muss?" Namjoon lehnte sich auf seinem Hocker zurück, versuchte die Gefühle in meinem Gesicht zu deuten. Ein leises Quietschen unterbrach dabei die regelmäßigen Geräusche. „Es hat ihm Hoffnung gegeben. Einer von Fünf ist gerettet." Jetzt kamen die Tränen. Vorsichtig tasteten sie sich aus meinen Augenwinkeln hervor, nur um dann schnell meine Wange hinunter zu laufen. „Und wer wird die anderen retten?" Die Worte kamen nur gebrochen aus meinem Mund. „Jin. Wir können nur zusehen."

Die frühe Morgensonne erwachte langsam aus ihrem Tiefschlaf. Erste Strahlen fielen durch die Fensterfront, kitzelten in meinem Rücken. Den jungen Mann auf dem Bett störte das alles nicht. Seine Augen blieben geschlossen, seine Maschinen kämpften weiter um sein Leben. Ein unfaires Spiel gegen die Zeit. Ich konnte meinen Blick nicht von diesem Jungen nehmen, dessen Hand, blass wie die Haut einer Porzellanpuppe, ihren Platz in meiner gefunden hatte. Einer war gerettet. Es fehlten Fünf.

Fünf Personen, deren Gedanken nicht durch Zusprüche oder psychische Behandlungen sortiert werden konnten. Fünf Personen, die ihre Schicksale akzeptieren mussten.

„Guten Morgen, Jin.",hauchte Namjoon, als einige der vorwitzigen Strahlen auf Jins Gesicht fielen. Das Weiß seiner Haut glänzte in dem silbernen Licht.

„Guten Morgen, Namjoon. Ich habe wunderbar geschlafen und du?"

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