Bitte oder Befehl
Jisungs Pov:
Mittlerweile war eine ganze Woche vergangen, in der Minho mit keinem von uns Zeit verbracht hatte. Ich hatte zunächst nicht gewusst, ob dieser Zustand typisch für den Pharao war, aber nachdem selbst Hyunjin Anzeichen dafür zeigte, dass er sich Sorgen machte oder sich zumindest hochgradig vernachlässigt fühlte, glaubte ich nicht mehr daran, dass Minho häufiger solche Pausen einlegte. Es war beinahe erheiternd, Hyunjin zuzusehen, wie er teils ziellos durch die Räume lief. Allerdings war er sogar gegenüber den Sklaven außergewöhnlich gereizt und einmal hätte ich beinahe eingegriffen, doch glücklicherweise kam mir Seungmin zuvor. Vermutlich war ich der Einzige, der kaum einen Gedanken daran verschwendete, weshalb Minho sich nicht zeigte, aber ich vermutete stark, dass es etwas mit den Anschlägen und seiner Sicherheit zu tun hatte.
Langsam versuchte ich mich ebenso an meine eher durchschnittlich interessanten Tagesabläufe zu gewöhnen und selbst wenn ich mir die meiste Zeit des Tages mit Spaziergängen in den Palastgärten und Gesprächen mit Seungmin, Sunoo und Niki vertreiben konnte, so war es doch leicht ermüdend, so wenig Abwechslung zu finden. Mittlerweile war ich sogar so weit, dass ich selbst den schlechtesten Film oder das langweiligste Buch der Moderne für ein Wunderwerk gehalten hätte.
Ab und an wurde uns am Abend etwas auf unterschiedlichsten Instrumenten, wie der Flöte oder der Laute, vorgespielt, oder die Sklaven trugen eigentümliche Gedichte und Geschichten vor, aber diese konnten meine Stimmung nur mäßig anheben. Ein paar Mal kam mir sogar in den Sinn, dass es eine aufregende Abwechslung wäre, Minho einmal mehr gegenüberzustehen und ihn mit meiner sturen Art in die Verzweiflung zu treiben. Ich stellte mir sein Gesicht vor, wenn ich ihm erneut sagen würde, dass ich mich ihm nicht hingeben würde und er sich jemand anderes suchen konnte. Er würde langsam blinzeln, den Kopf schieflegen und dann würden seine Augen den Unglauben besser ausdrücken, als es jedes Wort könnte.
Ich hielt mitten in der Bewegung inne und seufzte dann leicht genervt von mir selbst.
Bin ich wirklich schon so verzweifelt und gelangweilt von meinem Leben hier, dass ich sogar Minhos Anwesenheit ersehne? Und was zum Teufel denke ich mir da? Als würde ich es gern sehen, wenn ich ihn verunsichere und vor den Kopf stoße.
Entschieden legte ich das frisch gewaschene Kleidungstück ganz oben in die Truhe und richtete mich gerade auf, als Yeji den Raum betrat und sich kurz suchend umsah.
„Ah- da bist du ja, Jisung. Gut, dass ich dir hier begegne... Einer der Bediensteten hat nach dir gefragt und mich gebeten, dich darüber zu informieren, dass unser König dich zu sehen wünscht. Eine der Wachen wird dich zu seinen Gemächern führen."
Mein Herz machte einen kleinen Satz und beinahe hätte ich über diesen absurden Zufall gelacht, denn es war einfach nur grotesk, dass ich noch vor einer Sekunde darüber nachgedacht hatte, was meinen Tag interessanter gestalten konnte, und schon bot sich eine unkonventionelle Möglichkeit – eine, die mich ebenso in den Wahnsinn treiben konnte.
Du solltest dir das nicht wünschen, Jisung. Immerhin kannst du nicht wissen, was er diesmal von dir fordert.
Allerdings ignorierte ich diese mahnende Stimme in mir und nickte stattdessen Yeji zu. „Das werde ich tun, danke, dass du es mir gesagt hast."
Diese neigte ihrerseits den Kopf, bevor sie mir nachsah, wie ich den Raum mit schnellen, zielstrebigen Schritten verließ. Diesmal dachte ich weniger an die Konsequenzen und lief zu einem der Soldaten vor den Gemächern des königlichen Harems.
„Bring mich zu den Gemächern seiner Majestät, ich werde dort erwartet."
Die Wache neigte ehrerbietig den Kopf und lief dann voraus.
Kurz fragte ich mich, warum Minho sich heute entschieden hatte, mich bereits in den frühen Morgenstunden des Tages zu sich zu rufen. Es war noch nicht einmal soweit, dass die Sonne gänzlich über den Horizont aufgestiegen war und üblicherweise schien der Pharao zu dieser Zeit zuverlässig seiner Tätigkeit des Regierens nachzugehen. Vielleicht hatte er für diesen Tag keine Sitzungen mit dem Kronrat oder anderen Bittstellern oder er hatte keine Lust.
Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen, als ich mir vorstellte, wie Minho – einem kleinen Schuljungen ähnlich – die Hände vor der Brust verschränkte und nicht arbeiten wollte.
Wir bogen um die nächste Ecke und unvermittelt blieb die Wache stehen und verneigte sich tief. „Eure Majestät. Wir waren bereits auf dem Weg zu euch. Ich bitte untertänigst um Vergebung, wenn ich euch habe warten lassen."
Ich zuckte überrascht zusammen, als ich mich plötzlich dem Pharao selbst gegenübersah, und neigte daraufhin rasch den Kopf, um meine Demut auszudrücken. Allerdings wirkte Minho keineswegs verstimmt oder so, als hätte er lange auf etwas gewartet. Seine Lippen kräuselten sich vielmehr zu einem Lächeln und er winkte würdevoll ab.
„Ich habe selbst meine Pläne spontan geändert." Dann sah er mir fest in die Augen. „Deshalb bin ich euch entgegengekommen, um mein Kätzchen eigenständig in Empfang zu nehmen."
Ich hob eine Augenbraue und versuchte nicht zu offensichtlich zu zeigen, wie bizarr diese Worte im Zusammenhang klangen – vor allem, weil er den Kosenamen verwendete, den er mir zugedacht hatte.
Er will mich wohl wirklich dringend sehen, wenn er nicht mal in seinen Gemächern warten kann.
Die Wache verneigte sich nochmal ehrerbietig vor Minho und dann streckte dieser bereits seine Hand nach mir aus.
„Komm her, Jisung. Ich habe meinen Bediensteten bereits Anweisungen gegeben, das Bad vorzubereiten."
Meine Augen weiteten sich und etwas zögerlich trat ich neben den Dunkelhaarigen und reichte ihm meine Hand. Er sprach kein weiteres Wort, sondern fasste fester nach meiner Hand und führte mich dann zielstrebig den Gang entlang.
Das Bad kann nichts Gutes bedeuten – immerhin bin ich dann nackt... oder will er, dass ich vielmehr ihn wasche und ihm diene, wie einer der Sklaven?
Ich kam zu keinem eindeutigen Ergebnis der bevorstehenden Ereignisse, ehe die Leibgarde des Pharaos uns die Tür öffnete und den Blick auf mehrere Bedienstete freigaben, die damit beschäftigt waren, erhitztes Wasser in einen sehr großen Waschzuber zu kippen. Wieder andere legten trockene Tücher bereit, andere arrangierten verschiedene Schwämme, Badessenzen und alles nötige Zubehör auf einem Beistelltisch neben dem Zuber.
Schneller als mir lieb war, hatte ich die herrschenden Gegebenheiten analysiert: Es gab nur eine Wanne... Und das bedeutete nichts Gutes für mich.
Minho beobachtete die Arbeit seiner Bediensteten aufmerksam und schweigend, bis einer der Sklaven zu ihm trat, sich vor ihm niederwarf und verkündete, dass nun alles vorbereitet wäre. Daraufhin entließ er diesen mit einem Wink seiner Hand.
„Ihr dürft nun alle den Raum verlassen", sagte der Pharao ruhig und trat schon hinüber zu der großen Wanne, während ich zurückblieb und etwas nervös beobachtete, wie die Bediensteten einer nach dem anderen verschwanden und somit dem Befehl seiner Majestät folgten.
Das leise Platschen von Wasser war das Einzige, was ich hörte, nachdem sich die Tür hinter dem letzten Diener geschlossen hatte. Zurückhaltend wandte ich mich an Minho, der sorglos eine Hand in das warme Wasser tauchte.
„Was genau soll das werden?", fragte ich ihn möglichst gleichmütig, konnte aber selbst feststellen, wie hoch sich meine Stimme anhörte.
Minho wandte mir seinen Kopf zu, hob die Hand aus dem Wasser und ließ die großen Tropfen von seiner karamellfarbenen Haut herabrinnen und zurück ins Badewasser fließen.
„Mhm~ was tut man wohl in einem Bad, Jisung?", stellte er die Gegenfrage und seine Mundwinkel hoben sich erneut ein Stück an.
„Ich weiß, dass man sich hier wäscht", schnappte ich zurück und wollte schon eine weitere bissige Bemerkung hinterherschicken, aber verkniff es mir, da ich mich an meine guten Vorsätze erinnerte.
Ich sollte nicht jetzt schon meine ganze Kraft darauf verschwenden, mit ihm zu streiten. Zuerst sollte ich mir anhören, was er geplant hat.
Also atmete ich tief durch, trat einen kleinen Schritt auf den Waschzuber zu, als Zeichen, dass ich nicht gleich alles blockieren wollte, und blickte dem mächtigsten Mann des Landes herausfordernd in die Augen. „Ich habe meine Frage wohl zu vage formuliert. Ich wollte wissen, welches Ziel ihr hier verfolgt und welche Rolle ich dabei spielen soll."
Minho straffte seine Schultern und er schüttelte die letzten Wassertropfen von seinen Fingern, bevor er nach seiner Kleidung fasste und begann, diese zu lösen. „Du sollst gar keine Rolle spielen und ich habe das Bedürfnis, zu baden und zu entspannen. Du bist hier, weil ich will, dass du mir Gesellschaft leistest."
So etwas in der Art hatte ich bereits erwartet. Trotzdem beantwortete diese Aussage nicht gänzlich meine Frage. Misstrauisch hob ich eine Augenbraue, verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete leicht nervös, wie sich Minho schamlos seiner Kleidung entledigte und diese auf den Boden fallen ließ.
„Und wie soll dieses ‚Gesellschaft leisten' eurer Meinung nach aussehen?", konterte ich trocken und wandte den Blick von dem nackten König ab.
Zu was genau wird er mich diesmal verführen wollen?
Als nächstes war das Geräusch von plätscherndem Wasser zu hören und obwohl ich gerade erst die Augen von dem sonnengebräunten, gutaussehenden Körper gelöst hatte, lagen sie nun wieder auf ebendiesem und beobachteten, wie Minho sich in die Wanne sinken ließ und sich gemütlich zurücklehnte.
„Nun... wie wäre es fürs Erste, wenn du zu mir in die Wanne kommst? Hier ist genug Platz für zwei und möglicherweise entspannst du dich etwas, wenn das warme Wasser deinen Körper umschmeichelt." Der junge Pharao hatte einen Unterarm auf den mit Tüchern bedeckten Wannenrand gelegt und jetzt bettete er sein Kinn auf ebendiesem Unterarm, während er mich forschend musterte.
„Ich verspreche, ich werde dich nicht anfassen. Immerhin werde ich dich die ganze Zeit sehen können... direkt vor mir."
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Ich wünsche euch allen schon jetzt frohe Ostern. 💖 Hoffentlich bekommt ihr zumindest noch ein bisschen Schokolade oder ein paar bunte Ostereier, oder ihr kauft euch selbst etwas Schönes. Verbringt die Feiertage mit den wirklich wichtigen Menschen und nutzt die Zeit, um euch gut zu erholen. ✨
I love you Stay. 💕
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