⏭ 27; the two different paths between crisis and opportunity

╔════ ·· › 🌊 ‹ ·· ════╗
SKZ » TMT
╚════ ·· › 🌊 ‹ ·· ════╝

»So kann ich mir Doongie gar nicht vorstellen«, lacht Jisung, nachdem Minji und Minho ihm davon erzählt haben, wie sehr der Kleine sich gestern Abend gesträubt hat, als Minji nach Hause, weg von ihm, musste. »Sonst ist er ja immer der Ausgeglichene.« Er nimmt zwei, drei große Bissen von den verschiedenen Speisen, die sie  bestellt haben, sodass sein ganzer Mund komplett vollgestopft ist. Minji ist eher so eine Person, die alles lieber getrennt und nacheinander ist, Jisung ist überzeugt davon, dass es am besten schmeckt, wenn man verschiedenste Geschmacksrichtungen mischt. Solange sie zueinander passen, versteht sich.

»Das stimmt«, erwidert Minji grinsend und blickt instinktiv in die Richtung des Kratzbaumes, den sie und Minho nicht weit vom Sofa entfernt aufgestellt haben. »Stille Wasser sind bekanntlich tief.« Sie legt ihre Stäbchen ab und ist anscheinend schon im Begriff, mit dem Essen aufzuhören. Deshalb legen Jisung und Minho ihr gleichzeitig nochmal was auf den Teller. So gut aufeinander abgestimmt, dass ihre Essstäbchen gegeneinander stoßen. Lustigerweise schauen sie danach beide gleichzeitig auf und lächeln sich an. Als Jisung ihm dann auch noch zuzwinkert, wird Minhos Strahlen noch breiter. »Ähm... danke, lieb von euch«, sagt Minji und lacht etwas überrumpelt mit ihrem Trinkglas in der Hand, »aber eigentlich wollte ich bloß... Naja.« Sie nimmt einen Schluck Wasser, während Jisung und Minho sich nochmal einen Blick zuwerfen, der dieses Mal ein kleines bisschen verlegen ist, weil sie, ohne lange zu überlegen, davon ausgegangen sind, Minji würde nicht genug essen wollen. Ganz unberechtigt aber auch nicht, findet Minho, so wie er Minji die letzten zweieinhalb Jahre kennengelernt hat.

»Aber erzählt weiter«, kommt Jisung auf ihr eigentliches Gespräch zurück. »Ihr habt noch gar nichts von Minjis Eltern gesagt. Bloß, dass es okay war.« Minho schaut zu Minji, die gerade das Hühnchen isst, das Jisung ihr auf den Teller gelegt hat, denn er weiß nicht, ob sie vielleicht anfangen will. Es geht ja um ihre Eltern und als sie dort gewesen sind, hat auch vor allem Minji geredet.

Sie bemerkt Minhos Blick sofort und nickt, während sie sich ein bisschen mit ihrem Essen abkämpft und Minho über sie grinst. Jisung muss es echt gut mit ihr gemeint haben, denn er hat ihr eines der größten Stückchen gegeben, obwohl Minji fast unmöglich kleine Bissen nimmt. Natürlich weiß Minho, dass sein Grinsen ihr ganz und gar nicht dabei hilft, schneller wieder sprechen zu können, aber er ist ganz froh darüber, nicht sofort an heute Nachmittag zurückdenken zu müssen.

»Ich glaube, sie sind ziemlich enttäuscht«, erwidert Minji schließlich und der unbeschwerte Moment von gerade verfliegt schneller, als er gekommen ist. »Nicht, weil Minho schwul ist. Das finden sie gar nicht schlimm, denke ich. Was sie mehr enttäuscht...« Minji schluckt schwer, bevor sie weiterreden kann und stützt einen Ellenbogen auf der Tischplatte ab, um ihren Kopf auf ihrer Handfläche abzulegen. »Ich habe sie noch nie vorher angelogen«, fährt sie fort, viel leiser als zuvor, »und jetzt gleich bei sowas Großem, statt sie nur mal anzuflunkern. Mama und Papa mögen Minho auch noch so gerne und es wäre ja schlimm genug gewesen, wenn wir richtig zusammen gewesen wären und uns getrennt hätten. Aber so...«

»Und das nennt ihr ›okay‹?«, platzt Jisung heraus und zieht die Augenbrauen zusammen. »Das klingt alles andere als okay. Ich meine, gut, sie haben keine Vorurteile und ich schätze mal, es sind keine Fetzen geflogen, aber... Mann, die kalte Schulter ist manchmal viel schlimmer«, fährt er fort, sobald er den ersten Schock überwunden hat und streckt sich über den Tisch aus, um Minji eine Hand auf den Oberarm zu legen. »Besonders bei euch. Du hattest doch immer ein richtig enges Verhältnis zu deinen Eltern.« Minho sieht das ähnlich wie Jisung, nur, dass er mit-schuld ist und sich ziemlich ganz-schuld fühlt. Ohne ihn hätte Minji ihre Eltern ja nie angelogen und jetzt ist es so, dass sie es ihm weniger übel nehmen als ihrer eigenen Tochter, die – in Minhos Augen – nichts, oder zumindest nicht viel, falsch gemacht hat.

»Nein, es ist ehrlich okay. Wir brauchen einfach alle Zeit«, versichert Minji ihm. Oder ihnen beiden, denn Minho wirft sie auch ein kleines Lächeln zu. »Grundsätzlich haben sie ja verstanden, warum wir die Beziehung zweieinhalb Jahre lang vorgespielt haben, sie waren nur enttäuscht, dass ich nicht mal ihnen was gesagt habe, obwohl wir uns so nahe stehen. Vielleicht wird das immer mal wieder aufkommen, aber ich glaube, sie können damit umgehen.« Während sie spricht, schiebt sie ein Häufchen Reis auf ihrem Teller hin und her und schaut fast gar nicht zu Jisung und Minho. »Wir brauchen einfach wirklich alle Zeit«, wiederholt sie. Sie sagt es auf eine Weise, die klarmacht, dass sie gerade nicht weiter darüber sprechen möchte, egal auf welche Art. Nicht mal Entschuldigungen hat sie zugelassen, als sie mit Minho nach dem Gespräch nochmal zu seinen Eltern gefahren ist, um die Katzen und alles andere einzupacken, denn Minji meint jedes Mal, es gebe ja nichts, wofür er sich entschuldigen müsse. Jedenfalls nicht bei ihr. Aber dass Minho sich heute noch richtig bei Jisung dafür entschuldigt, ein Jahr nicht zugegeben zu haben, dass er nur Männer mag, das findet Minji schon wichtig.

»Sungie, ist es für dich okay, wenn ich mit hoch komme?«, fragt Minho, als er den Motor seines Autos abstellt. »Jetzt haben wir ja Zeit. Und in deinem Zimmer Ruhe.« Er muss noch einmal tief durchatmen, dann erst traut er sich, Jisung anzusehen.

»Klar«, antwortet er und legt eine Hand auf Minhos Schulter, um sie einmal ermutigend zu drücken, »aber mach dir keinen Stress. Ist ja anscheinend was Größeres, wenn du dich so lange nicht getraut hast.« Jisung sagt das komplett wertungsfrei und mit einem – echt süßen – Lächeln, doch das macht es Minho fast noch schwerer.

»Du bist so verständnisvoll, dass ich mich noch schlechter fühle, nichts gesagt zu haben«, gibt Minho zu und lacht danach leise, um es mehr wie einen Witz klingen zu lassen. Dabei meint er jedes Wort ernst... Gerade meint er wirklich, es wäre einfacher für ihn, wenn Jisung ihn irgendwie spüren lassen würde, wie enttäuscht er ist, weil er ja jedes Recht dazu hätte.

»Minho. Du bist einer meiner besten Freunde. Du müsstest schon ein hochgradiges Verbrechen begehen, das mich direkt betrifft, damit ich dir wirklich böse sein kann«, sagt Jisung. Und, verdammt, sieht er dabei schön aus. Seine großen, dunklen Augen, für die Minho sowieso schon immer eine Schwäche hat, reflektieren das Licht der Straßenlaternen, die auf ihrer Fahrt hierher nach und nach angegangen sind, so, dass es so aussieht, als würden Sterne darin tanzen. Eigentlich strahlen die Laternen ja in einem kalten Weißton, der alles und jeden krank und dumpf aussehen lassen kann, doch Jisung sieht weder krank noch dumpf aus. Vielleicht, weil er selbst so warm ist. Vielleicht kann seine Wärme jede kränklich-fade Beleuchtung überstrahlen, sicher kann sie das... »Ich vergeb' dir so ziemlich alles, Minho.«

»Ich dir auch«, sagt Minhos Mund von selbst, bevor er überhaupt anfangen kann, über eine Antwort nachzudenken. Jisung findet das anscheinend gar nicht so unendlich peinlich wie er, denn er reagiert nicht besonders darauf, aber Minho hält es nach ein paar Sekunden schon nicht mehr aus und springt regelrecht aus seinem Auto. Während Jisung auch aussteigt – hoffentlich denkt er sich nicht so viel bei Minhos plötzlichem Bewegungsdrang! –, öffnet Minho hektisch den Kofferraum und holt Jisungs Reisetasche heraus. Und dann trägt er sie, bis sie in Jisungs Zimmer stehen.

»Also, schieß' los«, fordert Jisung ihn auf, sobald sie nebeneinander auf seinem Sofa sitzen. Naja, eigentlich auf seinem Bett, das er mit einer Tagesdecke und mehreren flauschigen Kissen zu einem Sofa umfunktioniert. So ein Studizimmer am Campus ist echt winzig...

»Es... Ich... Mann, Jisung, eigentlich wollte ich dir das nicht so schnell nach deiner Trennung sagen«, stammelt Minho. Er greift energisch nach einem der vielen übergroßen Kissen, während er redet, und drückt es eng an sich heran, knetet es, streicht darüber und würde am liebsten sein Gesicht darin vergraben. Nicht nur, weil seine Wangen so unerträglich heiß sind. Am liebsten wäre es ihm, wenn er sich in Luft auflösen könnte und einen Brief schreiben oder so, alles besser, als so von Jisung beobachtet zu werden.

»Hey... Also, ich weiß zwar noch nicht so ganz, wo du damit hinwillst...«, ergreift Jisung kurz das Wort, »aber mach dir deswegen keine Sorgen. Jisu ist schon noch ein wunder Punkt für mich, aber... Ich meine, die Trennung kam auch nicht aus dem Nichts. Ist nicht so, als hätte ich es nicht erwartet. Auch wenn's wehtut.«

Und schon wieder... Schon wieder ist Jisung so unmöglich verständnisvoll. Wie oft will er Minho heute noch daran erinnern, warum er sich so in ihn verliebt hat? Dabei sollte er jetzt gar nicht so verständnisvoll sein, indem er seine eigenen Gefühle kleiner macht, als sie wahrscheinlich sind, nur, um einem Freund zu helfen. Am liebsten würde Minho ihm das so sagen, dass er auch auf sich schauen soll, aber diese Diskussion will er jetzt nicht anfangen. Sonst verliert er am Schluss noch den Mut, über seine Gefühle zu reden, wegen denen er eigentlich hier ist – und dann würde er genau das machen, wovon er Jisung abhalten will.

»Ich war damals, als ich mich vor dir geoutet habe, schon länger total in dich verliebt, aber du hattest da schon Jisu«, gibt Minho zu. »Und du hast mir auch an dem Tag gesagt, dass du fandest, Minji und ich würden auch richtig zusammenpassen. Und das alles zusammen... Das alles zusammen hat mir Angst gemacht. Du warst so glücklich, als du meintest, dass Minji und ich trotzdem zusammenkommen können, auch wenn ich auch Jungs mag, dass ich...« Minho hat keine Ahnung, wie er diesen Satz beenden soll, deswegen lässt er die Worte einfach so in der Luft hängen. »Das ist die einzige Erklärung, die ich habe: Ich hatte Angst, weil ich so verliebt in dich war. Und dass das wenig Sinn ergibt, weiß ich auch. Aber aus Angst macht man oft mal was, das man rational nicht erklären kann.«

Danach herrscht Stille. Eine Stille, in der das Rauschen der Lüftungsanlage, ihr Atmen und die Straße, die am Campus vorbeiführt, so unglaublich laut werden. Minho verübelt es Jisung nicht, dass er so schnell keine Antwort weiß. Würde er auch nicht. Und dann wird plötzlich wirklich alles still, alles bis auf seinen Herzschlag, den er bis in die Ohren spürt.

Statt zu antworten, nimmt Jisung ihn nämlich in den Arm. Er schlingt beide Arme so eng um ihn, dass es Minho bei so ziemlich jedem anderen stören würde, und er lässt auch lange nicht mehr los. Er hält ihn einfach fest und lässt sein Herz in einem Takt mit seinem schlagen und Minho fühlt sich so, als wäre er angekommen. Wo, weiß er nicht, aber das Gefühl von Hier-Richtig-Sein ist so überwältigend, dass es doch komplett egal ist, wo dieses »hier« ist.

»Ich habe es mir nicht erlaubt, mich in dich zu verlieben«, nuschelt Jisung einige Zeit später, in der ihrer beider Herzen sich so langsam beruhigt haben, und Minhos macht bei den Worten prompt nochmal einen Hüpfer. »Du und Minji, ihr seid so perfekt zusammen. Und egal, wie oft ihr mir gesagt habt, dass ihr keine Gefühle füreinander habt... Ihr passt trotzdem perfekt zusammen«, fährt Jisung genauso leise und undeutlich fort. »Sie war halt immer meine Nummer Eins, oder eben eine meiner Nummer Einsen, wie alle meine besten Freunde, und weil du so perfekt für sie warst... Ich kann mich doch nicht einfach in den Kerl verlieben, der perfekt für meine beste Freundin ist.«

»Weißt du, was für ein unmöglich guter Freund du bist?«, fragt Minho und lacht kläglich. »Deswegen habe ich mich so in dich verliebt. Ich meine, ich fand dich schon immer süß, auch als du mich kaum ausstehen konntest. Aber... Du bist so ein verdammt herzensguter Mensch, dem ich am liebsten alles Übel der Welt vom Hals halten würde, obwohl ich weiß, wie gut du dich verteidigen kannst.« Woher er plötzlich den Mut hat, so viel zu sagen, weiß Minho selbst nicht. Die Worte sprudeln auch nach diesem ersten Monolog darüber, warum er Jisung so bewundert, einfach so heraus und man müsste ihn schon zum Schweigen bringen, wenn er leise sein soll.

»Ich mag auch alles an dir«, ergreift Jisung seine Chance, als Minho gerade Luft holt, und er meint, sein Herz setzt aus. »Und ich schätze mal... so wie du redest... ähm... ja... Du, ähm, Minho? Hast du, hast du noch Gefühle für mich?« Während Jisung spricht, lockert er seine Umarmung ein wenig, um Minho in die Augen zu sehen.

»Ja«, platzt Minho heraus, als Jisung kaum seine Frage beendet hat. Er ist sich nicht sicher, mit welcher Art Reaktion er gerechnet hat, doch mit einem so strahlenden Lächeln, wie Jisung es ihm schenkt, ganz sicher nicht. Denn... Denn... Denn... Bedeutet das, bedeutet das, dass...?

»Ich würde es gerne ausprobieren. Daten und so«, flüstert Jisung und zieht seine Arme zurück, um Minhos Hände mit seinen zu ergreifen. »Es... Ich brauche noch Zeit, also müssen wir es etwas langsamer angehen, aber... Ich will das, wirklich.«

»So viel Zeit wie du brauchst«, erwidert Minho und verhaspelt sich sogar bei diesen wenigen Worten. Mehrmals. Er ist einfach so aufgeregt, denn... Das hat er sich so lange gewünscht, selbst dann, wenn er Angst davor hatte, Minjis Sicherheit zu verlieren. »Ich will das auch. Dich«, versichert Minho ihm, bevor die Erkenntnis einsetzt, was er da gerade gesagt hat. »Oh Mist, wie klingt denn das?«, stößt er aus und zieht eine Hand aus Jisungs behutsamen Griff, um sich damit über sein glühendes Gesicht zu fahren. »Ich meine: Ich will das mit dir. Nicht dich... Oder doch, aber nicht jetzt– Scheiße! Was laber ich denn alles? Ich... ich bin schon still.«

»Und du nennst mich süß«, murmelt Jisung und kichert leise, als er sich näher an Minho heranlehnt. Und ihn küsst. Auf die Wange. Auf eine seiner verdammt überhitzten Wangen.

Wie soll Minho denn heute nochmal Auto fahren, wenn Jisung seine ganze Welt zum Drehen bringt?

◦○◦━◦○◦ 🌊 ◦○◦━◦○◦

Vielen Dank fürs Lesen! Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen, und freue mich sehr über Feedback, denn das hilft mir sehr weiter. 🫧

Nur noch ein reguläres Kapitel! 😭 Es fühlt sich ehrlich surreal an, aber andererseits ist es auch so, so schön, alle Konflikte so langsam aus der Welt zu schaffen. (Und es macht so viel Spaß, Jisung und Minho zusammen zu schreiben?!? (Shocker haha))

Wie findet ihr es eigentlich, wenn ich als Special einen Teil mit Gifs von allen Nebencharakteren, die (etwas) wichtiger waren, hochlade? Alle Namen hab ich ja (bis auf die bösen Jungs, mit denen Minho anfangs viel abhing xD) von K-Pop-Idols. Für Minji würde ich auch meine Top 4 möglichen Gesichter einfügen, obwohl ich bewusst nicht 100%ig fixiert habe, wie sie aussieht. Die vier möglichen Idols sind auch bloß so Anhaltspunkte, wie ich persönlich mir Minji immer vorgestellt habe bzw. welchen Vibe Minji grundsätzlich hat.

Spoiler für die Überschrift des nächsten Kapitels: Es sind endlich Lyrics von »Get Cool«! Ist schon wild irgendwie, dass ich die ganze Geschichte danach benannt habe und es dann noch nicht eher vorgekommen ist 🫣

[07.01.2024]

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top