Kapitel 8
Ich gähnte. Aus dem Auto hinausschauen wurde langsam langweilig. Dafür würden wir heute Nacht schon in Italien, in der Toskana schlafen. Vorausgesetzt, wir würden irgendwann aus diesem Stau rauskommen. Ich dachte nochmal an gestern. Mein Zeugnis war eigentlich ganz gut. Bis auf die Vier in Französisch halt. Aber wozu bitte braucht man später Französisch? Ich war sogar froh, dass ich die Vier bis Fünf im Halbjahres-Zeugniss noch besser gemacht habe. Ich seufzte. Jetzt fliegen. Das wäre doch was. Ich dachte an die Schmerzen. Dann sah ich hinaus. Neben der Autobahn befand sich nur Wald und Wiese. Auf der anderen Seite ein Fluss. Eigentlich war es hier sogar ganz schön. Na dann. Auf in die Freiheit! Ich lächelte und schoss kurz darauf mit meinen Flügeln aus dem Auto. Türen öffnen wird überbewertet. Ich zischte über die Autos hinweg. Plötzlich sah ich, wie ein Mädchen mit langen, roten Haaren aus einem der Autos flog. Ihre Flügel waren nicht wie meine rot-schwarz und lederartig. Sie hatte weiße Federflügel, die wie Engelsflügel aussahen. Ich versuchte, in etwa auf einer Stelle zu bleiben um sie mir anzusehen. Sie flog viel langsamer als ich. Plötzlich schaute sie hoch und entdeckte mich. Ich flog zu ihr herunter. „Hi”, sagte sie leise „ Du bist die erste die ich sehe, die auch Flügel hat”, meinte sie. „Du auch. Aber deine Flügel sind ziemlich anders als meine”, antwortete ich. Das war jetzt vielleicht nicht das beste, aber was besseres viel mir halt nicht ein. Ich war halt komplett überfordert, weil sie plötzlich auch Flügel hatte und in meinem Kopf tausende von Fragen herumschwirrten. Ich war nervös, neugierig und komplett verwirrt gleichzeitig. Ich bemerkte, dass ich viel zu schnell flog. Sie war echt langsam, aber dafür auch irgendwie anders. Besser? Ich könnte es irgendwie spüren. Ich versuchte möglichst langsam zu fliegen, während sie sich sichtlich beeilte,um mit mir mithalten zu können. „Ich hatte früher auch Flügel wie du welche hast. Ich heiße übrigends Clarissa .”, sagte sie jetzt. Clarissa hatte eine sehr schöne Stimme. „Ich bin Lyssa. Was meinst du damit, du hattest auch Mal solche Flügel wie ich? Hast du sie nicht mehr?”, fragte ich. „Na ja, so in etwa. Ich habe gemerkt, dass diese Flügel mir schmerzen bereiten. Diese Flügel tuen nicht weh.” „Wie bekomme ich diese Flügel?”, fragte ich. Das war es doch eigentlich, was ich wollte. Fliegen. Frei sein. Die Freie sein. Ohne Schmerzen. Instinktiv glaubte ich ihr einfach. Es war, als hätten wir irgendwas gemeinsam. Außerdem war ihre Art so nett und beruhigend. Ich mochte sie. Einfach so. Jetzt schon. Sie und ihre weißen Federflügel. „So genau kann ich dir das nicht sagen. Als erstes musst du die abgewöhnen mit diesen Flügeln zu fliegen.” „Ich weiß nicht, ob ich das will. Eigentlich mag ich das Gefühl vom fliegen.”, meinte ich jetzt. „ Du bekommst ja neue Flügel. Die sind halt ein bisschen anders. ” Ich war noch nicht ganz überzeugt. Waren sie besser? Vorher hatte ich noch das Gefühl gehabt, dass sie es waren, aber jetzt... Etwas hatte sich verändert. Jetzt ging es um meine Flügel. Ich hatte Angst, sie zu verlieren. Irgendwie spürte ich plötzlich eine Art Barriere zwischen uns. Ausgehend von den Flügeln. Meinen Flügeln, schoss es mir durch den Kopf. „Besser oder schlechter?”, fragte ich. Clarissa schwieg kurz. „Anders. Wenn du willst, vielleicht kann ich dir helfen. Wohin Fahrt ihr denn?” „Wir fahren in die Toskana. In die Nähe von Siena. Weißt du, wo das liegt?” Sie nickte und lächelte. „Dort in der Nähe fahren wir auch hin.” „Gut. Ich glaube, ich kann deine Hilfe wirklich brauchen. Aber ich bin mir noch nicht ganz sicher” Clarissa lächelte wieder. „Lass dir ruhig Zeit mit der Überlegung. Wo genau Fahrt ihr denn jetzt hin?” Ich sah sie an und plötzlich hatte ich das Gefühl, dass es die richtige Entscheidung sein würde, meine Flügel loszuwerden und neue zu bekommen. Ich konnte spüren,dass dieser Urlaub echt besonders werden würde. „So genau weiß ich das nicht. Hab mich nicht wirklich darüber Informiert. Wie geht das den jetzt, dass ich neue Flügel bekomme?” Wir flogen weiter, über den elend langen Stau. Sie lächelte und begann zu erzählen, wie sie das gemacht hatte. Wie gesagt. Dieser Urlaub würde echt besonders werden.
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