13. Dezember

Smilla schlief in dieser Nacht sehr unruhig. Plötzlich hörte sie im Traum ihren Namen und irgendetwas berührte sie an der Schulter. "Smilla, Smillaaaaaa, wach auf mein Schatz!" Es war Sven, der sie rief. Seine Hand fuhr liebevoll immer wieder über ihre Schulter, um sie sanft wach zu rütteln. Smilla wollte erst protestieren, war aber noch zu müde dafür. Doch ganz langsam bahnte sich die Realität ihren Weg. Smilla's Nacken schmerzte höllisch, der Kopf ruhte auf ihrem Arbeitstisch, welcher nach wie vor mitten in der Kuchenküche stand. Sie lag garnicht im Bett. Smilla war offensichtlich einfach am Tisch eingeschlafen. Vor ihr stand eine dampfende Tasse heißer Schokolade, welche Sven ihr vorsorglich zubereitet hatte. 'Er ist wirklich so lieb, mein Sven.' dachte Smilla und war damit vollends in die Wirklichkeit zurück gekehrt. "Ach herrje, Smilla, was ist denn nur mit dir los? Das ist nicht gut für dich, das hier alles!" Sven klang sehr besorgt. Mit einer weit ausholenden Geste wies er auf das Chaos hin, welches sich über den gesamten Tisch ausbreitete. "Mach dir keine Sorgen, Schatz. Das sind alles nur alte Rezepte. Ich war so aufgeregt gestern und habe deshalb noch angefangen, nach Hinweisen zu suchen, wie ich diese wunderbaren Zutaten am besten einsetzen könnte. Dabei muss ich wohl eingeschlafen sein." Smilla griff nach seiner Hand auf ihrer Schulter und drückte sie zärtlich. "Und vielen Dank für die Schokolade. Genau das brauche ich jetzt."

Sven packte auf die verstreuten Zettel und Notizen noch einen Stapel Papier oben drauf. "Da wird eine Tasse eventuell nicht reichen. Den ganzen Tag schon bringen unsere Kunden Rezepte und Ideen mit in den Laden, wenn sie ihr Brot kaufen. Scheinbar hat ganz Gnuffelsborg seinen Senf dazu zu geben." Smilla hörte aus seinen Worten einen ganz leicht genervten Unterton und nahm sich daher vor, die Geduld ihres Mannes nicht zu sehr zu beanspruchen. "Jetzt bin ich ja wach und stehe dir zur Seite. Wenn wieder jemand in meiner Angelegenheit in den Laden kommt, ruf mich bitte einfach. Ich werde mich dann darum kümmern." Jetzt kicherte Sven schon wieder wie am Abend zuvor. "DEINE Angelegenheit? DU unterschätzt die Gnuffelsborger. Alle sind schwer betroffen, dass es deine so geliebten Plätzchen nicht geben soll und haben scheinbar Angst, dass es vielleicht garnix wird mit Leckereien am Feuer in diesem Jahr. Selbst einige Rubinasen haben bereits besorgt nachgefragt. Immerhin brennen schon die ersten Feuer. Dir bleibt also nicht mehr viel Zeit, mein Liebling."

Mit dieser Einschätzung lag Sven vollkommen richtig. Schon wieder bimmelten die kleinen Glöckchen an der Ladentür wie wild durcheinander und kündigten auf diese Art einen neuen Kunden oder Kundin an. Sven verschwand für seine Verhältnisse relativ schnell in Richtung Verkaufsraum. Einen Moment später schallten dann auch schon seine Worte durch die Bäckerei. "Smilla! Besuch für dich." Sie stellte etwas verwundert fest, dass sich seine Stimme um einige Töne gehoben hatte und die Worte wie kleine Schmetterlinge umherflatterten, als Sven weiter sprach. "Aber bleib ruhig in deiner Küche, ich schicke sie zu dir hinter." Smilla kannte ihren Mann einfach zu gut. Außer ihr gab es nur eine andere Gnufflerin, die Sven in eine solche Stimmung brachte - Bellinda la Fee dé Bonbon. Dies war natürlich ein reiner Kunstname den sich die Dame für ihr Geschäft zugelegt hatte. Eigentlich hieß sie schlicht Bertha Blaschke und war nach Nüsschen Smilla's zweitbeste Freundin. Und ja, sie war tatsächlich im Vergleich zur durchschnittlich kugelrunden Gnufflerin eine feengleiche Erscheinung, weshalb sie eigentlich bei fast allen männlichen Gnuffels dieses eigenartige Flattern auslöste. Doch Bellinda war völlig harmlos und eine gute Seele. Sie legte nur eben größten Wert darauf, passend zum Geschäft als perfekte Bonbonfee aufzutreten. WENN es tatsächlich eine solche Fee gäbe, würde sie vermutlich genau so aussehen, wie Bellinda. Man munkelte in Gnuffelsborg, dass sie für die Umsetzung ihres Traumes nicht nur einen Magier reich gemacht hätte.

Doch für Smilla war und blieb diese Fee einfach nur die Bertha von früher und so freute sie sich schon riesig, noch bevor Bellinda ihre Küche überhaupt betreten hatte. Die beiden Frauen verfielen in ein kurzes gekünsteltes Gekreische zum Zeichen ihrer Wiedersehensfreude. Bellinda stellte schnell eine große Tasche ab um gleichzeitig ihrer Smilla in die Arme zu fallen. "Mensch ist das lange her. Wir haben uns bestimmt 4 Wochen nicht gesehen." Sagte Smilla zur Begrüßung und beide kicherten wie kleine Mädchen. Bellinda antwortete dagegen mit erhobenem Zeigefinger in ernstem Ton "Na wenn du solche Sachen machst, muss ich doch mal nach dir schauen. Da ganz Gnuffelsborg darüber redet, bin ich bereits gut im Bilde und komme gleich auf den Punkt. Ich möchte meiner Seelenschwester helfen, schnell durch diese Krise zu kommen. Ich kann mir ein Feuer ohne deine ... Dinge" hier vermied sie ausdrücklich das Wort Plätzchen "absolut nicht vorstellen." Smilla war gerührt und wirklich froh, dass Bellinda gerade heute zur Bäckerei hereingeflattert kam. Passend zur Farbe von Hut, Kleid, Stiefeln und den künstlichen Flügeln bot ihr die Bonbonfee erstmal einen Brombeerdrops an, was zur Beruhigung beitragen sollte. Dann lauschte sie gespannt Smilla's Stimme. "Bertha, ich glaube, ich habe inzwischen tatsächlich ein ernstes Problem!"

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