I. Grundil

Junmyeon Pov

Baekhyun ist tot...

Das tut mir leid.

Yixing senkte in einer reumütigen Geste den Kopf, schwarze Locken fielen weich in seine ebenmäßige Stirn. Alles in mir schrie danach die Hand zu heben und die seidigen Strähnen aus seinen hübschen, dunkelrosanen Augen zu streichen, aber ich hielt mich zurück, schalt mich innerlich den falschen Zeitpunkt erwischt zu haben.

Es war unvermeidlich. Wir müssen nun seinen jungen Bruder schützen.

Dazu wird keine Zeit sein, Junmyeon... Yifan ist nicht so dumm, wie er aussieht.

Ich seufzte tief, merkte, wie jemand meinen stofflichen Körper berührte und wandte mich um, sah kurz über meine Schulter zu dem jungen Druiden zurück, der zwischen seinen dichten Wimpern hindurch submissiv zu mir aufsah. Ich muss gehen. Bitte achte gut auf dich. Er nickte langsam und ich kehrte in die Realität zurück, riss mich heraus aus der Ebene zwischen den Dimensionen und öffnete zögerlich die Augen, spürte jeden einzelnen Knochen in meinem alten, gebrechlichen Körper.

Ein weißhaariger Kopf legte sich vor mir schief, während die sanft schüttelnde Hand von meiner Schulter glitt. Ich blinzelte zweimal, griff mit beiden Händen das vertraute Holz meines Stuhles, ließ mich vom Gefühl der rauen Oberfläche wieder zurück zur Erde holen.

"Bist du okay?", erkundigte sich der Mann mit den gold-schwarzen Engelsaugen geduldig lächelnd bei mir und ich nickte langsam, merkte wie meine Sicht sich nach und nach wieder klärte. "Wie kann ich dir helfen, Youngbae?", erkundigte ich mich ruhig bei dem Mann und er richtete sich wieder auf, hob mit einem schelmischen Grinsen die Hände.

"Mir wurde aufgetragen den Drachenerbe zu verfolgen." Die Realisation legte sich wie ein dumpfer Schleier um mich, das Schicksal des Jungen war bereits von Leuten, die er selbst nicht kannte festgelegt worden und nun unvermeidlich. Nicht, wenn dieser Mann vor mir stand.

"Ich werde ihm seine Ruhe lassen, ich muss nur einen Blick auf ihn werfen.", versprach der Engel mir süßlich, hatte mehr Ahnung als ich, wie dem armen Jungen geschehen würde und ich lehnte mich etwas zurück, schloss die Augen in Gedanken und schaukelte etwas vor und zurück. "Du magst bleiben. Aber Jiyong hat hier drinnen keinerlei Macht, vergiss das nicht. Hier spielen wir nach meinen Regeln.", warnte ich den Mann scharf ohne die Augen zu öffnen und er lachte nur leise, bevor seine leichten Schritten sich entfernten, den Geruch nach Licht und Wärme hinterließen.

Ich seufzte tief, erinnerte mich kurz an mein Gespräch mit Namjoon zurück, wie ich ihn vor seiner nahen Zukunft vorgewarnt hatte.

"Wie ich sehe, wirst du dem Rebell aufgetragen die beiden zu schützen.", klang Youngbaes Stimme federleicht zu mir herüber und ich öffnete die Augen, beobachtete, wie er über das Buch von Namjoon Kim gebeugt stand, fasziniert beobachtete, wie seine Geschichte sich von selbst schrieb, dunkle Tinte auf dem jahrealten Pergament hinterließ.

"Das kann dort nicht stehen."

"Er hat die beiden soeben getroffen. Er bringt sie hierher. Sie suchen dich. Er hat eben jemanden geköpft, charmanter Geselle. Du wirst sie mit ihm schicken, nicht wahr? Du wusstest es."

"Der Rest ist ungewiss. Sie werden Jiyong womöglich nie erreichen." Gegen meine Absicht lag eine weitere Warnung in meinem Ton, eine unausgesprochene Drohung an ihn nur zu versuchen Baekhyuns Bruder anzufassen, obwohl der Junge nun unter meinem Schutz stand und zu sehen, was geschah.

"Bleib ruhig, Junmyeon. Vergiss nicht, dass ich entscheide, an welchem Ort du nach deinem Tod landest."

Die Spannung knisterte zwischen uns ihm Raum, erschien einem jeden geübten Betrachter ungewöhnlich und Youngbae trug weiterhin sein entspanntes Lächeln auf dem Gesicht, blätterte in Seelenruhe das Buch um.

"Seine Gedanken sind bei dir. Bei eurem Gespräch. Du sagtest ihm er würde verreisen? Ist es weise ihn nach all dem, was das Königshaus ihm angetan hat direkt in dessen Richtung zu schicken?"

"Ich schicke sie nach Mart, gefürchteter Gebieter. Wo der Junge Schutz suchen soll. Ihr wisst nicht einmal, ob es er ist!"

Ich war nicht wütend, bloß so verzweifelt.

Jiyong war hinter dem Drachenerbe her, deswegen war der Engel hier. Um den Drachenerbe zu beobachten. Aber sie konnten es gar nicht wissen, wer es war. Sie durften es nicht wissen. Es könnte ebenso gut Chanyeol sein, oder Sehun.

"Sie stehen vor der Tür."

Es klopfte.

"Herein." Mit einem letzten finsteren Blick auf den seelenruhigen Engel bei meinem Bücherregal schloss ich die Augen wieder, fand die nötige Ruhe, als die drei Besucher eintraten.

Ich begann eine leise Meoldie zu summen, als sie ins wärmende Heim strömten, hörte Youngbae von seinem Platz aus leise pfeifen, als sie ins Sichtfeld kamen, er ganz klar Dinge bemerkte, die mir verborgen bleiben würden.

Namjoon fiel die Tür aus der Hand und ich verdrehte die Augen, als sie krachend zu knallte, bevor ich mich auf Youngbae konzentrierte, der von seinem gespielt uninteressierten Verhalten aufgesehen hatte.

"Ohh, Besuch? Du hast mich gar nicht gewarnt, Myeon.", grinste er mir singend zu und schloss Namjoons Lebensgeschichte, bevor das Geräusch, wie er es wieder ins Regal neben die von Seokjin Kim stellte zu hören war. Ich war kurz davor ignorant zu schnauben. "Ich lasse euch dann mal allein." Er hatte, was er wollte. Taehyungs Gesicht.

"Bis bald."

Diese geheimnisvollen Worte waren keineswegs an mich gerichtet und Taehyung schien es zu bemerken, war vermutlich eingeschüchtert von der Aura des mächtigen Engels. Er ging, ließ den Raum etwas dunkler, wenn auch ruhiger zurück.

"Wen bringst du mir hier, Namjoon?", fragte ich ruhig, um kein Misstrauen zu erwecken oder die klare Unruhe im Zimmer zu unterstützen. "Reisende aus dem fernen Norden. Sie haben dich gesucht.", erwiderte Namjoon etwas erleichterter, hatte ebenfalls schon immer einen Sinn für Leute gehabt, mit denen er achtsam sein musste, aber ohne Youngbae im Raum war auch der Ritter wieder etwas besänftigter. "Du, Junge." Ich hob eine Hand und zeigte direkt auf Taehyung, sah seine Baekhyun ähnliche Aura durch meine Augenlieder hindurch. "J-Ja?" "Wie ist dein Name?" Nicht, dass ich den schon längst von Baekhyun persönlich erfahren hatte... "T-Taehyung, Sir." Er war so jung... Ich ließ die Hand fallen, sträubte mich dagegen ihn im Dunkeln tappen zu lassen.

"Dass wusste ich. Das mit deinem Bruder tut mir leid."

Überraschung zeigte sich in seiner Ausstrahlung, vermischte sich mit Trauer, Schmerz und Angst.

"Ähm... Woher..." Ich unterbrach ihn, wollte ihn wenigstens etwas Hoffung geben. "Ich kannte ihn, deinen hübschen Bruder. Er erschien mir im Traum und kündigte dein Kommen an. Ich wusste, was das bedeutete und teile dein Leid." Oh und wie ich das tat. Baekhyun war vollkommen aufgelöst und verängstigt gewesen, als er mir vergangene Nacht erschienen war, helle Panik ausstrahlte, weil er gefunden worden war, weil die Jagd begonnen hatte.

"Er bat mich dich weiter nach Mart zu schicken. Er hat dort Freunde, die dich aufnehmen können." Chanyeol und Sehun wären herzgebrochen, wenn sie von Baekhyuns Dahinscheiden hören würden, aber sie wussten, worauf es ankam, wussten, wer der Feind war. Er wäre dort sicher, hätte eine Antwort auf all die Fragen, die offen um seinen Körper wirbelten.

Mein Augenmerk fiel auf den anderen Jungen, Jungkook, laut Baekhyun, der mindestens ebenso verängstigt war wie Taehyung, jedoch einen starken Beschützerinstinkt dem etwas älterem Jungen gegenüber zeigte, sicherlich ebenfalls eine große Hilfe wäre. Ich lächelte bedrückt in mich hinein.

"Namjoon.", wandte ich mich an den schweigsamen Ritter, der eigenartig hinter den beiden Jungen stand und er nahm seinen Blick von meinen Büchern, war kurz etwas reumütig, bevor er mir seine ungeteilte Aufmerksamkeit mitteilte. "Du bringst die beiden Jungen nach Mart." Er würde hier nur versauern und die Liebe seines Lebens nie treffen, ich fühlte mich verpflichtet den verwirrten Mann auf den richtigen Pfad zu schicken.

Er protestierte etwas halbherzig, versuchte sich aus der Affäre zu reden, obwohl er ebenso gut wusste, wie ich, dass er parieren würde und eher erleichtert war als wirklich wütend auf mich. Am Ende stimmte er ohnehin zu und ich sah die Erleichterung in beiden Jungen aufglimmen, wie froh sie waren den Ritter bei sich zu haben und ich war zufrieden.

Hernach wies ich Taehuyng auf die verstaubte Kiste auf dem Regal hin, meine Gedanken rasend, während er sich mit dieser beschäftigte.

Ich wusste nicht, was auf sie zu kam. Ich sah bis hin zu einem Überfall im Wald, ab dann wurde alles schwarz und ich hatte einen schleichenden Verdacht, dass ein mächtiger Zauberer seine Hände im Spiel hatte, hoffte nur, dass er nicht feindlich war. Der Junge war etwas überwältigt und verwirrt von allem, weswegen ich ihn einfach nur ins Bett schickte, hoffte, dass der Schlaf all seine Sorgen aus ihm verbannen würde, ihn kraftvoll zurück ließe.

Namjoon verharrte noch in Gedanken, als die beiden ängstlichen Jungen miteinander unter die schützenden Decken gekrochen waren, ihr aufgebrachter Herzschlag, leicht und flatternd wie die Schwingen eines Vogels, das einzige war, was von ihnen noch zu hören war.

"Pass sehr gut auf diese beiden auf, Namjoon. Das Leben hält mehr für sie bereit, als für so manch andere.", warnte ich den Ritter in Gedanken an Youngbae und Jiyong vor, betete, dass der arme Junge Yifan nie kennenlernen und das grauenhafte Schicksal seines Bruders nie weiter auskundschaften müsste und einfach nur Ruhe bei Chanyeol Stärke und in den Armen seines Freundes fand.

"Als du sagtest, dass ich schon bald anfangen würde zu reisen, hatte ich nicht damit gerechnet, dass es so bald sei.", lachte er auf und ich ließ meine Augen über seine inzwischen selten gesehenen Grübchen und die viele schlimme Erfahrung in seinen zu jungen Augen gleiten, bevor ich wieder zur Ruhe kam, auch ihn zu Bett schickte.

Ich konnte nur abwarten und hoffen.

Aber vorerst musste ich zu Baekhyun.

Er erwartete mich bereits mit Yixing an seiner Seite.

"Und?" Er klang besorgt, machte sich ganz klar Sorgen um das Wohlbefinden seines Bruders und ich vermittelte ihm Ruhe, versicherte ihm, dass es ihm und Jungkook gut ging, dass beide in guten Händen waren.

"Es gibt Leute, die die beiden beschützen werden."

Yixing gab mir einen rätselhaften Blick.

Ich wünschte den verlorenen Schäfchen alles Glück auf der Welt.

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