Kapitel 19

Drachenzahn öffnete langsam die Augen. Erschrocken sah er sich um, als er realisierte das er nicht neben Fluchgesicht war oder im Kriegerbau. Er befand sich auf einer Lichtung, unsicher sah er sich um. Er war doch etwa nicht...

Entführt worden? Drachenzahn spürte einen eisigen Schauer über seinen Rücken laufen, als er sich auf der Lichtung umsah. Es war still, nur das leise Rascheln der Blätter und das Zirpen der Grillen waren zu hören. Die Umgebung kam ihm fremd vor, er konnte keinen bekannten Ort erkennen.

Er richtete sich langsam auf und sah sich genauer um. Wo war er hier? Wie war er an diesen Ort gelangt? Fragen wirbelten in seinem Kopf, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen.

Plötzlich hörte er ein Rascheln hinter sich. Er drehte sich schnell um und sah eine dunkle Gestalt zwischen den Bäumen. Sein Herz begann schneller zu schlagen, als sich der Schatten näherte und langsam erkennbar wurde.

„Wer... wer bist du?" stammelte Drachenzahn und trat instinktiv einen Schritt zurück.

Die Gestalt trat ins Licht der Lichtung. Es war ein Kater, groß und muskulös, mit einem blau-grauen Pelz und eisblauen Augen, die ihn durchdringend ansahen.

„Drachenzahn," sagte der Kater ruhig. „Wir müssen reden."

Drachenzahn schluckte schwer. Wer war dieser Kater und was wollte der von ihm? Sein Verstand arbeitete fieberhaft, aber er konnte keine Antwort finden.

,,Wer bist du?" fragte Drachenzahn, seine Stimme gespannt vor Überraschung und Misstrauen. ,,Ich bin Traumschlinge. Einst war ich der Stellvertreter des Blutclans, bevor Blutstern meinen Platz einnahm."

Erschrocken sah Drachenzahn den Kater an. Traumschlinge – der Name klang bekannt. Er erinnerte sich an den imposanten Kater, der einst eine Schlüsselfigur im Clan war, als er noch ein Junges war und Distelstern herrschte. Doch was wollte Traumschlinge nun von ihm?

,,Traumschlinge, ich verstehe nicht ganz", begann Drachenzahn, seine Stimme vorsichtig. ,,Was willst du von mir? Warum bin ich hier?"

,,Das hier ist der Sternenclan, Drachenzahn", antwortete Traumschlinge ruhig. ,,Und du bist hier aufgrund deiner Bestimmung."

,,Bestimmung? Was meinst du damit?" fragte Drachenzahn überrascht, seine Augen weiteten sich vor Neugier.

Traumschlinge holte tief Luft, bereit, weiterzusprechen, doch Drachenzahn unterbrach ihn schnell. ,,Blutstern", sagte er bitter. ,,Natürlich. Du brauchst mir nicht mehr zu sagen, Traumschlinge. Ich ahne, worauf ihr hinauswollt. Aber ernsthaft, was berechtigt dieses... Monster dazu, seine neun Leben zu erhalten?" Seine Stimme war von Frust und Unverständnis erfüllt.

Entschlossenheit schwang in Drachenzahns Stimme mit, als er weiter sprach. ,,Blutstern hat den Clan in Dunkelheit gestürzt, seinen eigenen Anführer ermordet und den Frieden unter den Clans zerstört. Wie kann der Sternenclan solch einem Wesen seine Gunst schenken?"

Traumschlinge senkte den Blick, als wären Drachenzahns Worte ein Stich ins Herz. „Drachenzahn, wir im SternenClan sind uns bewusst, dass Blutstern viele Fehler begangen hat. Doch wir sind nicht hier, um über Vergangenes zu richten. Wir sind hier, um die Zukunft des Clans und des Waldes zu sichern."

„Schwachsinn!" fauchte Drachenzahn, seine Augen funkelten vor Wut. „Ihr seid der SternenClan! IHR hättet ihm diese Leben verwehren können, ihr hättet verhindern können, dass das alles passiert! Warum habt ihr nichts getan?!"

„Drachenzahn, du verstehst nicht..." sagte Traumschlinge, seine Stimme sanft und traurig. „Der SternenClan kann nicht direkt in das Leben der Lebenden eingreifen. Unsere Aufgabe ist es, zu leiten und zu beraten, nicht zu befehlen."

Drachenzahn knurrte auf, seine Krallen gruben sich in den Boden. „Oh, ich verstehe nicht? Gut, dann eben so: Warum lasst ihr zu, dass so viele Katzen leiden? Blutstern verursacht nur Leid und Elend, und ihr macht gar nichts! Ihr seid doch alle nur ein Haufen toter Katzen, die zusehen und große Worte spucken!" Seine Stimme zitterte vor Bitterkeit.

Traumschlinge trat einen Schritt näher, sein Blick durchdringend. „Drachenzahn, es liegt an den Lebenden, ihre eigenen Schicksale zu bestimmen. Der SternenClan kann nur Zeichen und Warnungen senden. Es ist an euch, den richtigen Weg zu finden und zu kämpfen."

Drachenzahn schnaufte verächtlich, doch eine tiefe Unsicherheit nagte an ihm. War es wirklich so einfach? War der SternenClan tatsächlich so machtlos, wie Traumschlinge sagte? „Und was soll ich tun?" fragte er schließlich, seine Stimme brüchig. „Was ist meine Bestimmung?"

Traumschlinge hob den Kopf, und in seinen Augen lag ein Hauch von Hoffnung. „Deine Bestimmung, Drachenzahn, ist es, den BlutClan zu führen. Nicht durch Gewalt und Terror, sondern durch Mut, Mitgefühl und Weisheit. Du musst die Katzen um dich versammeln und ihnen einen neuen Weg zeigen. Einen Weg, der nicht von Blut und Schmerz, sondern von Gemeinschaft und Stärke geprägt ist."

Drachenzahn schüttelte den Kopf, unfähig zu glauben, was er hörte. „Wie soll ich das schaffen? Ich bin nur ein Krieger..."

„Du bist mehr als das, Drachenzahn. Du hast das Herz und die Seele eines wahren Anführers. Vertraue auf dich selbst und auf die, die an deiner Seite stehen. Der Weg wird nicht leicht sein, aber es ist der einzige Weg, um den BlutClan zu retten." Traumschlinge trat zurück, sein Körper begann zu verblassen. „Erinnere dich an diese Worte, Drachenzahn. Die Zukunft des BlutClans liegt in deinen Pfoten."

Mit diesen Worten verschwand Traumschlinge, und Drachenzahn fand sich allein auf der Lichtung wieder. Er fühlte sich benommen und verwirrt, doch tief in seinem Inneren keimte ein Funken Hoffnung auf. War es möglich, dass er wirklich die Macht hatte, den BlutClan zu verändern? Er wusste es nicht, aber eines war sicher: Er würde es versuchen. Für seinen Clan, für seine Freunde und für die Zukunft, die der SternenClan ihm gezeigt hatte.

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