Du gehörst zu mir
Lyla
Es waren etwa ein Dutzend Männer, die aus dem Waldstück heraustraten und uns in einer solchen Schnelligkeit umzingelten, das ich nicht gleich verstand. Doch sie alle trugen dasselbe Wappen. Es war das Wappen von Bredinia.
Ich sah erschrocken zu Jason auf, der sich schützend vor mich stellte und den Angreifern sein Schwert entgegen streckte. Dass er es bei sich trug, hatte ich zuvor nicht einmal bemerkt.
Nun saßen wir in der Falle.
"Er hat mich gefunden" Meine Stimme war nur noch ein kaum hörbares Flüstern, so sehr hatte ich die Kontrolle über mich verloren. Wie konnte er mich hier finden? Was würde jetzt nur mit mir geschehen? Angst kroch in mir hoch. Immer wieder sah ich von einer Wache zur nächsten und zuckte bei jeder noch so kleinsten Bewegung zusammen.
Matthews Männerentwaffneten die unseren ohne zu zögern und ließen sie niederknien, sodass sie keine Gefahr mehr darstellten. Obwohl das kaum nötig gewesen wäre, da es einfach zu viele waren. Lange beschäftigte ich mich nicht mit dem Gedanken, der Situation zu entkommen, denn es schien aussichtslos.
Und dann kam der Moment, vor dem ich mich seit meiner Flucht gefürchtet hatte: Die Begegnung mit Matthew.
Ein kräftiger, brauner Hengst trabte aus dem Waldweg hinaus. Ich zog scharf die Luft ein. Jetzt würde er mich sehen. Doch dann änderte sich meine Stimmung, Verwirrung machte sich in mir breit, als eine junge Frau zum Vorschein kam, die vor ihm im Sattel saß.
Dennoch hatte ich nur Augen für ihn. Matthew Kyle Montrose - König von Bredinia. Mein Verlobter.
Er hatte sich verändert, er schien breiter geworden zu sein und seine sonst so lockigen Haare, waren nun nicht mehr halblang, sondern kurz. Und auch sein Bart war voller. Es kam mir vor als hätte ich ihn ewig nicht mehr betrachtet - und so war es auch.
"Herzog, nehmt das Schwert runter", ertönte nun seine dunkle Stimme. Er setzte ab, hob die junge Frau vom Pferd und übergab einer seiner Wachen die Zügel seines Pferdes. Gebannt verfolgte ich jeden seiner Schritte.
"Das werde ich erst tun, wenn Eure Männer die Schwerter von den Kehlen meiner Wachen nehmen. Sie werden kapitulieren. Ich gebe Euch mein Wort", sprach Jason mit fester Stimme und blickte meinem Verlobten entgegen. Dieser gab den Wachen ein Zeichen, die nun ihre Schwerter zurück in die Schneide steckten.
Währenddessen mied ich seinen Blick - ohne Erfolg. Seine eisblauen Augen bohrten sich in meine, sodass ich schauderte.
Nun ließ auch Jason sein Schwert nieder und hob ergebend die Hände, dann aber verzog er ungläubig das Gesicht. Meine Stirn legte sich in Falten und ich folgte seinem Blick.
" Julliet, seid Ihr das etwa?", kam es erschüttert von ihm. Meine Augen wurden groß. Julliet? Seine Verlobte? Ich nahm an, sie war noch auf Reisen.
Vollkommen verwirrt, was diese merkwürdige Konstellation zu bedeuten hatte, sah ich herüber zu Matthew, um in seinem Blick Antworten zu finden. Doch dieser wiederum, hatte nur noch Augen für Jason. Hasserfüllt und zu tiefst beleidigt. Wenn Blicke töten könnte, dann wäre mein Geliebter auf der Stelle umgefallen und auch nicht wieder aufgestanden. Ich schluckte und betrachtete die Baronin etwas genauer.
Konnte es sein, dass Matthew sie entführt hatte, um sie gegen mich einzutauschen? Vorstellen könnte ich es mir sehr wohl bei seinem launenhaften Wesen.
Jasons Verlobte streckte ihren Rücken durch und hob den Kopf, als unsere Blicke sich trafen. Dann lächelte sie auf eine unheimliche Art und Weise. Es war so, als heckte sie einen gemeinen Plan aus, mich zu beseitigen. Voller Spott hob ich meine Augenbrauen.
Sie würde es nicht wagen, mir nur ein Haar zu krümmen, also musste etwas anderes dahinter stecken. Bevor ich jedoch intensiver darüber nachdenken konnte, erhob Matthew wieder das Wort.
"Oh ja, meine Begleitung ist eure reizende Verlobte" Sein Lächeln schien provokant und gleichzeitig amüsiert. Diese Seite an ihm kannte ich noch gar nicht und machte mir zunehmend Angst. "Wir könnten einfach tauschen und alles wäre in bester Ordnung" Julliet räusperte sich hörbar, worauf Matthew nickte.
Er hatte sich verändert- so viel stand fest.
"Nun gut, vielleicht wäre mit einem Tausch nicht alles in Ordnung. Eure Verlobte hat es nicht unbedingt eilig zu Euch zurückzukehren." Er legte eine kurze Pause ein, wechselte einen undeutbaren Blick mit der Baronin und trat ein paar Schritte näher. Sofort griff Jason nach meiner Hand und ging einen Schritt zurück.
"Inwiefern meint Ihr das, Mylord?", entgegnete mein Geliebter.
"Nun, Herzog. Ich habe nicht nur vor, meine Frau wieder mit in meine Heimat zu nehmen", erklärte Matthew mit einem erhobenen Haupt und lächelte mit einem vielsagenden Blick in meine Richtung. Augenblicklich bekam ich eine Gänsehaut. Was hatte das zu bedeuten? Hatte er etwa...? - Natürlich!
Ihm reichte ja nicht nur eine Frau neben mir, es musste auch noch eine zweite sein. Erst Lady Julia, dann die Baronin. Wer würde sich noch in Schlange stellen, um mit ihm das Bett zu teilen? Wut ergriff mich.
"Ich bin nicht deine Frau und werde es auch nie sein!", kam es plötzlich aufgebracht von mir und zum ersten Mal an diesem Tag ruhten alle Blicke auf mir - auch seiner. Und sein Blick traf mich mit einer solchen Wucht, dass ich beinahe vergaß zu atmen. Dieses wunderschöne Meeresblau, in dem ich so tief einsank, dass es gar erschreckend war.
Gefühle - so viele Gefühle trafen mich wie eine sinnflutartige Welle - Hass, Liebe, Trauer, Wut und Eifersucht. Es fühlte sich an als würde ich ertrinken, denn ich bekam kaum noch Luft.
Erinnerungen prasselten auf mich ein, wie ein Geistesblitz. Da war er bei unserem ersten Treffen, wie er sich verlegen durch das Haar gestrichen hatte, während ich damit zu tun hatte, mich zu ordnen. Dann tauchte er am Fluss auf. Der Blondschopf, nur bekleidet mit ein paar Hosen. Und ich erinnerte mich an unseren ersten Kuss, wie seine Lippen sich auf den meinen angefühlt hatten. Wie sie beinahe verschmolzen wären, wäre es ihnen möglich gewesen.
Immer und immer wider tauchte sein Gesicht in meinem Kopf auf, wie er lachte, wie er die Miene verzog, wenn ihm etwas nicht gefiel, wie er bettelte, wenn er etwas von mir wollte oder wie er grinste, wenn ihm etwas anzügliches in den Sinn kam. Aber auch seine Miene, die er verzog, wenn er etwas angestellt hatte.
Fieberhaft versuchte ich, die Erinnerung wieder dahin zu verdrängen, wo sie hergekommen waren.
"Und doch wirst du es bald werden.", sprach er bestimmt, doch viel sachter und friedvoller als vorher. Er holte mich aus dem Strudel von Gefühlen zurück in die ungewollte Wirklichkeit. "Nein.", entgegnete ich ihm voller Trotz. "Weshalb sollte ich das tun?"
"Weil du zu mir gehörst!"
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