Der Moment ist gekommen
Lyla
Und dann war es endlich soweit. Ich, Lyla Jane Mightway, würde den König, Matthew Kyle Montrose, wirklich heiraten.
Die Zofen hatten mich allein gelassen, auf meinen Wunsch hin, noch etwas zu entspannen. Denn meine Aufregung übermannte mich abermals. Meine Angst vor dem eigentlichen Grund, vor dem ich damals geflohen war, war zwar besiegt, aber die neue Angst, die sich in mir breit machte, schien nicht besser zu sein.
Ich hatte Angst, Matthew keine gute Ehefrau zu sein. Ihm keine Kinder schenken zu können oder ihn zu blamieren mit meiner trampeligen Art.
Dann klopfte es plötzlich an meiner Tür und sie öffnete sich einen Moment später. Ich saß an meinem Tischchen und ging mir noch einmal durch die Haare. Als ich mich umdrehte und nicht wie erwartet einen Bediensteten anblickte, sondern meinen Vater, sprang ich sofort auf und fiel ihm in die Arme. "Oh Vater!", rief ich freudig aus. Jetzt war alles perfekt!
Ich bettete meinen Kopf an seine Brust, während er die Arme fester um mich schloss und zufrieden seufzte. Seine Wärme ließ mich ruhiger werden und seine Anwesenheit machte mich glücklicher als zuvor. Nach einer Weile schob ich ihn etwas von mir, um ihn genauer zu betrachten. Schließlich hatten wir uns ewig nicht gesehen.
Er sah sehr gut aus, besser als beim letzten Mal als ich ihn gesehen hatte. Er trug einen teuren und sehr schönen Anzug in einem dunklen grün mit goldenen Blumenranken bestickt und dazu eine schwarze Hose und hohe Stiefel. Auch sein dunkelbraunes Haar war ordentlich und passte perfekt zu seinem immer länger und dichter werdenden Bart. Außerdem strahlte er innerliche Ruge und großen Stolz aus, was mich noch viel glücklicher machte.
"Oh, mein Schatz, du siehst ja prächtig aus. Wie geht es dir?", fragte er und musterte mich einmal von oben bis unten, um mir dann wieder mit seinen grünen Augen in meine zu sehen. Ich hatte all das von ihm geerbt und ich war so unendlich stolz darauf, die Tochter meines Vaters zu sein.
"Mir geht es tatsächlich sehr gut, Vater und...", begann ich und wollte ihm sofort alles genau berichten. Angefangen bei meiner Flucht bis hin zu diesem Moment, doch daraus wurde nichts, da die Trompeten im ganzen Schloss erklangen und das das Zeichen zum Aufbruch war - also für mich und meinen Vater. Ihn an meiner Seite zu wissen in diesem Moment verschaffte mir die Sicherheit, das Richtige zu tun.
Wir traten aus meinen Gemächern heraus und liefen den Flur entlang, der zum großen Thronsaal führte. Schon von Weitem hörte ich die Leute wie wild durcheinander reden, konnte jedoch kein Wort verstehen. In meinen Ohren hörte ich einzig und allein das Blut rauschen, dass durch meinen Körper floss.
Wir liefen den ausgelegten roten Teppich entlang, durch eine kleine Menschenmenge, die die Dienerschaft des Hofes offenbarte. Und kurz bevor wir den Eingang des Thronsaales erreicht hatten, setzte eine wunderschöne Melodie ein, sodass ich hörte wir das Getuschel verstummte und wusste, wenn ich jetzt gleich den Raum betreten würde, lägen alle Augen auf mir.
Ich schickte ein stummes Gebet an Gott, dass er mich ja nicht zum Stolpern bringen sollte. Mich in diesem Moment zu blamieren, wäre eine Schande.
Schließlich war es dann soweit:
Mein Vater führte mich in den Saal hinein und ich wusste nicht, wo ich zuerst hinsehen sollte. Überall erblickte Adelige, Hofdamen und viele fremde Gesichter, die mir freundlich entgegen blickten. Einige waren erstaunt, andere begeistert und einigen schien es gleichgültig zu sein.
Ich spürte wie meine Finger vor panischer Aufregung zu kribbeln begannen. Doch diese Aufregung verflog augenblicklich als ich den Kopf hob und direkt in die blauen Augen von meinem zukünftigen Ehemann sah.
Er trug elegante Kleidung, die ihm sehr schmeichelte und sich von den anderen Herren im Raum absetzten. Seine Haare waren wieder etwas gekürzt und gebändigt, doch ich bemerkte mit einem leichten Lächeln, dass sich seine Haare schon wieder kringelten. Und es stand ihm.
Doch das Schönste an ihm war sein Lächeln - dieses glückselige Strahlen mit dem er mich ansah und genaustens musterte. Ich erkannte darin Stolz und unendlich viel Liebe.
Noch einen Schritt von Matthew entfernt hielt mein Vater an, wandte sich zu mir und küsste zum Abschied meine Stirn. Es war eine sehr vertraute Geste, als er mir noch einmal durchs Haar strich und flüsterte:" Du bist mein größtes Glück". Dann wandte er sich Matthew zu und übergab meine Hand in seine. Sofort umfing mich seine Wärme, was mich augenblicklich entspannter werden ließ. Auch wenn mein Herz immer noch unkontrolliert in meiner Brust schlug und mein Atem ab und an aussetzte, fühlte ich mich vollkommen frei und so voller Glück, dass ich nicht anders konnte, als ihn anzustrahlen.
"Du bist perfekt.", flüsterte Matthew, ehe wir uns den Kardinal zu wandten. Das Einzige, was ich jedoch wahrnahm blieben unsere verschränkten Hände.
Wie es bei einer Hochzeitszeremonie so üblich war, sprach er über Gott, den Ehebund und so viele weitere Dinge, die mir nicht so wichtig erschienen, um genauer hinzuhören. Denn für mich zählte heute nur Eines - Matthew.
Alle anderen Gedanken wurden verdrängt. All die Zweifel, die Angst, die Pflichten und die neue Verantwortung. All das verschwand in dem Moment, in dem wir uns das 'Ja - Wort' gaben. Das Einzige, was dann noch blieb, war unsere Liebe.
"Hiermit erkläre ich, Matthew Kyle Montrose und Lyla Jane Mightway zu Mann und Frau - zu König und Königin von Bredinia", beendete der Kardinal sein Geschwafel und ich blickte verliebt herüber zu Matthew. Er erwiderte meinen Blick, kam einen Schritt näher, legte seine Arme um meine Taille und zog mich an sich. Danach berührten sich unsere Lippen liebevoll und zärtlich.
Sofort begannen unsere Gäste zu jubeln, die Trompeten erklangen feierlich und wir wurden von den ersten Gäste beglückwünscht.
Es war ein wunderschönes Gefühl, auch wenn ich umringt von hunderten Menschen zu sein schien, von denen ich kaum einen kannte, hielt ich den Atem an und genoss es in vollen Zügen.
Kaum hatten sich unsere Lippen voneinander gelöst, so lag ich schon in den Armen meiner Mutter. "Oh Kind. Du siehst so bezaubernd aus.", schwärmte sie, drückte mich fest an sich und löste sich, um mich genau zu betrachten. "So hübsch, erwachsen und unfassbar mutig."
Ich lächelte sie etwas verlegen an und musste ihr sogar eine Träne von der Wange wischen, so gerührt war sie. Das konnte ich sehr gut nachvollziehen, schließlich hatten wir uns ewig nicht gesehen. Und sie hatte sich Sorgen gemacht, sehr viele, auch wenn sie es niemals direkt zugeben würde.
Nach Mutters Überfall fiel ich Olivia in die Arme. Sie wurde sehr hübsch gemacht. Ihr langes blondes Haar war zu einem wunderschönen Zopf gebunden und sie trug ein rosa Kleid mit goldenen Stickereien, welches ihr wunderbar stand. Auch so schien es ihr gut zu gehen. Olivia war zu einer hübschen jungen Frau herangewachsen, ihre Haut schien mehr Farbe bekommen zu haben, sodass sie lebendiger wirkte, als vor meiner Flucht. So auch der Rest von ihr: rosige Lippen, gesunde Zähne, langes und kraftvolles Haar und eine Ausstrahlung, die ich noch nie zuvor an ihr gesehen hatte.
"Oh Liv, ich hab dich so vermisst", flüsterte ich erleichtert in ihr Haar. "Ich dich auch", kam es ebenso erleichtert von ihr. Als wir uns voneinander lösten, wollte ich sie so vieles fragen, was in meiner Abwesenheit alles passiert war, doch Matthew kam uns dazwischen, in dem er einen Arm um meine Taille schlang und mir mitteilte: "Lyla, es tut mir leid. Wir sollten zuerst die Adeligen begrüßen, für die Familie ist später Zeit"
Unfähig mich zu rühren oder gar ein Wort zu sagen, nickte ich und ließ mich von ihm in den Veranstaltungssaal führen, in dem die Feierlichkeiten schon vorbereitet waren. Kurz erhaschte ich einen Blick auf eine riesige weiße Torte und andere Köstlichkeiten. Sowie reichlich gedeckte Tische und eine kleine Musikergruppe, die angenehme Musik spielte und weitere Tische, auf denen sich lauter Truhen und Päckchen befanden.
Um diese Tische herum bildeten sich schon einige Grüppchen von Adeligen und sonstigen Gästen. Sie waren nur sehr schwer zu unterscheiden - zumindest für mich. Schließlich hatten heute alle sehr festliche Kleidung an und Titel oder Namen waren noch nie besonders meine Stärke.
Matthew führte mich an eine Gruppe heran, die uns ihre herzlichsten Glückwünsche übermittelten und mich dann mit Fragen löcherte, auf die ich keine Antwort hatte. Zumal mein Kopf in den Wolken schwebte.
So ging es dann die ganze Zeit weiter. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis wir alle begrüßt und ihnen für ihr Kommen gedankt hatten. Es war eine sehr nervenaufreibende Prozedur, die ich leider nicht beschleunigen konnte.
Doch dann endlich ertönten die Trompeten noch einmal. Ein Zeichen dafür, dass Matthew und ich das Volk draußen begrüßen sollten. Um dies angemessen durchzuführen, führte Matthew mich auf den Balkon, der zum Hof hinausragte. Noch bevor die Türen zum Balkon geöffnet wurden, hörte ich die Menschen durcheinander rufen. Sie schienen glücklich, was mich zunehmend beruhigte. Schließlich wollte ich als Königin nicht nur dem Adel gefallen, sondern auch meinem Volk. Denn meine Treue galt ihnen.
Und als wir heraustraten und ich hinunter auf die Menschen sah, denen ich schon so oft begegnet war, begann ich zu winken. Nicht wie eine Irre, sondern wie eine bodenständige Königin. Lächelnd begrüßte ich die jubelnden Menschen und sah zu meinem Ehemann herüber, der ebenfalls in meine Richtung sah und nach meiner Hand griff, während seine Lippen die Worte "Ich liebe Dich" formten.
Mein Grinsen wurde breiter und ich erwiderte sein Worte und zum ersten Mal in meinem Leben, fühlte es sich an wie ein Schwur. Ein Lebensschwur.
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