\/ Kapitel 8/\
Im Nebel verborgene Wege können die verschleierte Zukunft weisen
Dichter Nebel hatte sich über das Land gelegt. Hing tief zwischen den Laubbäumen, verschlucken die bunten Baumkronen und alle Geräusche in der Umgebung wie Watte. Die Luft war lau, der Wind zog hin und wieder leicht an den Ästen der alten Riesen, ließ sie knarzen, ächzen und stöhnen, während die vom warmen Licht, der von Gold geschmolzene Sonne, versuchte die Nebelfäden zu durchdringen. Ein schier unmögliches Unterfangen.
Alexo und Jasmin bahnten sich ihren Weg unterdessen durch das Unterholz. Jasmin mehr schlafend als wirklich wach, weshalb sie ihm auf dem Trampelpfad eher hinterherschlürfte. Farbenfrohe Blätter raschelten bei jedem ihrer Schritte. Ein weiteres Gähnen löste sich aus ihrem Mund, weshalb sie träge ihre Hand vor den Mund hob. Sie hatte das Gefühl gleich im Laufen einzuschlafen, folgte Alexo aber tapfer weiter, der zügig voran Schritt, zu ihrer Verwunderung aber nicht das gestrige Tempo vorlegte.
Vielleicht nimmt er Rücksicht auf mich?, kam ihr der Gedanke, verwarf ihn aber gleich wieder. Das war lächerlich, sicherlich würde er nicht auf sie Rücksicht nehmen, bestimmt war er nur selber müde, denn Jasmin hatte die dumpfe Vermutung, dass Alexo die ganze Nacht wach gewesen war.
Aber ihr war spätestens dann klar geworden, dass er gestern keine Witze gemacht hatte, als er sie wirklich ohne Nachsicht bei Sonnenaufgang geweckt hatte. Das einzig positive war, das der heutige Tag wärmer war wie der gestrige, doch das wurde durch den feuchten Nebel wieder weg gemacht, der Langsam durch ihr Recht dünnes Klein sickerte. Dazu kam noch der pochende Schmerz in ihrem Kopf, sowie ihre schmerzenden Muskeln, die bei jeden ihrer Schritte schmerzhaft protestierten.
Ein leises Grummeln kam ihr erschöpft über die Lippen. Sie war noch drei weitere male aus dem eigentlich erholsamen Schlaf erwacht; Schweiß gebadet, verfolgt von den Bildern des Vortages. Das eine Mal hatte sie ihren grimmigen Begleiter sogar fast zu Tode erschreckt. Dieser hatte ihr nämlich gegenüber gesessen und war fast eingedöst, aber ihr schrei hatte ihn alarmiert hochfahren lassen, als hätte man sie gerade abgestochen.
Der Blick, den er ihr danach zugeworfen hatte, war alles andere als freundlich gewesen, und wenn die blonde ehrlich war, dann war ihr das Ganze auch ziemlich peinlich. Das einzig gute war, das er nichts dazu gesagt hatte.
Hast du großartig hinbekommen, Jasmin. Vergraule den Mann, der dich in Sicherheit bringt noch mehr.
Erschöpft schloss sie für einen Moment die Augen, musste trocken schlucken, denn ihre Kehle fühlte sich völlig ausgedorrt an. Ihr linker Fuß blieb an einer knorrigen Wurzel Hängen, weshalb sie erschrocken die Augen Aufriss, dabei strauchelnd versuchte ihr Gleichgewicht wieder zu finden, was mehr als nur vergeblich war.
Der Länge nach schlug Jasmin auf dem weichen Waldboden auf, was ihr für einen Moment die Luft zum Atmen nahm und ein Dumpfes Geräusch verursachte. Ein leises schnaufen löste sich aus ihrem Mund, das ihre bleierne Erschöpfung unterstrich.
Ein dunkles Stiefelpaar schob sich in ihr Blickfeld, ließ sie schwerfällig den Kopf in den Nacken legen, nur um Alexos grauen Iriden zu begegnen, die sie schon fast genervt anfunkelten. Sie hörte ihn tief und leidend Seufzen. Ohne ein einziges Wort seiner Missbilligung auszusprechen, griff er nach ihrem Arm und zog sie hoch.
Überrascht, durch die Kraft mit welcher Alexo sie hoch zog, stolperte die zierliche blonde gegen ihn. Jasmin fühlte sich schon fast wie eine Stoffpuppe, bei der ein Kind so gut wie keinen Kraftaufwand brauchte, um sie hochzuheben.
Jasmin konnte -da sein Mantel offen war- durch sein Hemd seine Körperwärme spüren; seine angenehme Wärme, die, bei den kühlen Temperaturen, etwas Angenehmes hatte.
Der leicht angebrannte Geruch von seinem Mantel stieg ihr in die Nase, aber Alexo roch noch nach etwas anderem; es war der Geruch von Feuchten Moos und Nadelbäumen, so, dass es sie an einen verregneten Herbsttag mitten in einem Wald erinnerte.
Unbewusst atmete sie müde seinen Geruch ein, war kurz davor weg zu dämmern, als er sie mit einem Kritischen Blick von sich schob. Am liebsten wäre sie im Stehen eingeschlafen, egal wie unangenehm es sicherlich hinterher gewesen wäre, Jasmin wollte nur ihre Augen schließen und ruhig schlafen. Die Albträume waren kräftezehrend gewesen. Sie hatten ihr den schlaft geraubt und schreckliche Dinge gezeigt.
,,Wir erreichen bald den Übertritt zu den Syfandási -den Nebelwäldern-, bis dahin haben wir noch eine gute strecke vor uns.", kam es knapp von ihm, dabei klang er wieder Recht unfreundlich.
Jasmin brummte nur etwas unverständliches, weshalb er eine seiner dunklen Augenbrauen hoch zog. ,,Möchtest Ihr mir Euer brummen vielleicht auch übersetzten?"
Sie warf ihm einen Finsteren Blick zu, den er mit einem trockenen seinerseits erwiderte. ,,Kommt jetzt. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit, irgendwann wird es auch wieder dunkel werden." Ohne sie noch eines Blickes zu würdigen, lief er in dem gleichen Tempo wie vorher los, weswegen Jasmin unzufrieden folgte.
Mehrere Minuten folgte sie einfach nur Alexo, bis sie sich Durchrang, endlich etwas zu Fragen.
,,Darf ich Euch eine Frage stellen?"
Der Braunhaarige schnaubte. ,,Selbst wenn ich nein sagen würde, würdet Ihr weiter Fragen, hab ich Recht?", erwiderte er trocken.
,,Ja."
,,Dann fragt. Ich werde dann entscheiden ob Ihr eine Antwort bekommt, oder eben nicht."
Sie trat auf einen Zweig, der krachend unter ihren Schuhen nachgab. ,,Was hattet Ihr in Niwalic zu suchen?"
Für einen Moment schien der Välsig aus dem Takt seiner Schritte zu kommen, doch er hatte sich innerhalb von Sekunden wieder gefangen, so, dass man meinen könnte, es wäre nie etwas passiert.
,,War nur zufällig dort.", kam seine knappe Antwort. Jasmins Augenbrauen rutschten zu ihrem Haaransatz hoch.
,,Zufällig?" Der Unglaube in ihrer Stimme ließ Alexo mit den Augen rollen, aber da die blonde hinter ihm her lief, konnte sie es nicht sehen. ,,Ihr wart sicherlich nicht "zufällig" dort. Was hat Euch wirklich nach Niwalic geführt? So ein Magisches Ding? Oder eine geheime Karte? War es ein Irrlicht? Oh, oder vielleicht eine Prophezeiung, wobei...nein, das wahrscheinlich nicht, so etwas wie Schicksal gibt es nicht."
,,So, du glaubst nicht an die Götter und nicht an Prophezeiungen. Interessant."
Abrupt blieb sie stehen. ,,Woher wisst Ihr das?", fragte sie irritiert, dabei entsprang ein Funke Misstrauen in ihr, der ihre Müdigkeit prompt Vertrieb.
,,Warum sollte ich es nicht wissen?", stellte er eine Gegenfrage, dabei lief er aber strickt weiter.
Mit einem verwirrten Blick setzte Jasmin sich in Bewegung, sprang über einen dicken am Boden liegenden Ast, um mit schnellen Schritten zu ihm aufzuholen.
,,Ich habe nie erwähnt, dass ich nicht an die Götter glaube. Also, woher wisst Ihr das?" Mühselig versuchte sie neben ihm her zulaufen, damit sie besser mit ihm sprechen konnte, doch das war leichter gesagt als getan.
Alexo stieß einen genervten laut aus und verzog das Gesicht dabei leicht zu einer grimmigen Maske. ,,Ist das wichtig? Wieso geht Ihr denn davon aus, das die Götter nicht existieren? Ihr seid Menschlich, nicht ich. Die Schicksale werden uns also alle leiten, begleitet von den Göttern, die -deiner Meinung nach- offensichtlich nicht existieren."
,,So etwas wie die Schicksale gibt es nicht, das sind nur Legenden. Wir bestimmen unseren Weg Selbst."
Er drehte seinen Kopf ihn ihre Richtung, betrachtete ihre zierliche Gestalt einen Moment, bevor er kopfschüttelnd wieder nach vorne sah.
,,Mag sein, aber landen werden wir immer, egal was man tun wird, da, wo unser Schicksal uns hinführt. Unsere Bestimmung... Unser Schicksal ist unausweichlich." In seinem Ton schwang eine Bitterkeit mit, die Jasmin eine Gänsehaut bescherte, denn es hörte sich so an, als wüsste er genau von was er sprach.
,,Wie meint Ihr das?", entkam es ihr neugierig.
,,Unser Schicksal ist uns vorherbestimmt, und daran kann niemand etwas ändern."
,,Also war unser Treffen auch...Schicksal?"
,,Nein, sowas nenne ich Pech.", sagte er trocken.
,,Moment, wie bitte!?", empört plusterte Jasmin sich auf und sah ihn fassungslos von der Seite her an. Sie machte den Mund auf, dann wieder zu, bis sie ihn erneut öffnete, nur um ihn wieder zu zuklappen, weshalb sie wie ein Fisch aussah. Dabei bekam sie mit, wie Alexos Mundwinkel für einen Moment nach oben zuckte, bis er wieder ein ernstes Gesicht machte und plötzlich stehen blieb, weswegen die blonde fast an ihn vorbei gelaufen wäre.
Jasmin hatte nicht einmal bemerkt, wie sie an eine schmale Weggabelung gekommen waren. Überrascht blinzelte sie.
Der Braunhaarige sah schweigend die beiden Pfade an, sie waren fast identisch, nur das der rechte leicht Berg auf führte, während der Linke einen Abhang nach unten ging und an mehreren scharfkantigen Felsen vorbei führte.
,,Es gibt zwei Pfade. Der eine führt durch die Sümpfe von Verédun, wenn wir dadurch gehe sind wir vielleicht heute Abend noch in Letloi, der andere führt uns über den Agrrêigwyll, dann wären wir vielleicht morgen Mittag da. Welchen Weg wollt Ihr gehen?"
Überrascht wandte sie sich ihm zu. ,,Warum wollt Ihr, dass ich das entscheide?"
Irgendwie wurde die blauäugige das Gefühl nicht los, dass das eine Art Prüfung war. Etwas, was dem Braunhaarigen vielleicht Dinge über sie verriet, denen sie sich selbst nicht bewusst war.
Was hat er vor?
Vielleicht wollte er sie doch umbringen?
Blödsinn, dann hätte er es doch schon längst getan, Dummkopf, ermahnte sie sich selbst.
,,Wie wäre es mit einer Rast?", schlug sie stattdessen vor.
,,Nein, wir müssen weiter. Entscheidet Euch, jetzt."
Jasmin strafte sich und reckte ihr Kinn in die Höhe, weswegen Alexo sich nun ihr zuwandte und sie mit seinen Augen durchbohrte, die mal wieder zwei Silbersperren glichen. Scharf und so hart wie Stahl.
Er denkt du bist eine Tochter edlen geblühts, verhalte dich auch so, Jasmin. Aber, was ist, wenn er weiß das ich es nicht bin? Vielleicht weiß er es und lässt mich dann zurück?
Hör auf dich so Schwach aufzuführen! Los, Treff eine Entscheidung! Reis dich zusammen, na los!
,,Ich hab noch nichts gegessen und möchte eine Rast machen. Dazu Schmerzen meine Füße.", Rang sie sich so selbstbewusst wie möglich ab, doch es schien den Välsig nicht zu überzeugen.
,,Das soll ein Scherz sein, oder? Jetzt entscheidet Euch, wir können nicht ewig in den Wäldern bleiben. Es gibt Dinge, die Ihr niemals in Eurem Leben sehen wollt. Außerdem bin ich kein Diener, der Befehle von einem verzogenen Gör annimmt."
,,Verzogenen Gör? Ich bin alles andere als verzogen! Und Lieber wäre ich verzogen, als so arrogant zu sein wie Ihr!", warf sie ihm erbost an den Kopf.
Jasmin hatte ihr ganze Leben hart kämpfen müssen um zu überleben, erst im Waisenhaus und dann später auf der Straße. Der Versuch sich wie eine Adelige aufzuführen fühlte sich so falsch an wie es nur konnte, fast wie ein Fluch von dunkler Magie.
Sie war einfach keine Adelige, und die Narben der Vergangenheit saßen tief in ihrem Seelenspiegel verankert.
,,Ach? Ist das so? Was hat meine Arroganz jetzt genau damit zu tun, hmm? Denkst du, mit jemandem wie dir zu reisen wäre toll?! Ohne dich, wäre ich sicherlich schon längst auf dem Weg nach Letloi und müsste keine unnötigen Pausen machen!", zischte er mit hartem Ton.
,,Oh Verzeihung, das ich eine solche Last für dich bin!"
,,Am besten hätte der Wyver dich fressen sollen, dann hätte ich diese Probleme jetzt nicht! Du ziehst Schwierigkeiten förmlich an, das weiß ich mit ziemlicher Sicherheit! Ohne jeden Zweifel!"
,,Das ausgerechnet ein Välsig so etwas sagt, du bist doch nicht besser, damit das klar ist, denn ich kenne die alten Geschichten über euch! Ihr seid doch alle durch Magie der "Götter" geschaffen worden! Aus ihren Magischen Künsten! Und nun führen sie angeblich Krieg -dabei betrifft dieses Blutvergießen alle Länder von Argon!-, also tut nicht so als wärst du unbeteiligt, sie lassen all das Leid zu, aber den Krieg beenden tun sie nicht, weil es nur Geschichten sind! Deine Art mag aus Zauberei geschaffen worden sein, doch ich glaube nicht an Kinder Märchen!", zischte sie ihm heftig entgegen, während sie die Arme in die Luft warf. ,,Ich werde nicht länger als nötig mit Euch Reisen!"
Die linke Hand des Braunhaarigen legte sich wachsam -als sie sprach- auf sein Schwertheft, während er Jasmin aufmerksam beobachtete.
,,Dann nehmen ich an wir gehen durch die Sümpfe.", sagte er scharf und schlug weniger gut ausgetretenen Trampelpfad ein, der den Anhang runter ging.
Der grauäugige lief sicher den Pfad hinab, stieg dabei mit festen Schritten über die knochigen Wurzel die aus dem Boden ragten, bevor er zügig weiter lief und dabei an einen der Felsen vorbei Schritt. Ruckartig blieb er stehen, betrachtete das unebene, graue Gestein einen Moment interessiert, bis er sich Jasmin wieder zuwandte, doch seine Augen zuckten kurz zurück zu dem Stein.
,,Kommt jetzt, bevor ich Euch zurück lasse.", knurrte er unfreundlich in ihre Richtung.
Ein dicker Knoten schnürte Jasmin für einen Moment die Kehle zu, aber dennoch setzte sie sich in Bewegung. Vorsichtig und mit Bedacht lief sie den Hang runter.
Nun führte ihr Schicksal sie durch die Sümpfe von Verédun, einem Ort, der manche schon in die kalten Tiefen der Moore gelockt hatte.
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Was meint ihr, was die beiden in den Sümpfen erwarten wird? Irgendwelche Ideen? Bin gespannt.
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