\/ Kapitel 14/\
Kalt wie die Nacht, kalt wie das Sternen Licht, kalt wie der Schimmer im Moorsee
Es passierte nichts. Kein brennen. Kein Schmerz. Kein Gefühl von verdampfendem Blut, welches durch ihre Venen pumpte. Nur das angeraute Metall auf ihrer viel zu warmen Haut erinnerte sie daran, das die Münze da war, wie ein Schatten auf ihrer Vernarbten Seele.
Kalt schmiegte sich das Ferium in ihre Handfläche, ein Grund, weshalb sie schließlich überrascht ihre blau-grünen Augen öffnete, die sofort ohne Umschweife vom eckigen Ijas angezogen wurden. Ihre Iriden betrachteten das Metall von Magischer Natur -welch Ironie gegenüber dem Glauben der Ejkru-, das so düster und geheimnisvoll vor sich hin glänzte im trüben Licht des verhangenen Tages.
Perplext blinzelte sie. Mehr als das Kribbeln was ihren Arm hoch kroch, hoch zu ihrem Hals, war nichts zu spüren. Schmerz blieb weiterhin aus.
Angst, Wut, Erleichterung, Unsicherheit und Eckel mischten sich zu einem einzigen Knäuel in ihrem Magen zusammen, der wie tausend Sonnen ein Loch ihn diesen zu brennen versuchte, ob vor Erleichterung oder Verdruss gegenüber der Onoresh.
Dann, nach einem verwirrenden Moment, verstand sie warum nichts passierte. Sie war nichts übernatürliches, nur ein... Mensch. Ein normaler Mensch.
Ihre Schultern sackten schwer herab.
Noch immer spürte sie den druck an ihren Oberarmen, die der Mann in ihrem Rücken umgriff. Seine Hände begannen sich aber um ihre Arme zu lockern, sobald er merkte, dass nichts passierte.
Ein erleichtertes ausatmen entwich ihr unbeabsichtigt, was den Blick von Büreccer noch eine Spur intensiver werden ließ. Frostig betrachtete er sie mit glühenden, braunen Augen. Dumm war der Onoresh gewiss nicht. Er fand es sicherlich heraus, dass sie genau wusste was er war -obwohl sie nicht genau sagen konnte welche Art von Välsig er war. Es gab einfach zu unterschiedliche von ihnen, von Skypran –den Sternen Wanderer von Sime– bis hin zu den Neachare –Taelons Wächtern, dessen Aufgabe es war das Gleichgewicht zu bewahren– war fast jede der Gottheiten vertreten.
Die Erleichterung überfiel Jasmin trotz allem wie eine Welle, auch wenn das Ganze noch nicht vorbei war, konnte sie wenigstens sicher sein, nicht auf einen Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Nicht jetzt, zu mindestens. Nicht jetzt... Aber wie lang, bevor sie dort vielleicht doch noch enden würde? Wie lang, würde das wohl dauern?
Sie versuchte es zu verdrängen. Schob es weg, versperrte die Tür zu diesen Gedanken. Stattdessen konzentrierte Jasmin sich auf den Gegenstand in ihrer Hand. Aufmerksam betrachtete sie die Münze, welche am Rand von geriffelten Einkerbungen verziert wurde. Auch fühlte sie sich schwerer an, als ein Lyka es war.
Dann kam Bewegung in den Anführer. Der grauhaarige Mann riss ihr das Geldstück aus der Hand, bevor er es wieder in dem selbigen Beutel verschwinden ließ. Allerdings packte er sie im selben zuge am Arm, zerquetschte ihn indes förmlich dabei, ohne die geringste Rücksicht auf Jasmin zu nehmen. Ein zischen entwiche ihr.
Mit einer Kopfbewegung deutete der ältere Nickend auf Alexo, weshalb der Mann in ihrem Rücken sie los ließ, um zu den im Schlamm knienden Välsig zulaufen.
,,Bringt ihn zu dem anderen. Bei Einbruch der Nacht verschwinden wir hier, und du" Büreccers Finger schnürten ihr die Blutgefäße ab. ,,wirst uns begleiten. Irgendwo werden wir dich schon aussetzen können –vorausgesetzt du willst deinem Friejku* keine Gesellschaft leisten." Seine Augen Borten sich in ihre, aber alles was sie schaffte war das Ausweichen seines Blickes.
Feigling, ging es ihr durch den Kopf. Sie war feige, oder aber ihr gesunder Verstand riet ihr davon ab, jetzt etwas Törichtes zu tun, denn sie zweifelte keine Sekunde daran, dass er sie töten würde, wenn sie ihm nur einen Grund dafür gab –wenn er nicht sogar schon einen gefunden hatte.
Also hielt sie die Klappe. Etwas, was ihr im Waisenhaus sehr deutlich eingeprügelt worden war, sodass sie sicherlich nicht so schnell den gleichen Fehler machte wie damals, auch wenn ihr Mund manchmal schneller als ihr Verstand war.
Wie kann ich nur so feige sein? Sag was! Tu was! Hör zum Slick nochmal auf den Kopf ein zu ziehen!
Jasmin schwieg weiterhin, trotz ihrer tosenden Gedanken, die wie wilde Tiere übereinander her vielen, um sich gegenseitig zu zerfetzen.
Alexo wurde von den anderen Beiden Männern grob auf die Beine gerissen und in Onor angezischt, während der dritte der Männer an ihnen vorbei stolzierte in Richtung des jungen, aber die Worte und ihre Bedeutung blieben Jasmin jedoch schleierhaft, ebenso die Antwort von Alexo, die nicht weniger scharf und abwertend in den selben harten Worten der Sprache von ihm ausgesprochen wurde. Anstatt sich jedoch zu wehren, ließ er sich einfach mit zerren, als sie dem anderen Ejkru folgten.
Sag was!
Sie schwieg.
SAG WAS!
Sie schwieg.
Sag was! Sei nicht wie sie!
Nein!, fauchte sie ihre innere Stimme verzweifelt an, denn jeder Atemzug den sie tat, stach ihr wie tausende glühende Nadeln in die Brust. Zivas Engel würden kommen, gekleidet als silberne Schützen der Göttin, um die Seelen der toten zu holen. Ihre Seelen.
Unruhig verlagerte sie ihr Gewicht.
Tu doch was, sonst bist du nicht besser als all die anderen – nicht besser als die ganzen Adeligen, die auch immer nur weg schauten!
Unsicher kaute sie auf ihrer Lippe, während ihre Augen dabei umher flogen, suchten verzweifelt Schwachpunkte, die sie hätte ausnutzen können, doch sie fand nichts was von Vorteil sein könnte –nicht, das sie Ahnung von so etwas gehabt hätte. Es gab kein Entkommen, nur wenn Alexo sich was brillantes oder völlig Irrsinniges einfallen ließ, und das hielt sie für sehr unwahrscheinlich. So wie es nun stand würde er gemeinsam mit dem Jungen sterben. Und Jasmin... Sie würde wahrscheinlich von dem nächsten Monster, das ihr über den Weg lief, in fetzten gerissen werden.
Das war wohl der Moment, in dem sie die dümmste Entscheidung traf, die ihr in den Sinn kam. Wenn ihr Verbündeter es nicht schaffte, musste sie dafür sorgen, das er von den beiden Männern los kam, nur könnte es ihr eigenes Leben kosten, sollte Alexo es nicht schaffen. Für einen Moment zweifelte die blonde an der Idee und ihrem Verstand – da musste offensichtlich etwas Kaputt sein.
Mit einem flüchtigen Blick auf Alexos Schwerter war ihr Schicksal besiegelt, wie ein Drehendes Kutschrad nahm ihre Bestimmung weiter Gestalt an.
Ohne auf ihre Brüllenden Gedanken, die kreischende Angst im Nacken und die Selbstzweifel zu achten, sprang sie unüberlegt nach vorne, riss ihr Knie hoch und...traf seinen Oberschenkel. Büreccer war ihr ausgewichen, die Augen zu schmalen schlitzen geformt.
Erstickt keuchte sie auf –ihr Herz raste vor Panik–, als sie versuchte dem grauhaarigen ins Gesicht zu schlagen, genauer noch auf die Nase, aber auch dieser verzweifelte Versuch schlug fehl. Stattdessen packte er nun auch Jasmins anderen Oberarm, weshalb sie sich nun genau gegenüber standen.
,,Offensichtlich hast du eine Entscheidung getroffen, Ikaqusk*. Jetzt wirst du damit leben müssen.", knurrte der erbarmungslose Anführer der Ejkru direkt in ihr Gesicht, seine Augen noch härter wie Granit. Das mörderische funkeln hatte rein gar nichts mit dem von Alexo gleich, dieses war nicht nur eine Drohung –es war ein Versprechen, welches nun eingelöst werden würde. Hajdi'or Büreccer hielt immer sein Wort, denn das wusste jeder anwesende, mit Ausnahme von der blonden.
Durch ihre Venen pumpte unaufhörlich das Adrenalin. Ängstlich drückte sie ihre schwitzigen, vor Adrenalin zitternden Hände, gegen den Mann, der sie grob mit zerrte, die Schritte sicher und schnell, als er die nächste Stelle zum Moorsee ansteuerte. Verzweifelt rammte sie die Füße in den Boden. Der schlammige Boden gab nach, ließ sie einfach weiter rutschen, ohne sie großartig aus zu bremsen.
Wie der klang einer erbarmungslosen Kriegstrommel schallte das rascheln von Eisernen ketten zu der Panischen jungen Frau rüber, in deren Ohren es jedoch nur ein dumpfer klang hinter Nebel zu sein schien. Das einzige klare war der rasende Herzschlag, sowie das Pulsieren ihres Bluts in den Ohren.
Aus dem Augenwinkel sah sie gerade noch, wie die Männer in den schwarzen Lederrüstungen, versuchten Alexo zu dem dunkelhaarigen Jungen zu Ketten – dann wurde sie plötzlich in die Knie gezwungen. Ihr Beige farbenes Kleid saugte sich sofort mit dem dreckigen Wasser voll.
Der Nebel hing unheilbringend über der Lichtung, über dem See, über den Wipfeln der Bäume.
Nur ihr wild trommelndes Herz hörte sie. Jasmin verstand nicht, was Büreccer zu ihr sagte, bis sich seine Hand grob in ihrem verdreckten Haar vergrub. Erschrocken schrie sie auf, als er schmerzhaft fest zog. Reflexartig schnellsten ihre Hände nach oben. Doch das war der Moment, in dem alles schief lief.
In einer Brutalen Bewegung drückte er ihren Oberkörper nach vorne, ihren Kopf nach unten. Jasmins brennende Haut traf auf eisigkaltes, dreckiges Wasser. Es kroch ihre Nase hinauf, ihre Kehle hinunter, weiter zu ihren Lungen, raubte ihr die Luft. Schrecklich brannte es, wie flüssige Säure der schimmernden Norovekschlange.
Sie spürte den stechenden Schmerz durch ihre Adern rasen, holte panisch nach Luft, die es nicht gab, denn stattdessen schluckte sie noch mehr Wasser.
Blasen verließen ihren Mund, stiegen hinauf zu der aufgewühlten Wasseroberfläche, dessen kalter Glanz tödlicher als jede Klinge schimmerte, begleitet von dem dicken Nebel, welcher dicht über dem spiegelnden See waberte.
Angsterfüllt wandte sie sich, versuchte verzweifelt seinen Griff um ihre Haare zu lösen, doch ihre pulsierende Kopfhaut und die blonden Strähnen waren in seinen unnachgiebigen Fingern. Mit jedem Herzschlag der verstrich, erstarb ihre Gegenwehr immer mehr.
Dunkle Ränder verdüsterten ihr verschwommenes Sichtfeld, fast wie die Abenddämmerung es in dem Magischen blau, wildem Himmels lila und feurigen orangetönen tat, mit denen Mirka, die Sonnengöttin, und Dusan, der Gott der Nacht, das Himmelszelt bemalten. Es war ihre persönlichen Leinwand, ein Teil ihrer gemeinsamen Freundschaft, etwas, was beide über alles liebten, was wiederum Dejan –Dusans Zwilling– erfreute, da Kunst seine Lieblingsbeschäftigung war, der er gerne nach ging, schließlich war er ein Künstler, einer, der Farben über alles liebte, weshalb er schon seit Jahrtausenden freiwillig alles mit Farben versehte.
Jasmin spürte wie ihre Muskulatur langsam mit einem tauben Gefühl erschlaffte, wie schläfrige Finsternis dabei war von ihr Besitz zu ergreifen, ihren Geist davon driften ließ, ihr schnell schlagendes Herz gefährlich verlangsamte. Das Sadistische Grinsen, welches Büreccer in Alexos Richtung warf, bekam sie nicht mit. So ging es also mit Jasmin von Niwalic, eine heimatlose, zu Ende; Ertränkt von Büreccer, dem Büreccer, dem Anführer der Ejkru.
Zu benebelt und zu abwesend, bildete sie sich tatsächlich ein, dass ihre Muskeln sich selbstständig machten. Ohne ihr Zutun rauschte eine neue Welle Adrenalin Hurrikaneartig durch ihre Venen, riss sie aus ihrem tranceartigen Zustand und flutete sie mit neuer Lebenskraft. Plötzlich ging ein Ruck durch sie. Ein Kribbeln jagte über ihre Haut. Unzählige Ameisen Schienen über diese zu kriechen.
Jasmins kalte Finger gruben sich in den Schlammigen Untergrund, ihre Armmuskeln spannten sich an, und im nächsten Moment stemmte sie sich hoch. Ihr Kopf durchbrach die Wasseroberfläche, gierig schnappte sie nach Luft, während der Onoresh versuchte sie wieder unter Wasser zu drücken. Das Ergebnis war wie als wenn er gegen eine massive Steinmauer geschlagen hätte. Luft strömte in ihre Lungen, belebte ihren Geist, doch die Schatten um ihr Sichtfeld herum waren noch immer da, egal wie tief sie auch Luft holte, sie waberten unheilbringende umher.
Hektisch hob sich ihr Brustkorb. Auf, ab, auf, ab. Schmutziges Wasser rann ihr aus den Haaren direkt übers Nasse Gesicht, vermischte sich mit salzigen Tränen und durchnässte den Stoff an ihrem Rücken. Dunkle Strähnen klebten an Jasmins Wange, welche sich wie ein schützendes netzt über diese zog.
Dann, kaum eine Sekunde später, wurde die junge Frau plötzlich nach hinten gerissen. Erschrocken nach Luftschnappend landete sie im Matsch, der sich kalt und feucht an ihre Haut schmiegte und sich quer über ihrem Gesicht verteilte.
,,Wie auch immer du das gemacht hast, du wirst brennen, Hexe!", bellte der grauhaarige sie mit verzerrte Fratze an, das es Jasmin kalt über den Rücken lief. Angst rauschte durch ihre Muskeln, und wieder schienen sich diese selbstständig zu machen. Das Kribbeln wurde stärker, zog von ihren Fingern hinauf zu ihren bebenden Schultern, bevor es sich in dem Kompletten, zierlichen Körper der jungen Frau ausbreitete. Der undeutliche Rand ihres Sichtfeldes begann sich noch weiter auszubreiten, denn alles was die blonde sah, war Büreccer.
Nur ihn konnte sie Wahrnehmen. Nur ihn wollte sie tot sehen. Den plötzlichen Anflug von Zorn pulsierte feuerartig durch ihren Leib. Sie stemmte sich unbewusst hoch.
Er sollte sterben. Sterben, nur sterben. Die Richter der Götter würden über ihn Richten. Sterben, sterben, sterben. Es war so einfach, doch gleichzeitig auch so schwer, sollten sich die Schicksale umentschieden.
Er ist ein Monster. Und ein ihrd* hässliches mit dazu, grollte ein verzerrte Gedankenhauch durch ihren Kopf, von dem sie sich nicht mal erklären konnte, wie er ihr in den Sinn gekommen war. Aber der Gedanke gab ihr mehr Kraft.
Liegt bestimmt daran, das ich fast Ertränkt wurde, mehr steckt dort nicht hinter, schließlich ist das mein Kopf. Meiner, das einzige was wirklich mir Gehört.
,,Also ich seh' hier nur einen der brennen sollte.", entwich es der verdreckten, am Boden liegenden Jasmin, welche sich gerade – nach mehrmaligen Wegrutschen – auf die Beine hievte.
Und mit diesen Worten war ihr Todesurteil unterschrieben.
Kalter Stahl schabte.
Es glänzte im Matten Licht. Durchschnitt die weißen Nebelwölkchen, als es aus seiner Scheide gezogen wurde.
~~~
Friejku — Freund/Freundin
Ikaqusk — Weib (eher abwertend von Natur)
-- -- --
Ihrd — Verdammt
Ich gestehe, das ich mich ein klein wenig schäme, weil ich solange nicht mehr geupdatet habe. 😅
Ist wirklich lange her, aber mit einer Schreibblockade ist eben nicht zu spaßen, dazu hab ich wirklich versucht die Situation so gut wie möglich zu beschreiben, in die sich die beiden so graziös rein manövriert haben.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top