Kapitel 8 // ... wohin wir auch unserer Wege gehen

Ich hatte sie nicht gefunden. Sie seien nicht da, würden erst viel später ankommen, sie haben Geschäftliches zu erledigen, hatte man mir gesagt. Von wegen. Sie wollten sich wohl nicht mit mir anlegen. Dann würden sie ihre gehörige Abreibung später bekommen, ich konnte auch warten. 

Mittlerweile hatte das Schiff am Inselhafen angelegt und die meisten waren schon dabei auszusteigen. Beinahe hätte ich den Lord vergessen, aber er hatte es irgendwie alleine geschafft. Vermutlich war es ihm im dunklen und wackeligen Schiff zu ungemütlich gewesen. Und wenn nicht, wäre es mir sicher noch früh genug wieder eingefallen. Ich bin schließlich nicht sein Aufpasser oder etwas derartiges. 

Vorsichtig ging ich über die schmale Planke auf Festland, als ich einen Stoß von hinten spürte. Aus Instinkt drehte ich mich um und zerrte die Person nach vorne. Und da vor mir der Rand der Planke war ... Es machte einige schöne große Wellen und Wassertropfen flogen in die Höhe, als Theodor Kelling im Wasser landete. Geschah ihm recht. 

Und so lief ich munter mit meinem Koffer aufs Festland. Leider hatte er es überlebt, ein schöner Schock war es sicherlich trotzdem gewesen. Ich wollte jedenfalls nicht baden gehen, aber wenn er ein so dreckiger Mensch war ... 

"Hier. Tragen Sie meine Koffer." Eine furchtbar hässliche Dame mit einem orangefarbenen Hut stand vor mir und wollte mir ihre Koffer eindrehen. Da passte man einen Moment lang nicht auf und dann so etwas. 

"Tragen Sie sie doch selbst." Ich konnte sie nicht leiden. So furchtbar aufdringlich und noch dazu dieser Stil ... Welcher vernünftige Mensch trug einen leuchtend orangefarbenen Hut zu einem hellgelb und dunkelgrün gestreiftem Kleid? Der rote Schal vervollständigte das abstrakte Bild. Sie sah wie eine geköpfte Frau mit eitrigem und verschimmelten Kleid aus, dessen Hut ein wenig zu viel Blut abbekommen hatte. 

"Sie unhöflicher Flegel! Wie können Sie es wagen! Tragen Sie sofort meine Koffer, Butler!" 

"Ich sagte tun sie es doch selber, oder haben Sie ein Problem mit den Ohren?" Wenn sie nett gefragt hätte, wäre es etwas anderes gewesen, aber so konnte ich mich ruhig mit ihr anlegen. Sie war selbst schuld. Und mit meinen Feinden musste ich mich sowieso nicht vertragen. 

Ich ging davon und sofort suchte sie jemand anderen, der ihr ihre Koffer tragen wollte. Nur zwanzig Sekunden später klebte sie Lord Telleray an den Fersen, der ihr offenbar auch nicht helfen wollte. Erst in dem klitschnassen Theodor Kelling fand sie jemanden, der sich für sie interessierte. Dreck und Dreck gesellt sich gern, wie man so schön sagt. 

Währenddessen sah ich mir die Insel an. Alles schien riesig groß zu sein, doch das Anwesen war vom Steg aus gut zu erkennen. Größer ging es wohl nicht mehr, sonst wäre es noch über die Kante gefallen. Rechts erstreckte sich ein langer Sandstrand, der in einem Wald mündete. Was hinter dem Haus war, konnte ich nicht erkennen, da es nicht nur ein Gebäude war. Alles war so abscheulich übertrieben, das mir beinahe übel wurde. Und das hatten die Ferrans-Brüder vom Geld fremder Leute gekauft, die sie erpressten und beizeiten sogar töteten. Einfach abscheulich. 



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